Читать книгу Magisches Kompendium - Praxis der nordischen Magie - Frater LYSIR - Страница 8

Blótrituale im Zyklus des Jahres

Оглавление

Die magische Praxis, die in allen magischen Richtungen und Disziplinen essenziell ist, bietet eine Fülle an Möglichkeiten, die aber reflektiert betrachtet werden müssen. Im folgenden Kapitel werde ich verschiedene Blóts, die es im Zusammenhang mit dem nordischen Pantheon gibt, rituell darlegen, sodass jeder, der will, die Möglichkeit erhält, ein entsprechendes Blót, ein entsprechendes Ritual, ein entsprechendes Opferfest zu feiern. Hierbei ist es aber sehr wichtig, dass man von vornherein versteht, dass es sich hierbei NICHT um irgendwelche historisch belegbaren Rituale handelt. Korrekte Aufzeichnungen, wie die Rituale im Einzelnen verliefen, wie die Zielpunkte definiert waren, welche Formulierungen genutzt wurden, wie die einzelnen Arbeiten explizit aussahen, ob hier einfach nur die Götter angerufen wurden, oder ob enge, energetische Verbindungen via Invokation vollzogen wurden, ist nicht belegt. Wenn man jetzt also auf der Suche nach echten historischen Dokumenten, Ritualen, Darstellungen und magischen Möglichkeiten ist, wird man sehr deutlich enttäuscht werden, man wird ENT-täuscht! Und genau dies ist wichtig. Authentizität ist natürlich immer wertvoll, doch wenn es hierüber keine Aufzeichnungen gibt, man aber einen gesunden, kreativen und magischen Verstand besitzt, kann man ohne Weiteres eigenständige Rituale kreieren, die den energetischen Kern des jeweiligen Festes, des jeweiligen Blóts, erreichen und sogar ausfüllen. Natürlich wird es immer wieder Menschen geben, die ausschließlich historische Rituale zelebrieren wollen, weil nur diese Rituale auch funktionieren, und die Magie eigentlich stillsteht, und froh sein kann, die alten Aufzeichnungen und die alten Gedankengänge zu vollziehen. Solche Menschen werden wahrscheinlich auch die technischen Errungenschaften, die in den letzten 1000 Jahren gemacht wurden vollkommen ablehnen, so wie auch die medizinischen und kulturellen Reichtümer, die sich der Mensch erarbeitet hat. Wenn man mit solchen Argumenten dann aber wirklich auf die Leute zugeht, findet man immer vollkommen entsetzte und überraschte Gesichter. Auf der einen Seite sollen also Rituale zelebriert werden, die vor 1000 Jahren gemacht wurden, und die auch auf dem damaligen Zeitgeist ruhten, was wiederum bedeutet, dass die Zielsetzungen so konzipiert waren, dass es in einem „glückliches Leben“ enden würde, wenn man das Ritual korrekt ausführt. So kann man zu 100 % davon ausgehen, dass zum Beispiel in den Blóts, die sich auf die Aussaat beziehen, also zum Beispiel das Várblót / Sigrblót / Sumarmál oder auch das Førsommardag, auch genau dies thematisiert wurde. Wenn man dann aber fragt, wie denn die eigene Aussaat aussehen soll, was man denn anpflanzen will, wie es denn um den eigenen, landwirtschaftlichen Betrieb steht, wird man immer entgeistert angeschaut. Dann heißt es natürlich, dass es überhaupt nicht um die materielle Aussaat geht, sondern allein um die energetische Aussaat. Tja, die energetische Aussaat ist hier auch das eigentliche Kerngeschehen, doch wurde dieses Kerngeschehen vor über 1000 Jahren sicherlich auf die materielle Aussaat gemünzt.

Es ging nicht primär um die Selbstevolution. Nein, es ging um das pure Überleben, um das Überleben der Familie, um die Tatsache, dass man ausreichend Nahrung hatte, um dann auch Handel zu betreiben. Mit einem gigantischen Luxus, so wie wir ihn heutzutage haben, mit unendlich vielen Dingen, die man überhaupt nicht benötigt, haben die Rituale, die in Bezug auf das nordische Pantheon vor 1000 Jahren zelebriert wurden, nichts zu tun. Wenn man also wirklich ein absolut authentisches Ritual zelebrieren will, welches sich zu 100 % auf die Thematik der Blóts bezieht, dann werden die meisten Rituale vollkommen überflüssig sein. Gut, wenn man unbedingt will, kann man zum Beispiel zum Vetrnóttablót, zur Winternacht/Vetrnātt (ganz egal, ob es jetzt der 10. Vollmond nach der Wintersonnenwende ist, der 11. Neumond nach der Wintersonnenwende, oder ob man die fixen Termine Skandinaviens [14. Oktober], Islands [21. Oktober] oder eines anderen Breitengrades [31. Oktober] nimmt), darum bitten, dass man den Winter überlebt. Und mehr ist es nicht! Das Vetrnóttablót ehrt die Ahnen, es bereitet auf den kommenden Winter vor, auf die kommende dunkle Jahreszeit, was wiederum bedeutet, dass der Überlebenskampf, der schon im Frühling und im Sommer und auch im Herbst anstrengend sein kann, sich jetzt noch einmal verschärft. Daher auch der Name Alfablót, denn dies ehrt die Elfen / Alben / Álfar, die mit der Welt Ljossalfheimr / Álfheimr / Albenheim in Verbindung stehen und die Prinzipien des Lebens, des Überlebens sind. Dies ist der Kern des Rituals. Gleichzeitig könnte man natürlich auch einfach reflektieren, dass man ein Dach über dem Kopf hat, dass man einfach seine Heizung in Betrieb nehmen kann, dass man sich irgendwelche Kleidungsstücke nebenbei bestellen kann, und definitiv auch im Supermarkt immer ausreichend Nahrung findet, sodass die Gefahr des Kältetodes bzw. des Hungertodes definitiv nicht gegeben ist. Und nachdem man dies dann reflektiert hat, kommt man zur Erkenntnis, dass man überhaupt kein magisches Ritual braucht, um den Winter zu überleben, da man ja eine Heizung, einen Supermarkt und auch das entsprechende Geld besitzt, ein Überleben definitiv zu sichern. Doch was jetzt? Was machen jetzt die Traditionalisten? Was passiert, wenn die Erkenntnis einschlägt, dass die Thematiken, warum die einzelnen Rituale zelebriert wurden, nicht mehr mit den Thematiken übereinstimmen, die heute essenziell sind? Nun, vielleicht können dann einige doch den Schritt in die aktuelle Zeit wagen, sodass man schaut, was es im magischen und im metaphysischen Sinn bedeutet, dass nun die dunkle Jahreszeit beginnt, dass die Natur ruhen wird, dass der Prozess des Todes kommt, um dann irgendwann auch wieder in den Prozess der Wiedergeburt und des neuen Lebens zu gehen. Wenn man dies für sich will, wenn man akzeptieren kann, dass die kommenden Rituale auf die aktuelle Zeit gemünzt sind, sodass es hier primär um die Selbstevolution, die Selbsterkenntnis, und um das Finden der eigenen Lebensaufgaben und der eigenen Existenzaufgabe geht, dann wird man hier Arbeiten finden können, die mehr als nützlich sind.



Wenn man aber der Meinung ist, dass man unbedingt altertümliche Rituale, historisch zu 100 % belegbare Rituale, und Rituale zelebrieren will, die im exakten Wortlaut so von den Menschen zelebriert wurden, die eng mit der Natur und dem nordischen Pantheon zusammen agieren, wird man eben ENT-täuscht! Dies gilt im Übrigen auch für die jeweiligen Bezeichnungen, für die Fachvokabeln, für die traditionellen Begriffe, die sich unter anderem auf die Monde, auf die Monate und somit auch auf die Feste beziehen. Wir haben heutzutage die römischen Bezeichnungen übernommen, und es ist für wenige leider nur er sichtbar, dass der „September“ eigentlich überhaupt nichts mit einer neun zu tun hat, also eigentlich nicht der neunte Monat ist, da im Begriff „September“ die Vokabel „septem“ enthalten ist, was einfach nur „sieben“ bedeutet. Der neunte Monat wäre in diesem Kontext der November, denn hier ist die Vokabel „novem“ enthalten, was einfach nur „neun“ bedeutet. So gibt es also unzählige Bezeichnungen, für die Monate, die Monde, die Zeiträume, die ich jetzt einmal kurz aufführen werde, jedoch im weiteren Verlauf primär die Monatsbezeichnungen der aktuellen Zeit verwende, sodass man nicht immer hin und her springen muss.

Es ist zwar spannend und interessant, wenn man eine eigene Zeitrechnung hat, denn mein eigenes „Neujahr“ bezieht sich auch auf den 31. Oktober, sodass mich alle immer entgeistert anschauen, wenn ich am 1. November „ein frohes neues Jahr“ wünsche, doch ist mir dies relativ egal. Wenn ich dann gefragt werde, in welchem Jahr ich mich befinde, dann nenne ich die Zahl (für das aktuelle Kalenderjahr 2020 wäre es die Jahreszahl 5370), was noch mehr Verwirrung auslöst. Ich beziehe mich hierbei auf das irische Pantheon, und im speziellen auf die Wesenheit „Bith“, welche in mythischen Texten eine „der Ersten“ war, das Irland bereiste. Sprich, diese „Gruppe“ von wandernden „Wesen“ nahm das Land, was heute Irland heißt, in Besitz! Es taucht das erste Mal ein Geschlecht in mythologischen Texten auf, welches sich im Grunde auf Bith bezieht, oder genauer gesagt auf Cesara bzw. Céssair (Cessair ist die Anführerin der ersten Einwanderungswelle nach Irland. Zusammen mit ihrem Vater Bith, ihrem Mann Fintan und Ladra habe sie 40 Tage vor der Sintflut auf der Dingle-Halbinsel irischen Boden betreten). So, und hier fällt also das erste Mal der Begriff „Sintflut“! Wenn man sich nun noch kurz auf Bith bezieht und etwas forscht, findet man, dass er einer der Söhne Noahs war, weiterhin findet man aber auch, dass „Nuada“ ein Anführer der Túatha Dé Danann war, was mit Noahs Sohn Jafet zu tun hat…. So sind wir also bei der klassischen Geschichte, dass Noah und Sintflut etwas miteinander zu tun hatten! Wenn man also die beiden Fakten akzeptiert, dass Céssair was mit Noah zu tun hatte UND auch noch NACH der Sintflut kam, dann kann man, wenn man es eben will, die Sintflut als „Stunde NULL“ bezeichnen.



OK, jetzt hat man die „Stunde NULL“ oder auch die Zeit, als die Eiszeit die Welt verlies! Es gibt über die Sintflut SEHR VIEL interessantes zu lesen, Theorien die aktuell sind und Theorien, die überholt sind, es sei hier nur so viel erwähnt, dass es klare archäologische, geologische und historische Funde gibt, die als Beweise ohne Weiteres durchgehen. Die Sintflut wurde u.a. im Gilgamesch-Epos (Gischgimmasch) beschrieben, und dies ist eine der ältesten überlieferten literarischen Dichtungen der Menschheit, historisch und anthropologisch fundiert! Im Gilgamesch-Epos gibt es sehr viele Informationen über Sternenkonstellationen, welche eine Hilfestellung sind, um eine Jahresdatierung zu erstellen, sodass man einen Wert erstellen kann, der sicherlich nicht Tages genau ist, vielleicht auch nicht Jahres genau, aber dennoch die Chance gibt, dass man die Sintflut Pi mal Daumen auf das Jahr 3350 vor unserer Zeitrechnung legt. Also habe ich endlich einen Startpunkt und kann bestimmen, welche Jahreszahl "wir" aktuell haben. Diese Jahreszahl ist dann am 31.10.2020 die Zahl 5370 (3350 + 2020) und wird dann, nach meinem Jahreswechsel auf 5371 springen, da der Datumswechsel am 31.10. „klassisch“ für mich ist. Es ist dennoch nur ein „Spielchen“ und ein mit Gewalt berechneter Zeitpunkt, wobei man dieses Spielchen noch mit der Zusatzinformation versehen kann, dass man der Jahreszahl ein p.D. (post Diluvium, also nach der Sintflut in Latein) oder 5370 R.T. (roimh (gesprochen roiffff) thuile (gesprochen tzzhhhuuuill), was auch wiederum nach der Sintflut bedeutet, im irisch-gälischen) anhängt, sodass hier also eine wunderbare Verwirrung existiert, wenn man auf einmal antwortet, man befindet sich im Jahr 5370 R.T.!

So ähnlich ist es auch mit den Monaten, den Bezeichnungen, den Einteilungen und den Fachvokabeln. Es ist nett zu wissen, gerade in Diskussionen, doch Wissen muss auch angewendet und gelebt werden. Dies ist heutzutage schwierig, denn unsere aktuelle Kultur besitzt eben einen anderen Kalender, eine andere Zeiteinteilung, und somit auch eine andere Struktur des Alltags. Aus Gründen der Vollständigkeit will ich dennoch hier eine kleine Tabelle bieten, um die jeweiligen Bezeichnungen darzustellen.


So viel also zu den ganzen Bezeichnungen! Und jetzt? Jetzt hat man viele Wörter, die man im Alltag dennoch nicht verwenden wird! Leider ist es auch sehr oft mit den Blóts der Fall. Man ist zwar der Meinung, dass man sich den „alten Werten“ verbunden fühlt, doch wenn es darum geht, sich Wissen zu erarbeiten und dieses Wissen dann auch zu leben, dann wird es doch als „nicht nötig“ deklariert. Schade! Doch wie geht es jetzt weiter? Mit der Chance, dass man sich dennoch, wenn man denn will, Grundwissen und Informationen über die Blóts aneignet!

*

*

*

*

*

Magisches Kompendium - Praxis der nordischen Magie

Подняться наверх