Читать книгу Der gute Ton und die feine Sitte - Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem - Страница 48
44. Wie pflegt man die Hände?
ОглавлениеEs gibt viele Menschen, die glauben, dass man nur durch Nichtstun eine schöne Hand bewahren kann. Wenn es nun auch nicht geleugnet werden darf, dass schwere Arbeit die Hände angreift, rot und plump macht, so ist doch anderseits auch nicht notwendig, dass eine arbeitsame Hausfrau, die selbst bei allem im Hause die Hand anlegt, Hände haben muss wie eine Küchenmagd. Die Verfasserin kennt sehr gute und arbeitsame Hausfrauen, die dennoch schöne und gepflegte Hände haben und dieses für viele unmögliche Wunder nur dadurch erreichen, dass sie nach getaner Arbeit ihren Händen die notwendige Pflege angedeihen lassen, statt mit ihrer Arbeitsamkeit in einer Weise zu kokettieren, die manchmal stark an Absicht grenzt. Eine schöne und wohlgepflegte Hand verschönt oft eine sonst nicht hübsche Persönlichkeit, sie ist gewissermassen die Charakteristik der ganzen Person und deutet an, ob ihr Besitzer, besonders aber ihre Besitzerin zu jenen verfeinerten Naturen gehören, die man am besten mit dem viel missbrauchten Worte „vornehm“ bezeichnet. Wer hat nicht schon von aristokratischen Händen gehört oder gelesen? Es ist damit nicht gesagt, dass nur Leute von aristokratischer Abstammung dieselben besitzen, man bezeichnet vielmehr damit die seine, schöne Form der Hände mit ihren langen spitzen Fingern, ihren ovalen rosigen Nägeln, ihren feinen Handgelenken. Ich erinnere hier an Tizians berühmtes Gemälde vom Zinsgroschen in der Dresdener Galerie. Dort ist die Hand des Heilands eine sogenannte aristokratische Hand, eine Hand, die den Charakter ihres Besitzers verrät. Wenn nun auch niemand die ihm von der Natur gegebene Form der Hände ändern kann, so ist es doch jedem möglich, durch geeignete Pflege seine Hände weiss, weich und angenehm fürs Auge zu erhalten. Wer sehr spröde Haut hat, darf zum Waschen nur die weichste und beste Seife verwenden, wer auch diese nicht verträgt und rissige, aufgesprungene Hände davon bekommt, bediene sich der Sandmandelkleie, die sehr reinigend wirkt, ohne die empfindlichste Haut anzugreifen. Man verwende zum Waschen ferner nur kaltes Wasser, d. h. solches, das nicht auf dem Gefrierpunkte steht, sondern eben nur frisch ist. Kaltes Wasser ist das beste Schönheitsmittel. Ist das Wasser zu hart, so muss man ihm einen Zusatz von einigen Tropfen Salmiakgeist oder Boraxpulver geben. Sehr wichtig für eine schöne Hand ist auch die Pflege der Nägel. Man beschneide sie mit einer scharfen Schere in einem runden gleichmässigen Bogen, so dass der Nagel ein schönes Oval bildet, schaufelförmige, zwei Zentimeter lange Nägel, wie manche sie lieben, gehören nicht zum guten Ton, auch dann nicht, wenn ihre Träger den höchsten Kreisen angehören sollten. Hingegen wieder sind zu kurz geschnittene Nägel, über die das Fleisch hinüberragt, hässlich und unfein. Man muss ferner darauf achten, nach dem Waschen der Hände das Fleisch an der Einfassung der Nägel mit dem Handtuch oder einem eigens dazu käuflichen Instrumente zurückzustossen, da das über den Nagel wachsende Fleisch diesem ein unschönes Ansehen gibt. Auch kann man die Nägel selbst von Zeit zu Zeit mit sehr fein pulverisiertem Bimsstein abreiben und dann mit einer ledernen Feile polieren, spröde Nägel müssen öfters mit Lanolin eingerieben werden. Dass die Nägel peinlich sauber zu halten sind, versteht sich von selbst, ein schwarzer Nagel wirkt abstossend. Mit der Hand ist der Handschuh eng verknüpft. Man trage sie niemals mit aufgetrennten Nähten, fehlenden Knöpfen, gedrehten Fingerspitzen. Der Handschuh soll glatt und tadellos die Hand umschliessen, bei Damen auch so lang sein, dass zwischen Ärmel und Handschuhschluss der blosse Arm niemals sichtbar ist. Bei blossen Armen muss der Handschuh mindestens den Ellbogen erreichen, doch spricht hierbei die herrschende Mode das entscheidende Wort. Gewirkte Handschuhe von Zwirn oder Seide gelten als unfein, vielleicht, weil sie die Form der Hand vergröbern, indem die Fingerspitzen meist unausgefüllt bleiben, oder weil eine so behandschuhte Hand mit der blossen Hand zu drücken für letztere ein ganz eignes, unbehagliches Gefühl gibt; wollene Handschuh im Winter zu tragen, namentlich weisse, ist ganz an der Tagesordnung. Natürlich nur auf der Strasse, nie bei Besuchen.