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»Wo bist du gewesen?«

Ihr Freund Denis Steinkühler stand im Flur, als sie in die gemeinsame Wohnung kam.

»Das ist wirklich eine tolle Begrüßung, Denis. Ich hatte einen wirklich beschissenen Tag und könnte jetzt etwas Aufmunterung brauchen.« Sie holte tief Luft, es brachte nichts, ihre schlechte Laune an Denis auszulassen.

»Weil du so nett gefragt hast, werde ich es dir verraten. Ich war gerade bei Frau Leimbach.«

»Du warst wo?«

»Ich war bei der Mutter von Marcel Leimbach.« Beryl versuchte, ruhig zu bleiben.

»Bist du verrückt? Was soll das?«

Beryl war einen Moment geschockt von Denis Ausbruch, sie konnte sich nicht erinnern, von ihm jemals derart angeschrien worden zu sein. Sie merkte, wie sie anfing, sauer zu werden.

»Die Frau hat ihren Sohn verloren, Denis. Ich bin wahrscheinlich die Letzte, die mit Marcel gesprochen hat. Also habe ich mich mit ihr getroffen. Marcels Mutter wollte es so, kannst du das nicht verstehen? Sie hat mir sogar Marcels Pilotenkoffer geschenkt, weil sie die damit verbundenen Erinnerungen nicht mehr ertragen kann. Er erinnert sie zu sehr an Marcel. Versuch doch einfach mal, dich in die Lage der Frau zu versetzen.«

»Beryl, halte dich da bloß raus. Diese ganze Geschichte ist ein einziger Albtraum. Einer unserer Piloten begeht Selbstmord. Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet? Was die Presse daraus machen wird, wenn sie das mitbekommt? Ich kann mir die Schlagzeile so richtig gut vorstellen, ›Labiler junger Pilot der Filomena Airways begeht Selbstmord‹. Das klingt so, als würden wir unzurechnungsfähige Psychopathen in unsere Cockpits setzen. Da können Zweifel an unserer Sicherheit aufkommen, und das kann uns sehr schnell Kunden und Geld kosten. Viel Geld.«

»Denis, es geht hier nicht um Geld«, Beryl versuchte immer noch, sachlich zu bleiben, »es geht um einen Menschen, und außerdem hat Marcel keinen Selbstmord begangen. Davon bin ich, genauso wie seine Familie, überzeugt.«

»Ich glaube einfach nicht, was ich gerade höre!« Denis schrie sie erneut an. »Woher willst du das wissen? Weibliche Intuition, oder was?«

Beryl merkte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg.

»Ich weiß es eben! Im Gegensatz zu dir kannte ich Marcel Leimbach. Ich …«

Denis fiel ihr ins Wort: »Beryl, du kannst Flugzeuge fliegen, aber du bist keine Psychologin oder Polizistin! Überlass das den Leuten, die etwas davon verstehen.«

Beryl ging zwei Schritte auf ihn zu und ballte die Fäuste. Was zu viel war, war zu viel.

»Rede nie wieder in diesem Ton mit mir! Hast du mich verstanden?«

Denis wollte noch etwas sagen, blieb dann aber lieber einen Moment ruhig.

»Okay, lass uns das in Ruhe besprechen.« Er hob beschwichtigend die Hände.

Aber Beryl reichte es, sie lief wortlos an ihm vorbei, nahm ihren Koffer, der für ihren nächsten Einsatz schon gepackt war, und ging wortlos zur Tür.

»Höre mir jetzt genau zu«, Denis wurde jetzt richtig wütend, er konnte es nicht leiden, wenn Beryl ihn einfach ignorierte. »Du hörst jetzt sofort auf, derart hysterisch zu sein, und wirst dich mit mir unterhalten, sonst …«

»Sonst was?«

»Ich glaube nicht, dass wir dich in diesem Zustand fliegen lassen können, und das sage ich jetzt nicht als dein Lebenspartner, sondern als CFO der Filomena Airways.«

Damit war er eindeutig zu weit gegangen. Beryl spürte, wie ihr vor lauter Wut Tränen in die Augen schossen. Sie holte tief Luft.

»Das mit dem Lebenspartner hat sich erledigt, genau in dem Moment, als du das eben gesagt hast!« Sie öffnete die Wohnungstür.

»Beryl, sei doch vernünftig!«

»Weißt du was, Denis? Steck dir doch deinen Finger in den Arsch!«

Beryl zog die Tür zu und ließ den sprachlosen Denis im Flur stehen.

Notlandung

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