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Daoismus

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Die Lehre des Daoismus durchdringt die gesamte chinesische Gesellschaft und übt einen großen Einfluss auf die Kampfkünste aus, direkt und indirekt. Der Daoismus kennt keinen Schöpfer, kein höheres Wesen, zu dem man betet oder dem man Opfergaben entrichten muss. Daoismus ist eine (wissenschaftliche) Lehre, ohne eine Lehre zu sein.

Die daoistische Lehre orientiert sich nicht an den von Menschen geschaffenen und kaum zu verwirklichenden Idealen wie beispielsweise Bescheidenheit, sondern an dem natürlichen Verlauf der Dinge, der nicht beeinflusst werden kann. In der Natur stehen alle Dinge in einem bestimmten Verhältnis zueinander und sind untrennbar miteinander verbunden (yinyang, 陰陽). Diese Verhältnisse beeinflussen sich gegenseitig (wuxing, 五行) und befinden sich gleichzeitig in stetem Wandel.

Während Religionen die Menschen von irgend etwas überzeugen oder zu Rechtschaffenheit und Tugend erziehen wollen, lehnt der Daoismus all dies ab. Worte wie Tugend und Rechtschaffenheit sollen nicht benutzt werden, da sie nur als Heuchelei angesehen werden und zu Konkurrenz und Betrug führen. Der Versuch, andere von etwas zu überzeugen, wird als ein Akt des Aufzwingens verstanden und ist gegen die Natur und das Leben gerichtet.


Foto 2: Der Purpurwolken-Palast im Wudang-Gebirge (武當山紫霄宮, Wudang shan Zixiao gong), erbaut 1413, ein berühmter daoistischer Tempel.

Aus Sicht des Daoismus ist es sinnlos, an eine Sache zu glauben, und solch ein Glaube ist auch nie von Dauer, wie die Geschichte immer wieder beweist. Der Mensch soll an nichts glauben, bzw. er soll nicht glauben. Dadurch ist sein Geist offen und tatkräftig. Der Geist soll auch nicht durch Zersplitterung gelähmt werden. Ein gelähmter oder abgelenkter Geist ist nicht tatkräftig. Die Chinesen verwenden für dieses Freihalten des Geistes präzise, doch für uns oft schwer verständliche Begriffe wie wuwei (ohne Handeln, 无为), wuwo bzw. wusi (ohne Ego, 无我 无私) und wuzhi (ohne Wissen, 无知). Diese dem westlichen Denken wenig vertrauten Konzepte sind mit den inneren Kampfkünsten des wushu, wie sie beispielsweise in den Wudang-Bergen gelehrt werden, untrennbar verbunden.

Die Philosophie der inneren Kampfkunststile spiegelt sich in den Techniken des baguazhang und zuibaxian (醉八仙) wider. Das baguazhang besitzt acht Grundtechniken, die endlos miteinander kombiniert werden können, so dass es letztendlich gewissermaßen gar keine Techniken mehr gibt. Im zuibaxian erweckt man beim Gegner den Eindruck der Handlungsunfähigkeit, und doch ist man auf diese Weise unerreichbar für Angriffe. Diese Elemente drücken den daoistischen Inhalt des wushu klar und dennoch auf mit Worten kaum zu beschreibende Weise aus.

Die daoistisch geprägten Stile lassen sich nicht vermarkten, wenn sie richtig ausgeübt werden. Das Unterrichten von Kampfkunst in einem Verband geht immer einher mit Politik und Vermarktung und würde deshalb zu Widersprüchen mit der diesen Stilen zugrundeliegenden Philosophie führen, wodurch sie schnell ihr Wesen verlören.

Wu

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