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Rituale und Ritualistik

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Rituale! Wenn man dieses Wort verwendet, laufen – mal wieder – bei den meisten Menschen unendlich viele „Filme“ ab. Natürlich beziehen sich diese Gedanken / Filme auf eigene Vorstellungen, auf Ideen, auf Fantasien und natürlich auf Hörensagen. So werden Bilder und Szenen erdacht, die von wilden Orgien, über Blutopfer, hin zu langweilen Zeremonien, in denen sogar der Protagonist beinahe einschläft reichen. Oft werden Rituale auch nicht wirklich als das verstanden, was sie sind. Natürlich, ein Ritual ist im Endeffekt einfach nur eine wiederholende Handlung, sodass man lapidar sagen kann, dass das morgendliche Aufstehen, das Waschen, Frühstücken, Zähneputzen etc. letztlich ein Ritual ist. Dies trifft es aber nicht so ganz, denn letztlich bezieht sich ein Ritual schon auf eine feierliche Geste bzw. auf einen feierlichen Ablauf. Wer natürlich morgens von Fanfaren und Bediensteten geweckt wird, mit Gongschlägen, Räucherungen und viel Tam-Tam, könnte zu Recht von einem Ritual des Aufstehens sprechen, doch die Wenigsten werden dies in ihrem Alltag erleben. Rituale findet man daher stets in Zusammenhang mit Festlichkeiten verbunden vor. Dies kann eine religiöse Festlichkeit sein – eine Sabbatfeier, eine Initiation, eine Taufe, ein christlicher Gottesdienst etc. – doch es kann auch eine private Angelegenheit sein, wie z. B. die Begrüßung der Familie, von Freunden, eine Hochzeit (die nicht immer einen religiösen Aspekt besitzen muss) oder eine Beerdigung. Selbst eine Aufnahme in einen Verein oder in eine Gruppe, kann als ein Ritual verstanden werden.

Das Wort „Ritual“ ist vom lateinischen Wort „Ritualis“ abgeleitet, was so viel wie „den Ritus betreffend“ heißt, wobei man dann zusätzlich erwähnen muss, dass ein Ritus einer festen Ordnung bzw. rituellen Handlungen folgt. Nun, hier scheiden sich aber schnell die Geister, denn für die magische Szene ist in diesem Kontext jedes Ritual ein Ritus. Man sagt es nur nicht. Man spricht von einem Pentagrammritual, nicht von einem Pentagrammritus. Auch wenn man das Wort „Ritual“ oder auch „Ritus“ im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet, werden die meisten Zuhörer eher das verstehen, was sie mit einem Ritual verbinden.

Um hier einen sinnigen Unterschied zu erschaffen, bin ich dazu übergegangen, dass ich die Vokabel „Ritual“ für eine zeremonielle Arbeit auf der realen Ebene verwende. Ein Ritual ist also eine Handlung, die in einem Tempel, in der freien Natur oder sonst wo an einem realen, materiellen Ort vollzogen wird – egal, ob man nun mit einer Robe bekleidet ist und alle magischen Waffen mit sich schleppt (Stab, Schwert, Kelch, Pentakel, Kessel, Athame, Hammer, etc.) oder ob man Skyclad (nur vom Himmel bekleidet) ohne irgendwelche magischen Hilfsmittel arbeitet. Ein Ritus hingegen ist eine magische, rituelle Handlung, die vollkommen auf der Astralebene (oder einer anderen energetischen Ebenen) vollzogen wird. Auch hier wird sich exakt an den Ablauf des Rituals gehalten, mit festen Reihenfolgen, Begrüßungen, Anrufungen, Verabschiedungen etc., nur mit dem Unterschied, dass alles rein energetisch ist.

Für einen Beobachter wäre also ein Ritual ein deutliches Schauspiel, da hier Reden geschwungen werden und sich nach besonderen Vorgaben auch bewegt werden würde. Bei einem Ritus hingegen, würde ein Beobachter nur einen Menschen (oder eine Gruppe) irgendwo liegen oder sitzen sehen, der offensichtlich meditiert. Mehr nicht!

Und hierdurch kann man wirklich einen perfekten Unterschied in / durch eine unperfekte Sprache schaffen. Wenn man von einem Ritual spricht, spricht man direkt die materielle Ebene an, auf der dann natürlich auch energetisch gearbeitet wird. Wenn man von einem Ritus spricht, spricht man sofort eine energetische Ebene an, auf der dann natürlich auch wieder energetisch gearbeitet wird. Selbstverständlich haben beide Arbeitsweisen ihre Vor- und Nachteile. Die Vorteile eines Rituals beziehen sich auf eine mögliche Sicherheit. Wenn man noch unerfahren in der Magie ist, ist es sehr hilfreich, dass man sich wirklich an magischen bzw. rituellen Gegenständen festhält. Man hat ggf. einen Text, den man ablesen kann, man hat ein magisches Schwert, mit dem man die niederen Kräfte bannen kann und man hat vielleicht auch besondere rituelle Kleidung an – eine Robe z. B. – um auch seinem Tagesbewusstsein klar zu machen, dass man in einer anderen Welt agiert. Doch die materielle Sicherheit, ist hier auch gleichzeitig ein großes Manko! Alles was man in einem Ritual benötigt, muss organisiert werden.

Es muss gekauft, gebastelt, erstellt oder erschaffen werden, sodass man es auf der materiellen Ebene auch verwenden kann. Zum einen können hier hohe Kosten entstehen, zum anderen muss man sich in den Ritualen manchmal so stark organisieren – man muss schließlich seinen gesamten rituellen Hausstand unterbekommen –, sodass man einen höheren Fokus auf die Materie, als auf das energetische Arbeiten setzt!

Bei der astralen Ebene fallen diese Dinge fort, was ein deutlicher Vorteil ist. Ich muss mir kein magisches Schwert kaufen oder schmieden, ich brauche auch keinen Kelch, der mit Wein gefüllt ist und auch die Räucherung – die ich Möglicherweise selbst erstellt habe – ist hier überflüssig. Alles, was ich benötige, kann ich durch eine gezielte und gedankliche Fokussierung erschaffen. Limit auf der Astralebene ist stets die Fantasie. Ich benötigte ein magisches Schwert? Kein Problem – in allen Arten und Klassifizierungen kann ich mir ein solches Werkzeug erschaffen. Ich benötige hier auch keinen materiellen Tempel oder auch nicht die freie Natur. Wenn ich ein Elementritual machen will, begebe ich mich in das jeweilige Element hinein. Dass ein Ritual in der freien Natur wieder ganz andere Möglichkeiten bietet, ist klar, dennoch ist der Protagonist das Wichtigste. Daher kann ein realer Ort noch so magisch sein, wenn der Protagonist so feinfühlig wie eine Bahnschiene ist, und genauso flexibel, wird es nicht einfach werden. Doch, wenn es darum geht, auf der Astralebene einen vollkommenen Ritus abzuhalten, muss man schon sehr deutlich rituelle Erfahrungen gesammelt haben. Man kann es auch so ausdrücken, dass man, bevor man fliegen kann (was eine sehr treffende Analogie ist und wortwörtlich verstanden werden kann), man erst einmal lernen muss, zu kriechen, zu gehen, zu laufen und zu rennen! Und selbst wenn man dann fliegen kann, wird man irgendwann an einen Erkenntnispunkt kommen, an dem man erkennt, dass auch das Fliegen nicht das Beste ist, da allein ein Gedanke ausreichen kann, um jetzt und überall zu sein! Teleportation ist auf der Astralebene vollkommen normal. Im realen Tempel eher nicht.

Rituale und Riten dienen natürlich stets dem Erreichen eines vorher definierten Ziels. Doch gerade wenn man mit diesem Themengebiet das erste Mal in Berührung kommt, können viele Missverständnisse entstehen bzw. man bewertet manche Dinge viel zu hoch. So ist ein Loch im Socken, wo der dicke Zeh des Ritualleiters herausschaut, in den meisten Fällen kein wichtiger ritueller Bestandteil, auch wenn dies möglicherweise „schwer wichtig“ verkauft wird.

Hierzu will ich eine kleine und lustige Geschichte erzählen, die ich vor Jahrzehnten einmal gehört habe: Ein Mann hat sich zu einer Gastloge in einem magischen Orden angemeldet. Er ist froh, dass er in seiner Nähe eine magische Gruppe gefunden hat und geht mit froher Erwartung zu besagtem Termin.

Seine Frau, die sich nicht wirklich für das Thema interessiert, jedoch sehr neugierig ist, wartet sehnsüchtig auf ihren Mann, der am späten Abend auch wieder nach Hause kommt. „Und?“, fragt die Frau. „Wie war die Gastloge? Hat es dich beeindruckt? War es toll gewesen? Waren viele anwesend und habt ihr echte Rituale gemacht? Hast du vielleicht sogar was gesehen? Einen Geist? Einen Dämon? Einen Engel? Wurde nur in Latein gesprochen oder auf Hebräisch, vielleicht sogar auf Henochisch?“ (ja, die Frau kennt sich gut aus). „Nun“, sagt der Mann, „es war schon wirklich beeindruckend, aber ganz so viel hab ich dann doch nicht verstanden. Was ich mitbekommen habe und was ganz klar zu verstehen war, war die Tatsache, dass es im Ritual eine klare Hierarchie gab und drei Arten von aktiv-rituellen Parts!“

Neugierig schaut die Frau ihren Mann an. „Erzähl mal, was wurde denn so ritualisiert?“

Der Mann setzt sich an den Tisch und sagt: „Es waren drei Klassen von Magiern zu erkennen, doch ich weiß nicht, wie diese Klassen wirklich heißen. Da das Ritual in Englisch war und die einzelnen Gruppen unterschiedliche Aufgaben hatten, kann ich dir nur sagen, dass es da die „Walker“, die „Talker“ und „The holy men“ gab.“

„Ehrlich?“, fragte die Frau. „Erzähl weiter, was haben die denn gemacht?“

„Tja“, sagte der Mann, „also die Walker die rannten die ganze Zeit durch den Tempel. Manchmal rannten die sich auch fast um. Die waren ständig unterwegs gewesen, von einer Ecke in die andere und von einer Himmelsrichtung zur anderen. Die standen keine Minute still.“

„Ja“, sagt die Frau, „und die anderen?“

„Die Talker“, sagte der Mann, „waren die ganze Zeit am Reden. In einer Tour. Die holten kaum Luft zum Atmen und redeten und redeten und redeten. Wahrscheinlich sehr wichtiges und beeindruckendes magisches Zeugs, aber ich hab echt nichts verstanden, es hörte sich aber wirklich schwer wichtig an.“

„Und die ‚Holy men‘“, fragte die Frau, „was haben die gemacht?“

„Also die waren recht passiv“, sagte der Mann. „Im Grunde hatten die immer die Hände vor ihrem Gesicht, schüttelten den Kopf und sagten immer: ‚Oh mein Gott, oh mein Gott oh mein Gott!’“

So oder so ähnlich kann es wirklich laufen, wenn man das erste Mal mit der rituellen Magie konfrontiert wird. Doch auch wenn der Witz (es kam doch raus, dass die Geschichte ein Witz ist, ja?) nur eine erfundene Geschichte ist, sollte man sich im Klaren darüber sein, dass man für ein Ritual und für einen Ritus eine klare und deutliche Richtung und Planung braucht. Dies ist sogar noch wichtiger, wenn es sich um ein Gruppenritual handelt. In einer Gruppe wird es nicht funktionieren, wenn alle Anwesenden eine Alphaposition einnehmen wollen. In einem Ritual, oder auch in einem Ritus, muss es die Ritualleitung geben (die auch aus mehr als einer Person bestehen kann) und es muss die Ritualteilnehmer geben, die sekundäre Aufgaben erfüllen können bzw. sollen, da es sonst zu langweilig wird. Zusätzlich sollte das Ritual so konzipiert sein, dass man nicht zwingend eine fixe bzw. hohe Anzahl von Personen braucht. Wenn man Rituale so konzipiert, dass man stets mit 4-5 Personen agieren muss, ist es möglich, dass einige Rituale ausfallen müssen bzw. dann doch so umgestrickt werden müssen, damit sie überhaupt funktionieren. Dies ist sehr unzweckmäßig und man sollte schon weit im Vorfeld versuchen, ein Ritual so zu konzipieren, dass im Grunde alle rituellen Fragmente von maximal zwei Personen ausgefüllt werden können.

Optional kann man die Rollen und Parts so verteilen, dass auch andere Anwesende rituelle Fragmente übernehmen können, jedoch nicht müssen!

Um nun eine sinnige Übersicht zu erschaffen, will ich im weiteren Verlauf die klassischen Schritte eines Rituals auflisten. Hierdurch kann man die Grundstrukturen eines Rituals viel besser verstehen bzw. man kann sie ggf. nach eigenem Ermessen verändern und für sich individuell zuschneiden. Man muss gerade in der rituell-magischen Arbeit dran denken, dass man im ideal Fall jedes Ritual stets individuell auf einen Menschen zuschneiden kann. Gleichzeitig muss man aber auch bedenken, dass jeder, der Rituale entwirft, seine „Ritualschablonen“ verwendet. In diesem Fall wird man immer seine „bekannten Wege“ und „Marotten“ verwenden, da ein Ritual letztlich auch eine vollkommen normale Arbeit sein kann. Man kann ein Ritual – und letztlich somit auch einen Ritus – mit einer mathematischen Gleichung bzw. mit einer Rechnung vergleichen, zu der es verschiedene Lösungswege gibt. Es wird immer ein spezielles Ziel bzw. ein gewünschtes Ergebnis geben und es wird immer die eigene Struktur geben, die man verwendet, um das Ziel zu erreichen. Daher kann man im Endeffekt auch nicht zu 100% sagen, dass das eine Ritual super ist und auch funktioniert, und wieder ein anderes Ritual vollkommener Blödsinn ist. Letztlich ist der Protagonist der entscheidende Faktor und wie dieser die Energien lenken und fokussieren kann!

Doch auch wenn es in Ritualen fixe Strukturen gibt, muss man natürlich auch sagen, dass man nicht unbedingt immer diese Strukturen verwenden muss, wobei die Praxis sehr deutlich zeigt, dass es stets hilfreich ist, wenn man sich an begehbare Wege hält! Ich will hierzu mal ein kleines Beispiel aufführen. Sagen wir einfach mal, dass der Magier „Reigam“ den Auftrag hat, dass er die 5. Etage eines magischen Turmes erreichen muss. Hier ist sein Ziel, denn hier „wohnt“ sein Mentor bzw. der Erzengel Gnuppselfuppselel. Reigam will nun mit Gnuppselfuppselel reden. Sein Startpunkt befindet sich vor dem Turm. Da es ein moderner Turm ist, gibt es hier in jeder Etage Fenster und auch Balkone.

Dies sind also die Grundvoraussetzungen für Reigam, doch was kann bzw. soll bzw. muss er tun, um die 5. Etage zu erreichen und mit Gnuppselfuppselel ein Gespräch zu führen. Nun, wenn Reigam es wirklich drauf hat und ein echter Übermagier ist, wird er „mal eben“ aus dem Stand auf den Balkon in der 5. Etage des Turmes springen, durch die Wand oder das geschlossene Fenster gehen und Gnuppselfuppselel erreichen – er könnte sich auch einfach in die 5. Etage teleportieren, wobei das auf bzw. von der physischen Ebene so gut wie unmöglich ist. Auf der anderen Seite kann es aber auch sein, dass Reigam ein gigantisches Ego besitzt und sich einer nichtsnutzigen Illusion verschrieben hat, sodass er in Wirklichkeit vor der verschlossenen Tür außerhalb am Fuß des Turmes steht, sich aber in seiner Machtfantasie bereits rege mit Gnuppselfuppselel austauscht. Wenn man ehrlich ist, wird man in seinem Leben nicht auf viele Menschen stoßen, die wirklich aus dem Stand in die 5. Etage springen. Man wird sicherlich auf Menschen treffen, die das behaupten und die auch beschwören, dass sie teleportieren können, doch wenn es dann hart auf hart kommt und der physische Beweis erbracht werden soll, versagen sie kläglich. Doch es kann – in Bezug auf die energetische Welt und auf die (fiktive) Energie Gnuppselfuppselel auch so sein, dass der Magier Reigam doch sehr „hoch“ springen kann, da er durch viele, viele Jahre oder sogar Dekaden der magischen Praxis sich selbst (und in Zusammenarbeit mit Gnuppselfuppselel) eine eigene „Kurzwahltaste“ erschaffen hat. In diesem Fall würde der Magier Reigam wirklich einige Etagen überspringen können, bzw. vielleicht sogar mit einem einzigen Sprung in die 5. Etage kommen. Vielleicht verwendet Reigam auch eine Leiter, die er organisiert hat oder die in der Nähe des Turmes steht/liegt. Auch hierdurch könnte er den 5. Stock des magischen Turmes ohne Weiteres erreichen. Doch man sieht sofort, dass das „schnelle Erreichen“ auch einen klaren Preis hat, der nicht für jeden „erschwinglich“ ist. Daher sollte man doch einmal darüber reflektieren, ob man nicht doch lieber die Treppe im Turm benutzen will, um Stück für Stück, Etage für Etage seinem Ziel bzw. seinem Mentor näherkommen.

Und genau hier fügen sich die folgenden Punkte zur Ritualarbeit passend ein! Man kann die folgenden Aufzählungen und Erklärungen einfach als „Etagenarbeit“ sehen und verstehen, sodass man sich selbst eine Schablone erarbeitet, die man dann auf alle bzw. sehr viele Rituale (oder auch Riten) anwenden kann. Man wird hier sehr klar die verschiedenen Vorteile sich erarbeiten können, bis man letztlich seinen eigenen, individuellen Weg (Treppe / Leiter / Sprünge) gefunden hat!

Hier einmal die klassischen bzw. essenziellen Ritualfragen, die man sich selbst stellen und beantworten muss (ähnlich einem inneren Dialog), um eine effektive und auch funktionierende Struktur zu erschaffen:

Magisches Kompendium - Rituale und Kerzenmagie

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