Читать книгу Ohne Ziel passiert nicht viel! - Friedhelm Sommerland - Страница 9
ОглавлениеProlog
Meine Mutter musste alleinstehend drei Kinder erziehen. Das Einkommen war minimal und Unterstützung von außen gab es nur wenig. So kam es, dass knappe finanzielle Mittel und unerfüllte Wünsche häufig ein Thema für uns Kinder waren. Ich erinnere mich an eine Situation, ich muss ungefähr zehn Jahre alt gewesen sein, als ich eines Morgens erwachte und mich darüber ärgerte, dass ich kein Fahrrad besaß. Schon lange hatte ich mir ein Fahrrad gewünscht. Aber Fahrräder waren teuer, sodass mir meine Mutter diesen Wunsch nicht erfüllen konnte. Ich wollte jedoch unbedingt ein eigenes Fahrrad besitzen! Alle hatten ein Fahrrad – nur ich nicht! Ich hätte heulen können, wahrscheinlich tat ich es sogar.
An diesem Morgen, ich glaube, es war ein Sonntag, wachte ich wieder mit diesem Wunsch im Kopf auf. Aber diesmal war etwas anders. Der Ärger über meine prekäre Lebenssituation mündete in die bissige Entschlossenheit, etwas ändern zu wollen. Gleichzeitig spürte ich eine unbändige Tatkraft in mir aufsteigen. Plötzlich war ich fest entschlossen, mich mit meiner Situation, kein Fahrrad zu besitzen, nicht länger abzufinden. Ich vermutete wohl, dass es irgendwie möglich sein würde, etwas dafür zu tun, ein Fahrrad zu bekommen.
Ich sprang aus meinem Bett, griff mir meine blecherne gelbblaue Sparbüchse (auf der ein Goldesel abgebildet war!), schüttete sie aus und zählte mein Eigenkapital. Magere fünf Mark kamen zusammen. Aber Kraft und Entschlossenheit brodelten weiter in mir. Und Rastlosigkeit packte mich nun.
Ich überlegte, was ich tun konnte, um an das notwendige Geld für einen Fahrradkauf zu kommen. Denn das war mir damals schon klar: Man kann sich Geld verdienen! Ich spürte diese unglaubliche Energie und Kraft und wusste, dass ich den Umständen ein eigenes Fahrrad abtrotzen konnte!
In den folgenden Wochen entwickelte ich große Kreativität darin, mich in irgendeiner Form nützlich und dienstbar zu machen, für Geld, versteht sich.
Mit einem Handwagen sammelte ich Schrott und Altmetalle und brachte sie zum Schrotthändler. Ich ging für ältere Leute aus der Nachbarschaft Einkäufe erledigen, ich verkaufte das knapp vorhandene Spielzeug, auf das ich verzichten konnte, an meine Mitschüler und vieles mehr. Jeden Abend zählte ich meine Ersparnisse. Und immer, wenn etwas dazugekommen war, freute ich mich und spürte wieder diese wilde Entschlossenheit, die mich stetig vorwärtstrieb. Gleichzeitig stieg mit jedem Pfennig, den ich sammelte, eine vage Gewissheit in mir auf, dass ich es schaffen würde. Und noch etwas Überraschendes passierte: Je mehr ich mich abrackerte, umso mehr Respekt, Anerkennung und Unterstützung bekam ich aus meinem Umfeld. Eine ältere Dame aus der Nachbarschaft, die mich schon länger kannte und beobachtete, steckte mir plötzlich fünf Mark zu, ein Vermögen! Die Mutter eines Freundes verriet mir, wo sie einen großen Berg Schrott gesichtet hatte, und so ging es weiter. Aus allen Richtungen bekam ich Hilfe. Alle wussten, welches Ziel ich erreichen wollte. Natürlich tat auch meine Mutter, was sie konnte.
Ungefähr drei Monate dauerte es, bis endlich ein nagelneues Fahrrad vor meiner Haustür stand. Ich war unglaublich stolz! Gleichzeitig aber hatte ich wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen gesammelt, deren Wert und Tragweite ich erst in meinem späteren Leben wirklich verstehen sollte. In dieser Klarheit, wie ich sie nachfolgend formuliere, waren sie mir damals natürlich noch nicht verfügbar, aber auf der emotionalen Ebene war alles vorhanden, und jedes einzelne Gefühl, das damit verbunden war, spüre ich noch immer, auch während ich diese Zeilen schreibe:
• Wenn du fest entschlossen bist, etwas zu erreichen, kannst du es schaffen.
• Die mit der Entschlossenheit verbundene Emotion (in meinem Fall Wut), die du in dir spürst, kannst du zu deinem Verbündeten machen.
• Durch Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit kannst du die Chance, dein Ziel zu erreichen, erhöhen.
• Wenn du dich entschließt, etwas zu erreichen, werden andere Menschen darauf aufmerksam und beginnen, dich zu unterstützen.
• Wenn du dein Ziel erreicht hast, fühlst du dich großartig.
Durch diese für mich sehr prägende Erfahrung wusste ich von nun an, dass ich einen gegebenen Zustand nicht als endgültig akzeptieren muss. Ich hatte gelernt, dass ich einer Situation nicht hilflos ausgeliefert bin und es in den meisten Lebenssituationen einen Handlungsspielraum gibt, den ich bewusst durch zielgerichtetes Handeln in meinem Sinne erweitern kann.
Ab meinem 14. Lebensjahr ging ich sowohl in den Ferien als auch während der Schulzeit regelmäßig arbeiten. Ich putzte Fenster bei älteren Leuten und erledigte ihren Einkauf. Ich trug Zeitungen aus, arbeitete auf Sommermärkten, in Schlossereien und in allen möglichen anderen Betrieben, verkaufte Selbstgebasteltes an Freunde und auf Flohmärkten und vieles mehr. Überall, wo es Arbeit und damit Geld zu verdienen gab, war ich sofort mit großem Engagement zur Stelle.
Es ist ein wirklich erhebendes Gefühl, sich ein Ziel zu setzen und zu erleben, wie aus einem Gedanken, aus dem zarten Samen einer Idee, eine stattliche Pflanze heranwächst, die schließlich große, schmackhafte Früchte trägt.
Jetzt möchte ich dich dazu ermutigen, dir herausfordernde Projekte zu suchen, die mit einer ehrgeizigen Zielsetzung einhergehen. Denn es gibt kaum etwas Schöneres, als die saftigen Früchte der eigenen Saat zu ernten.
Mir war es immer ein Rätsel, warum es Menschen gibt, die sich keine (ehrgeizigen) Ziele setzen oder aber Angefangenes nicht zu Ende führen. Erst als ich begann, mich mit der Psychologie des Menschen auseinanderzusetzen, begriff ich, dass es Denkautomatismen gibt, die wie ein Virus auf der Festplatte eines Computers funktionieren und das Potenzial haben, das ganze Betriebssystem zum Erliegen zu bringen. Oder anders gesagt: Diese Menschen arbeiten unbewusst mit problematischen Strategien, die zu Verhaltensweisen führen, die sie manchmal, öfter oder sogar immer wieder scheitern lassen. Diese problematischen Strategien, die uns daran hindern können, unseren Weg zu gehen, habe ich später auch auf meiner eigenen Festplatte entdeckt. Das Schöne ist, dass der Mensch ein sehr flexibles Wesen ist, das über die einzigartige Fähigkeit der Selbstreflexion verfügt. So ist es ihm möglich, sein Tun und Handeln aus einer anderen Perspektive und demzufolge mit Abstand zu betrachten, daraus entsprechende Erkenntnisse abzuleiten und wichtige Schlussfolgerungen zu ziehen. Danach kann er sein Handeln und seine Verhaltensweisen so lange verändern, bis er das Resultat erhält, das seinen Wünschen entspricht. Darum geht es in diesem Buch.