Читать книгу Die Flucht - Florian Graf - Страница 28
ОглавлениеDu kneifst die Augen zusammen. "Konzentrier' dich, Robin", fährt es dir durch den Kopf. Dein Dickschädel hat dir schon häufig treue Dienste geleistet, und so gelingt es dir die Kopfschmerzen für den Moment zu verdrängen. Was war passiert? Wer hat dir die Beule verpasst und dafür gesorgt, dass du in diese trostlose Zelle geworfen wurdest?
Du versuchst die letzte Erinnerung vor deiner Gefangenschaft zu greifen, doch die Gedanken tanzen in deinem Kopf wie hinter einem milchigem Schleier. Immer wenn du glaubst einen klaren Gedanken zu fassen, entweicht er in die Tiefen des Vergessens. Es ist hoffnungslos. Doch du bist niemand der sich schnell geschlagen gibt. Während du auf der Pritsche sitzt und durch die Gitterstäbe in den Himmel starrst, erinnerst du dich an ein Geräusch. Ein Hahnenschrei.
Es gab Zeiten in denen du das Federvieh für sein markerschütterndes Geschrei verflucht hast. Seit nunmehr zwölf Sommern läutet sein täglicher Weckruf einen weiteren harten Arbeitstag ein. Die Ziegen füttern, die Felder bestellen, Zäune reparieren, Hühner rupfen - Es gibt immer etwas zu tun auf dem Gehöft deiner Stiefeltern. Mit der Zeit hast du deinen Frieden gemacht mit dem Hahn. Was kann das Tier dafür? Als dreijähriges Findelkind haben dich Ron und Henriette aufgenommen, und es vergeht kaum ein Tag, an dem sie dich nicht daran erinnern, wie sehr du ihnen dafür dankbar sein musst. Als ob! Deine Stiefeltern sind selbst kinderlos geblieben, da kam es ihnen gerade recht einen Sohn zum Knecht heranzuziehen. Gerade so, wie man einen Hengst dressieren muss, bevor man ihn satteln kann. Du lächelst. Der Vergleich mit einem muskulösen Rappen hinkt. Trotz der schweren Farmarbeit warst du noch nie besonders kräftig.