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Die Anfänge

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Ich ging sehr nachdenklich nach Hause. Das war sie also, meine erste Therapiestunde. Dr. Jung hatte mir viel Neues erzählt, keine Frage. Dennoch... Ob das alles das Richtige für mich war? Ich wollte ja meine Probleme in den Griff kriegen, aber war es diesen ganzen Aufwand wert, der da ja anscheinend auf mich zukommen würde? Ich wollte auch Spaß haben. Die Clique war so gut drauf. Mit ihr konnte ich neben den Wanderungen einfach ein bisschen Party machen, ohne großartig Probleme zu wälzen.

Und Michael? Mit ihm über die Therapie zu reden, das konnte ich komplett vergessen. Das würde er nie verstehen. Mit ihm wollte ich einfach nette, unkomplizierte vier Wochen verleben und gut. Was musste er von meiner Vergangenheit wissen?

Ach egal! Morgen ist auch noch ein Tag... Gleich würde ich erst mal die Anderen in der Kneipe treffen. Ein schöner Abend lag vor mir. Was zerbrach ich mir jetzt schon meinen Kopf. Im Hier und Jetzt hatte Dr. Jung doch gesagt. Den sah ich doch erst in zwei Tagen wieder. Jetzt war erst mal Vergnügen angesagt!

Am nächsten Tag auf der Wanderung dachte ich noch mal über alles nach. Also gut! Ich würde erst mal weitermachen. So war ich doch normalerweise nicht: etwas anfangen und dann mittendrin aufhören.

Ich kaufte mir noch am selben Nachmittag zehn Kassetten und einen Notizblock, den ich als >neues< Tagebuch führen wollte. Meine Clique plante nach dem gemeinsamen Abendessen eine Disco unsicher zu machen. Ich zwang mich, nicht sofort mitzufahren, sondern zumindest die Kassette der ersten Stunde noch einmal anzuhören.

Schon während des Anhörens wurde ich unruhig. Warum dauerte das nur so lange? Ich sah zur Uhr. Shit, schon verdammt spät. Und die Hausaufgaben hatte ich auch noch nicht gemacht... Okay, die Disco kannst Du Dir abschminken! Ich würde zu Hause bleiben.

Als ich diese Entscheidung getroffen hatte, ging es mir besser. Ich wurde etwas ruhiger. Ich schrieb auf die erste Seite meines neuen Tagebuches >Meine Mutter und ich<.

Tja, meine Mutter...

Ich lag auf meinem Bett und versuchte, mich an meine Mutter zu erinnern. So, wie sie früher war. Aber, da wollten keine Gedanken kommen, die es wert gewesen wären, sie aufzuschreiben. Merkwürdig!?

Dann würde ich eben mit >Mein Vater und ich< anfangen. Ich schrieb die Überschrift auf eine zweite Seite. Um mich auf dieses große Thema einzustimmen, legte ich eine Musikkassette von Mario Hené in den Walkman. In irgendeinem Lied, daran konnte ich mich dunkel erinnern, sang er doch von seinem Vater... Ich spulte die Kassette vor und zurück. Richtig, da war es ja...

Mit einem Kloß im Hals hörte ich, wie Mario Hené sang

>Wenn Dir Dein Vater was erzählt von Deiner Zukunft,

frag` ihn, ob er auch wirklich Deine Zukunft meint!

Wenn er von Plänen spricht, die Dich allein betreffen,

sieh` nach, ob sie enthalten, was Dir wichtig scheint!

Und, wenn es nicht so ist, dann sag` ihm, was DU möchtest

Und, wenn er wirklich Vater ist, wird er verstehen,

dass er allein durch seine Macht noch nicht im Recht ist,

Dich ´dran zu hindern, Deinen eigenen Weg zu gehen!

Niemand hat die Pflicht, sich nur zu bücken

Niemand kommt gehorsam auf die Welt

Niemand hat das Recht zu unterdrücken

was sich lebendig auf die eigenen Beine stellt!

Lass` Dich nicht leben nach den Regeln eines anderen!

Nur wer sich selber lebt wird auch lebendig sein!

Da ist nicht einer, der Dir sagen kann, wo`s lang geht!

Wenn`s um Dein eigenes Leben geht bist Du allein!

Du hast ein Recht, Dich ohne Zwänge zu entfalten!

Geh` DEINEN Weg mit Herz!

Mach` den Weg zum Ziel!

Lass` Dir Dein Dasein nicht von anderen gestalten!

Denn dann bleibt alles nur ein buntes Trauerspiel!<

Das Lied war schon lange zu Ende. Ich lag noch immer unbeweglich auf meinem Bett. Warum weinte ich eigentlich? War es Selbstmitleid? Wieso tat mir innerlich alles weh?

Auch mein Vater war nie Vater gewesen! Er hatte nie verstanden. Mich nicht und das, was ich tun wollte, nicht. Nichts! WARUM? Dieses Wort sah ich in großen Buchstaben vor mir! Ich ertappte mich dabei, wie ich leise flüsterte »Warum, Papa? Warum hast Du mir das alles angetan?«

Als ich mich ein wenig beruhigt hatte, machte ich mich an die Hausaufgaben. Ich schrieb und schrieb. Dieses Thema war für mich schier unerschöpflich. Um Zeit zu sparen - vielleicht klappte es ja doch noch mit der Disco - schrieb ich das alles nur stichpunktartig auf. Ich würde Dr. Jung das dann morgen schon ausführlicher erzählen können.

Nachdem ich fast zwei DIN-A5-Seiten vollgeschrieben hatte, blätterte ich zurück. >Meine Mutter und ich<. Oh je, das war schon schwieriger. Meine Mutter war immer für mich da. Sie war mir Freundin und Vertraute. Mir wurde bei den Gedanken an sie ganz warm ums Herz. Meine Mutter! Sie hatte es schwer gehabt im Leben. Deshalb konnte ich ihr so viel verzeihen. Ich hatte sie lieb. Langsam begann ich, auch hierzu etwas aufzuschreiben. Diese Liste wurde viel kürzer.

Als ich fertig war, war es, wie erwartet, viel zu spät für die Disco. Na egal. Morgen Abend würde ich ja wieder mitfahren. Der eine Abend war ja wohl nicht so schlimm... Ob Michael mir wohl treu blieb? Mit diesem Gedanken schlief ich irgendwann ein.

Das Innere Kind in Dir

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