Читать книгу Einfach mal frei Schnauze - Frank Buschmann - Страница 15

Toni Kroos:
Wenn man als Weltmeister zu einem Klub kommt, wissen die Kollegen schon, dass man keinen Blinden verpflichtet hat.

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Ich hatte sowieso einen kleinen Vorteil, weil ich schon von einem großen Verein gekommen bin. Bayern München ist ja sportlich gesehen absolut auf Augenhöhe mit Real Madrid. Die wussten schon, dass da einer kommt, der ein bisschen kicken kann. Das war denen bewusst. Aber natürlich ist es gut für das Ansehen. Und wenn es nur das Unterbewusstsein ist: Du kommst als Weltmeister in die Kabine, das gibt dir a) eine gewisse Ruhe, du hast das Selbstvertrauen, aber die neuen Teamkollegen wissen b) auch, dass man keinen Blinden verpflichtet hat.

Wie gehst du mit Erfolgen um? Sonnst du dich darin, feierst dich selbst? Oder hakst du so etwas relativ schnell ab?

Ich glaube, man muss einen guten Mix finden. Auf der einen Seite geht es bei uns relativ schnell weiter. Nach dem kurzen Urlaub geht es zu Real Madrid, da hast du neue Herausforderungen. Aber wir sollten trotzdem nicht vergessen, gewisse Sachen zu feiern. Was sollte man feiern, wenn keinen WM-Titel? Das haben wir gemacht, auch im Urlaub. Das sollte man auch tun, weil ich nicht auf Knopfdruck in zehn Jahren den WM-Titel nachfeiern kann, wenn meine Karriere vorbei ist. Das ist dann eine schöne Erinnerung, wird es immer bleiben. Aber man muss den Moment auch genießen. Das habe ich getan.


Sei dir gegönnt. Hast du noch viel Kontakt zu alten Spezeln aus der Heimat? Gibt es das noch? Oder ist so was unmöglich?

Welche alte Heimat meinst du?

Gehen wir mal Richtung Rostock. Gibt es da noch irgendwelche Kontakte persönlicher, privater Natur?

Zu ehemaligen Spielern ganz wenig. Meine Eltern wohnen noch in Rostock. Mein Vater trainiert die A-Jugend dort. Da ist schon noch ein bissel was geblieben. Der Verein hat leider keine so herausragende Entwicklung genommen. Wenn wir dann weitergehen, Kontakte nach Leverkusen gibt es noch einige. Da habe ich mich auch sehr, sehr wohl gefühlt. Und wenn wir von Madrid nach Deutschland fliegen, dann fliegen wir immer nach Köln und nicht nach München, weil wir uns in Köln sehr wohl und direkt zu Hause gefühlt haben.

Ist das eine Mentalitätsfrage?

Vielleicht kommt mir der Schlag einen Tick mehr entgegen als der Münchner. Wir haben lustigerweise über die anderthalb Jahre in Köln viel mehr Kontakte und Freundschaften geknüpft als über die fünf, sechs Jahre in München. Das soll jetzt nichts gegen München heißen. Aber es war halt einfach so. Wir haben überlegt, welchen Anlaufpunkt wir von Madrid aus in Deutschland haben. Und die Bedingung meiner Frau war ganz klar: Wenn wir nach Madrid gehen, dann will sie auf jeden Fall, dass wir ein Haus in Köln haben. Und den Wunsch habe ich ihr erfüllt.

Das ist ganz spannend. Ist das die Mentalität? Anderthalb Jahre Leverkusen, fünf, sechs Jahre Bayern – ist das irgendwie zu erklären?

Schwierig. Ich glaube, es war damals für uns ein Vorteil, dass ich nach Leverkusen gegangen bin. Es war eine sehr junge Mannschaft. Sprich, es gab viele junge Partnerinnen (der anderen Spieler). Meine Frau hatte zu den Menschen einen einfacheren Bezug als in München. Dort ist es so ein bisschen mehr, in Anführungsstrichen, Schickimicki. Und sie ist nicht der Schickimicki-Typ, sondern sehr bodenständig. Das kam ihr sehr entgegen. Vom Alter hat es dort mehr gepasst, und so kamen viel schneller Freundschaften zustande. Ich habe mich in beiden Mannschaften sehr wohl gefühlt. Auch heute noch habe ich wirklich gute Kontakte nach Leverkusen, zu Stefan Reinartz zum Beispiel. Deswegen war ich schnell einverstanden, als dieses Haus in Köln gefordert wurde.

Kurz nochmal zu Rostock: Hansa hat gerade keine leichte Zeit. Da gab es jetzt ein Benefizspiel zugunsten des Vereins zwischen der Mannschaft von Paule Beinlich und der des Musikers Materia. Verfolgst du noch, was sich bei Hansa tut, wie die sich entwickeln, dass die wieder auf die Beine kommen, wirtschaftlich vor allem?

Ich verfolge das schon, klar. Sie waren viele Jahre Erstligist, ich glaube, zehn Jahre am Stück. Das ist keine Normalität bei den Möglichkeiten, die sie hatten. Dann sind sie abgestiegen. Und dann ging es richtig bergab. Es wurde viel gewechselt. Die hatten jedes Jahr drei neue Vorstände und zwei neue Trainer. Ich glaube, die zahlen sie heute noch. Und so geht es immer weiter bergab, wenn du über wenige Möglichkeiten verfügst. Sie haben damals ein Erstligastadion gebaut, das unglaublich teuer war, gespielt haben sie aber Dritte Liga. Das passt einfach nicht. Dann hast du handelnde Personen, die vielleicht von der ganzen Angelegenheit nicht den besten Plan haben. Ich verfolge das schon noch, kriege ein bisschen von meinem Vater mit, der in dem Verein noch sehr aktiv ist.

Hat der mal gesagt, Mensch Toni, kannst du nicht helfen?

Was soll ich da machen? Nach Rostock wechseln? Nee, wie soll ich helfen? Wenn man ganz ehrlich ist und wenn man es realistisch sieht: Damals, vor meinem Wechsel mit 16 von Rostock nach München, hat der Verein knapp über eine Million bekommen für einen 16-Jährigen plus ein Freundschaftsspiel gegen die Bayern, da war das Stadion voll. Für meinen Wechsel jetzt von München nach Madrid hat der Verein noch einmal knapp 200.000 Euro bekommen. Was soll ich noch machen? Weiter wechseln? Nein. Ich bin in dem Verein absolut nicht mehr drin. Ich bin auch nicht so gut informiert. Mich interessiert es aus der Ferne. Und sie haben sich jetzt sportlich ein bisschen berappelt. Es sah ja lange so aus, als würden sie sogar aus der Dritten Liga absteigen, jetzt haben sie ein paar Punkte geholt. Aus der Ferne ist das für mich schwierig zu greifen, was da passiert. Trotzdem frage ich mich manchmal, wie sie mit den Finanzen dort umgehen und wo das Geld bleibt. Natürlich helfe ich gerne. Ich hatte dort eine sehr schöne Zeit, ich war vier Jahre da, konnte mich gut entwickeln. Dennoch ist es mir ein bisschen fremd, wenn viele sagen, ja, warum hilft der denn seinem Verein nicht? Der Verein hat ihm so viel gegeben. Das stimmt. Ich habe mich dort wohlgefühlt. Aber in den vier Jahren, die ich dort war, hat mich dreieinhalb Jahre mein eigener Vater trainiert – und der hat mir viel gegeben. Der hätte mir das wahrscheinlich auch auf einem anderen Trainingsplatz gegeben. Ich fühle mich noch verbunden, aber nicht so, dass ich sage: Ich bin der, der den Verein wieder aufpäppeln muss. Das stimmt auch einfach nicht, weil dafür viel zu wenig Verbindung da ist. Mein Vater trainiert die A-Jugend. Das war es an Verbindung zu Hansa Rostock.

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