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18. Juli

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Über die Kluft hinweg, die sich zwischen Vati und mir aufgetan hat, konnte ich ihn gestern Abend mit etwas Abstand beobachten. Franco hatte darauf bestanden, zu Vatis Ehren seine nächsten Freunde zum Essen einzuladen. Irgendwie war es eine Zurschaustellung. Brutal. Vati allerdings war geschmeichelt und hat niemanden enttäuscht. Er wusste, dass er die Attraktion des Abends war, und versprühte seinen ganzen Mitteleuropa-Charme. Als man ihn nach seinem Leben in Wien fragte, hat er erklärt, was ihn zur Ausreise veranlasst hat: das Dekret, das den Juden verbot, sich auf öffentliche Bänke zu setzen. Alle haben gelacht. Ich habe gesehen, wie sich Vatis Sehnen am Hals angespannt haben. Er hat mit ernster Stimme diesen zynischen Spruch zitiert: »Die Deutschen sind geniale Nazis, aber erbärmliche Antisemiten. Die Österreicher sind erbärmliche Nazis, aber geniale Antisemiten.« Dann hat er selbst laut gelacht, es sollte unbekümmert klingen, und die anderen haben eingestimmt, ohne irgendetwas zu begreifen. Wir haben uns angeschaut. Für den Bruchteil einer Sekunde waren wir am selben Ort.

Am Flughafen habe ich ihn schweren Herzens umarmt. Ich bin nicht sicher, ob wir uns schreiben werden wie vorher. Diese neue Distanz ist Gift für mich. Mit meinen Versöhnungsversuchen bin ich erbärmlich gescheitert.

Die Zeit ist wie Quecksilber, sie entgleitet mir.

Antonia

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