Читать книгу Am Ende kackt die Ente! - Frank Buschmann - Страница 6

Оглавление

IMMER WIEDER FRAGEN mich Fans: Wie kannst du dich für so viele unterschiedliche Sportarten gleichzeitig begeistern? Fußball – klar, Basketball – klar. Aber Moderner Fünfkampf, Schwimmen, Wasserball … wie geht das?

Na ja, obwohl ich in erster Linie Basketball, zwischendurch parallel auch mal ein bisschen Fußball gespielt habe, war ich immer, seit ich denken kann, total sportverrückt. ­Jedes Buch zu Olympischen Spielen, das ich in die Finger kriegte, las ich vorwärts und rückwärts, alles, was im TV mit Sport zu tun hatte, schaute ich mir an – sofern es meine Eltern irgendwie erlaubten. Wettbewerb, Wettkampf, das fand ich an sich unglaublich spannend. Das musste nicht Fußball oder Basketball, das konnte jede Sportart sein. Und wenn ich das als Sportjournalist begleiten kann … Man kann sicher nie alle Sportarten perfekt beherrschen. Aber man kann sich einfühlen, man kann sich reinarbeiten. Dann ist das einfach ein sensationeller Job.

1993, ich hatte beim DSF noch gar nicht lange unterschrieben, hatte der Sender die Weltmeisterschaft im Modernen Fünfkampf in Darmstadt gekauft. Das DSF war jung, ein bisschen so ein Startup-Unternehmen, die Redakteure waren es auch, junge Leute, die eigentlich, zumindest zum Teil, nicht so ganz viel Ahnung vom Fernsehmachen hatten. Wir selber nannten uns scherzhaft die »Videogruppe Ismaning«. Aber es gab unfassbar viele Möglichkeiten. Moderner Fünfkampf also: vor allem die Frauen waren damals ganz gut. Kim Raisner war ein Name, der mir durchaus was sagte. Also meldete ich mich. Bald reisten wir mit ein paar Mann nach Darmstadt, vom Status her Redakteure, im Grunde eine bessere Studententruppe. Als jemand, der gerade mal zwei Monate, glaube ich, bei dem Laden dabei war, kam ich als Moderator oder als Live-Kommentator für diese Sportart nicht in Frage. Ich sollte vielmehr Zusammenfassungen von den Schwimmwettkämpfen schneiden und anschließend ver­tonen.

Vom Schnitt hatte ich – ich weiß gar nicht, ob man das erzählen soll – nicht unbedingt viel Ahnung. Beim Schnitt sollte man schon ein bisschen darauf achten, dass dem Zuschauer klar wird: die schwimmen in einem Becken hin und her. An so was hatte ich natürlich nicht gedacht. Bei mir schwammen alle immer in die gleiche Richtung. Achssprung nennt das der Fernsehfachmann. Davon hatte ich noch nie etwas gehört. War mir auch nicht ganz so wichtig. Meine Zusammenfassung war fertig, als andere Kollegen bei einem Fünfminüter noch bei Sekunde 30 waren … Die gaben sich eben viel mehr Mühe. Was heißt viel mehr Mühe! Die ach­teten auf die Feinheiten, auf die fernsehspezifischen Dinge, die ich alle gar nicht kannte – und fassten sich an den Kopf! Nach einigen Korrekturen lief dann aber auch meine Zu­sammenfassung vom Schwimmen – immer schön hin und her, wie es sich gehört.

Die Abschlussdisziplin beim Modernen Fünfkampf ist das Springreiten. Das machten wir live, kommentiert von Uli Jansch, ein für unsere Verhältnisse damals schon unfassbar erfahrener Mann im TV-Bereich. Und nun trug es sich zu, dass diese Weltmeisterschaft von Richard Phelps dominiert wurde. Der erste Brite, der im Modernen Fünfkampf bei ­einer WM Gold gewann. Das war etwas Besonderes! Wir als übertragender deutscher Sender mussten diesen Mann natürlich unbedingt in einem Interview präsentieren! Als der Sendeleiter allerdings fragte, wer das Interview denn ­machen wolle, wurde es plötzlich merkwürdig still. Ich war auch ein bisschen überrascht. Alle sagten: »Nö, also ich lieber nicht.« Klar, keiner war vorbereitet, jetzt gleich vor die ­Kamera zu treten und ein Interview zum Modernen Fünfkampf, also über Fechten, Schwimmen, Laufen, Schießen und Spring­reiten, zu führen, und dann auch noch mit einem Briten auf Englisch, der überdies völlig aus dem Häuschen war. Also wurde das meine Sache, kein Problem. Ich hatte zwar nicht unbedingt die passende Kleidung mit (das war auch in den Folgejahren, wenn ich als Moderator auftrat, nicht gerade meine Stärke), aber mein Englisch war passabel, einfach aus dem Grund, weil ich als Basketballer immer mit US-Amerikanern zusammen gespielt hatte und die Amtssprache sozusagen immer Englisch war. Ich sprach zwar kein Oxford-Englisch, aber es gelang mir, Richard Phelps unfallfrei zu inter­viewen. Mir hatte es sogar Spaß gemacht, mit dem Mann über seine Leistung beim Laufen, seine Technik beim Fechten und die Besonderheiten bei der entscheidenden Diszi­plin Springreiten, wo die Pferde zugelost werden (im wahrsten Sinne des Wortes ein Lotteriespiel) zu fach­simpeln. Ich hatte gemerkt, Mensch, vor einer Kamera zu agieren, ist wirklich dein Ding! Dass das rote Licht leuchtete, hatte mich nicht im Geringsten gestört.

So kam es, dass mich noch in der Woche nach den Wettkämpfen mein Vorgesetzter beim DSF fragte, ob ich mir generell vorstellen könnte, nicht nur live zu kommentieren (das war im Basketball bereits der Fall), sondern auch vor der ­Kamera zu moderieren. Und wie ich so bin, konnte ich mir das selbstverständlich vorstellen! Also las ich in der Folge ab und an die Sportnachrichten vor und stand bei unterschied­lichen Sportarten wie Handball, Basketball und Fußball immer mal wieder vor der Kamera. Da war es wieder, das berühmt-berüchtigte Learning by Doing. Das war damals möglich. So auch im Folgejahr 1994, als es hieß, wir reisen zur Schwimmweltmeisterschaft nach Rom – ja, das hat es tatsächlich mal gegeben, Schwimmen im Fernsehen, damals, beim DSF! Ich hatte mich für die Wasserball-Übertragung gemeldet, kannte ich doch einige Wasserballer aus der Schulzeit in Hagen und dachte, es sei eine gute Gelegenheit, mit denen in Rom ein bisschen durch die Gegend zu toben. Leider schafften die Jungs nicht den Sprung unter die besten acht, eine ganz dusselige Niederlage im letzten Vorrundenspiel gegen die USA mit zwei Toren Differenz, hätte nicht sein müssen. Trotzdem war auch das wieder eine Erfahrung: Man steckte mich als Moderator in so einen schwarzen Ba­de­anzug, da stand »Das A-Team« drauf, für die A-Nationalmannschaft, und ließ mich im Becken stehend moderieren. Ich durfte mich schön zum Horst machen. Aber meine Güte, man muss über sich selbst lachen können und Dinge aus­probieren.

Als Live-Berichterstatter war schnell Schluss, nachdem die Wasserballer raus waren. Als Redakteur ging ich aber weiter zu den Schwimmwettkämpfen. Ich saß auf der Tribüne, als Franziska van Almsick knapp den Einzug in den Endlauf über 200 Meter Freistil verpasste. Untergangsstimmung, übri­gens auch beim DSF, denn sie war der Goldfisch, sie war die Schwimmerin, die natürlich für die Topquoten sorgte. Aber dann verzichtete Dagmar Haase aus sportlichen Gründen auf ihre Teilnahme am Endlauf, wodurch Franziska van ­Almsick doch noch reinrutschte. Das war natürlich die Geschichte bei der Schwimm-WM in Rom. Das wurde rauf- und runterbearbeitet, auch im Nachgang noch. Mir wurde gesagt, Buschi, setz du dich während des Endlaufs bitte mal auf die Tribüne zu den Eltern von Franziska, wir drehen da ein bisschen mit der Kamera, da können wir bestimmt so ein buntes Stück zu machen (so wurde das damals, und ich glaube, so wird das auch heute noch genannt). Ich setzte mich also neben die Eltern van Almsick, und dann gab es dieses Stück, aber nicht bunt, sondern Schwimmhistorie. Franziska gewann mit elf hundertstel Sekunden Vorsprung vor einer ­Chinesin – in Weltrekordzeit! – und ihre Mutter fällt als erstes wem um den Hals? Ausgerechnet mir! Zugegeben, sie rea­gierte schnell und wendete sich danach gleich ihrem Mann zu. Aber wir hatten das Bild und einen riesen Lacher dazu. Dieser bunte Bericht hatte sich absolut gelohnt!

Am Ende kackt die Ente!

Подняться наверх