Читать книгу Die Legende vom Hermunduren - G. K. Grasse - Страница 12

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5. Ermattung

67 nach Christus - Frühling (7. Aprilis)

Imperium Romanum – Exercitus Germania Inferior

Die Dämmerung des Tages drohte mit ihr nachfolgender Dunkelheit, als der Treverer sie von der römischen Straße weichen hieß. Kaum eine Meile entfernt sah Ancus bald Rauch aufsteigen und wirklich standen sie kurz darauf vor einer Villa Rustica, die mit geducktem Bau und sehr großer Fläche, umzäunt von einer mannshohen Mauer, mit Tor versehen, von Gastlichkeit kündete. Neben dem Haus des Besitzers erkannte der Römer flache, wie Stallungen aussehende Gebäude, in und vor denen geschäftiges Treiben herrschte. Beim Näherkommen klarte sich seine Vermutung zur Gewissheit auf.

Endlich erreichten sie das vorläufige Ziel der Reise. Sofort verstummte das Klagen der Weiber, die sich ständig über den für sie anstrengenden Ritt beschwerten.

Der Treverer hielt Wort. Diese Villa schien einem Römer zu gehören, stellte sich aber als Wohnsitz und Zucht eines wohlhabenden Ubier heraus. Die Pferdezucht erschien Ancus bescheiden, sah er die nur geringe Anzahl von geeigneten Stallungen. Dennoch erwies sich der Ubier als ein guter Gastgeber. Ubier und Treverer kannten einander. Der Gastgeber lud die Römer in sein Haus ein, während der Treverer und sein Sohn, so wie auch die Weiber, es sich im Stroh und Heu, über einem der Ställe, gemütlich machten.

Speisen und Wein waren von guter römischer Art und das Gespräch drehte sich um Pferde und ihre Zucht. Ancus fühlte sich wohl, Mamercus wäre wohl liebend gern zu seinen beiden Weibern ins Heu gekrochen.

Sich so einfach zurückzuziehen hätte wohl seinen Gefährten enttäuscht, als auch den Gastgeber verärgert. Deshalb ergab er sich in sein Los und harrte auf den Augenblick, zu dem der Ubier die gastliche Tafel aufhob. Das ihnen noch Gastzimmer geboten wurden, lehnten beide mit freundlichen Worten, aber Entschiedenheit ab und gaben vor, durch ihren frühen Abritt nicht lästig fallen zu wollen.

Der Ubier fand sein Einsehen und so zogen sich die Evocati gleichfalls in Stroh und Heu zurück.

Der Sonnenaufgang fand den Trupp bereits auf den Rücken ihrer Pferde vor.

Die Sonne überschritt gerade ihren Zenit, als der Treverer verkündete, dass sie langsam ihr Ziel erreichten. Noch nur etwas mehr als fünf Meilen und sie würden auf die Zucht des Ubier stoßen.

Je näher sie dem Ziel kamen, desto bekannter erschien Ancus die Gegend. Zuletzt war er sich sicher, diesen Züchter bereits einmal aufgesucht, sich dann aber, mit beiderseitiger Unzufriedenheit, getrennt zu haben. Als er in den Hof der kleineren, diesen umlagernder Gebäude einritt, erinnerte er sich an den Mann, der kurz darauf vor ihm stand.

„Was, Römer, willst du erneut bei mir?“ war keine eben freundliche Begrüßung. Der Ubier sprach Ancus an, weil dieser zuvorderst auf den Hof einritt.

„Ich bin es nicht, der dieses Ziel wählte, obwohl mir die jetzige Gelegenheit recht ist…“ erhielt der Hausherr zur Antwort.

„Du gingst im Unfrieden und wagst dich hierher zurück?“ blaffte der Ubier erneut.

„Nun, so empfand ich das nicht… Mir gefiel das Ergebnis deiner Zucht nicht oder mit anderen Worten gesprochen, sah ich nicht die Möglichkeit mit deinen Pferden vor meinen Kunden zu glänzen… Wenn ich mich recht erinnere, klärte ich dich über meine Beweggründe auf und tat das auch mit offenen Worten, was du wohl falsch verstanden hattest, wie ich jetzt erkennen muss. Sollte ich dich belügen, wie es andere Händler tun? Was Ubier Bribaculus, so lautete doch dein Name, ist an einer ehrlichen Antwort, auch wenn sie so nicht erwartet oder begrüßt wird, schlecht?“

„Ich sehe, dass du um Ausreden nicht verlegen bist, Römer!“ knurrte der Gastgeber.

„Lass dir zwei Dinge sagen, der du meinen Namen vergessen hast… Ich aber vergaß weder deinen Namen, noch die Lage deines Hauses… Nur näherte ich mich nie aus dieser Richtung, denn das Ubier, verdanken wir dem Treverer, der dir zwei Stuten bringt, die deine Zucht aufwerten könnten… He, Treverer, komm und zeige dich! Lass nicht mich unverdienten Zorn empfangen!“ rief Ancus nach hinten und der ältere Begleiter ritt näher.

Der Ubier musterte den Mann. „Ich kenne dich nicht! Was willst du bei mir?“

„Mich kennst du nicht, dafür aber den Präfekt Tutor! Du machtest mit ihm einen Handel aus. Meine Herrin, die des Präfekt Mutter ist, sagte, der Handel ging um zwei Berberstuten unsererseits und zwei Ardenner Hengste von dir… Sage jetzt nicht, dass der Handel dich nicht mehr interessiert…“

„Das liegt schon einige Zeit zurück… Ich glaubte schon nicht mehr an des Präfekt Wort…“ lehnte sich der Besitzer der Zucht auf.

Ancus spürte in dem Mann einen Trotz, der die guten Absichten der Treverer in Frage stellte. Er verstand nicht, was den Ubier derart reizte, dass er den eigenen Vorteil nicht wahrnahm. Sollte es allein an seinem erneuten Auftauchen liegen?

„Du siehst, dass sein Wort von Wert ist und wenn ich dir einen Rat geben darf…“ Der Treverer musterte selenruhig das Gehöft, die Gebäude, den Hof, die Mauer und wandte sich dann erneut dem Ubier zu. „… solltest du meine Herrin nicht verärgern…“

„Warum?“ polterte der Ubier.

Die Reisenden saßen noch immer auf ihren Pferden und der Ubier stand, eine Gerte in seine offene Hand schlagend, mehr oder weniger unwillig, vor ihnen. Es waren die Frauen, die sich einmischten.

„Was ist nun, können wir absteigen?“ meldete sich die ältere Braunhaarige. „Uns tut der Hintern weh, oder reiten wir etwa weiter?“

„Ihr bleibt, wo ihr seid!“ blaffte Ancus sie an. „Und haltet euer Maul! Das hier sind ernste Dinge, was interessiert dann irgend ein wunder Arsch…“

„Also Bribaculus, gehst du auf das Angebot der Treverer nun ein oder sollen wir einen anderen Züchter finden? Du kannst dir sicher denken, dass ich neben dir noch Andere kenne… Glaube mir, der Treverer wird die beiden Stuten gegen Ardenner Hengste eintauschen, ob nun bei dir oder anderswo, hängt einzig von dir ab! Außerdem solltest du bedenken, was Präfekt Tutor von deiner Entscheidung hält, solltest du dich nicht an dein Wort gebunden fühlen…“

„Was geht es dich an!“ schnauzte der Ubier und ließ Ancus links liegen. „Der Präfekt versicherte mir gute Stuten… Ich werde erst sehen, ob diese Stuten Hengste aus meinem Bestand wert sind…“

„Gut, dass du darauf zu sprechen kommst! Das gleiche gilt für den Treverer und sind deine Tiere den Tausch nicht wert, tritt er ebenso vom Handel zurück!“ mischte sich Ancus erneut ein.

Ancus wusste, was er tat. Noch war der Ubier erzürnt, vielleicht weil er zuerst ihn erkannte und aus ihrem ersten Treffen ein Unbill zurückblieb, dessen sich Ancus weder damals noch jetzt bedachte. Der Mann war nicht unfähig und wäre seine Zucht erfolgreicher gewesen, hätte Ancus kein Hindernis für den Kauf von Pferden gesehen. So aber war das, was der Ubier anbot, eher dem Pferdemarkt der Colonia zuzuordnen. Es war also nicht der Züchter, sondern die Zucht, die Ancus abschreckte.

„Treverer, steigt von euren Stuten und putzt sie etwas heraus… Inzwischen kann Bribaculus seine besten Ardenner Hengste holen und uns zeigen, was er anzubieten hat…“ Ancus nahm sich der Sache an, den Tausch zu befördern. Gewiss wäre die Mutter Tutors verärgert, würden ihre beiden Männer mit den gleichen Stuten zurückkehren…

Bedachte sich Ancus der Sache richtig, war es wohl so, dass dieser Ubier den größeren Vorteil einheimste. Tutors Mutter besaß selbst genügend Ardenner Hengste und war wohl eher nicht darauf versessen, weitere Tiere dieser Art gegen ihre guten, jungen Stuten einzutauschen. Fast von allein drängte sich dem Evocati auf, dass der Handel wohl mit einer Schuld des Präfekt verbunden war… Zumindest konnte er diesen Verdacht nicht von der Hand weisen…

Die Hengste wurden gebracht und der Treverer wollte schon beginnen, das erste der Tiere in Augenschein zu nehmen, als Ancus erneut eingriff.

„Den da…“ er zeigte auf das Tier. „… kannst du gleich wieder wegbringen. Der hat schon jetzt mehr als zwölf Jahre auf dem Buckel, er schleift ein Bein nach, obwohl diese Eigenart in seinem Gang kaum auffällt. Ist es angeboren oder stammt es von einer Verletzung? Außerdem erscheint zumindest mir der Hengst schon jetzt bereits stumpfsinnig. Der kommt auf keine feurige Stute drauf! Bringe Besseres! Der junge Hengst kann bleiben…“

„Was mischst du dich ein, Römer?“ fauchte der Ubier und Zorn überzog sein Gesicht.

Ancus nahm den Angriff hin. Er lächelte. „Sieh dir einmal die Tiere an, die ich mitbrachte. Erkennst du nur einen Makel? Oh ja, ich erkannte Einige, nur will ich diese Pferde nicht für die Zucht, sondern die Legion! Das ist die Güte, die ein guter Züchter bietet und ein kluger Händler ersteht… Also stiel nicht unsere Zeit und Mühe…“

„Der Handel läuft zwischen dem Treverer und mir ab…“ knurrte Bribaculus und erntete ein erneutes spöttisches Lächeln.

„Willst du den armen Mann seines Brotes berauben? Denn kommt er mit dem Gaul, jagt ihn seine Herrin vom Hof und seinen Sohn noch dazu… Du kennst das Weib nicht, deren Sohn wohl doch… Der Sohn ist ein nur schwaches Abbild einer energischen Frau… Wünsche dir nicht, sie voller Wut vor dir auftauchen zu sehen, denn in ihr schlummert ein Vulkan und ihre Erscheinung überragt dich um Haupteslänge. Ihre Arme und Fäuste…, glaube mir, denen würde auch ich nur ungern begegnen…“

Ancus übertrieb aus gutem Grund. „Sieh dir doch ihren Sohn an, findest du etwa an dem einen Makel? Also, was ist mit einem besseren Hengst?“

Bribaculus verschwand und kreuzte kurz darauf mit einem Dreijährigen auf, den auch Ancus sofort gekauft hätte. Er umkreiste das Tier, zog dessen Lippen auseinander um die Zähne zu sehen, sah dem Hengst in die Augen, tätschelte den Hals und bewunderte dessen Gang.

„Verflucht Ubier, warum hast du mir den Hengst nicht angeboten. Den hätte ich sofort genommen und der Preis dafür wäre mir fast gleichgültig.“

„Höre Treverer…“ wandte er sich an seinen Begleiter auf dieser langen Reise. „… die Beiden kannst du getrost deiner Herrin bringen… Sie wird darob zufrieden sein! Sage ihr, der Züchter hier braucht noch weitere Stuten… Ich denke sie hat Noriker auf den Koppeln und auch Araber… Einige ihrer besseren Stuten dieser Rassen würden dem Ubier helfen, seine Zucht zu veredeln… Ich erinnere mich bei deiner Herrin keine Bardigiano gesehen zu haben…“ Er nickte in die Richtung des Ubier. „Er hat davon Stuten und Hengste, woher auch immer… Deine Herrin sollte sich einmal mit dieser Rasse befassen… Als Pferde für die Legion sind diese zwar nur wenig brauchbar, als Treidelpferde aber nicht zu verachten…“ Ancus wies in eine Richtung, die der Züchterin gefallen musste. Bestimmt lieferte sie Treidelpferde an die Weinhändler der Mosella.

„Warum tust du das?“ fragte der Ubier plötzlich.

„Du sagtest, ich hätte dich gekränkt… Ich bin mir nur meiner Ehrlichkeit in Bezug zu deiner Züchtung bewusst! Habe ich dich gekränkt, dann verzeih mir. Las mich etwas gut machen, was dich nichts kostet. Das was dir die Trevererin geben kann, wird dir kein Züchter aus der Umgebung anbieten. Komme ihr entgegen und du wirst davon Nutzen ziehen. Die Frau hat zehn Mal so viele Pferde wie du und wenn sie auch über die eine Rasse nicht verfügt, besitzt sie dafür Andere. Suche sie auf, mache ihr ein Angebot und du wirst es nicht bereuen…“ Es war Ancus der handelte, bestimmte, lenkte und auch beobachtete.

Er sah die Zufriedenheit der Treverer, nachdem der Ältere seine Prüfung abgeschlossen hatte. Von den gebrachten Berberstuten wusste Ancus, dass sie dem entsprachen, was sich ein Züchter wünschte. Damit gewann er die Gewissheit, erfolgreich eingegriffen zu haben. War es doch jedes Händlers oberste Pflicht, sowohl den Kunden, als auch den Lieferanten zufriedenzustellen. Er sah an den Mienen der Treverer und an der plötzlich entgegenkommenden Haltung des Ubiers, dass er dies erreicht hatte. Nun galt es, eigene Interessen zu wahren.

„Höre Bribaculus, ich komme dir noch in einer anderen Sache entgegen… Verwalte meine Tiere für die Zeit von meinem Einkauf bis zu meinem Verkauf… Willst du das, werde ich mich nicht beklagen, lässt du die eine oder andere deiner Stuten von einem der Hengste decken. Nur vergiss nicht mir anzuzeigen, welcher Hengst dem Vergnügen nachkommen durfte, andererseits betrachte ich das als Betrug am Besitzer und der bin, in diesem Zeitabschnitt, allein ich! Unterbreite mir einen Vorschlag zu deinen Kosten für einen Tag sowie auf ein Pferd bezogen und ich werde deine Leistung für die Zahl und die Dauer der von mir eingestellten Tiere bezahlen… Was hältst du von meinem Vorschlag?“

„Muss ich gleich zustimmen?“ Der Ubier neigte zur Vorsicht.

„Nein und ja! Die Tiere hinter mir sind mein Eigentum. Ich verfüge nicht über ausreichend Platz und Personal für deren Betreuung. Ende des Folgemonats muss ich liefern. Also bleibt uns Zeit, einen gemeinsamen Versuch zu wagen… Du garantierst mir beste Pflege und Ehrlichkeit, sowie Wahrung meines Besitzes und ich sorge dafür, dass dein Ansehen wächst, sich deine Zucht verbessert und du wirst obendrein von mir bestimmt nicht so schlecht bezahlt… Es sind achtzehn Pferde, die ich sehr genau kenne, und bei dir lassen würde… Keinesfalls dürfen diese Pferde, wenn ich sie hole, schlechter aussehen, als ich sie dir übergab! Damit kennst du meine Bedingungen. Ich werde dich aufsuchen, wann immer ich es für notwendig erachte und mich von der Haltung der Tiere überzeugen… Komme ich zum nächsten Mal, wirst du mir deine Vorstellungen erklären und wir werden sehen, ob es mit uns gut geht… Schlage ein, wenn du zustimmst!“

Ancus bot dem Ubier den Arm und der Mann griff zu. Er erkannte den Vorteil und sah, dass der Römer sich nicht nachtragend verhielt.

Ancus dagegen war noch nicht sicher, ob der Versuch in ein günstiges Ergebnis gelenkt werden könnte. Ritte er jede Dekade einmal und sah nach seinen Pferden, würde sich die Art des Umgangs, die Pflege und Fütterung zwangsläufig offenbaren und sich ihm die Gelegenheit zum Eingreifen bieten. Er war nicht unzufrieden und gelang der Versuch, besaß er in Zukunft einen Partner, den er mit derartigen Pflichten überhäufen durfte. Bedingung war, dass sich der Ubier als zuverlässig erwies.

„Gut, dann sind wir uns einig!“ stellte Ancus fest und drehte sich dem Treverer zu. „Werdet ihr jetzt sofort den Rückweg antreten oder bleibt ihr über Nacht?“

„Wir reiten und danken dir, Römer Ancus! Ich werde der Herrin von deinen Bemühungen berichten!“ Ancus reichte ihm den Arm zur Verabschiedung, nickte dem Sohn zu und schon waren die Treverer auf ihren Ardenner Hengsten auf der Via unterwegs.

„Noch immer saßen die Weiber, gebannt vom Verlauf der Verhandlungen und dem Wortwechsel, auf ihren Pferden und spürten wohl keinen Schmerz mehr dort, worauf sie saßen.

„Dann Mamercus, sind wir hier fertig und reiten einfach zur Colonia. Du Bribaculus, kümmere dich um meine Tiere! Er reichte auch dem Ubier seinen Arm und blickte dem Mann in die Augen. Er sah darin keinen falschen Schimmer und so glaubte er vorerst, einen guten Handel abgeschlossen zu haben. Ancus griff nach dem Zügel seines Hengstes, schwang sich auf dessen Rücken und gab die Richtung ihres weiteren Rittes vor.

Sie waren erst wenige Passus vom Tor entfernt, als Mamercus seine Unruhe in Worte kleidete. „Meinst du, der Ubier hält Wort?“

„Was will er sonst tun, wenn ihm sein Leben von Wert ist…“

„Wenn er nun statt deiner Pferde Mindere unterschiebt oder die ganze Herde, durch was weiß ich, verdirbt?“

„Das kann er nicht! In nicht einmal vier Tagen werde ich ihn überraschend aufsuchen und bevor ich mich ihm zeige, werde ich meine Herde auf seinen Koppeln oder in den Stallungen aufsuchen. Er kann mich nicht betrügen, ohne seine Eier zu gefährden… Was meinst du schneide ich ihm ab, wagt er den ersten Versuch? Außerdem schien er von meinen Angeboten und auch meinem Einfluss angetan…“

„Er versuchte die Treverer zu betrügen…“ warf ihm Mamercus vor.

„Und? Hatte er Erfolg?“ Ancus grinste. „Meinst du, der Treverer sah nicht, was ich sah? Ich beobachtete ihn, als er die Hengste dann prüfte.“ Ancus lächelte vielsagend.

„Der Mann ist die Perle der Zucht. Er kennt die Rassen, deren Vorzüge und Nachteile. Er kannte auch die Bardigiano, von denen in Germania kaum einer gehört haben dürfte und wusste, wozu sie nützlich sind, obwohl in ihren Herden nicht ein einziges Tier dieser Rasse von mir erkannt werden konnte… Nein, Mamercus, der Treverer ist der Züchter der Herrin. Er nahm mit, was er sah und hörte. Sein Bericht wird mir dienen und auch das Weib wird gehörigen Nutzen daraus ziehen… Letztlich streicht Bribaculus den größten Gewinn ein und schon deshalb wird er mich nicht betrügen…“

„Nun, wenn du dir sicher bist…“ Der Gefährte nahm sich der Überlegungen des Freundes an.

„Mamercus, bisher war zweifellos ich der, der im Mittelpunkt stand. Doch jetzt bist du an der Reihe…“ Er nickte nach hinten, zu den beiden begleitenden Weibern. „Was hast du mit denen vor? Willst du sie bei Sibilla einführen? Bist du dir sicher, dass dies gut ankommt?“

„Kommt darauf an, wie viel dir an der Blonden liegt?“

„Gelegentlich sollte ich mich bei ihr entspannen können, aber dauerhaft…“ Ancus zögerte. „… das muss wohl nicht sein…“ Nach einer kleineren Pause fügte er leise hinzu: „Stell dir vor, ich verliebe mich und muss dann schnell verschwinden, weil die Luft über mir zu brennen beginnt… Es wäre an ihr ein schlechter Dienst und bereitet auch mir dann sicher Schmerz… Außerdem, sind beide Weiber zu nah bei uns, könnten sie bemerken, was wir wirklich tun…“

„Gut, mein Freund, dann bringe ich sie unter. Ich weiß schon wo… Dort wird es ihnen gut gehen und wenn wir ihrer bedürfen, wird uns keiner hindern, noch die Hand aufhalten… Sie wollten heraus aus dem Vicus und als sie hörten, ich wäre aus der großen Stadt am Rhenus, drängten sie sich an mich heran… Ich glaube, uns begleiten zu dürfen, war deren Ziel. Belassen wir es also dabei…“

In der Stadt trennten sich die Wege der Evocati. Ancus strebte Sibillas Haus zu und Mamercus nahm einen Umweg zu dem Lupanar, in das er die beiden Weiber bringen wollte.

In einer nach römischen Plan entstandenen Colonia bestimmte der Cardo Maximus den Verlauf von Nord nach Süd und der Decumanus Maximus die Straße von Ost nach West. Tavernen, Gasthäuser oder auch Lupanare bevorzugten Standorte innerhalb des Zentrums, zumeist nahe des Forum oder der Curia, oder aber in unmittelbarer Nähe der Zugangstore zur Stadt, sowie an Legionslagern oder anderen Standorten von Militär. Das zeichnete auch Colonia aus.

Mamercus selbst kannte nach einiger Zeit fünf Lupanare, die sich seiner Zuneigung erfreuen durften. Einige weniger bedeutende Häuser mied er. Ihm lag an den Bordellen, in denen gut bezahlte Römer ihrem Vergnügen nachgingen. Wollte er Dinge erfahren, die den Evocati zum Nutzen gereichten, brauchte er genau in diesen Lupanaren unbegrenzten Zugang.

Zuerst galten seine Bemühungen den dort dienenden Weibern. Jung, kräftig, schön, mit oder ohne Erfahrung, mit Raffinesse oder aber versierter Bedienung… Er probierte und fand heraus, welche der Frauen in den Häusern den Vorrang genossen…

Es war seine körperliche Veranlagung, die ihm den Weg zur Erfolgreichsten unter den Bediensteten ebnete. Allein durch diesen merkwürdigen und makabren Aufstieg erfuhr er von der Mitteilsamkeit der Prostituierten untereinander und lernte die Tatsache kennen, dass in jedem Lupanar, unter den dort angebotenen Frauen, auch eine Hackordnung vorherrschte.

Sich als Weinhändler ausgebend, war er bald ein Händler mit ganz besonderer Anerkennung, der noch dazu von den Frauen der Lupanare, ob seiner stattlichen Männlichkeit, geachtet wurde. War er einmal zur Ersten der Prostituierten vorgedrungen, durfte er sich auch dem Betreiber, oder zumindest dessen Beauftragten, nähern. Bald wusste er, wer in diesen Einrichtungen bestimmte und begann sein Netz auszulegen.

Er tat dies auf eine sehr eigene Weise. Hätte er gefordert, ihm Nachrichten bestimmter Kunden zuzuflüstern, wäre er schnell gescheitert. Warum sollte eine Prostituierte ihren Broterwerb dadurch gefährden, dass sie allein auf eine Forderung hin, Geheimnisse ausplauderte, die sie während eines Aktes, zumeist in höchster Lust, vernehmen durfte?

Mamercus kam die Eigenschaft der Männer und Weiber zu Gute, die in ihrer Lust oder der nachfolgenden Erholung, eigene oder auch fremde Geheimnisse ausplauderten. Den Frauen, die unter seiner ausdauernden Lust Wonnen erlebten und dabei nicht ihre Zunge im Zaum halten konnten, gab er den Vorzug. Das musste nicht unbedingt die in der Rangordnung höchste Prostituierte sein… Wenn dann, nach dem Akt, noch eine Münze im Raum verblieb, die nichts mit dem zuvor bereits bezahlten Preis zu tun hatte, stimmte dies zufrieden und ebnete den Weg zu einem erhofften, neuerlichen Besuch.

So gelangte Mamercus an so manche Nachricht, die ihm nutzte.

In seiner besonderen Gunst standen zwei Lupanare. Das Erstere gehörte einer noch immer schönen und auch klugen Frau, die jünger als er, zuvor selbst ihren Körper als Hure anbot.

Das andere Lupanar wurde von einer hässlichen, älteren, dürren Matrona unterhalten, die herrisch ihre Macht auslebte und weil sich deren Lupanar nahe dem Praetorium befand, von Mamercus nicht umgangen werden konnte. Zumal in diesem Haus die Hure lebte, der er bisher zumeist seine Gunst bezeigte.

Pola Quarta war eine noch nicht Dreißigjährige voller Temperament, die sich auf weit mehr verstand, als nur vor Wonne zu kreischen. Die Frau war angemessen klug, hörte gut zu, verstand so einige Kniffe und spendete eine Art der Lust, der sich Mamercus gern hingab.

Die Frau war außerordentlich mitteilsam, sowohl beim Akt, als auch in der Erholung danach. Eigentlich war sie es, die ihn auf den Gedanken brachte, den er danach so zielstrebig verfolgte. Von ihr stammten auch die Nachrichten, die Ancus, bei dessen erster Rückkehr zu Belletor, zu berichten wusste. Für seine beiden Schutzbefohlenen aber erschien ihm das Lupanar der Bella Gaia als die bessere Lösung.

Dies hatte mehrere Gründe. Also steuerte er, mit den Frauen im Schlepptau, auf dieses Lupanar zu. Das Gebäude lag genau am Eck der Via Decumana zu einer der Nebenstraßen. Es war nur dreigeschossig und wirkte, bis auf das Phallussymbol, welches übergroß neben dem Eingang auf die Wand gemalt war, wie eine Caupona.

Trat der Gast durch die große Tür fand er sich in einem Gastraum wieder, wie ihn jede andere Taverne oder eine Taberna aufwies. Eine Theke, Tische, Bänke, Hocker, irgendwo ein Herdfeuer, herumhängende Kessel, Geschirr, Töpfe und hurtig umherlaufende Bedienungen. Am hinteren Ende des Gastraumes gingen zwei kleinere Korridore ab, wovon einer an der Tür zum Hof und zur Nebenstraße endete. Der Andere schwenkte um eine Mauer, die eine Treppe nach oben verbarg. Über diese Stufen fanden die Gäste zu Bella Gaia und ihren Frauen, die sich der Befriedigung der Lust widmeten.

Die Caupona lag zu fast ebener Erde, im Stockwerk darüber fanden sich Räume, in denen der Lust gefrönt wurde und noch darüber besaßen die dienstbeflissenen Weiber ein nur ihnen gehörendes Reich, welches ihrem Leben vorbehalten war.

Weil Bella Gaia in ihrer Jugend selbst diesem Los einer Prostituierten unterlag, bot sie den Kunden ihres Hauses den Dienst, den Männer erwünschten und schuf gleichzeitig, und dies in aller Heimlichkeit, einen geschützten Bereich, in dem ihre Bediensteten ein besseres Leben genossen, als dass was sie einst selbst auskosten durfte.

Mamercus war in diese Geheimnisse eingeweiht worden, weil er seine Vorzüge einbrachte. Bella Gaia blieb nicht verborgen, welche Pracht dem elften Finger des Römers zugebilligt wurde. Also bat sie den Gast selbst in den ihr vorbehaltenen Wohnbereich, bewirtete ihn mit Wein und begann den Mann auszuhorchen. Das Ergebnis der Unterredung endete in einem Kaufvertrag für seinen Wein und in einer heftigen, von Raffinesse und Dauer geprägten, anstrengenden Nacht, die dazu führte, dass er in doch absehbarer Zeit wieder vorsprechen sollte…

Mamercus hatte solche Nacht noch nie erlebt. Das Weib war reif, kräftig, zäh, unermüdlich und sah er sie nackt vor sich, stieg schon nach kurzer Zeit seine Lust schon wieder urgewaltig an. Er sparte sich Nächte mit Bella Gaia auf wie eine Kostbarkeit, die nicht jede Nacht genossen werden sollte… Ging er in dieses Lupanar, landete Mamercus stets in ihrem Reich und weil dies auch Vertrauen schuf, erfuhr er von ihrem Leben und den Besonderheiten, die sie im Lupanar für unabdinglich hielt. Bella Gaia war eine Besonderheit.

Sie verpflichtete einen Arzt, der die Frauen regelmäßig untersuchte. Darüber hinaus bot kein anderes Lupanar einen Bereich, in dem die Huren unbedroht und fast glücklich Leben konnten. Bella Gaia war nicht auf das Geld der Huren versessen. Sie wies jeden Besuch eines Freiers ordentlich nach, nahm vom Lohn ihren Teil, zweigte den Teil, den die Colonia einforderte ab und beließ den Rest auf dem von ihr geführten Konto der Frau. Sie war nicht unfreundlich, ließ nicht die Peitsche für sich sprechen und wenn sich wirklich eine schwierige Lage ergab, wirkte sie auf eine Lösung hin, die alle Zornigen mittragen konnten. Kam eine der Bediensteten in die Jahre, gewann kaum noch Freier, entließ Bella die Frau und zahlte deren Guthaben aus.

Weil sich die beiden Weiber aus dem Vicus an der Mosella an ihn hingen und er seinem Wesen nach ein Mann war, der Frauen über alles liebte und ihnen auch weit mehr Achtung entgegenbrachte, als dies andere Römer auszeichnete, kam für seine Schutzbefohlenen, als dies betrachtete er beide Frauen, nur das Lupanar von Bella Gaia in Frage.

Mamercus brachte die Pferde in den Hof der Caupona und führte seine Begleitung die versteckte Treppe hinauf. Sie gelangten in einen Korridor, der zu Beginn von einigen Korbsesseln und kleineren Tischen bestückt war.

Zwei sich langweilende Männer, ein scheinbar Reisender und ein Legionär, besetzten zwei der Sessel.

Mamercus musterte die Kerle. Er hieß die Frauen sich setzen und gab ihnen den Rat für Geduld und sich nicht von fremden Männern ansprechen oder befingern zu lassen…

Dann trat er durch einen schweren, rotfarbenen Vorhang und stand Bella Gaia gegenüber. Sie baute sich, zornig erscheinend, mit ihren in die Hüften gestemmten Händen, vor ihm auf.

„Was wagst du dir? Du bringst eigene Frauen in mein Haus? Was denkst du dir dabei?“ Aus ihrem Blick und ihren Worten sprach Zorn.

„Ja, auch ich freue mich, dich wieder einmal sehen zu können…“ Dann drehte er sich leicht um, blickte zurück zum Vorhang, seufzte und meinte: „Sie sehen beide doch wirklich gut aus, besitzen alle Rundungen, straffe Brüste und eine buschiges Dreieck voller Lüste… Sollte ich sie etwa der Paola Viridio, der Krähe am Praetorium, anbieten…“ Mamercus meinte die Lenae, die ihr Haus dort betrieb. Bella Gaia verstand sofort.

„Ich dachte mir, die beiden Schönen wären bei dir besser untergebracht und weil ich, die Eine zumindest, bisher auch selbst geritten habe und deren Fähigkeiten, zwar als nicht mit dir vergleichbar, aber dennoch als gute Veranlagung erkannte, dachte ich zuerst an dich! Die Blonde überließ ich meinem Freund, der sich bei mir nicht beklagte… Also, willst du sie?“

„Du bringst mir dienstbereite Weiber? Woher hast du sie? Was kostet mich der Spaß? Sind es dumme Trampel oder wissen sie, wozu das Buschwerk zwischen ihren Schenkeln dient? Können sie Singen, Tanzen, sind sie fröhlich und warum wollen sie dieses Gewerbe betreiben?“

Mamercus hob beide Hände zur Abwehr, „Bella, bitte…“ Er lachte.

„Machen wir es so, dass ich dir die Fragen beantworte, die ich kann… Den Rest fragst du die Weiber selbst und entscheiden kannst du dich nach einer Vorführung… Ich stelle mich gern zur Verfügung…“ Er grinste Bella anzüglich an.

„Du Schuft!“ schimpfte sie. „Mag es so sein, aber den Abend mit mir wirst du nachholen…“ fügte sie sich besinnend an.

„Aber ja und gern, schönste Bella…“ gingen seine Worte in einem Glucksen unter.

„Also diese Beiden kommen von der Mosella, aus einem kleinen Vicus.“ begann Mamercus mit der Antwort.

„Also sind es Treverer?“ unterbrach Bella ihn.

„Ja, so ist es. Übrigens, dort gibt es gute Weine… Ich sprach mit einem Weinzüchter und genoss seine vergorenen Früchte…“ Mamercus schnalzte mit seiner Zunge. „Du solltest ein Fass davon erstehen… Ich würde Lügen, behauptete ich, kein Fass für dich reserviert zu haben… Das aber ist genauso deine Wahl, wie in der Sache mit beiden Weibern…“

Er schwieg und dachte sicher an den süßen Tropfen, leckte sich die Lippen und hatte Bella fast schon gewonnen.

„Die Braunhaarige fand ich bei dem Weinbauern… Sie mühte sich, mich zum Wein zu verlocken… Ich bin ein leidgeprüfter Mann und gab schließlich nach…“ Mamercus lachte. Er wusste wie er Bella Gaia reizen musste. „Ich hatte mich gerade von meinen Mühen erholt, brachte sie die Blonde angeschleppt. Nein, ihr krümmte ich kein Haar… Ich schwöre, Aber mein Freund konnte und wollte am Abend nicht von ihr lassen…“

„Komm zur Sache, Mamercus!“ forderte Bella. „Du und Mühen beim Akt, dass ich nicht Lache! Erzähle den Unsinn einer Dümmeren… Also was kosten mich die Weiber?“

„Nichts!“

„Was nichts?“ Bella Gaia zeigte ihre absolute Verwunderung.

„Warum sollte ich dein schwer verdientes Geld wollen? Nun ja, sollte uns ein Gefühl nach fraulicher Wärme ankommen, würden wir uns vielleicht gern hin und wieder in deren Arme flüchten…“

„Das ist alles?“ Bella blieb misstrauisch.

„Na ja, gut behandeln und ihnen noch so einiges beibringen könntest du auch noch… Den Rest deiner Fragen stelle ihnen selbst. Ich fürchte, dass ich zuwenig weiß…“

„Gut, hole sie rein! Bring sie zu mir!“

Mamercus schob sich zum Vorhang, blickte hindurch und winkte den Frauen, die sich auch gehorsam erhoben und zu ihm kamen. Als die Braunhaarige ihren Mund aufmachte, um Fragen zu stellen, deutete er mit einem Finger auf seine Lippen und sagte nur: „Still, seid still und sprecht nur, wenn ihr gefragt werdet. Die Antwort muss der Frage gelten, sonst tut, was die Herrin verlangt…“

Mamercus führte die Frauen zuerst in Bellas eigenen Wohnbereich.

Bellas kundiger Blick betrachtete den Gang der Frauen. Es war wichtig, wie sich eine Frau bewegte. Sie waren beide geschmeidig und leichtfüßig, dennoch fehlte das Aufreizende in ihren Bewegungen.

„Zieht euch aus!“ forderte Bella und die Frauen ließen wortlos ihre Hüllen fallen. Beide Weiber waren nahezu gleich groß, gleich schlank, nur war der Einen Haar braun und das der Jüngeren blond. Bella ließ sich deren Zähne zeigen und Mamercus kam diese Tortur schon wie bei der Prüfung eines Pferdes vor, Gang, Muskeln und Zähne…

„Gut, zieht euch an!“ befahl die Lenae, als sie ihre Beschauung beendet hatte. „Warum wollt ihr dies tun?“ Bella Gaia umging den Begriff ihrer Tätigkeit.

„Ich habe nichts anderes! Mein älterer Bruder gönnt mir keinen Teil der Erbschaft… Er ist ein sturer Bock und bevor ich ihn um etwas Entgegenkommen angehe, will ich lieber in einem ehrlichen Gewerbe arbeiten… Es gab bei uns im Vicus keinen anderen Mann, der meiner bedurfte. Er wollte, dass ich auf dem Weingut Kunden anging… War der Kunde jung oder männlich, machte mir dies spaß… Aber warum sollte mein Bruder Nutzen daraus ziehen? Da lief mir der da über den Weg…“ Sie nickte in Richtung von Mamercus.

„Könntest du ihn verführen?“ Bella Gaias forschender Blick verweilte auf dem Gesicht der Frau.

“ Du meinst so jetzt hier, vor dir?“ Die Braunhaarige stutzte.

„Warum nicht?“ ermutigte Bella.

„Warum nicht…“ hörte sie darauf.

„Warte! Und du, blonde Taube, warum willst du zur Hure werden?“ Bella griff die Jüngere heftiger an.

„Was bleibt mir schon, Herrin… mein Vater starb vor nicht zu langer Zeit und ließ mich allein zurück. Sein Verdienst wurde ihm gestohlen und er erschlagen… Wer hilft mir schon? Auch ich muss essen… Ohne Besitz, ohne Vater, ohne Familie nimmt mich keiner in unserem Vicus als Weib… Wenn ich mich schon verkaufe, dann aber zu meinen Bedingungen!“

Bella bemerkte die Wut und Entschlossenheit, die sich hinter diesem hübschen Gesicht verbarg.

„Ich weiß, dass ich nicht hässlich bin, ich kann mit Zahlen und Geld umgehen, kann Lesen und Schreiben…“ Sie stockte, als hätte sie zuviel erzählt.

„Gut, dann zeigt, zu was ihr fähig seid… Gefällt es mir, nehme ich euch…“ Bella rückte sich einen ihre Korbstühle zurecht und machte es sich darin bequem.

Ein kurzer Blick zwischen den beiden Frauen und die Verführung begann. Was der Evocati dann erlebte, wird er wohl nicht so schnell vergessen. Die beiden Weiber taten, was die Lenae befahl. Sie verwöhnten ihn auf die Art, die höchste Leidenschaft mit Erfüllung paarte und weil er ein starker Mann war, brachte er auch den beiden Schönen Erlösung.

Das Treiben schien auch Bella Gaia gefallen zu haben, denn als die Jüngeren ihr Werk vollendeten, stand die Lenae nackt vor Mamercus und forderte den Rest seiner Mannbarkeit.

Kaum abgekühlt, stand sie auf, kleidete sich an und forderte auch die Mädchen dazu auf.

„Ich nehme euch beide! Folgt mir!“ Sie schritt voran und brachte die jungen Frauen weg.

Als sie zurückkehrte, fand sie Mamercus noch immer in gleicher Stellung vor. Sie drehte ihn auf den Rücken, zog seine Arme und Beine lang und betrachtete sein erschlafftes Glied. „War wohl zu viel für dich, mein Freund…“

Mamercus schlug die Augen auf. Er sah sie vor sich und fragte: „Wieso trägst du ein Gewand“ Sah ich dich nicht eben noch nackt und gierig vor mir…“

„Möchtest du fortsetzen?“ fragte Bella Gaia und lächelte.

„Besser nicht… Ich wurde wohl von drei Weibern überrollt…“

„So kann man es nennen. Mir scheint, du standest trotzdem deinen Mann…“ Sie lächelte.

„Wo sind die Beiden?“ Mamercus drehte sich auf eine Seite und richtete sich vorsichtig auf.

„Ich habe sie untergebracht!“ Bella Gaia hatte offensichtlich genug gesehen.

„Dann nimmst du sie?“

„Ja!“

„Du machst meine Sorgen leichter… Danke!“ erklärte er anerkennend.

„Musst du mir noch etwas sagen?“ wollte Bella Gaia wissen.

Mamercus schüttelte seinen Kopf, erhob sich und kleidete sich an.

„Dann werde ich dich jetzt verlassen…“ erklärte der Römer und wandte sich der Tür zu. Die Lenae nickte nur.

Der Evocati grüßte und stieg die Treppe hinab, verschwand durch die Seitentür am Ende der Treppe, nahm seine Pferde am Zügel, mühte sich auf sein eigenes Pferd und ritt langsam vom Hof.

Mamercus hatte ein sich gegebenes Versprechen eingelöst. Darüber hinaus hatte er ein Erlebnis, das er Ancus besser nicht berichten wollte…

Was seine Gespielin konnte, wusste er. Das Vorgehen der Blonden war ihm unbekannt. Dass sie ihn zum Höhepunkt trieb, hatte er ihr nicht zugetraut.

Bella Gaia hätte auf seine Erholung und eine bessere Gelegenheit warten sollen, so bekam sie nur Almosen… Er wird es bei ihr Gutmachen müssen, schob sich ein Gedanke in seinen Kopf.

Angekommen in Sibillas Burg schaffte er es noch, die Pferde einzustellen, abzusatteln, zu tränken und Futter vorzulegen. Auch eine kurze Begrüßung von Sibilla war noch möglich, dann aber sank er auf sein Lager und bald sang er das Lied ermatteter Männer.

Mamercus schnarchte.

Die Legende vom Hermunduren

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