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Umwertung

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Die diskursive Rahmung von Misstrauen als Abwesenheit und Problem sowie dessen Instrumentalisierung in einer Problematisierungsstrategie dominieren das allgemeine Verständnis des Phänomens auf eine Art und Weise, die wenig andere Deutungen zulässt. Im Dunkeln bleibt allerdings, wie Misstrauen in der Praxis aussieht. Um diese Praxis soll es in diesem Buch gehen. Um sie erfassen und beschreiben zu können, bedarf es zunächst einer Umwertung des Wertes. Anstatt Misstrauen als Problem zu brandmarken, soll es hier als Potential und als Grundlage für Engagement verstanden werden. Denn Misstrauen löst Handlungen aus, führt keineswegs in Lähmung und lethargische Verzweiflung. Solche Handlungen können ganz unterschiedlich aussehen. Sie können nach innen bzw. zentripetal in die Gesellschaft hineinwirken oder nach außen bzw. zentrifugal darauf ausgerichtet sein, aus ihr auszusteigen. Sie können offensichtlich sein oder im Verborgenen wirken.

Misstrauensinduzierte Handlungen sind also nicht durchweg negativ – auch wenn dies landläufig so gesehen wird. Tatsächlich spielt Misstrauen eine konstruktive Rolle in der politischen Kultur westlich geprägter Staaten. Besonders die US-amerikanische Verfassung ist stark von Misstrauen gegen die Tendenz des Staates geprägt, sich in alle menschlichen Lebensbereiche einzumischen, und schränkt die Befugnisse des Staates entsprechend ein. Auch Gewaltenteilung, Pressefreiheit und zivilgesellschaftliche checks and balances (›Überprüfung und Ausgleich‹) dienen dazu, den Staat misstrauisch zu beäugen. Misstrauen schließt also zivilgesellschaftliches Engagement nicht aus, sondern geht diesem meist voraus. Nicht nur ohne Vertrauen, auch ohne Misstrauen kann Demokratie nicht bestehen.

Misstrauen

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