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Beryl saß kurz nach dem Streit mit Denis vor dem Haus in ihrem Auto. Sie war sauer, ratlos und völlig fertig. Sie hatte ihren Koffer auf den Rücksitz geworfen und keine Ahnung, wo sie hin sollte. Schließlich fuhr sie einfach ohne Ziel los. Nur weg von Denis.

Sie kam ein paar Straßenkreuzungen weit, dann fuhr sie rechts ran und fing an zu heulen.

»Was für ein beschissener Abend«, dachte sie. Nach ein paar Minuten hatte sie sich wieder gefangen. Sie klappte die Sonnenblende herunter, sah in den Kosmetikspiegel und wischte das verschmierte Make-up weg.

»Und jetzt Beryl, was machen wir jetzt?«, fragte sie laut ihr Spiegelbild.

»Ich muss hier raus, fliegen wir nach Mallorca!« Beryl ließ den Motor an und fuhr zurück zum Flughafen.

Mallorca war in den Sommermonaten einer der meistangeflogenen Flughäfen im Streckennetz der Filomena Air. Beryl zog im Sommer für ein paar Monate auf die Insel, sie teilte sich dort eine Wohnung mit vier Kollegen aus der Kabine. Filomena Air bezahlte die Wohnung, man war dort froh, ein paar Kollegen auf der Insel zu haben. Das erleichterte die Einsatzplanung und vor allem die Flexibilität. Beryl genoss die Sommermonate, sie mochte die Insel, die Sonne, und war froh, einfach mal weg aus Berlin zu sein. Sie lief fast die ganze Zeit in kurzen Röcken herum, verbrachte die Tage am Strand und die Nächte auf der Promenade. Unterbrochen nur von den Tagen, an denen sie arbeiten musste. In den Sommermonaten hatte sie regelmäßig Blasen an den Füßen, jedes Mal, wenn sie geflogen war. Beim Fliegen war sie gezwungen, feste Schuhe anzuziehen, sobald sie auf Mallorca war, zog sie diese sofort wieder aus. Und danach hatten ihre Füße einfach nie genug Zeit, sich wieder an richtige Schuhe zu gewöhnen. Sie nahm die Blasen gerne in Kauf, genoss es, den ganzen Sommer Sand unter ihren Füßen zu spüren und Meersalz in den Haaren zu haben.

Ihr nächster Flug ging in drei Tagen von Düsseldorf aus. Wahrscheinlich hatte sie die Wohnung auf Mallorca für sich allein. Ruhe und drei Tage zum Nachdenken, das war genau das, was sie jetzt brauchte.

Sie sah auf die Abflugtafel.

»Zum ersten Mal habe ich heute Glück«, stellte sie fest, in etwa einer Stunde ging ein Flug der Filomena Airways nach Mallorca.

Sie ging zum Abfertigungsschalter und sprach kurz mit der Kollegin. Die Maschine war zu einem Drittel leer, und sie bekam ohne Probleme einen Platz.

Als die Maschine Richtung Balearen abhob, atmete Beryl tief durch. Sie fühlte sich wohl, wenn sie in der Luft war, am besten war es natürlich im Cockpit, aber auch als Passagier war es in Ordnung. Die Probleme am Boden sahen gleich etwas kleiner aus.

Als sie über Frankreich waren, dachte sie über den Streit mit Denis nach. Er hatte vorher noch nie in diesem Ton mit ihr gesprochen. Sie kannte ihn als liebevollen Partner, als geduldigen und verständnisvollen Zuhörer. Sie wusste, dass er auch andere Seiten hatte. Im Geschäft konnte er arrogant und unnachgiebig sein. Sie konnte verstehen, dass Denis bei vielen nicht besonders beliebt war. Aber das war nicht der Denis, den sie kannte. Privat war er ein anderer Mensch. Bis heute. Als sie das Festland verließen und Kurs auf die Insel nahmen, entschied sie sich, das Thema zu vertagen. Sie war müde, verheult und völlig neben sich. Der Tod von Marcel und der Besuch bei seiner Familie hatten ihr schwer zugesetzt. Sie wusste, sie musste das alles erst mal verarbeiten. Es machte keinen Sinn, in ihrer momentanen Verfassung über die Beziehung mit Denis nachzudenken. Sie beschloss, sich auf Mallorca zu freuen, und nahm sich vor, einfach etwas abzuschalten und runterzukommen. Danach würde sie weitersehen.

Notlandung

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