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Einleitung

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Seit einer Woche bin ich auf La Gomera, einer kleinen spanischen Insel im Atlantik. Es geht mir gut. Endlich! Ich bin glücklich. Ich hatte vergessen, was das bedeutet und wie sich das anfühlt.

In meinem bisherigen 37-jährigen Leben gab es immer mal wieder Momente des Glücks, Augen-Blicke. Sie vergingen aber mindestens genau so schnell wie sie gekommen waren. Meistens machte ich sie abhängig von anderen Menschen. Es gab für mich kein Glück mit mir. Stets legte ich die Verantwortung für meine Zufriedenheit in die Hände Dritter. Das Verrückte daran war: Selbst, wenn alle meine Erwartungen und Ansprüche erfüllt wurden, war ich nie wirklich glücklich. Immer fehlte irgendetwas.

Und heute?

Ich schlage morgens meine Augen auf und freue mich auf den Tag mit mir. Was ist passiert?

Vor sieben Jahren starb plötzlich mein Vater. Ich fühlte mich, als säße ich in einem rabenschwarzen Loch. Als ich vor seinem Grab stand, war ich nur wütend. Wieso ließ er mich - wie so oft in meinem Leben - wieder mal mit all` meinen Problemen alleine? Ich hatte noch tausend Fragen und wusste auf einmal, von ihm würde ich keine Antworten mehr bekommen. Er war gegangen, so, wie er immer gegangen war - mit einer Ausnahme: dieses Mal für immer. Er überließ mich mir selbst! Damals war mir nicht klar, dass mein Vater nur das eine - offensichtliche - Problem für mich darstellte.

In demselben Jahr feierte ich meinen 30. Geburtstag. Der zweite Schock! Jetzt war es also so weit. Ich musste mein Leben endlich in den Griff kriegen. Verdammt! Ich war jetzt 30 Jahre alt! Damit hatte ich schließlich eine entscheidende Schwelle in meinem Leben überschritten: Ich war jetzt erwachsen.

Nur, was bedeutete das? Heiraten? Kinder kriegen? Haus bauen? Baum pflanzen?

Ich sah mich in meinem Leben um: Da war mein Freund, der nach einer achtjährigen Beziehung nur darauf zu warten schien, mich endlich zu heiraten und Kinder in die Welt zu setzen. Da waren Freunde und Bekannte, die sich in ihrem Leben auf Dauer eingerichtet hatten. Plötzlich wusste ich, dass das alles nicht mein Ding war. Ich war noch nicht so weit, mein Leben in diese festen Bahnen zu lenken.

Aber, was wollte ich? Ich hatte keine Ahnung. Um irgendetwas zu tun, zog ich aus dem Haus, in dem ich mit meinem Freund lebte, aus und suchte mir eine Wohnung. Mein eigenes kleines Reich.

Okay! Und nun? Besser ging es mir damit auch nicht. Im Gegenteil!

Damals war mir nicht klar, dass ich mich selber überall mit hinnehme und mit mir auch all` meine unbewältigten Kindheitstraumen, Ängste und Nöte. Weil ich mir das nicht eingestehen wollte, begann ich, vor mir selber wegzulaufen. Solange, bis ich eines Tages feststellte, dass ich nicht nur mich dabei verloren hatte, sondern auch gar nicht mehr wusste, wohin ich eigentlich lief. Ich fühlte nur, dass es mir schlechter ging als jemals zuvor.

Ein Gedicht von Norbert Esser zierte damals die Wand über meinem Bett:

Fühle meine Tränen

Spüre meine Schmerzen

Weiß von meinen Ängsten

Kenne mein Alleinsein

Ahne mein Chaos

Will weg von mir

Mein Hausarzt, den ich in meiner Verzweifelung aufsuchte, verschrieb mir eine Vier-Wochen-Kur in Ohlstadt, einem kleinen Dorf in der Nähe von München - weit weg von Berlin, meinem Zuhause. Gleichzeitig riet er mir zu einer Therapie bei Dr. Jung.

Ich? Eine Therapie? Wozu das denn? So schlecht ging`s mir doch nun auch wieder nicht.

Heute weiß ich, dass es mir noch viel schlechter ging, als ich es damals ahnte. Dr. Jung mit seiner selbst entwickelten Therapieform DeKiD - Dein Kind in Dir -, die Elemente der Gesprächstherapie, der Psycho- und Transaktionsanalyse sowie der Gestalttherapie einschließlich des Psychodramas enthielt, hat mir geholfen, mein Kind in mir, mich, wiederzufinden. Es war ein mühsamer, manchmal schmerzvoller Weg, auf dem ich nach und nach bereit und in der Lage war, diese kleine, so sehr verletzte Eva anzusehen, mit ihr zu reden und ihr zuzuhören. In kleinen Schritten und mit viel Geduld schaffte ich es - unterstützt von Dr. Jung - dieses Kind, und damit mich selbst, von all den Zwängen und Schmerzen zu befreien, unter denen ich schon so lange litt. Mehr noch! Ich lernte, mit diesem Kind zu lachen, Spaß zu haben und es zu lieben, so wie es ist.

Heute sitze ich mit der kleinen Eva in mir auf der Dachterrasse meines Appartements auf La Gomera und freue mich darauf, alles, was ich mit ihr erlebt habe, aufzuschreiben. Dabei werden mir die Ton-Kassetten, auf denen die Therapiestunden bei Dr. Jung aufgezeichnet sind, sowie meine Tagebücher helfen. Ich werde meinen Weg beschreiben, der die große und die kleinen Eva zusammengebracht hat und echte Freundinnen werden ließ.

Und, warum dieses Buch?

Es gibt für mich mehrere Gründe, dies alles aufzuschreiben: Ich möchte mit meiner Vergangenheit Frieden schließen, um ausschließlich in der Gegenwart leben zu können. Gleichzeitig beschreibe ich in diesem Buch die Therapieform DeKiD in der Praxis. Sie ist eine Selbst-Therapie. Um sich auf die Suche nach seinem eigenen inneren Kind zu machen, kann eine dritte Person, ein Therapeut, durch dieses Buch entbehrlich werden. Es wird deutlich, dass der Therapeut das Kind in Dir ist und Du mit Hilfe Deines inneren Kindes alles, was Dich belastet, loswerden kannst.

Ich hoffe sehr, dass es mir gelingt, meinen Weg so hautnah zu beschreiben, dass jede/r, die/der sich ebenfalls auf diesen Weg zu sich selbst einlassen will, loslaufen wird und sich darauf freut, sich wiederzufinden.

Denn: Es gibt nichts Schöneres, als sich zu suchen, zu finden und mit sich selbst glücklich zu sein.

Großes Indianer-Ehrenwort!

Eva-Maria Thal

La Gomera, 03.06.1997

Das Innere Kind in Dir

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