Читать книгу Am Ende kackt die Ente! - Frank Buschmann - Страница 7

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1992 WAR SOWOHL für den internationalen Basketball als auch – damit zusammenhängend – für meine sportjournalistische Laufbahn ein ganz entscheidendes Jahr.

Erstmals in der Geschichte von Olympia waren die Vollprofis aus der NBA zugelassen. Die USA reiste mit allem, was sie hatten, nach Barcelona. Und das war eine ganze Menge. Basketball-Fans werden sofort wissen, was ich meine: Zwei Mega-Mega-Legenden der 80er-Jahre: Larry Bird von den Boston Celtics und Earvin »Magic« Johnson, der Star von den Los Angeles Lakers, waren die Leuchttürme des Dream Team, wie die US-amerikanische Basketball-Nationalmannschaft nur genannt wurde. Dazu kam ein Haufen Spieler, die die 90er-Jahre dominierten: Michael Jordan und Scottie Pippen, das kongeniale Duo von den Chicago Bulls, Charles Barkley von den Phoenix Suns … Es war wirklich eine un­fassbare Ansammlung von ­Superstars. Das Basketballturnier war ganz klar dasjenige, auf das sich alle, aber auch wirklich alle in Barcelona am meisten freuten, Fans wie Journalisten. Die Veranstaltung hatte ein bisschen was von Zirkus.

Ich wollte in Barcelona unbedingt dabei sein, sei es als Zuschauer, oder – noch besser, quasi der Buschi-Dream – als Berichterstatter. Für einen Reporter vom Lokalradio in ­Hagen aber eigentlich eine Mission Impossible.

Natürlich verfolgte ich im Vorfeld von Olympia die ­Qualifikation der deutschen Nationalmannschaft. Es war ein ­harter und steiniger Weg, aber letztendlich schafften es die Jungs, angeführt von ihrem Superstar Detlef Schrempf. Kurz vor den Olympischen Spielen hatte ich versucht, ein Interview mit ihm zu bekommen. Er spielte in der NBA, hatte in den USA das College absolviert und kaum mehr Verbindungen nach Deutschland. Das spürte man auch im Umgang mit ihm. Zu Journalisten war er immer ein bisschen unnahbar. So richtig greifen konntest du den nicht. Er ging lieber auf ­Distanz. Einmal hatte ich es geschafft – es wurde gleich mein bis dahin bestverkauftes Interview. Warum ich das erzähle? Ich hatte offensichtlich mal andere Fragen gestellt, Fragen, die auch in die Feinheiten, in taktische und fachliche Richtungen gingen. Jedenfalls sprach mich Blacky Schwarz, der Berichterstatter der deutschen Presseagentur, bei einem Test­spiel in Gießen darauf an. Am Ende des Kapitels werden wir ihm wiederbegegnen.

Aber wie kam ich bloß nach Barcelona? Das war die ­Frage. Mein Akkreditierungsversuch wurde umgehend ab­gelehnt. Gott sei Dank kannte ich jemanden, der an Tickets rankam, nämlich Charles Bretz, den Vizepräsidenten des da­maligen Bundesligavereins Brandt Hagen. Der sagte sofort: Pass auf, Buschi, wir fliegen mit ein paar Leuten nach Barcelona, ich habe dort ein Haus, ganz in der Nähe an der Küste. Komm doch einfach mit, du kannst dort wohnen, dann fahren wir mal gemeinsam nach Barcelona und schauen uns ein bisschen was an …

Ich dachte, der will mich veräppeln. Ich spielte ja gar nicht in seiner Mannschaft, sondern bei der Konkurrenz in Hagen. Aber plötzlich saß ich trotzdem mit ihm in seinem Haus in Spanien und spekulierte darüber, für welche Spiele man vielleicht noch Karten bekommen könnte. Charles Bretz grinste mich an und sagte: Ich habe schon welche! Die Erklärung: Rimas Kurtinaitis, litauischer Nationalspieler, europä­ischer Superstar, späterer Sportminister Litauens, war einer seiner Spieler, und über den lief das ganz easy. Wir bekamen sogar Karten für zwei Vorrundenspiele der US-Amerikaner. Das war natürlich ein Traum!

Diese Gelegenheit wollte ich beim Schopfe packen. Ich dachte, dann nehme ich mal schön mein Aufnahmegerät mit, das werde ich schon irgendwie in die Halle bekommen. Das Thema war aber schnell erledigt, bereits am ersten Security-Check fing man mich ab: Haben Sie eine Akkreditierung als Journalist? Nein. Also gleich wieder zurück zum Auto und das Gerät wegbringen. Wurde also nichts aus einem Interview, aber als Zuschauer war’s auch ganz schön, nicht so sehr das Spiel – das war relativ unspektakulär, könnte irgendwas in Richtung Brasilien gegen Venezuela gewesen sein –, aber die Atmosphäre, die war schon was ganz Besonderes.

Ich kannte aber Charles Bretz noch immer nicht wirklich. Der kam nun auf die Idee, das Aufnahmegerät in die Halle zu schmuggeln, und zwar über die Litauer. Die Spieler würden doch garantiert nicht kontrolliert werden, wenn die da mit dem Bus vorführen, meinte er, das werde schon funktionieren.

Ich dachte, niemals wird das funktionieren, die sind doch nicht blöd! Aber genau so ist es dann gelaufen. Und nicht nur hatte ich das Gerät in der Halle, sondern gleich­zeitig auch ein paar Interviews mit den litauischen Jungs in der Tasche, die im europäischen Basketball damals wirkliche Hausnummern waren. Mit Arvydas Sabonis schipperten wir später sogar auf dem Boot von Charles Bretz an der Küste entlang. Und ein Mitspieler von Rimas Kurtinaitis, der NBA-Star Sarunas Marciulionis von den Golden State Warriors, stellte wiederum den Kontakt zu einigen NBA-Jungs her – ja hörte das Glück denn gar nicht mehr auf, mich zu küssen?

Na ja, die so entstandenen Interviews zu verkaufen, stellte sich dann als nicht ganz so einfach dar. Alle, die ich kontaktierte, legten nämlich direkt auf: Was ist das denn für ein Spinner, der uns hier irgendwelche Interviews vom Basketball bei den Olympischen Spielen andrehen will, geht doch gar nicht! Allmählich sprach sich aber rum, dass da ­jemand bereit ist, ziemlich ungewöhnliche Wege zu gehen, um an Basketballstorys zu kommen. Das war auf jeden Fall ein weiterer Schritt in meiner Karriere, auch wenn noch nicht in Form von Folgeaufträgen. Aber es kam zu Kontakten, die später wichtig wurden.

In erster Linie genoss ich es einfach, dabei sein zu können. Den Auftritt der USA gegen Angola werden ich nie vergessen, eine Riesenshow. Barkley blockte alles weg, Jordan: nur Fliegen ist schöner, Mullin haute von draußen alles rein, Johnson mit seinem unvergessenen Lächeln und dabei lässig Pässe rausspielend, die vor ihm und nach ihm kein Basket­ballspieler in der Lage war zu spielen, Larry Bird, die Wurf­maschine … Larry Bird konnte sich übrigens nicht auf die Auswechselbank setzen, weil er so extreme Rückenschmerzen hatte. Er legte sich bäuchlings auf ein Handtuch neben die Bank. Während des gesamten Turniers nahmen die Amerikaner nicht eine einzige Auszeit, mussten sie einfach nicht, so dominant waren sie. Und die Gegenspieler, egal ob Litauer, Venezuelaner oder Brasilianer, holten sich vor und nach dem Spiel Autogramme vom Dream Team. Manchmal hörte man ein lautes Rotorengeräusch. Das waren die Hubschrauber, die den Bus des Dream Team zur Halle begleiteten. Das ist kein Witz. Aus Sicherheitsgründen wurde alles von oben überwacht. Wenn es laut wurde, wusste man, das Dream Team ist im Anflug.

Die Spieler wohnten natürlich auch nicht im Olympischen Dorf, sondern in einem Nobelhotel in Barcelona. Der knappste Sieg, den die Amerikaner einfuhren, war im Finale gegen Kroatien. Das gewannen sie »nur« mit 30 Punkten ­Unterschied … In diesem Turnier wurde mein Wunsch, an so was näher dran zu sein, so was intensiver und vielleicht ­irgendwann mal live zu begleiten, geboren.

Am Ende des Turniers traf man sich in einem kleinen Café am Rande der Halle. Da saßen sie, die Granden des deutschen Basketball-Journalismus, von der dpa Blacky Schwarz, vom sid Günter Borg, vom Westdeutschen Rundfunk Dietmar Schott, der im Hörfunk live reportiert hatte. Und ich mitten drin! So weit war’s also gekommen. Blacky Schwarz hatte es ja schon immer gewusst. Er prophezeite mir eine Karriere als Journalist. Ich dachte nur: »Ja, ja, danke für die Blumen.« Ich konnte ja wirklich nicht damit rechnen, dass sich ein Sportspartenkanal entscheiden sollte, die Basketball-Bundesliga zu übertragen und dafür einen Reporter suchte – und zwar bereits ein halbes Jahr später!

Am Ende kackt die Ente!

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