Читать книгу Buddhas Tausend Gesichter - Fred von Allmen - Страница 29
Anführer und Friedensstifter
ОглавлениеNach dem Tod des Buddha wird Mahakassapa, einer seiner wichtigsten Schüler, zum »Ältesten« der Sangha. Diese Funktion wird nach Mahakassapas Ableben von Ananda bekleidet. So gehört Ananda auch in dieser Hinsicht zu den großen Autoritäten in der 2500-jährigen Übermittlung dieser befreienden Praxis. Er soll nach Buddhas Tod noch 40 Jahre gelebt haben und 120 Jahre alt geworden sein.
Anandas Leben ist von tiefer Fürsorglichkeit für die Menschen geprägt, die oftmals in großer Not zu ihm kommen oder in lebenswichtigen Fragen um Rat und Hilfe bitten. Noch am Ende seines Lebens ist er um seine Mitmenschen besorgt. Als er den Tod nahen fühlt, wandert er noch einmal von Rajagaha nach Vesali, wie es sein Meister oft getan hat. Als der König von Magadha und die Prinzen von Vesali hören, dass Anandas Tod bevorsteht, machen sie sich auf den Weg, um ihn zu finden. Ananda kommt dies zu Ohren und er ahnt, dass es einen Streit um seinen toten Körper geben wird, wenn er auf dem Boden einer der beiden oft miteinander im Streit liegenden Parteien aus dem Leben scheidet. Denn die Reliquien großer Heiliger, wie Ananda einer ist, gelten als mächtiger Segen, und den will man sich für das eigene Land oder den eigenen Clan sichern. Es heißt, dass Ananda sich, um keine Seite zu benachteiligen, im Augenblick des Todes mittels seiner übersinnlichen Kräfte in die Lüfte erhob und seinen Körper in Feuer aufgehen lässt. So gibt es keine sterbliche Hülle, über die man sich streiten kann. Tief bewegt von Anandas letzter Lektion einigen sich die streitenden Parteien friedlich, verteilen großmütig die verbliebenen Reliquien und errichten Stupas26 an verschiedenen Orten des Landes.
Ananda ist ein Mensch, den man leicht ins Herz schließen, dessen Leben aber auch eine wunderbare Quelle der Inspiration sein kann. Mit großer Hingabe hat er dem Buddha und dem Dharma gedient und sich dabei Freundlichkeit und Sanftheit bewahrt. Er hat eine ungemein wichtige Position innegehabt, scheint aber nie irgendwelchen Dünkel an den Tag gelegt zu haben. Er versuchte nie, sich in den Vordergrund zu spielen oder andere von seiner Wichtigkeit zu überzeugen. Er muss ein unglaubliches Geschick im Umgang mit Menschen besessen haben, hat er doch in den Jahrzehnten als Diener des Buddha mit so vielen Männern und Frauen aus ganz unterschiedlichen Hintergründen zu tun gehabt. Jeder, der viel mit Menschen zu tun hat, weiß, wie schwierig das manchmal sein kann. Seine Freundlichkeit und Sanftheit müssen also mit Klarheit und Entschiedenheit gepaart gewesen sein. Und er hat sich mit großer Ausdauer für das eingesetzt, was er als gerecht und richtig erkannt hat, wie zum Beispiel die Ordination von Frauen. Doch vor allem hat auch er vollständige Befreiung erlangt, obwohl der Schwerpunkt seiner Praxis in den vielen Jahren an der Seite des Buddha vermutlich nicht die Meditation gewesen ist, sondern sein Dienst an anderen. Welch wunderbares Vorbild Ananda für uns in all diesen Aspekten sein kann!