Читать книгу Lume - Gabriella Gruber - Страница 6
ОглавлениеFür alle, die noch an
die Liebe auf den ersten Blick glauben.
Es gibt sie wirklich.
Kapitel 1 – Der Schulstart
Lukas „Markus! Du wirst mir nicht glauben, warum gerade mein Handy vibriert hat!“
„Oh je, jetzt kommt’s ...“
„Es ist eine E-Mail ...“
„Du hast eine Einladung zu DSDS bekommen?“
„Was? Nein, ich bin doch kein Sänger ...“
„Ach so, du bist ja ein Schlagzeuger. Fast vergessen.“
„Rate weiter!“
Wir stehen an der Bushaltestelle. Markus, mein bester Freund, und ich. Heute ist unser erster Schultag und wir warten auf das rollende Gefährt, das uns zur Schule bringt.
Es ist Anfang September und obwohl gestern im Fernsehen Spätsommerwetter vorhergesagt wurde, ist es doch ein recht kalter Morgen.
„Du wurdest von Aliens entführt?“
„Hä? Nein, zumindest glaube ich kaum, dass sie ihre Entführung vorher per Mail ankündigen.“
Markus schnaubt belustigt über meinen Konter.
„Einen Versuch haste noch“, ich grinse in mich hinein, voller Überzeugung, meine große Freude und Aufregung eigentlich nicht mehr verbergen zu können.
„Nachdem du so grinst und voller guter Laune fast explodierst ... Du hast im Lotto gewonnen?“
Ich seufze. Warum genau bin ich eigentlich mit ihm befreundet? Wegen seiner „Sherlock“-Fähigkeiten auf jeden Fall nicht.
„Wenn das so wäre, hätte ich schon längst bei meinem Bankberater angerufen, er möge doch bitte eine Überweisung an Markus Fuchs veranlassen.“
„Wirklich?“, mein Kumpel grinst wie ein Honigkuchenpferd.
„Nein“, antworte ich kurz und knapp, um Markus zu zeigen, dass das nur ein Witz war.
Dieser seufzt.
Dann endlich fährt unsere Stadtbuslinie um die Kurve. Ich krame sofort meine nigelnagelneue Fahrkarte aus der Tasche hervor und zeige sie beim Einsteigen voller Vergnügen dem gewohnten Fahrer mit seinem lustigen Schnurrbart. Schön, dass sich nicht alle Dinge verändern, wenn die Sommerferien zu Ende sind.
Dann setze ich mich neben Markus.
„Und? Was ist jetzt die tolle Neuigkeit?“, fragt er mich noch im selben Moment.
Ich schmunzle, immer noch voller Glück. Markus zappelt neben mir, fast aufgeregter als ich. Keine Ahnung, ob es am Schokoriegel liegt, den er gerade verspeist, oder tatsächlich an der Spannung vor meiner Neuigkeit.
Ich spanne ihn nicht länger auf die Folter und antworte ihm, während ich seine Schokokrümel von meiner Lieblingsjeans streiche. „Die Buchhandlung, bei der ich mich als Aushilfe beworben habe, hat mich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen!“
Melissa Neues Schuljahr, neues Glück. Was ich bisher so von der neuen Schule gehört habe, waren eigentlich nur gute Dinge. Mal sehen, ob ich auch noch der gleichen Meinung bin, wenn ich erstmal alles kennengelernt habe. Eine Realschule ist schließlich etwas vollkommen anderes, als eine Fachoberschule. Hier beginnt jetzt das wahre Leben oder zumindest sollte es das.
Ich denke kurz an meine alte Schule zurück, während der Busfahrer mich sicher zur neuen Schule befördert.
Auf meiner Realschule war ich jetzt nicht unbedingt schlecht, ich war aber auch nicht herausragend gut. Ich würde mal sagen, ich war eine durchschnittliche Schülerin mit Stärken und Schwächen. Die einzige Ausnahme war die 7. Klasse ... Meine Mitschüler ... Nun ja, sie waren die Hölle. Ich wurde nie wirklich fair behandelt, hatte nie eine Chance zu beweisen, dass ich anders bin, als immer nur von anderen gemunkelt wurde. Unter all dem litten meine Noten enorm und so kam es, dass ich die siebte Klasse wiederholen musste.
Die Schulklasse, die danach kam, war ganz in Ordnung. Meine einzige Freundin von dort hat sich allerdings seit dem Beginn der Sommerferien nicht mehr bei mir gemeldet, was meine Vermutung bestätigt, dass sie vielleicht doch nur wegen des Abschreibens meiner Hausaufgaben so nett zu mir war. Eine richtige Freundin, mit der ich durch dick und dünn gehen kann, war mir bisher immer verwehrt geblieben.
Der Busfahrer legt eine Vollbremsung hin, als die Ampel von Gelb auf Rot springt, so dass ich mich schnell und krampfhaft am Sitz vor mir festhalten muss. Ich sehe die Haltestelle schon. Nur noch ein paar Meter, dann ist es für mich Zeit, auszusteigen. Ich habe mir schon Tage davor meinen Weg zur Schule genauer angesehen, damit ich wenigstens dahingehend keine Nervosität aufkommen lasse.
Gesagt, getan. Als der Bus nach der nächsten grünen Ampelwelle beim Halteschild zum Stehen kommt, hüpfe ich vergnügt die schmalen Stufen nach unten auf den Gehweg. Vielleicht schreibe ich hier bessere Noten und finde Freunde.
Ein paar Schüler schleichen an mir vorbei. Ein Junge davon trägt seine Kappe verkehrt herum auf dem Kopf und hält sein Skateboard unter dem Arm. Er grinst ein blondes Mädchen neben ihm verschmitzt an. Vielleicht ist diese Schule ja gar nicht so schlecht.
Lukas „Dieses Jahr wird alles anders!“, ruft Markus aus.
„Das hast du letztes Jahr auch schon gesagt“, antworte ich voller Belustigung.
„Aber dieses Mal meine ich es auch so! Es gibt neue Mädels, Hashtag: Elftklässlerinnen“, bei diesem Satz verzieht Markus verführerisch die Augenbrauen und sieht mich an, als wäre ich der größte Schul-Casanova höchst persönlich.
„Die jungen Mädels stehen doch auf solche reifen und attraktiven Männer wie uns“, Markus streicht sich seine dunkelbraunen Locken glatt und sieht dabei wirklich mehr als lächerlich aus. „Glaub mir, die werden Schlange stehen, wenn sie dich sehen!“
Ich lache laut auf. „Das glaube ich eher nicht.“
„Wieso nicht?“
Ich sehe meinen besten Kumpel eindringlich an, um ihm zu zeigen, dass ich meine kommende Aussage ernst meine. „Weil ich meinen Singlestatus nicht so an die große Glocke hänge wie du.“
Markus lacht amüsiert.
„Außerdem war die Auswahl letztes Jahr schon nicht so herausragend“, ergänze ich noch schnell.
Markus‘ Grinsen wird breiter, als würde er etwas ahnen. „Dein Traummädchen ist bestimmt dieses Jahr dabei! Ich fühle es!“
Dann holt mein bester Freund seinen Block aus seinem Rucksack. Wir sitzen schon seit fünf Minuten in unserem neuen Klassenzimmer, das anfangs gar nicht so leicht zu finden war. Es ist noch nicht 08:00 Uhr, also beschließe ich, noch kurz die Toilette aufzusuchen.
Melissa Irgendwo muss es doch sein! Bei der Klassenbezeichnung „W11a“ müsste man doch eigentlich davon ausgehen können, dass es eines der ersten Klassenzimmer ist, aber das ist hier anscheinend nicht der Fall. Die Regeln an dieser Schule, scheinen von der praktischen Realität etwas abzuweichen. Ein klarer Minuspunkt auf meiner Bewertungsliste, die ich still im Geiste führe. Ich komme mir vor, wie bei einem Bewertungsportal.
Ich halte den Gebäudeplan in meinen Händen und bin so mit dem Studieren des Plans beschäftigt, dass ich kurzzeitig nicht aufpasse, wo ich hinlaufe. Anders als bei Harry Potter, sieht man auf diesem Plan leider nicht, wo man sich gerade aufhält. Man begreift eher, wo man falsch sein könnte, vorausgesetzt, die Orientierung stimmt.
Halte ich den Plan überhaupt richtig herum? Irgendetwas ist hier faul ... Laut diesem müsste ich vor dem Lehrerzimmer stehen. Wenn ich aber nach vorne blicke, ist vor mir eine Toilette. Auch noch das Männer-WC. Da bin ich ja ganz falsch!
Ich schaue auf die laut tickende weiße Quarzuhr an der Wand, um mich zu vergewissern, dass ich noch genug Zeit habe, bevor der Unterricht losgeht.
Ich will gerade die Tour durchs Labyrinth fortsetzen, als mich meine innere Stimme zurückhält und ich einen Moment zögere.
Plötzlich öffnet sich die Tür der Toilette und ein junger Mann kommt heraus. Er hat extrem kurze bräunliche Haare und ein kantiges Gesicht.
Wow! Der wäre definitiv mein Typ!
Er sieht zu mir herüber, was ohne Vorwarnung meinen Puls zum Steigen bringt. Oh nein! Dieses Problem kenne ich schon und ich mag es nicht sonderlich ...
Ehe ich den wie üblich resultierenden roten Kopf bekomme, drehe ich mich weg und tue so, als wäre die Karte in meinen Händen gerade die interessanteste Lektüre, die mir je zwischen die Finger gekommen ist.
Lukas Die Worte von Markus gehen mir immer noch durch den Kopf. Ja, ich bin Single, aber aus gutem Grund. Ich will eben kein Mädchen für eine heiße Nacht, sondern eine Frau für mehrere Nächte und Tage, für mein ganzes Leben. Eine Frau, die so denkt wie ich, eine, die meine Hobbies teilt oder sie zumindest versteht. Eine Frau, die mir zeigt, was es bedeutet, zu leben.
Als ich das im letzten Schuljahr Markus erzählt habe, meinte er, ich solle zum anderen Ufer schwimmen. Da wäre die Auswahl größer. Ich habe überhaupt kein Problem mit Leuten von der anderen Insel, aber für mich persönlich wäre das nichts.
Ich schaue auf und erstarre: Mir steht ein junges Mädchen gegenüber. Ich habe sie noch nie zuvor gesehen, sie muss wohl zu den Neuen aus der elften Klasse gehören.
Unsere Blicke treffen sich kurz, doch dieses kurz kommt mir wie eine Ewigkeit vor.
Sie dreht sich rasch weg, als sie mich bemerkt, und huscht unsicher davon, als möchte sie sich so schnell wie möglich von hier entfernen.
Sie sieht niedlich aus. Ihre Kleidung, bestehend aus Lederjacke und Jeans, hat einen positiven Eindruck auf mich hinterlassen. So laufe ich selber gerne herum. Außerdem stehe ich total auf Brünette. Also hat sie gleich mehrere Pluspunkte auf ein Mal.
„Hey, kann ich mal?“
Ich fahre vor Schreck zusammen, als mich ein anderer Junge bittet, von der Tür wegzutreten. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich immer noch vor ihr stand. Fasziniert habe ich dem fremden Mädchen hinterhergeschaut, ohne es selbst wahrzunehmen.
Inzwischen ist sie längst verschwunden und ich beschließe, es ihr gleich zu tun: Ab zurück ins Klassenzimmer.
Melissa Unglaublich, aber wahr! Nachdem ich dreimal im Kreis gelaufen bin, habe ich tatsächlich mein Klassenzimmer gefunden!
Die Schule hat inzwischen ihren Minuspunkt wieder wettgemacht. Stattdessen gab es einen Pluspunkt für niedliche Jungs.
Der junge Mann vor der Toilette hat es mir jedenfalls angetan. Wegen ihm scheint es mir gerade unmöglich, mich zu konzentrieren. Ausgerechnet jetzt, wo ich dringend aufpassen sollte, sonst bin ich hier noch orientierungsloser als vorher. Schließlich bleibt mir später im Bus noch genug Zeit zum Tagträumen.
„... ihr habt daher immer fünf Minuten früher Pause, damit es keinen Stau beim Pausenverkauf gibt. Letztes Jahr haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich die 13er oft vordrängeln, obwohl man eigentlich davon ausgehen müsste, dass man mit dem Alter schlauer wird.“
Ein lautes Gelächter schallt durch die Klasse, als sie die witzige Bemerkung unserer Klassenleitung, Frau Wolf, gehört haben. Ich lache mit, denn ich will schließlich nicht gleich am ersten Tag schon als humorlos gelten.
In welcher Klasse er wohl ist? Hat er mit mir angefangen? Nein, dafür wirkte er schon älter. Er muss mindestens eine Klasse über mir sein.
Wieder lachen meine Klassenkameraden, dieses Mal über einen Witz, der mir entgangen ist.
Frau Wolf rückt die goldene Brille auf ihrer Nase zurecht und stiert aufmerksam in die Klasse. „Anwesenheitskontrolle! Jeder, der seinen Namen hört, hebt die Hand!“
Alle nicken stumm.
Dann geht‘s los. Mein Name ist ziemlich in der Mitte zu finden. Wir sind eine große Klasse, bestimmt um die dreißig Schüler.
Ich höre mir die Namen der anderen an und bin schon gespannt, wie lange es dauern wird, bis ich sie alle auswendig weiß.
Dann denke ich wieder an den Jungen. Seine blau leuchtenden Augen haben mich irgendwie verzaubert. Selbst, wenn es vielleicht höchstens eine Sekunde war, als sich unsere Blicke kreuzten.
„Klein, Melissa!“
Ich schaue auf.
„Melissa Klein?“
„Ja, hier!“, ich hebe den Arm und laufe rot an.
Na toll, Fettnäpfchen Nummer eins hat mich schon in der allerersten Unterrichtsstunde gefunden.
Lukas Im Pausenhof hat sich über die Sommerferien auch nichts verändert. Die einzigen Unterschiede im Vergleich zum letzten Jahr sind weniger Schüler in der Klasse und natürlich der Lehrer- und Fächerwechsel.
Unbewusst sehe ich mich auf dem Platz um. Ich stehe neben Markus, direkt auf einem Steinboden, der komplett von Rasen umrandet wird.
Beim Pausenverkauf waren wir schon. Das merkt man an Markus, der kräftig in seine Semmel beißt. Leberkäse mit Essiggurkenscheiben. Na ja, solange es ihm schmeckt ...
Ich schaue auf, insgeheim auf der Suche nach dem unbekannten Mädchen von heute Morgen. Ich konnte mich während der ersten Unterrichtsstunden kaum konzentrieren. Sie spukte ständig in meinem Kopf herum. So etwas hatte ich noch nie.
„Was‘n los? Du bist plötzlich so still?“, sagt Markus kauend.
Ich musste mich echt anstrengen, um ihn zwischen dem Geschmatze auch zu verstehen.
„Nichts“, antworte ich nur, wende mich von ihm ab und schaue weiter in die Runde.
Vielleicht steht sie ja wieder auf dem Gang und hofft, mich zu sehen, oder ich bin ihr gar nicht aufgefallen, immerhin hatte sie sich sehr schnell von mir weggedreht und ist gegangen.
„Erde an Lukas! Hallooooo?“, Markus hat sich vor mich gestellt und fuchtelt mit seiner Hand in meinem Gesicht herum, die andere hält das letzte Viertel seiner Semmel fest. Die Brösel fliegen ihm nur so aus dem Mund, während er spricht. „Suchst du wen?“
„Nö. Wie kommst da drauf?“, ich tue so, als wüsste ich nicht, von was er redet.
„Nur geraten“, antwortet er.
Dann plötzlich entdecke ich sie. Zumindest glaube ich das. Ich sehe nur ein Mädchen von hinten mit langen braunen Haaren. Aus der Ferne von dieser Perspektive aus kaum möglich festzustellen, ob sie es auch wirklich ist.
Nach ein paar Schritten an der Hauswand entlang, dreht sie sich um und ich entdecke ein mir vertrautes Gesicht. Nein, das ist nicht die Neue. Nur ein Mädchen aus der damaligen elften, jetzt zwölften Klasse. Lilly oder so müsste sie heißen, glaub ich. Markus hatte mal von ihr geschwärmt, daher weiß ich das noch. Aber Markus schwärmt jeden Tag von einer anderen. Mir ist wahrscheinlich nur ihr Name wieder eingefallen, weil sie eine der wenigen Braunhaarigen auf seiner Liste war.
Melissa Ich beschließe, in der Pause erstmal hierzubleiben. Mich juckt es zwar in den Zehenspitzen, ihn draußen suchen zu gehen, aber ich bleibe vorerst hier. Ich muss mich erstmal hier im Klassenzimmer zurechtfinden, bevor ich mich auf dem Weg zum Pausenverkauf verlaufe. Eigentlich ist dieser ja nicht zu übersehen, man müsste schließlich nur den Schülerschlangen folgen, jedoch hasse ich Menschenmassen.
Wie gern würde ich mal auf Konzerte meiner Lieblingsbands gehen, aber die vielen Menschen machen mir Angst. Vor allem, wenn ich da alleine hingehen muss. Meine Eltern mögen sowas nicht und meine kleine Schwester ist auch noch viel zu jung als Begleitung. Freunde habe ich keine. Zumindest sind meine einzigen Freunde Bekanntschaften aus dem Internet und die wohnen alle weiter weg.
„Hi! Ich bin Eva Maria!“
Ich sehe nach links, wo das Mädchen steht, das mich gerade angesprochen hat. Sie ist etwa so groß wie ich, hat eine schlanke Figur und lange rot-blonde lockige Haare. Da kann man ja richtig neidisch werden!
„Hi, ich bin Melissa“, stelle ich mich ihr vor.
„Freut mich, dich kennenzulernen, Melissa! Darf ich?“
Ich lächle und kann mein Glück kaum fassen. Es ist mein erstes ehrliches Lächeln an dieser Schule oder soll ich sagen, je an einer Schule?
„Klar, setz‘ dich ruhig.“