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HINTER MIR

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liegen Wochen, die wie im Flug vorbeigerauscht sind. Los ging es am 2. Oktober: Begrüßung, Sicherheitseinweisung, Arbeitsschutzeinweisung, Tarifkenntnisse, Urlaubsregelung der BVG, Freifolgen, Schichten und in der ersten Woche jede Menge Linienkenntnisse. Kreuz und quer fuhr ich mit den verschiedensten Buslinien durch die Stadt und erhielt einen ersten Eindruck von meiner zukünftigen Arbeit.

Wie können sich die FahrerInnen nur merken, wo sie rechts oder links abbiegen müssen? Warum fahren wir diese Haltestelle an und diese nicht? Warum biegen wir hier nicht gleich ab? Ach so, weil der Bus hinten über einen Meter ausschwenkt und erst mal abgewartet werden muss, bis alle links vorbei sind. Fragen über Fragen. Sind wir überhaupt noch in Berlin?

ES FÜHLT SICH AN WIE DAS GLÜCK EINER SPÄTEN BERUFUNG. FAHREN, MIT FREUDE ZUR ARBEIT GEHEN!

Mit rauchendem Kopf nahm ich eine Woche später Platz in der Verkehrsakademie der BVG, Betriebshof Müllerstraße, und folgte dem Theorieunterricht: Kraftstrang, elektrische Anlage, Fahrerplatz, Bremsen, Fahrphysik, Beförderungsdokumente, StVO-Bestimmungen, Verhalten bei Pannen, umweltschonendes Fahren, Sozialvorschriften. Reifenbezeichnungen: Buchstaben geben die Geschwindigkeitskategorien an, J für 100 km/h. Profile, Zwillingsbereifung, das Reserverad muss doppelt gesichert sein. Ich seh mich schon am Alexanderplatz den Reifen wechseln, begleitet von guten Tipps der Fahrgäste. Ham’se keine Luftpumpe dabei? So in der Art.

Nach zwei Tagen frage ich mich gar nicht mehr, was ich später vielleicht brauche und was nicht. Ich sehe Abbildungen mit Dehnungsübungen und lese von gesunder Ernährung. Na, Verkehrsschilder kenn ich doch … hä? Was ist das denn? Das hab ich ja noch nie gesehen! Achslasten und Gesamtmasse. Zulässige Längen bei zwei Achsen. Beim Gelenkbus (18,75 Meter) darf man keinen Anhänger und keine Gepäckträger anbauen. Auf was für Ideen die Leute kommen. Anhalteweg = Reaktionsweg + Bremsweg. Wenn man sich das erst einmal ausgerechnet hat, hört man auf zu rasen und fährt nie mehr dicht auf.

Nach wenigen Tagen werde ich unsicher und ängstlich. Ob ich das schaffen kann? Ich beginne für die Prüfung zu lernen und bestehe am 4. November bei der DEKRA die Theorie im ersten Anlauf. Nur einen Fehler habe ich gemacht. Einen Monat später folgt die IHK-Prüfung, und anschließend geht es endlich mit der Fahrpraxis los. Was sich zuerst so leicht anfühlte, entpuppt sich nach und nach als kompliziert. Brückenhöhen, Durchfahrtsbreiten, Sackgassen. Was für den Pkw völlig unerheblich ist, wird mit einem Reisebus schnell zum Problem.

»Nun sieh mal zu, wie du hier jetzt um die Ecke kommst«, sagt der Fahrlehrer und scheint nicht gewillt, mir zu helfen. Während er sich gemütlich grinsend zurücklehnt, steht der Bus quer auf der kleinen Kreuzung. Direkt vor mir eine Ampel und ein Geländer. Hinter mir Autos. Überall Autos. Und jetzt hupen die auch noch. Einer muss aussteigen und mich einweisen. »Zieh dir eine Warnweste an«, rufe ich einer der anderen FahrschülerInnen zu, und dann wird es so richtig lustig. Dutzende Fahrzeuge müssen rückwärts fahren. Im Rückspiegel sehe ich, wie die Leute in ihren Autos die Köpfe schütteln. Stück für Stück manövriere ich den Bus langsam rückwärts, gewinne Platz und kann endlich abbiegen. Der Fahrlehrer grinst immer noch. Mir ist übel. Und ich hatte geglaubt, ich wär ein versierter Autofahrer. Pustekuchen.


Wir alle lernen ganz neu fahren: Überhang ausnutzen, Busfahrstreifen, Bahnübergang beachten. Irgendwann Mitte Januar platzt der Knoten. Ich fühle mich zunehmend wohl hinterm Steuer.

Am 21. Januar 2020 bestehe ich die Fahrprüfung, finde mich tags darauf auf dem Bushof Lichtenberg ein, erhalte eine Einweisung auf dem Gelenkbus – den ich während der Fahrschule nicht fuhr – und drucke mir die ersten Dienstpläne aus. Drei Wochen mit Lehrfahrer im ganz normalen Liniendienst.

HALTESTELLE, TÜREN AUF. »ZWEIMAL A-B.« »HABEN SIE’S NICHT PASSEND?«»NEIN, DER HUND IN DER TASCHE ZAHLT NICHT. HIER ZAHLT NUR, WER SELBER REINLÄUFT.«

Warum fährt der Bus nicht los? »Haltestellenbremse«, ruft der Lehrfahrer, der hinter mir steht und mich zur Eile antreibt. »Achte auf die Radfahrer!« – »Da vorn kommt ’ne Haltestelle« – »Das wird zu eng!«

Tausche Alltag gegen Alpaka

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