Читать книгу Die ewige Geliebte | Erotischer Roman - Eva Gold - Страница 11
ОглавлениеMännerfantasie werden
Ich war im Thalys mit einem Freund auf der Rückfahrt von Paris. Da die Sitzplätze mit dem Kauf des Tickets festgelegt sind, war es wohl Fügung, dass ein Gast, der mich mal im Salon getroffen hatte, genau hinter uns Platz nahm. Zunächst schockiert, dann amüsiert harrte ich der Dinge, die da kamen. Er hatte mich auch erkannt, das sah ich an seinem Blick. Aber natürlich gab er sich nicht die Blöße, mich anzusprechen, und so verbrachten wir vier Stunden auf engstem Raum im selben Abteil. Nach einer Weile verspürte ich Spaß daran, mit meinem Freund das romantische Wochenende in Paris Revue passieren zu lassen. Ich berührte ihn, erzählte lauthals von unseren Freunden und von meinem Job. Manchmal nahm ich seine Blicke von hinten durch den Spalt zwischen den Sitzen wahr. Realität traf nun auf Illusion und ich wusste, er würde mich nie wieder buchen, denn ich hatte ihm – wie all meinen Gästen – erzählt, ich sei Single und wolle erst das Leben genießen, bevor ich mich fest binden und dann natürlich mit diesem Nebenjob aufhören würde. Kein Gast konnte es ertragen zu wissen, dass dieses heiße Luder, das gerade seine sehnlichsten Wünsche erfüllt, in Wahrheit eine brave Freundin mit einem sie liebenden Mann ist.
Das Paradoxe daran: Ich hatte die Paris-Reise mit dem Geld aus einem Geschäft mit diesem Kunden bezahlt.
***
Im Leben einer Prostituierten gibt es gute und schlechte Tage. Gute Tage sind, wenn sich Gäste melden, die angenehm riechen, gut schmecken und bei denen man sich fragt, ob sie es überhaupt nötig haben, eine Frau zu kaufen, weil sie zu ihren guten Manieren außerdem blendend aussehen.
Einer dieser Gäste ist Thomas. Er hat blendend weiße Zähne und auch alles andere an ihm ist nahezu perfekt, denn sein Gesicht wird umrahmt von einer schicken kurzen Frisur seiner braunen Haare, die durch eine halb ins Gesicht fallende Locke am Oberkopf frech aufgelockert wird.
Wir trinken gemütlich einen Prosecco an der Bar im Messehotel in Deutz. Er steht, ich sitze und drehe mich halb auf seine Seite, damit er mich begutachten kann. Er will wissen, ob ich aus der Stadt bin, und ich antworte natürlich mit Ja. Schließlich lebe ich schon über zehn Jahre hier. Da darf man sich ruhig Kölnerin nennen, scherze ich.
Dann gehen wir über zum lustigen Beruferaten. Dies ist immer der spannendste Teil, wenn ich einen Gast zum ersten Mal treffe. Grundsätzlich frage ich zuerst, was er beruflich macht. Das beweist Interesse und ich kann ihn von meinen kommunikativen Fähigkeiten überzeugen. Weil Thomas mir auch privat gefallen würde, stecke ich in meinen Sprechpausen immer wieder eine Erdnuss zwischen meine Zahnreihen und grinse neckisch dazu. Mein Unterbewusstsein fängt an zu arbeiten und vermutet einen Zahnarzt hinter dem sympathischen Lächeln. Auch ihm scheint es Spaß zu machen und er lässt mich raten. Super, ein Mann ohne Zeitdruck, das gefällt mir. Um das Spiel länger zu genießen, nenne ich bei meinem ersten Tipp eine andere Branche. »Unternehmensberater!«
Lächelnd schüttelt er den Kopf. Es hätte aber auch sein können, denn sein Anzug und sein gewinnender Auftritt würden dazu passen. Noch ein, zwei Fehlschüsse und ich äußere meine ursprüngliche Vermutung. Arzt! Richtig. Sehr gut.
Jetzt fehlt nur noch die Fachrichtung. Zahnarzt. Zu einfach. Frauenarzt. Zu plump. Er verrät es mir: Schönheitschirurg. Einen Moment lang verunsichert mich diese Ansage, doch ich fasse mich schnell wieder und bestätige ihm meine Bewunderung. Innerlich jedoch rattern bereits meine Selbstzweifel durch: Mit welchen Augen wird er dich gleich ansehen? Mag er deine Brüste, deine Figur überhaupt?
Deshalb lenke ich mich selbst ab und führe das Gespräch fort, indem ich erzähle, was ich beruflich mache. Mit dem letzten Schluck aus meinem Glas greife ich zu meiner Handtasche und nicke ihm aufmunternd zu. Das ist das Zeichen, zum Aufzug zu gehen, und er hat nichts dagegen.
Das Zimmer bleibt dunkel, nur eine kleine Leuchte spendet schummriges Licht. Wie romantisch, und überhaupt fühlt sich die ganze Sache mit ihm eher wie ein Date an. Er küsst gut und ich nehme sofort eine intensive Verbindung zu ihm auf. Wir liegen mindestens eine Viertelstunde nur da und küssen uns. Ich fühle seine samtige Haut und seinen Wunsch nach der Nähe einer Frau.
Irgendwann kann ich nicht mehr anders: Ich muss ihn fragen, warum ein Mann wie er so etwas macht. Andersherum habe ich diese Frage mindestens schon hundertmal gehört. »Weil ich nur arbeite, und das macht keine Frau auf Dauer mit.« Zudem scheint er im Gegensatz zu harten und fordernden Geschäftsmännern ein weiches und gutes Herz zu haben.
Ich mag ihn und versuche deshalb, mein Bestes zu geben, damit er sich wohlfühlt. Es gibt kein übliches Rumgezerre, weil der Gast bestimmen will, wie ich mich hinlegen soll. Es ist ein ganz natürliches Miteinander. Wir küssen uns wieder. Ich merke, wie ich mich langsam in seine Arme fallen lasse und wir uns Stück für Stück entkleiden. Erst ganz spät berühren wir uns intim. Allein durch die Spannung unserer Begegnung ist das Blasen gar nicht notwendig. Ich spüre, dass er wartet, bis ich so weit bin. Das ist in einem solchen geschäftlichen Arrangement ganz und gar nicht üblich und zeugt von seinem feinen Charakter.
Diesmal will ich wirklich mit meinem Gast schlafen, kein Sex, keine Schauspielerei. Ich stülpe ihm behutsam das Kondom über seinen erregten Penis, ohne dass es eine lange Pause erzeugt. Der innige Akt mit ihm ist so zärtlich und leidenschaftlich, wie ich es vermutet hatte.
Betrunken vor Ekstase verbringen wir ungezählte Minuten miteinander vereint und verwöhnen uns damit gegenseitig, ohne den Höhepunkt zu schnell herbeizuwünschen. Irgendwann wird die Trance, in der wir uns befinden, jedoch überirdisch und er kommt kurz vor mir. Wir drücken uns aneinander und schließen die Augen. Lange bleiben wir in dieser Stellung und spüren die Wärme des anderen. Ich will nicht gehen und auch er will es nicht.
Er fragt, ob ich eine halbe Stunde länger bleiben kann und wie viel es kostet. Normalerweise zahlt man für die angefangene Stunde, doch bei ihm antworte ich automatisch: »fünfzig Euro.«
Eine kurze SMS an Mia und ich schlüpfe wieder zu ihm unter die Decke. In diesem Moment hasse und liebe ich meinen Job, denn ich kann ihm aus Professionalität nicht sagen, dass ich gern die ganze Nacht bleiben würde. Wir unterhalten uns über die Stadt, meine Botoxspritzen und seine Arbeit. Doch das Wichtigste kommt ganz zum Schluss, denn er macht mir das tollste Kompliment, das eine Frau wohl von ihm kriegen kann: »An dir würde ich gar nichts verändern. Ich stehe auf natürlich schöne, kleine Brüste.« Ich bin so glücklich, dass es fast schon wehtut, als ich kurze Zeit später die Tür hinter mir zuziehe. Diesmal werde ich als zufriedene und in sich ruhende Frau einschlafen und hoffen, dass er wieder anruft.