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KAPITEL EINS

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IN DEM WIR VON DER GEBURT TAUSHS IN DER STADT DER GEISTER ERFAHREN UND ALLES DANACH AUSSIEHT, ALS WÜRDE EIN BEDEUTENDER MANN AUS IHM; VON DEN DREI ZEICHEN SEINER GEBURT

Taush wurde in Gaisterştat geboren und kam zur WELT in jener Stunde zwischen Tag und Nacht, die zugleich erscheint und entschwindet, gerade noch siehst du sie und spürst sie, und im nächsten Augenblick ist sie dahin – und nur einen Moment der Leichtfertigkeit hätte es seine Mutter gekostet, ihn in diesem Augenblick zu verlieren, ihn zwischen den Schenkeln auszulassen, sodass das Kind in die Luft ringsumher ausgetreten wäre, und unsere Geschichte hätte geendet, bevor sie begonnen hätte, und aus. Aber die Ammen, antike und weise Weiber, sie wussten das Kind zu halten und was sie sagen mussten, um die Leere um sie zu vertreiben. Und der Augenblick verging und Taush blieb.

Sehr glücklich waren seine Mutter und sein Vater, denn, weißt du, er war das erste und würde ihr einziges Kind bleiben, und eine große Freude kam über ihr Haus, als sie von den Ammen erfuhren, dass der kleine Taush mit einem Glückshäubchen geboren war, zum Zeichen, dass ein bedeutender Mann aus ihm würde, und nicht nur für Gaisterştat. Nachdem sie die Stunden ihrer Plackerei verflucht hatte – denn gar schwer war Taush herausgekommen, als wäre die Welt, in der er das Leben vor dem Leben verbracht hatte, die allerbeste, und jene draußen nur ein Abgrund zum Fürchten –, sah sie all die guten Zeichen an ihm und um ihn herum, und sie bat ihn flüsternd um Vergebung und das ganze Haus vergoss Tränen um ihn, Tränen der Freude.

Welche Zeichen, fragst du? Nun, er war noch nicht ganz heraus, die Hälfte seines kleinen Körpers war noch in der Mitte der Frau, als das erste Zeichen sich offenbarte. Die Schreie der schmerzerfüllten Mutter und die anfeuernden Rufe der Ammen, alles verstummte, als Taush seinen Kopf hinaus auf die WELT streckte, und die, welche dort auf den Straßen, in den Häusern und auf den Plätzen waren, alle konnten später bezeugen, dass alles auf der WELT innehielt – nicht einmal der Wind wehte mehr, nicht einmal die Tiere wühlten mehr im Boden, nicht einmal die Kinder spielten, nicht einmal die Menschen sprachen mehr miteinander, nicht einmal die Käfer krochen mehr umher, weder war der Himmel wechselhaft noch jagten einander die Gedanken. Es wurde ruhig in ganz Gaisterştat und ringsum hub ein Schweigen an und alles stand still, bis Taush aus dem Körper der Frau gezogen und in ihre Arme gelegt wurde. Und alle fürchteten sich, als sie erwachten, weil sie in diese Welt zurückkehren mussten, denn es war, als wäre die Welt der Stille, in die der kleine Taush sie geworfen hatte, die wahrlich süßeste. Manche entschlossen sich, für immer zu schweigen und brachten kein Wort mehr hervor, ihre Bewegungen wurden seltener und klein, sie waren erfüllt von Sehnsucht nach den Augenblicken damals, als Taush den Kopf aus dem Bauch seiner Mutter streckte und voll Bitternis entschied, es sei ihm zu viel Lärm auf der Welt.

Und es gab wenige Tage nach der Geburt ein weiteres Zeichen, als alle in Gaisterştat morgens erwachten und sich ein paar Stunden den Kopf darüber zerbrachen, dass etwas nicht war, wie es für gewöhnlich war. Wie war es? Ich weiß nicht, aber es war und war nicht so. Erst gegen Abend begriffen sie, was war, und sie machten sich auf die Suche nach den kriechenden und fliegenden Insekten und Käferchen, in Kellern und Kammern, auf Dachböden und in Gärten, aber sie stießen in ganz Gaisterştat auf kein einziges. Niemand wurde mehr von Mücken gestochen, kein Floh biss mehr, die Bienen hörten auf zu summen, der Mistkäfer rollte keine Kugeln mehr. Einen ganzen Tag lang waren die Menschen in der Stadt ohne Summen und Brummen gewesen, bis sie verstanden, dass es die Stille war, die in ihren Schädeln lauter summte und brummte als jedwedes Insekt auf dem Erdball. Viele ergriff wohl die Furcht, sagt man, denn man wusste, das Insekt war schon lange vor dem Menschen auf der Erde, und man sagt, dass das Insekt noch lange nach dem Menschen der Herr der Erde sein und sich Schlösser und Gänge aus der Asche unserer Leiber bauen würde. Aber nun hatte in Gaisterştat scheinbar jede Art von Fliege dem Menschen den Rücken gekehrt und war verschwunden, sie hatten den Menschen schwach und verwaist zurückgelassen, und dies, so sagte man wohl, konnte nichts anderes bedeuten als das Ende von allem und jedem und von allem, was noch zwischen allem und jedem übrig blieb.

Aber die Furcht, von der wir sprechen, hielt nicht lange an, denn ein Junge stürmte auf den Platz und schrie lauthals, es herrsche in dem Hause, in dem vor wenigen Tagen der kleine Taush geboren worden wäre, ein solches Gekrabbel und Gewimmel, dass die Wände wackelten und die Fenster zitterten. Jeder lief, so schnell er konnte, durch die Straßen, und die ganze Stadt versammelte sich um das Haus des kleinen Taush und drängte sich hin, wo andere sich nicht hindrängten, und lauschte auf das Gelärm im Haus der armen Leute, die auf der Treppe standen und die Schultern zuckten und den Nachbarn sagten, das Kind hätte die ganze Nacht geweint, aber jetzt, da alle Käferchen bei ihm im Zimmer wären, würde es schlafen wie ein Engel. Und siehe, dies war das zweite Wunder zur Geburt des kleinen Taush, des Heiligen von Mandragora. Woher ich das weiß, fragst du, werter Reisender? Von meinem Vater, einem guten Erzähler, denn in meiner Familie fällt der Apfel nicht weit vom Stamm und der Knochen nicht weit vom Knochen.

Und das dritte, fragst du mich? Willst du das dritte Wunder hören? Ein drittes gab es auch, das hast du gut erraten, und es werden wohl noch andere gewesen sein, die der ein oder andere noch weiß – verflucht seien die Erzähler, die hören und nichts erzählen! Bevor ich dir vom dritten Wunder berichte, ist es nötig, dass du das ein oder andere vom Rat der Ältesten von Gaisterştat erfährst und was ihn damals in aller Munde sein ließ. Wie du weißt, mein lieber Weggefährte, ist es in diesen Teilen der Talpa lui Tapal üblich, dass jede Stadt ihren Ältestenrat hat, der die Tage ordnet und sie nächtens schützt, so wirst du es auch in Alrauna sehen, wohin wir gerade unterwegs sind, denn wissen kannst du es noch nicht; dort gibt es heutzutage auch einen Stadtrat, was immer das sei, aber mit dem, habe ich sagen hören, leg dich besser nicht an, und in seine Angelegenheiten steckst du besser nicht deine Nase. Folgendes sollst du nun über den Rat von Gaisterştat wissen, um das dritte Wunder zu begreifen, dass nämlich niemand ihn je gesehen hatte, denn er bestand nicht aus den Ältesten der Stadt, sondern aus den Allerältesten, älter ging es nicht mehr, sie waren so alt, dass sie tot waren. Ja, du hast dich nicht verhört – tot. Und nicht nur tot, sondern seit Langem tot, nicht seit gestern oder vorgestern – tot und verfault, die Asche verstreut und die Knochen zermalmt. Der Ältestenrat von Gaisterştat war insgesamt eine uralte Geisterversammlung.

He, starr mich nicht so an mit deinem Auge, ich sage nur, was ich gehört habe! Man sagt, hin und wieder wäre im Haus des Rates eine Geisterversammlung abgehalten worden und mal dies, mal das beschlossen worden, danach wäre eines von den Oberhäuptern der Stadt – kein Mitglied des Rates, aber in dessen Dienste stehend – auf den Platz hinausgetreten und hätte die Stadt über all das unterrichtet, was die Geister da in die Wege geleitet hätten, denn von ihren kühlen oder warmen Schatten, von ihrer Welt aus, die niemand kennt, führten sie Gaisterştat.

Warum ich dir das alles erzählt habe? Damit du verstehst, welch erhabener Tag es war, als sich auf den steinernen Stufen vor dem Haus des kleinen Taush das Oberhaupt der Stadt zeigte, von dem ich dir erzählt habe, und an die beiden Eltern gedrängt, die für ein paar Stunden aus dem Haus geschickt worden waren, zu der gaffenden Menge sprach, die sich vor ihnen versammelt hatte, dass sich zur selben Stunde die Geister von Gaisterştat zusammengefunden hätten und rings um das Körbchen Rat hielten, in dem das Kind Taush friedlich gurrte. Und der Rat tagte lang, denn erst am Abend verließ das Oberhaupt die Vortreppe, ohne an die Menge auch nur ein Wort zu richten, und er ruderte mit den Armen, um die Meute zu verscheuchen, als machte er Platz für seine unsichtbare Gefolgschaft, dann trat er ins Haus des Rates und schloss wenige Augenblicke später die Tür, als wohl all die abgeordneten Geister auch eingetreten waren. Was nun dort besprochen wurde in diesem seltsamen Rat, das wird niemand je sagen können, vielleicht nur die Käfer, aber wer fragt die schon?

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