Читать книгу Der schwarze Kakadu - Fritz Rabensteiner - Страница 13
ОглавлениеVaterunser
Der Priestermangel stellt mittlerweile ein immer größeres Problem dar. Ein junger Pfarrer ist in unseren Breiten mittlerweile so selten wie ein rosa Einhorn. Um so wichtiger ist es daher, einen verdienten Hirten hochleben zu lassen, wenn er, sagen wir mal, seine Schäfchen 25 Jahre lang seelsorgerisch betreut hat. Ein Vierteljahrhundert ist eine lange Zeit, da arbeitet sich ein Priester richtig ab an der Gemeinde und geht durch alle Höhen und Tiefen, die der Herr für ihn bereit hält. Wir sehen ein kleines Dorf vor uns. Es könnte das in der letzten Geschichte erwähnte in der Steiermark sein. Jenes mit nur drei Familiennamen. Der Pfarrer feiert sein 25-Jahr-Jubiläum und der Gemeindesaal ist die einzige Option für die zu erwartende Masse an Gratulanten. Es ist schwer, diese Jubiläumsfeier in Worte zu fassen. Deshalb lass ich es auch. Es würde dem Anlass nicht gerecht werden. In so einem Fall greift am besten das Kopfkino. Stellen sie sich eine große Filmkulisse vor. Am besten Ben Hur beim Wagenrennen. Die Menschen stehen dicht an dicht, atemlos vor Spannung. Das ausladende Buffet harrt seiner Verzehrung, doch niemand wagt es voreilig zuzugreifen. Alle sind sie gekommen, sogar der Bischof ist angereist. Spannung liegt in der Luft. Eigentlich könnte es losgehen, doch das Oberhaupt der Gemeinde, der allseits beliebte Bürgermeister, fehlt. Der Pfarrer bemerkt, dass die Stimmung langsam kippt. Das Prickeln lässt nach und die Luft ist raus, wie man so schön sagt. Also ergreift er das Wort. „Liebe Freunde, ich bin tief gerührt, dass ihr alle gekommen seid um mit mir mein Priesterjubiläum zu feiern. Obwohl ich schon sagen muss, als ich vor 25 Jahren hier her kam, dachte ich zunächst oh Herr, welche Prüfung erlegst du mir auf? Bin ich denn hier in Sodom und Gomorra gelandet? Der erste, der zur Beichte kam, hat mir erzählt, dass er seine Frau mit deren Schwester betrogen hat. Und einen Tripper, den er sich bei einer Prostituierten geholt hat, hat er ihr auch noch angehängt. Doch danach hat sich alles sehr rasch in Wohlgefallen aufgelöst und es wurden 25 wunderschöne Jahre. Ich möchte daher…“
In diesem Moment betritt der Bürgermeister den Saal. „Exzellenz, lieber Herr Pfarrer, werte Festgemeinde. Bitte entschuldigen sie die Verspätung. Die hohe Politik, sie verstehen. Ich freue mich sehr, den heutigen Festakt eröffnen zu dürfen. Die 25 Jahre mit unserem Pfarrer sind wie im Flug vergangen. Und dennoch erinnere ich mich daran, als ob es gestern gewesen wäre. Schließlich war ich der erste, der die Beichte ablegen durfte…“