Читать книгу Umbruch. Die Neue Zürcher Zeitung - Friedemann Bartu - Страница 5

Vorwort

Оглавление

Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind, wir sehen sie, wie wir sind.

Anais Nin,

US-Schriftstellerin (1903–1977)

»Die Vergangenheit ist ein Ausland, zu dem wir keinen Zutritt haben.« So schrieb Hans Magnus Enzensberger im Feuilleton der »Neuen Zürcher Zeitung«. Und fuhr fort: »Wir müssen uns grosse Mühe geben, um uns ein Bild davon zu machen, und im besten Fall bringen wir ein Mosaik zustande.«1

Das vorliegende Buch ist ein solches Mosaik. Es ist das Werk eines Zeitzeugen, der, wie könnte es anders sein, aus subjektiver Wahrnehmung berichtet oder sich auf andere subjektive Quellen abstützt. Es handelt sich somit nicht um eine Geschichte der »Neuen Zürcher Zeitung«, sondern um Geschichten aus der NZZ – von damals wie von heute. Dass zwischen dem »damals« und dem »heute« Welten liegen, ist nicht nur der Evolution geschuldet, sondern auch tiefgehenden Erschütterungen. Seit der Jahrtausendwende wird die globale Medienwelt von einem digitalen Tsunami heimgesucht, der von einer Schwindsucht bei den Anzeigen und einem gewandelten Leserverhalten begleitet ist. Die NZZ-Gruppe bekam diesen Orkan ebenfalls heftig zu spüren. Wer, wie ich 37 Jahre lang als Korrespondent und Redaktor bei ihr tätig war, weiss, wie gewaltig die Veränderungen sind. »Umbruch« versteht sich deshalb als ein Stück »Institutional Memory« in einer kurzlebigen Zeit, in der sich das Personalkarussell an der Falkenstrasse mit grosser Geschwindigkeit dreht. Viel von dem, was hier festgehalten ist, drohte für immer in Vergessenheit zu geraten. Denn das Gedächtnis der NZZ befindet sich vor allem in den Köpfen derjeniger, die Jahrzehnte dabei waren, inzwischen aber die Zeitung verlassen haben.

In ihrer langen Geschichte setzte die NZZ stets mehr auf Evolution denn Revolution. Doch der nach der Jahrtausendwende aufgekommene, epochale Wandlungsprozess war geradezu revolutionär, ein Umbruch von seltener Brutalität. Das Wort Umbruch gewinnt somit doppelte Bedeutung. Generell steht es für eine grundlegende Veränderung, wie sie die NZZ in den letzten Jahren durchlief. In der Sprache der Typographen bedeutet es das Anpassen der Textzeilen an das Seitenlayout.

»Umbruch« ist weder Abrechnung noch Gefälligkeitswerk. Es ist ein Versuch, einiges von dem niederzuschreiben, was man als NZZ-Mitarbeiter nie schreiben konnte und durfte. Denn es gehört zu den schlimmsten Widersprüchen des Journalismus, dass man über fast alles berichten und kritisch schreiben darf, nur nicht über den eigenen Arbeitgeber. Die Schere im Kopf war beim Verfassen vorliegender Zeilen also nicht notwendig. Wenn sie später dennoch hie und da zum Einsatz kam, so vor allem aus juristischen Überlegungen und gelegentlich auch aus der Erfahrung heraus, dass Journalisten-Kollegen sehr dünnhäutig sein können. Dabei war es nie meine Absicht, einzelne Protagonisten und deren Handeln oder Nichthandeln post festum zu zensieren – im Nachhinein ist man bekanntlich immer gescheiter. Doch Geschichten aus der NZZ sind primär Geschichten von Menschen, vor allem von solchen mit Führungsverantwortung. Folglich spielen individuelle Wahrnehmungen, beziehungsweise Unterschiede in denselben, eine grosse Rolle. »Perception is reality« heisst es in der Fachsprache, und mehr als einmal im vorliegenden Text. Dieser erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Im Gegenteil: Er lebt von der Unvollständigkeit und möchte Lesern und Leserinnen einen informativen und zugleich unterhaltsamen Blick hinter die Kulissen der NZZ-Gruppe gewähren. Darüber hinaus will er aufzeigen, vor welch enormen Herausforderungen dieses Medienhaus im Speziellen und die Verlagsbranche im Allgemeinen stehen. Und das nun schon seit bald zwei Jahrzehnten.

»Umbruch« hätte ohne die Unterstützung unzähliger Mitarbeiter der NZZ, ehemaliger wie aktiver, niemals das Licht der Welt erblickt. Die Liste der Geburtshelfer ist aber zu lang, um hier wiedergegeben zu werden. Deshalb sei ihnen allen kollektiv mein aufrichtigster Dank ausgesprochen, verbunden mit der Hoffnung, dass sie mit dem Resultat zufrieden sind. Die Verantwortung dafür liegt natürlich ausschliesslich bei mir. Ein Dank geht auch an den Orell Füssli Verlag, der das Projekt mit Wohlwollen begleitete. Die Zusammenarbeit war naheliegend, schliesslich war es die Verlagsbuchhandlung Orell, Gessner, Füssli & Co, welche schon 1780 die erste »Zürcher Zeitung« herausbrachte, die dann 1821 in »Neue Zürcher Zeitung« (NZZ) umbenannt wurde.

Friedemann (Fred) Bartu,

Meilen, im Frühling 2020

Umbruch. Die Neue Zürcher Zeitung

Подняться наверх