Читать книгу Am Ende kackt die Ente! - Frank Buschmann - Страница 4

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WENN DU IN HAGEN groß wirst, dann ist alles ganz anders, anders als etwa in Dortmund – der Nachbarstadt von Hagen – oder auf Schalke, oder in Bochum … In Hagen wirst du nicht Fußballer, da gehst du direkt zum Basketball. Zumindest war das in den 60er-, 70er-Jahren so. Und schon mal erst recht, wenn dein Vater als Jugendwart bei dem Club der Stadt aktiv war, beim SSV Hagen. Er war total engagiert. Der SSV Hagen war der Club, bei dem Jimmy Wilkins spielte. 1974 Deutsche Meisterschaft, 1975 Pokalsieg. Der erste Basketballer mit Besuch im Aktuellen Sportstudio. Er führte vor, dass er springen konnte wie ein Flummi. Meine Mutter war glühender Jimmy-Wilkins-Fan, die ganze Familie drehte durch, Basketball war alles in Hagen in den 70er-Jahren. Und da musste der Kleene natürlich auch spielen. Und so war klar, dass ich mit sechs, sieben Jahren eigentlich gar keine Wahl hatte: ich wurde ­Super-Mini beim SSV Hagen.

Das war eine unglaublich schöne Zeit. Wir waren extrem erfolgreich, gewannen einfach alles, Stadtmeisterschaft, Kreis­meisterschaft, westdeutsche Meisterschaft. Das ging ganz von selbst. Wir waren eine super Truppe, und nur mal so am Rande: von den elf, zwölf Jungs des 64er- und 65er-Jahrgangs, die damals zusammen begonnen hatten, spielten später sieben in der 1. oder 2. Basketball-Bundesliga. Da kann man von einem guten Jahrgang sprechen, ohne Frage. In der C-Jugend gab es den ersten ganz großen Höhepunkt: Mit einem Sieg im Finale gegen den USC Heidelberg wurden wir Deutscher Basketballmeister. Dabei profitierten wir von unserem alles überragenden Mann Ralf Risse, genannt X-Risse, später zigfacher deutscher Basketballnationalspieler. Der trug uns durch jeden Wettbewerb. In diesem Endspiel gegen Heidelberg machte er 45 von 80 Punkten.

Ich war immer der eher kleine, schmächtige Spieler, einen Kopf größer als ein Spiegelei. Als ich Ende der B-Jugend, also mit 16 Jahren, immer noch nur knapp 1,70 Meter maß, da schien die große Karriere eines X-Risse oder einiger anderer Mitspieler für mich in unmögliche Ferne zu rücken. Ich trat, ja, ich muss es zugeben, so ein bisschen den Rückzug an und wechselte zu einem kleinen Vorortverein in Hagen, dem SV Boele-Kabel.

Boele und Kabel sind zwei Vororte von Hagen. Dort wurde es aber richtig gut, denn in der Zeit zwischen 17 und 18 – das klingt jetzt komisch, war aber tatsächlich so – wuchs ich noch einmal um rund 17 Zentimeter, und mit 18 Jahren war ich auf einmal 1,86 Meter groß. Dazu ging ich in die Breite, ich meine damit jetzt keinen Speckmantel um die Hüften, sondern ich wurde richtig kräftig. Und plötzlich schien da doch noch was zu gehen.

Mit 17 spielte ich bereits in der ersten Herrenmannschaft, mit der wir durchmarschierten bis in die 2. Basketball-Bundesliga. Mit einem kleinen Klümpchenverein! Das muss man sich wirklich mal vorstellen. Eigentlich eine undenk­bare Geschichte. War es am Ende leider tatsächlich, denn der Club konnte die finanziellen Rahmenbedingungen nicht schaffen, die es brauchte, um in der Zweiten Basketball-Bundesliga mitzumischen. Die Mannschaft fiel auseinander.

Mein Weg führte danach in Richtung BG Hagen, ebenfalls Zweite Basketball-Bundesliga. Dort habe ich fünf, sechs Jahre den Prinzen in der Provinz gemacht. Ich war, das kann ich wohl mit Fug und Recht behaupten, durchaus ein pas­sabler Zweitligaspieler. Es gab Partien, da ging alles. Ich kann mich an ein Spiel gegen den TK Hannover erinnern, 37 Punkte, neun erfolgreiche 3er, meine Güte! Eine Woche später ­allerdings, im nächsten Spiel: alles danebengeschossen, nur zwei Punkte gemacht, katastrophale Leistung. Das beschreibt so ein bisschen, wie meine Karriere verlief – und erklärt meinen Spitznamen »Das schwarze Loch«. Heute, mit ein bisschen Abstand, weiß ich, dass ich Mitspieler, Trainer und Zuschauer allzu oft in die komplette Verzweiflung getrieben habe. Meist hat man den Ball einfach nie wieder gesehen, wenn er mir zugespielt wurde. Er war dann wie vom Universum verschluckt – denn ich wollte den Korb un­bedingt selbst werfen. Das war für meine Mitspieler nicht immer einfach. Weiß ich heute. Habe ich damals ein bisschen anders gesehen. Damals fand ich mich einfach un­glaublich gut.

Jedoch – irgendwann war klar, dass es für den ganz ­großen Wurf nicht reichen würde, will heißen: Erste Basketball-Bundesliga. Da eine Rolle zu spielen, fehlte es mir nicht nur an Körperlänge, es fehlte mir vor allem an Biss. Der Trainer des FC Bayern München und ehemalige Bundestrainer Svetislav Pesic wirft mir bis heute vor: »Oh, du warst ein Schneewittchen, wenn du den richtigen Kopf gehabt hättest, wenn du mehr Biss, mehr Ehrgeiz gehabt hättest, du hättest durchaus ein passabler Erstliga-Basketballer werden können!« Das ehrt mich vielleicht ein bisschen, zeigt vor allem aber deutlich, dass es an der richtigen Einstellung gefehlt hat. Das kann ich jetzt mit diesem langen Abstand durchaus auch zugeben. Früher hätte ich das niemals eingesehen. Ich habe diesen Sport ja so geliebt, von Beginn an, in all seinen Facetten. Ich habe Partien gehabt um Meisterschaften in der Jugend, um den Aufstieg in die Zweite Basketball-Bundes­liga, gegen den Abstieg aus der Zweiten Basketball-Bundes­liga. Ich hatte sogar mal eine Berufung zur deutschen Studenten-Basketball-Nationalmannschaft. Das war allerdings ein nicht ganz so glückliches Kapitel. Da galt ich mehr so als Feier-Biest. Obwohl ich wirklich nicht verstehe, warum Trainer Torry Schober, auch so eine Basketballlegende, immer dachte, ich sei der Initiator gewesen, wenn gefeiert wurde. Ist mir unerklärlich. Ich werde dieses Mysterium an dieser Stelle auch nicht auflösen.

Als ich also mit Ende 20, Anfang 30 definitiv erkennen musste, dass es für den ganz großen Wurf nicht reichen würde, habe ich gleichzeitig gedacht: »Das ist so ein geiler Sport, der hat mir so viel gegeben, ich liebe diesen Sport, ich muss irgendwie dabeibleiben.« Trainer, Management – hätte ich langweilig gefunden. Also, was macht einer, der vor allem eine große Klappe hat (auch das hat meine Trainer übrigens hin und wieder in den Wahnsinn getrieben)? Er spricht über das, was er so sehr liebt! Und genau darauf werden wir in ­diesem Buch ja noch sehr oft zurückkommen.

Am Ende kackt die Ente!

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