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Das Tabularium

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Der Bereich, in dem die antiken Bauten am besten erhalten sind, ist die Senke zwischen den beiden Anhöhen, das Asylum. Das bedeutendste dieser Bauwerke ist das sogenannte Tabularium, dessen gewaltige Substruktion noch heute das Forumstal beherrscht.

Kein antiker Text bewahrt die Erinnerung an dieses seinerzeit das Staatsarchiv des Römischen Reiches beherbergende Monument (dessen Name von den darin archivierten Dokumenten, den tabulae publicae, abgeleitet war). Doch die mittelalterliche Abschrift einer inzwischen verschollenen Inschrift überliefert die Namen des Gebäudes und seines Erbauers sowie das Baujahr (CIL VI, 1314): Q(uintus) Lutatius Q(uinti) f(ilius) Q(uinti) n(epos) Catulus co(n)s(ul)/substructionem et tabularium/de s(enatus) s(ententia) faciundum coeravit eidemque/probavit („Quintus Lutatius Catulus, Sohn des Quintus und Enkel des Quintus, hat als Konsul den Bau der Substruktion und des Tabularium auf Weisung des Senats in Auftrag gegeben und auch abgenommen“). Eine nahezu identische Inschrift, die allerdings nicht den Namen des Gebäudes nennt, wurde im 19. Jahrhundert entdeckt und von Luigi Canina wieder an der nordöstlichen Seite des Monuments angebracht, wo sie sich denn auch jetzt noch befindet (CIL VI, 1313): [Q. Lu]tatius Q(uinti) f(ilius) Q(uinti) n(epos) C[atulus co(n)s(ul)/de s]en(atus) sent(entia) faciundu[m coeravit]/eidemque [p]rob[avit]. Diese zweite Inschrift auf den Quadern eines mit Sicherheit in das Bauwerk integrierten scheitrechten Bogens ist der Beweis dafür, dass das Bauwerk als die Substruktion oder das Tabularium zu identifizieren ist. Wir wissen also, dass der Bauauftrag von dem nach dem Brand des Jahres 83 v. Chr. mit dem Wiederaufbau des Kapitols betrauten Q. Lutatius Catulus vergeben wurde. Da er 78 v. Chr. Konsul war, wurden die Arbeiten wahrscheinlich in jenem Jahr begonnen und möglicherweise 65 v. Chr. abgeschlossen, in dem Jahr, in dem er die Zensur bekleidete. Demnach war das Tabularium einer der am zügigsten fertiggestellten Bauten. Die Arbeiten am Tempel des Iuppiter Capitolinus zogen sich bekanntlich länger hin. Der Name eines Architekten, der für Lutatius Catulus arbeitete und der Planer des Gebäudes gewesen sein könnte, ist einem neueren Fund zu verdanken. Es handelt sich um ein (inzwischen in den Hof des Fatebenefratelli-Krankenhauses auf der Tiberinsel verbrachtes) Epitaph, das in der via Praenestina entdeckt wurde. Dort befand sich das Grab dieses Architekten: L(ucius) Cornelius L(uci) f(ilius) Vot(uria tribu)/Q(uinti) Catuli co(n)s(ulis) praef(ectus) fabr(um)/censoris architectus („Lucius Cornelius, Sohn des Lucius, aus der Familie der Veturier, Vorsteher der Handwerker, als Quintus Lutatius Catulus Konsul, Architekt als dieser Zensor war“). Catulus war, wie wir wissen, 78 v. Chr. Konsul und 65 v. Chr. Zensor, trat aber von diesem Amt sofort zurück: Lucius Cornelius, ein römischer Bürger, der, aus seiner Familienzugehörigkeit zu schließen, vielleicht aus Ostia stammte, arbeitete für ihn in jenen Jahren offenbar beim Wiederaufbau des Kapitols.

Die in der Inschrift ausdrücklich getroffene Unterscheidung zwischen „Substruktion“ und „Tabularium“ passt recht gut zum Erscheinungsbild des Monuments, besteht dieses doch im Wesentlichen aus einem großen – vom Forum aus die Sicht auf den Asylum genannten Sattel verdeckenden – Unterbau und dem Tabularium, das im Allgemeinen mit dem darauf errichteten, inzwischen fast völlig verschwundenen Bau identifiziert wird. Der Grundriss des Gebäudes ist trapezförmig, wobei die Schmalseiten (die nordöstliche bzw. südwestliche Seite) in Richtung Kapitolsplatz konvergieren. Die Substruktion lag auf einer in den Tuff gehauenen Stufe auf und trug eine große Plattform, die die Hügelfläche begradigte. Die mächtige, 73,60 m lange Stützmauer, die den Großteil der Ruine ausmacht, besteht aus regelmäßigen Quadern (opus quadratum) mit einer Schale aus Gabiner-Stein und einem Kern aus Aniene-Tuff. Die Gewölbe der darüber verlaufenden Galerie sind aus Gussmauerwerk (opus caementitium). Die Fassade des ersten Obergeschosses wird von sechs kleinen Fenstern durchbrochen, hinter denen sich ein langer Gang erstreckt. Augenfällig ist, dass die letzte rechte Fensteröffnung deutlich nach links versetzt angebracht wurde: Offenbar galt es, ein älteres Gebäude zu berücksichtigen, nämlich den in republikanischer Zeit errichteten Tempel der Concordia. Am anderen, südwestlichen Ende dieser Gebäudeseite lagen zwei Eingänge, durch die man das Gebäude vom Forum aus betrat: Bei einem dieser Eingänge, demjenigen auf Bodenniveau, handelt es sich um eine große, von einem scheitrechten Bogen überspannte und mit einem Entlastungsbogen überdeckte Tür. Ihre Schwelle besteht, wohlgemerkt, aus einem Block pentelischen Marmors: Dies wäre – sollte es sich nicht um eine Restaurierung handeln – ein sehr frühes Beispiel für den Gebrauch von Marmor in Rom. Unter Domitian wurde dieser Eingang mit dem Vespasiantempel versperrt. Ursprünglich gelangte man von ihm aus über zwei senkrecht zur Fassade verlaufende Treppenläufe zum Geschoss mit der Arkadengalerie und von diesem aus zu einem weiteren, nicht mehr erhaltenen Geschoss. Völlig erhalten sind vom ersten Treppenlauf noch das Tonnengewölbe und die 66 Travertinstufen.


Grundriss des Tabularium und des Tempels des Veiovis.


Ansicht des Tabularium zum Forum hin.


Tabularium. Rekonstruktion der Fassade.

Ein weiterer Eingang befand sich etwas weiter links vom ersten (hinter der Porticus der Dei Consentes), war aber deutlich höher angebracht. Auffallend ist, dass über dieser Öffnung, die mit einem Werksteinbogen abschloss, ein Pfeiler der darüberliegenden Galerie erhalten ist, aus dem nicht, wie aus den anderen, die Halbsäule hervortritt (wohl aber das dazugehörige Kapitell). Dieser Pfeiler war also ursprünglich nicht sichtbar. Demzufolge muss an dieser Stelle ein älteres Gebäude angegrenzt haben, das, wahrscheinlich beim Brand des Jahres 80 n. Chr., zerstört und daraufhin durch die Porticus der Dei Consentes ersetzt wurde. Die überhöhte Eingangstür führte ins Obergeschoss dieses Gebäudes. Sie verschaffte über ein querliegendes Vorzimmer Zutritt zum gefensterten Gang. Dieser war von einem Tonnengewölbe bedeckt, seine Fenster waren ursprünglich vergittert und er erstreckte sich über die gesamte Gebäudelänge. Am anderen Ende, in Richtung Nordosten, ermöglichte es eine zu einer Zimmerflucht führende Treppe, in das Geschoss mit der Galerie zu gelangen.


Perspektivische Rekonstruktion des zum Forum abfallenden Hangs des Kapitols

Von diesen Merkmalen kann auf eine mögliche Funktion des Gesamtkomplexes geschlossen werden: Das Gebäude, das an die Substruktion angrenzte und vor dieser erbaut wurde, stellte vermutlich einen Teil des aerarium, der Staatskasse, dar und war mit dem nahen Tempel des Saturn verbunden, in dem sich bekanntlich das älteste Archiv des römischen Staates befand. Das Tabularium ist womöglich mit dem nicht mehr erhaltenen Bau identisch. Es ist aufschlussreich, dass der gefensterte Gang von ihm direkt zur Arx führte, wo sich die Münzprägestelle (moneta) befand: die Münzen konnten über diesen gut geschützten Geheimgang geradewegs zur Staatskasse gebracht werden.

Die Galerie darüber war hingegen ein weitgehend offener Durchgang, der Capitolium und Arx direkt miteinander verband. Im 19. Jahrhundert war noch ein Teil des ursprünglichen Bodenbelags aus großen Lavagesteinsplatten sichtbar: Es handelte sich also durchaus um einen –wiewohl überdachten – Weg (via tecta).

Ihre Struktur wird von 12 aufeinander folgenden, durch Rundbögen –ebenso untereinander wie mit der Rückwand verbundenen Pfeilern gebildet. Die sich dadurch ergebenden 11 quadratischen Flächen sind von 11 Klostergewölben überdacht. Aus den Pfeilern treten kannelierte dorische Halbsäulen aus Gabiner-Stein, deren Kapitelle und Basen aus Travertin sind. Ebenfalls aus Travertin ist der darauf ruhende Architrav mit regulae und guttae, der von einem regulären dorischen Metopen- und Triglyphenfries bekrönt gewesen sein muss, der allerdings verschwunden ist. Einige Räume unklarer Bedeutung (drei gen Südwesten, zwei gen Nordosten) sind zur Galerie hin offen. Ursprünglich unzugänglich waren dagegen die vier rückwärtigen, in das Gussmauerwerk eingelassenen und mit Gewölben versehenen Räume, denen gegenüber sich auf der Höhe des zweiten Obergeschosses ein Gebäude befunden haben muss. (Zu Letzterem hatte man vom vorgelagerten Platz aus oder über den oben erwähnten zweiten Treppenlauf Zugang: Man hat neuerdings vorgeschlagen, diesen Bau als das Podium des Tempels der Iuno Moneta zu identifizieren, doch es ist wahrscheinlicher, dass es sich dabei um den Tempel der sullanischen Venus Victrix handelte.)

Auf der nordöstlichen, zur Arx hin ausgerichteten Gebäudeseite befinden sich vier große, miteinander kommunizierende Räume; zum ersten dieser Räume gewährte die Treppe Zugang, die auf dem darunter verlaufenden Gang beginnt: Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Abteilung der moneta (der republikanischen Münzprägestelle). Über diesen Räumen erhob sich ein zweites Obergeschoss, von dem Spuren erhalten sind. Auf dem scheitrechten Bogen der Tür zwischen dem ersten und dem zweiten Raum befindet sich die oben angeführte Inschrift des Lutatius Catulus.

An der zum Capitolium hin ausgerichteten Gegenseite ist die Fassade besser erhalten. Sie besitzt, nordwestlich des Eingangs zur Galerie, eine große trapezförmige Nische mit scheitrechtem Bogen unbekannter Bedeutung. An dieser Stelle fallen auch die Überreste des Basaltpflasters eines Seitenweges des Clivus Capitolinus auf, also jener Straße, die zum Kapitolsplatz führte. (Dort muss sich ursprünglich die Hauptfassade des Gebäudes befunden haben.) Diese Gebäudeseite macht an ihrem westlichen Ende einen im Untergeschoss des Senatorenpalastes sichtbaren, durch den älteren Tempel des Veiovis bedingten Knick.

Vom zweiten Obergeschoss, bei dem es sich wohl um das Hauptgeschoss handelte, ist fast nichts übrig geblieben. Vermutlich wandte es dem Kapitolsplatz eine Monumentalfassade zu. Zum Forum hin wird für gewöhnlich eine große, etwa 13 m hohe porticus rekonstruiert. Von dieser porticus (oder diesem neuerdings hypothetisch angenommenen Tempel) lagen zahlreiche Überreste auf dem Boden (Kapitelle, Basen, Säulentrommeln, Fragmente von Travertinsimsen, die großenteils im Areal der Porticus der Dei Consentes aufbewahrt werden). Das Monument ist eines der eindrucksvollsten Beispiele jener republikanischen Architektur, die zwischen Mitte des 2. und Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. in ganz Mittelitalien verbreitet war. Einige weitere Beispiele unter vielen vergleichbaren sind die Heiligtümer von Praeneste, Tivoli und Terracina. Das Gebäude erinnert besonders stark an das in sullanischer Zeit errichtete Heiligtum des Hercules in Tivoli, nicht zuletzt wegen der systematischen Einführung gewisser Neuerungen, wie der Säulenbogenstellung, die sich in der römischen und in späterer Architektur großer Beliebtheit erfreuen sollte, und des „Klostergewölbes“.

In der – einen wahrhaft überwältigenden Blick auf das Forum gewährenden – Galerie sind ein aus augusteischer Zeit stammender Teil des Giebelgesimses des Concordia-Tempels sowie ein Teil des Architravs des Vespasiantempels aufbewahrt. Letzterer ist mit der Darstellung von Opferinstrumenten geschmückt. In den Räumen hinter der Galerie werden einige Mosaiken verwahrt. Sie stammen aus Gebäuden, die abgerissen wurden, um dem Tabularium Platz zu machen, und werden daher den ältesten Mosaiken Roms zugerechnet (sie sind nicht nach dem 2. Jahrhundert v. Chr. entstanden). In diesen Räumen sind auch die Überreste der Gebäude selbst zu sehen.

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