Читать книгу Am Ende kackt die Ente! - Frank Buschmann - Страница 3

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ES GIBT EIN FERNSEHBILD, das werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Es ist ein Zwischenschnitt aus dem Aktuellen Sportstudio Anfang der 80er-Jahre. Du warst zu sehen, wie du dir mit den Fingern über die Wange strichst, als du registriertest, dass das Rotlicht an der Kamera leuchtete und dich unter den Zuschauern zeigte. Du winktest etwas verschämt und auch ein bisschen verschmitzt in die Kamera, um uns daheim vor dem TV-Bildschirm zu grüßen. Wir haben uns übrigens weggeschmissen vor Lachen und fanden, das sah ulkig aus, um es mal vorsichtig auszudrücken. Das ist das Bild, das ich mein Leben lang nicht aus dem Kopf kriege. Du warst immer genau so Sport-bekloppt wie ich, du hast mich zuallererst zum Sport gebracht, im zartesten Alter zum Basketball. Du hast mir gesagt: »Versuch es doch auch noch mit Kicken«. Ich spielte also auch Fußball. Du hast mich auf den Tennisplatz geschleppt – ich glaube, du gewannst kein einziges Match gegen mich. Du warst immer ein Sportverrückter, einer, der alles geguckt hat, der selbst viel Sport gemacht hat. Basketball in Hagen in den 70er-Jahren. Du warst Jugendwart. Da lag es nahe, dass das auch meine erste wichtige Sportart werden würde.

Wie gerne wäre ich den Weg, den ich im Sport und im Sportjournalismus gegangen bin, mit dir gemeinsam gegangen. Du entschiedst dich aber anders. Am 12. September 1983 hast du beschlossen, dir das Leben zu nehmen. Du dachtest, du seist nichts Wert, kein guter Ehemann, kein ­guter Vater, kein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Wie kann man auch zweimal innerhalb kurzer Zeit den Arbeit­geber wechseln – dann ist man ja ein Versager. Was für ein Quatsch!

Du sehntest dich immer extrem nach Anerkennung. Manche Leute behaupten, das hätte ich von dir geerbt … Und du achtetest immer extrem darauf, dass die Leute gut von dir reden. Das habe ich ganz sicher nicht von dir geerbt! Deine Frau, die Mami, deine Tochter, meine Schwester Heike, und ich fanden das damals unglaublich unfair, dass du uns, so ­haben wir es gesehen, alleine gelassen hast. Erst viel später erkannten wir, dass du krank warst. Aber wer hätte sich 1983 schon mit Depressionen beschäftigt?

Das Thema sollte mich in meiner Sportjournalisten-Laufbahn noch zweimal einholen. Das war zum einen, als Robert Enke sich auf exakt die gleiche Art und Weise unter exakt den gleichen Umständen das Leben nahm. Und das war, als ich, auch eine bemerkenswerte Fügung, an einem Samstagnachmittag einsprang als Moderator bei Liga Total. In jener Sendung, für die ich gar nicht vorgesehen war, in der aber ganz normal über den Spieltag in der Fußball-Bundesliga berichtet werden sollte. Babak Rafat, ehemaliger Schiedsrichter, versuchte an genau dem Tag sich in einem Kölner Hotel das Leben zu nehmen. Das warf unsere gesamte Sendung um, denn natürlich war das ein großes Thema. Für mich ein ganz besonderes »Live on Air«!

Das waren die schwierigsten Momente in meiner beruflichen Karriere.

Mich würde so unglaublich interessieren, wie du erlebt, wie du bewertet, wie du kommentiert hättest, was ich in diesem Buch näherbringen möchte, nämlich die Liebe und Leidenschaft zum Sport, zum TV-Sport, zum Beruf, eigentlich zu allem, was man anpackt. Was hättest du wohl dazu gesagt? Wie hätte dir das gefallen, wie ich von einer Basketball-Europa- oder -Weltmeisterschaft berichte? Wenn die Gäule mit mir durchgehen, wenn ich ausflippe? Hättest du gesagt: »Mach mal ein bisschen ruhiger?« Ich stelle mir vor, du wärst mit mir gereist, 2001 in die Türkei. Dort hättest du dann neben Vater Nowitzki am Pool gelegen. Ich hätte das alles so unglaublich gerne erlebt. Und ich gebe ganz offen zu, ich hätte es so unglaublich gemocht, ich hätte es so unglaublich toll gefunden, wenn du vielleicht irgendwann hättest sagen können, weil all das auch deiner Leidenschaft entspricht, dass du stolz wärst, dass du fändest, dass ich den richtigen Weg gegangen bin.

Vielleicht kriegst du das alles irgendwo mit. Vielleicht schaust du von irgendwo zu, schüttelst manchmal mit dem Kopf, sagst manchmal: »Ja, Ja! Ja«. Und manchmal: »Um Gotteswillen, nein.«

Fakt ist, du bist immer in meinem Herzen.

Am Ende kackt die Ente!

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