Читать книгу Krimi Jahresband 2020 - 11 Spannungsromane in einem Band! - Frank Rehfeld - Страница 26
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ОглавлениеDie Ergebnisse unserer Durchsuchungsaktion bei den Batistutas waren bescheiden. Von John Batistuta gab es keine Spur. Seine persönlichen Sachen wirkten so, als wären sie schon seit längerem nicht mehr angerührt worden.
Unsere Leute transportierten kistenweise Geschäftsunterlagen und PCs ab. Vielleicht gelang es unseren Spezialisten, in mühevoller Kleinarbeit doch noch nachzuweisen, dass irgendwo eine Million sehr plötzlich aus dem Batistuta-Vermögen abgezogen worden war.
Wir befragten auch Eric Batistuta.
Aber aus dem war kaum eine vernünftige Antwort herauszuholen. Durch Informanten wussten wir, dass er regelmäßig an illegalen Glücksspielrunden teilnahm und dabei kräftig verlor. Aber es war nicht sein eigenes Geld, das er verspielte, sondern das seines Vaters. Und abgesehen von seiner Spielsucht schien er kein weiteres Laster zu haben.
Es war ein offenes Geheimnis, dass man Eric für Führungsaufgaben im Syndikat als nicht geeignet ansah.
Selbst sein Vater 'Big Boss' John hatte diese Ansicht geäußert.
Alana war da schon von anderem Kaliber.
"Sie sollten die Stadt nicht verlassen, bis die Sache aufgeklärt ist", riet ich ihr.
Sie verzog das Gesicht, machte einen Schmollmund.
"Ich bin überzeugt davon, dass Ihre Leute mich auf Schritt und Tritt beobachten", erwiderte sie dann.
Es war Mittag, als wir bei den Batistutas fertig waren.
Als wir zum Special Case Field Office zurückkehrten, erfuhren wir, dass unsere Kollegen inzwischen Vandermoores Spur aufgenommen hatten.
Fred Raska war auf einen Händler für Angel- und Bootsbedarf auf Coney Island gestoßen, der am vergangenen Tag ein Schlauchboot mit Außenborder verkauft hatte. Und außerdem glaubte er, Vandermoore als den Käufer wiederzuerkennen.
Der flüchtige Lohnkiller hatte mit einer gestohlenen Kreditkarte bezahlt, von der wir nur hoffen konnten, dass er sie auch noch zur Begleichung anderer Kosten benutzt hatte.
Die Computerrecherche lief auf Hochtouren.
Die Kreditkarte war einem Pensionör aus Brooklyn abhanden gekommen, nachdem ihn im Kaufhaus Macy's ein Mann angerempelt hatte, bei dem es sich gut und gerne um Vandermoore handeln konnte. Dieses Ereignis hatte etwa fünf Stunden nach der Schießerei auf dem Schrottplatz in New Jersey stattgefunden, bei der Vandermoore seine vermeintlichen Befreier getötet hatte.
Es passte also alles zusammen.
Als unser Kollege Sid Caddox von der Fahndung in unser Büro platzte, war mir gleich klar, was das bedeutete.
"Wir haben ihn!", rief Sid. "Er hat die Kreditkarte schon einmal benutzt. Und zwar, um seine Rechnung in einem Hotel zu bezahlen. 173. Straße, Hausnummer 1290, Bronx."
"Nichts wie hin!", meinte Lew und überprüfte dabei die Ladung seiner SIG.
Wir brachen mit einem halben Dutzend Einsatzwagen in die Bronx auf. Außerdem wurden Kollegen der City Police alarmiert und ebenfalls in die 173. Straße beordert. Das Gebiet um das Hotel herum musste weiträumig abgeriegelt werden. Und das möglichst unauffällig. Denn im Ernstfall würde Rod Vandermoore erbarmungslos um sich schießen, ohne Rücksicht auf Unbeteiligte.
Ein amoklaufender Killer - das mussten wir um jeden Preis vermeiden.
Wir erreichten die Adresse des Hotels.
Ich hielt den roten Jaguar am Straßenrand, schräg gegenüber lag Haus Nummer 1290.
Die Hundertdreiundsiebzigste hatte ihre besten Zeiten zwar lange hinter sich, war aber lange nicht so heruntergekommen wie andere Teile der Bronx - vor allem im Süden. Die Häuser waren zwei- bis dreigeschossig. Hin und wieder ragte ein größerer Komplex über die anderen Gebäude hinweg. Von den Geschäften und kleinen Läden waren viele geschlossen, die Schaufenster mit Spanplatten vernagelt.
Nummer 1290 nannte sich Jefferson's Hotel, aber die Bezeichnung 'Hotel' war eine maßlose Übertreibung. Die Fassade blätterte von den Wänden und der komplette dritte Stock machte den Eindruck, dass dort schon seit Jahren niemand mehr wohnte.
Orry und Cleve hatten ihren Wagen so geparkt, dass sie den Eingang des 'Hotels' gut überblicken konnten.
Die Kollegen Les McClell und Joe Dornberg trafen etwas später ein. Die uniformierten Kollegen hatten Anweisung, sich strikt im Hintergrund zu halten.
"Wir gehen jetzt rein", kündigte ich den Kollegen über Funk an. "Ist die hintere Front des Gebäudes abgeriegelt?"
"Es kommt keiner raus, ohne dass wir das mitkriegen", meldete sich Agent Delladonna.
"Okay", murmelte ich. "Lew und ich gehen da jetzt rein und sehen mal zu, ob Vandermoore in seinem Zimmer ist."
"Nichts auf eigene Faust riskieren!", warnte Orry.
"Wir nehmen ihn erst fest, wenn er rauskommt."
"Gut." Ich wandte mich an Lew. "Du folgst mir in zwei Minuten."
"Gut."
Wenn wir versuchten, mit großem Aufgebot in das Hotel einzudringen, dann konnte Vandermoore uns durch das Fenster womöglich beobachten. Eventuell igelte er sich dann ein oder nahm Geiseln. Und selbst zwei G-men in Zivil konnten schon Verdacht erregen.
"Sei vorsichtig, Alter!", sagte Lew, als ich die Wagentür bereits halb geöffnet hatte.
"Wird schon schief gehen!"
Ich ging über die Straße, erreichte dann den Eingang von Jefferson's Hotel. Die Eingangshalle verdiente den Namen kaum. Es roch muffig. An der Rezeption saß ein Mann mit grauen Haaren und dem Gesicht voller Altersflecken. Er blickte mißtrauisch auf.
Bevor er etwas sagen konnte, hatte ich ihm den FBI-Dienstausweis auf den Tresen gelegt.
Sein Gesicht wurde starr.
Ich zeigte ihm ein Foto von Vandermoore.
"Nie gesehen", behauptete der Mann, noch ehe er überhaupt richtig hingesehen hatte.
"Wir wissen, dass dieser Mann hier wohnt", erwiderte ich.
"Es handelt sich um einen Profi-Killer. Egal wie viel er Ihnen für Ihr Schweigen geboten hat - Sie sollten sich da nicht in Dinge reinziehen lassen, die ein paar Nummern zu groß für Sie sind. Das ist es nicht wert."
Er sah mich an, schien nachzudenken.
"Welches Zimmer hat er?", fragte ich.
"Nummer 12, im ersten Stock."
"Ist er hier?"
"Nein."
"Geben Sie mir den Schlüssel."
"Den habe ich nicht. Er hat gesagt, er bringt mich um, wenn ich auch nur einen Schritt in das Zimmer mache, solange er es gemietet hat. Weiß der Teufel, was er da oben aufbewahrt."
Ich lächelte dünn. "Und Sie halten sich immer schön an die Anweisungen Ihrer Gäste..."
Der alte Mann zuckte die Achseln.
Er grinste breit.
"Ist gesünder!"
"Sie werden sicher einen Ersatzschlüssel haben. Für alle Fälle."
Er zögerte, dann drehte er sich um, nahm ihn von der Wand und gab ihn mir. Lew trat jetzt ein. Wie alle anderen Kollegen, die an diesem Einsatz beteiligt waren, hatte er über das Mikrofon an meinem Hemdkragen alles mitgehört.
Ich drehte mich zu ihm herum.
"Ich werde mich oben mal umsehen", meinte ich. "Pass du auf, dass unser Freund hier keine Dummheiten macht..."
"In Ordnung."
Mit großen Schritten nahm ich die Treppe. Einen Aufzug gab es hier nicht.
Nur Augenblicke später stand ich vor Nummer 12.
Vielleicht fand ich in seinem Zimmer ja irgendeinen Hinweis auf das, was 'die Bestie' als nächstes vorhatte.
Ich steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn herum und öffnete.
Das Zimmer sah chaotisch aus.
Leere Pizza-Schachteln bedeckten den Boden.
Kleidungsstücke lagen überall verstreut herum. Auf einem etwas wackelig wirkenden Tisch lag neben dem Telefon eine Ausgabe des 'Penthouse'. Auf der linken Brust der Titelschönheit stand in krakelige Handschrift eine Adresse.
234 Cedar Street, App.321.
Orry meldete sich über den Ohrhörer.
"Er kommt, Murray. In einem hellblauen Ford." Ich machte einen Schritt zur Seite, sah aus dem Fenster. Der hellblaue Ford parkte gerade in einiger Entfernung.
Dann hörte ich das leise tickende Geräusch.
Es klang fast wie der regelmäßige Schlag eines Metronoms.
Eine Uhr...
Ich drehte mich um.
Mir fiel mir die Lichtschranke auf.
Sie war so an der Fußbodenleiste angebracht, dass man sie durchschritt, sobald man weiter als einen Meter in den Raum getreten war...
"Verdammt..."
Sekundenbruchteile später brach um mich herum eine Explosionshölle los...