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Boris verstand die Welt nicht mehr. Umso größer war seine Freude. Konrad ging es besser! Nach wie vor lag er im Bett und konnte keinesfalls aufstehen, doch waren seine Augen lebhafter, und er zeigte Appetit. Konrad wollte Trauben haben. Boris ließ sich das nicht zweimal sagen, und er bat seinen Großvater, der mit ihm im Krankenzimmer weilte, um Geld. Sogleich sauste er los, um Trauben zu besorgen.

Der Großvater wusste Bescheid, wie es um den Freund seines Enkels stand. Als ein Angehöriger seiner Familie vor vielen Jahren gestorben war, hatte er Ähnliches erleben müssen. Der Kranke, der dem Tod bereits ins Auge geblickt hatte, schien sich zu beleben, gar aufzublühen und auf dem Weg der Genesung zu sein. Leider blieb es ein Zeichen dafür, dass der Körper im Kampf gegen den Krebs kapituliert hatte. Jedes Aufbäumen würde vergeblich sein, der Körper wartete auf den Tod und gönnte dem Menschen lediglich ein wenig Zeit, ohne dabei den bohrenden Schmerz weiter ertragen zu müssen.

„Hat Boris den Brief abgeschickt?“

„Das hat er, Herr Weigelt“, antwortete Konrad mit gut vernehmbarer Stimme.

„Wie Sie zurecht vermuten, weiß ich darüber Bescheid, dass sich eintausend Euro im Brief befinden. Boris gegenüber spiele ich den Ahnungslosen. Für meinen Enkel ist es von großer Bedeutung zu glauben, dass er ohne mein Wissen gehandelt hat. Das erfüllt ihn mit Stolz, und den braucht er, um sein Leben leben zu können.“

Konrad nickte. „Er hat sich ganz besonders ins Zeug gelegt, um mir diesen Wunsch zu erfüllen.“

„Boris hat Sie sehr gerne. Für Menschen, die er nicht mag, würde er keinen Finger rühren.“

„Das weiß ich. Ihr Enkel ist mir ans Herz gewachsen. Um mich stehen die Dinge schlecht. Der Tod lauert mir auf wie ein vermummter Bösewicht. Er verbirgt sich, damit er mich um so besser greifen kann. Boris sollte die Trauben besorgen, damit wir beide ein wenig plaudern können. Die Bitte nach den Trauben mag auf Sie wie ein bescheidener Wunsch wirken. Der andere wird ungleich kostspieliger sein, Herr Weigelt.“

„Bitte keine falsche Bescheidenheit, Herr Kilian. Für mich ist es eine Ehre, Ihnen in jeder Form helfen zu dürfen. Was haben Sie nicht alles für meine Familie getan? Am Tag sorgten sie dafür, dass mein Enkel Boris eine sinnvolle Beschäftigung erhielt, und am Abend war ich an der Reihe. Die Gespräche, die ich mit Ihnen am Kamin führen durfte, waren für mich in besonderem Maße erquickend. Ich glaubte, vieles über die Geheimnisse der Natur in Erfahrung gebracht zu haben, aber Sie haben mich eines Besseren belehrt. Die Zeit mit Ihnen verging wie im Flug, das ist das beste Kompliment, was ich einem Menschen zu machen vermag. Allein aus diesem Grunde sehe ich es als meine Pflicht an, dafür Sorge zu tragen, dass Sie den Weg zu Ihrer verstorbenen Gattin finden werden, auch wenn dies für manche Menschen ein wenig makaber klingen mag.“

„Bei Ihrem letzten Besuch fiel es mir schwer, diesen Wunsch auszusprechen, aber Sie sind über meine finanzielle Situation gut im Bilde. So unangenehm mir fallen mag, dies eingestehen zu müssen, aber ich kann meine eigene Beerdigung nicht bezahlen und müsste meine Frau allein im Grab lassen.“

„Es wird geschehen, wie Sie dies wünschen, Herr Kilian.“

„Mein ganzes Leben habe ich gearbeitet und verfüge trotzdem über so wenig Geld. Ich kann das selbst kaum fassen.“

„Sie tragen daran keinerlei Schuld. Das Leben, das Sie geführt haben, war von Demut und Fleiß geprägt. Was zählt in diesem Fall schon das Geld? Davon habe ich so viel, dass es für mich ein Leichtes sein wird, Ihnen diesen letzten Wunsch zu erfüllen.“

Die Tür wurde aufgerissen, Boris stürmte herein. Er rief „Trauben“, hielt sie triumphierend in die Höhe und legte Konrad den großen Bund in den Schoß.

„Du musst sie erst waschen, mein Junge“, ermahnte ihn sein Großvater.

Boris schlug sich gegen die Stirn: „Stimmt.“ Er ging zum Waschbecken, wusch die Trauben, testete an mehreren, ob sie auch gut seien und reichte sie Konrad. Der nahm eine, dann keine mehr, Boris aß den Rest.

Sie saßen für eine Weile zusammen, bis sie von einer Schwester gebeten wurden, dem Patienten die nötige Ruhe zu gönnen. Die Weigelts verabschiedeten sich. Boris sagte: „Bis morgen, Konrad. Ich bin irre froh, dass es dir viel besser geht. Du wirst sehen, bald gehen wir wieder auf die Reiß-Insel.“

„Das wird so sein, Boris“, sagte Konrad und nickte ihm aufmunternd zu.

Der Schatz des Gregor Gropa

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