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7.

Spießrutenlauf

Als Trumans Daddy davonfuhr und Nelle allein auf der Straße zurückließ, wusste sie nicht so recht, was sie tun sollte. Erst als sie Twiggs Butts vor Dr. Fripps Gemischtwarenladen stehen sah, wusste sie, dass irgendwas nicht in Ordnung war. Er wirkte zuerst verwirrt – bis er anfing, über sie zu kichern.

«Was ist denn so lustig, Butts?», sagte Nelle und machte sich schon bereit, ihm das Grinsen vom Gesicht zu wischen.

Da zeigte er vorne auf ihre Hose. Ihr Blick ging ebenfalls nach unten, bis sie die Stelle entdeckte, wo sie sich in die Hose gemacht hatte. Leider klebte auch noch roter Staub auf dem feuchten Fleck.

Sie schnappte nach Luft und wurde noch eine Spur röter. Dass sie versuchte, den Staub wegzuwischen, ließ das Ganze nur noch schlimmer aussehen. Am liebsten hätte sie Butts geschlagen, aber das würde sie später nachholen.

Jetzt rannte sie los.

Weil sie nicht klar denken konnte, blieb sie einfach mitten auf der Straße und versuchte, beim Laufen die Hände vor sich zu halten. Alle schienen sie anzustarren. Je mehr Leute sie erkannte, desto schneller lief sie.

Zum Glück wohnte sie ja nur zwei Häuserblocks vom Marktplatz entfernt. Als sie ihre Straße erreicht hatte, rannte sie geradewegs an Bud vorbei, der am Rand seines Gartens gemütlich Pfeife rauchte.

«Schnellste des Tages, Miss Nelle –»

Wie gut, dass ihre Haustür offenstand, denn sonst hätte sie sie vielleicht eingerannt. So lief sie schnurstracks in ihr Zimmer. Zu ihrem Entsetzen saßen dort jedoch die beiden älteren Schwestern Weezie und Bär auf ihren Betten und unterhielten sich.

Sie blieb wie erstarrt direkt vor ihnen stehen. Und natürlich fielen ihre Blicke sofort auf die Peinlichkeit. Beide brachen in Gelächter aus.

«Ganz ehrlich, Nelle, wenn du schon ins Bett machst, dann solltest du dafür wahrscheinlich auch im Bett sein

«Das war ein Unfall!», schrie sie. Rasch ließ sie ihre Augen auf der Suche nach Ersatzklamotten durchs Zimmer schweifen, bevor ihre Schwestern noch einen Witz reißen konnten. Leider war das einzige saubere Kleidungsstück, das sie entdeckte, ein Kleid, das ihre Mutter für sie genäht, Nelle aber nie getragen hatte.

Die Schwestern lachten noch lauter, als sie begriffen, in welcher Zwickmühle sie steckte. Nelle biss die Zähne zusammen und schnappte sich das Kleid. Das war besser als jede weitere Sekunde in den Sachen, die sie jetzt gerade trug.

«Du meine Güte! Nelle in einem Kleid? Wie weit ist es mit der Welt schon gekommen?», scherzte Bär.

Nachdem Nelle in die Abstellkammer auf dem Flur gelaufen war und die Tür hinter sich zugeknallt hatte, hörte sie sie noch schallender lachen. Nelle schämte sich so und war wütend auf sich selbst. Vielleicht sollte sie einfach für immer hier drin bleiben. Mal sehen, wie ihnen das gefallen würde!

Dann zog sie ihre Latzhose aus und warf sie auf den Boden. Sie starrte das Kleid an, das sie in den Händen hielt. Zuletzt hatte sie eines getragen … zum Geburtstag ihrer Mutter vor zwei Jahren. Sie erinnerte sich noch, das Kleid dermaßen gehasst zu haben, dass sie es sich hinterher absichtlich vom Leib gerissen hatte. So, dass man es nicht mehr flicken konnte.

Jetzt ließ sie sich auf einen alten Koffer neben den Golfschlägern ihres Vaters sinken und hielt sich das Kleid vors Gesicht. Sie würde nicht weinen. Stattdessen holte sie tief Luft … und konnte plötzlich den Duft ihrer Mutter an dem Stoff riechen. Der brachte noch mehr Erinnerungen an den Geburtstag damals zurück. Wie Nelle versucht hatte, ihr an jenem Morgen bei einem Kreuzworträtsel zu helfen. Oder wie ihre recht mollige Mutter anmutig durchs Wohnzimmer getanzt war, während die Sonne durchs Erkerfenster hereinfiel. Und wie sie zusammen aus ihren Lieblings-Blumenkästen auf der Veranda Winterschneeball und lavendelfarbene Rosen für ihre Party gepflückt hatten. Am deutlichsten aber erinnerte sie sich daran, wie wunderschön ihre Mutter Klavier gespielt und wie Nelle während der Party vor allen Gästen Tea for Two gesungen hatte, während die Mutter sie am Klavier begleitete.

Es war das einzige Mal gewesen, dass sie je gemeinsam ein Lied vorgeführt hatten.

Tru & Nelle

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