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Kapitel 6
ОглавлениеIch wollte meinen lieben Kollegen zeigen, welche brillante Journalistin in mir steckte! Aber die guten Geschichten lagen in einer soliden Kleinstadt nicht auf der Straße. Ich pendelte zwischen Kaninchenzüchtern, Wohltätigkeitsbasaren und Häkelclubs hin und her. Während ich beim Seniorennachmittag im Gemeindehaus Fotos machte, schnappte ich zufällig ein Gespräch zwischen zwei alten Damen auf.
„Wo ist eigentlich Hildegard? Die habe ich lange nicht gesehen“, wisperte eine graugelockte, füllige Frau mit weißer Folklorebluse und braunem Wollrock ihrer Nachbarin zu.
Die Angesprochene, eine dürre Frau im Blümchenkleid, die ihre Haare zu einem altmodischen Knoten zurückgesteckt trug, stellte die bauchige Kaffeekanne ab, aus der sie sich eben nachgeschenkt hatte. „Hildegard ist nach Mallorca geflogen. Sie brauchte Abstand. Du weißt ja, dass Hildegards Enkelsohn Peter sich in der Kieskuhle totgefahren hat. Dieses Unglück war natürlich ein schwerer Schlag für die Familie!“
Ich zögerte höchstens eine halbe Minute. Jener Peter musste der Nachwuchspolitiker Peter Heimann sein, der zugedröhnt mit seinem Auto einen Abhang hinuntergestürzt war. Vielleicht ließ sich aus diesem Drama etwas drehen.
Energisch trat ich zwischen die beiden alten Damen und zwitscherte mit meiner nettesten Stimme: „Ach, entschuldigen Sie bitte! Ich habe zufällig Ihre Unterhaltung mit angehört. Dieser Peter, das war doch der Politiker?“
Die füllige Frau nickte eifrig, sodass ihre Locken nach links und rechts pendelten.
„Kannten Sie ihn gut?“
„Vom Sehen. Netter Junge! Fleißig, korrekt und hilfsbereit“, schwärmte die Füllige, während die Dürre mich mit zusammengepressten Lippen misstrauisch beäugte.
Ich ließ mein Gehirn kurz rotieren. Auf Peter Heimanns Drogenkonsum brauchte ich die beiden gar nicht erst anzusprechen, in dieser Richtung wussten sie garantiert nichts. Mir ging der erste Unglücksfall am gleichen Ort nicht aus dem Kopf. Wenn auch die Ermittlungen der Polizei in beiden Fällen auf Selbstmord lauteten, leuchtete mir der Zufall nicht ein. Meine ‚Gruppenzwang-Theorie‘, die ich Herbie ohne große Resonanz erläutert hatte, keimte wieder. „Haben Peter und seine Freunde in der Kieskuhle öfter Autorennen veranstaltet?“, startete ich in die Offensive.
Die beschauliche Idylle einer Kleinstadt lassen sich ihre Einwohner nicht von einer ehrgeizigen Journalistin vergiften. Jedenfalls sanken die Mundwinkel der beiden Damen bis zum Fußboden, und die Füllige funkelte mich böse an. „Was wollen Sie von uns?“
„Fahren junge Leute manchmal in der Rosenhagener Kieskuhle mit ihren Autos um die Wette?“, wiederholte ich geduldig, als wäre sie zu alt, um mich auf Anhieb zu verstehen.
„Ich weiß nicht, was Ihre Fragerei soll!“, schimpfte die Füllige.
Die Dürre pflichtete ihr bei: „Lassen Sie uns in Ruhe! Man darf nicht auf dem Unglück anderer Leute herumhacken.“ Demonstrativ zeigten mir die Damen ihre kalten Schultern und widmeten sich intensiv den vor ihnen stehenden Sahnetorten.
Trotzdem waren sie schuld daran, dass ich beschloss, das Thema aufzugreifen. Gelang es mir, die Selbstmordtheorie der Polizei zu widerlegen und irgendwelche Gegenbeweise zu finden, würde ich meine Stellung innerhalb der Redaktion festigen. Ich brauchte dringend eine gute Story, um mein angekratztes Image beim Chef aufzupolieren. Dann könnte ich auch wegen einer Gehaltserhöhung anklopfen. Tja, und wenn sie saftig genug ausfiel, würde ich Vic zu mir holen, träumte ich weiter. Sicherheitshalber warf ich einen Blick in das zerknüllte Rosenhagener Tageblatt, das ich in meiner Tasche mit mir herumschleppte. Ich schlug die Horoskop-Seite auf: Intelligenz-Planet Merkur liefert berufliche Visionen und blendend neue Ideen. Es fehlen nur die richtigen Handgriffe. Na, bitte, und die richtigen Handgriffe würde ich anwenden, um meinem Schicksal auf die Sprünge zu helfen!
Anstatt zurück in die Redaktion zu fahren, schaute ich mir die Kieskuhle an. Sie lag außerhalb der Stadt. Von der Hauptstraße, die ein kleines Dorf in zwei Hälften zerpflückte, musste man links auf einen Asphaltweg abbiegen, der in längeren Bögen direkt auf die sandigen Wege der Kieskuhle zuführte. Hier gab es sogar einen kleinen Parkplatz. Auf dieser Seite hatte sich ungehindert wilde Vegetation ausgebreitet. Es duftete nach Kräutern. Grasbüschel, Sauerampfer und Kamille identifizierte ich mit meinen eingeschränkten botanischen Kenntnissen. Dazwischen versperrten niedrige Bäume und Buschwerk die direkte Sicht auf den kleinen See in der Mitte. Ich kämmte mit den Händen einen pieksenden Ginsterbusch und kletterte zum Wasser runter. Trübe schimmerte es im fahlen Abendlicht. Es roch nach Schwermetallen. Im Sommer wurde der See zum Baden genutzt, hatte ich mir sagen lassen. Ich kniete mich hin und versuchte vergeblich, auf den Grund zu schauen. Undurchdringliche Tiefe.
Gebaggert wurde am anderen Ufer. Zwischen hohen Sandbergen parkten orangefarbene Bagger. Verrostete Rohre und Schutt lagen dort herum. Auf der Seite mündete der See in eine Pumpanlage. Wenn Rennen veranstaltet wurden, dann auf den engen, kurvigen Sandwegen, die sich durch das ganze Gebiet schlängelten. Manche fielen steil zum Wasser ab. Riskant, dort mit dem Auto zu fahren. Freiwillig würde ich die holprigen Wege nicht längs düsen. Aber wenn man sich umbringen wollte ...
An irgendeiner Stelle war Peter Heimann von der Fahrbahn abgekommen. Das gleiche Schicksal hatte einige Monate vorher hier seinen Fraktionskollegen ereilt. Freiwillig oder unfreiwillig? Wie einsam es war! In der Ferne nur weite Wiesen, die sich bis zum Horizont erstreckten. Von Menschen keine Spur. Dumpfes Muhen der Kühe ertönte als einziges Geräusch. Ich meinte, die Stille zu hören, ja, sie sogar körperlich zu spüren. Aber sie war nicht friedlich, sondern unruhig. Wie eine gallertartige Masse waberte sie unsichtbar um mich herum. Als drohte sie mir, mich mit ihren Fangarmen zu ersticken, weil ich in ihre Welt eingedrungen war. Ein seltsamer Ort!
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht bemerkte, wie die Dunkelheit langsam, Stück für Stück, Bäume, Büsche, Sandberge und den See einhüllte.
Raschen Schrittes marschierte ich zurück zum Auto. Dort stellte ich fest, dass der Autoschlüssel verschwunden war. In meiner Jackentasche klaffte ein Loch, durch das ich bequem Daumen und Zeigefinger gemeinsam stecken konnte. Verflixt! Ich verfluchte meine Schlampigkeit.
Ohne Licht war ich hier aufgeschmissen. Mir kam es an diesem Ort extrem finster vor. An einigen Stellen robbte ich auf allen vieren über den Sand, tastete Grasbüschel und Steine ab, fuhr entsetzt zurück, weil ich eine schleimige Nacktschnecke berührt hatte, und zog mir mindestens einen Dorn und zwei Schrammen zu. Wie gut, dass niemand meine idiotischen Verrenkungen beobachtete!
Endlich entdeckte ich meinen Autoschlüssel neben einem großen Stein auf dem Fleck, wo ich mich vorhin hingekniet hatte, um ins Wasser zu starren. Erleichtert steckte ich ihn ein.
Da sah ich plötzlich schräg gegenüber in der Ferne ein Licht aufblitzen. Ein Scheinwerfer. Mein Herz schlug schneller. Ich verkroch mich hinter dem Stein. Wurde ich live Zeugin eines heimlichen Autorennens? Ein Motor heulte. Hässliches Knattern zerschnitt die Stille. Jemand grölte unartikulierte Laute. Das Licht kam näher. Ich kniff die Augen zusammen. Nach so viel Finsternis blendete es. Im Scheinwerferlicht sah ich zwei Jugendliche auf Mopeds hocken, die sich damit vergnügten, einige flachere Sandhügel rauf und runter zu sausen. Enttäuscht lief ich zu meinem Auto zurück.
Allerdings – wenn Jugendliche die Kieskuhle als Treffpunkt für ihre Mopedrennen auswählten, warum sollten sich nicht junge Erwachsene zum illegalen Cruisen verabreden? So weit hergeholt fand ich den Gedanken nicht.
Während der Heimfahrt klingelte mein Telefon.
„Wo treiben Sie sich herum?“, keifte mein Chef. Es interessierte ihn nicht ernsthaft, denn er wartete keine Antwort ab. „Sie hätten seit Stunden zurück sein müssen. Auf Ihrem Dienstplan stand heute Abend eine Vernissage. Jetzt musste Frau Zöllner für Sie einspringen, die frei hatte.“ Er schimpfte über unverantwortliches Herumtreiben. „Die nächsten Spätdienste sind Ihre!“
Ausgerechnet Gundula hatte sich geopfert und meinen Termin übernommen. Das würde sie mir ewig vorhalten. Aber dieser Zickenzirkus stachelte mich gerade an. Nun würde ich es denen erst recht zeigen!
Am nächsten Morgen erschien ein Praktikant in unserer Redaktion. Volker Schöndorff. Ebenmäßige Gesichtszüge, Zahnpastalächeln, treuherzige braune Augen, schwarze Locken, schlank und stattliche 1,90 Meter groß. Er plante, seine Semesterferien bei unserer Lokalzeitung zu verleben. Genauso alt wie ich. Folglich nicht unbedingt ein Student der schnellsten Sorte.
Während dieser Volker sich selbstbewusst vorstellte, scholl von der Straße lautes Stimmengewirr hoch.
Ich wischte ein Guckloch in die staubige Fensterscheibe und spähte hinunter. Auf dem Bürgersteig gab es einen kleinen Auflauf wütender Passanten und Radfahrer. Ein in der Sonne funkelndes, silbernes Mazda-Cabriolet versperrte ihnen den Weg. „Ich glaube, dein Parkplatz kommt nicht so gut an.“
„Och, man muss sich doch erst mal orientieren.“ Lässig schwang Volker seinen knackigen Po in der Markenjeans auf meinen Schreibtisch.
„An deiner Stelle würde ich mich ein bisschen schneller orientieren. Sonst ist Papis Auto bald Schrott.“
Ein älterer Herr ließ seinen Stock in diesem Augenblick bedrohlich in Richtung Mazda-Cabriolet kreisen.
„Das ist nicht Papis Auto, sondern meins“, stellte er klar und lüpfte seinen Jeanspo elegant in die Höhe. Geschmeidig wie ein Gepard huschte er die Holzstiegen nach unten. Rums. Die Bürotür flog, beschleunigt durch Volkers Fahrtwind, mit lautem Knall zu.
Schadenfroh presste ich meine Nase gegen das Fenster, um mitzuerleben, wie die Passanten den Neuen anpöbelten. Ich wurde enttäuscht.
Kaum, dass er unten aus der Tür getreten war, baute er sich kerzengerade vor den wütenden Leuten auf und hielt eine kleine Rede. Ich verstand natürlich nicht, was er Wundersames verbreitete, aber es wirkte. Besänftigt gingen die Leute weiter. Er fuhr unbehelligt davon, um einen unspektakuläreren Parkplatz zu suchen.
Der Neue erklärte uns im Laufe des Vormittags, wie die Welt funktionierte. „Schreiben kann ich! Ist nicht mein erstes Praktikum. Und überhaupt – wenn man studiert, muss einem das ja sowieso liegen. Bloß, ich dachte, es ist nie verkehrt, von der Pieke auf anzufangen. Mit den großen Sachen beschäftigt man sich eh früh genug. Deshalb ist es gut, wenn ich bei so einer kleinen Lokalzeitung mal reinschaue.“ Seine große Klappe schmückte er mit charmanten Gesten, die sogar Gundula von irgendwelchen pseudoklugen Kommentaren abhielten.
Nur Herbie blieb sachlich. Trocken meinte er: „Du kannst um fünfzehn Uhr zur Einweihung des neuen Klohäuschens auf dem Bahnhof gehen.“
Das selbstbewusste Auftreten dieses großkotzigen Charmebolzens wirkte auf manche kompetent. Das sollte sich mal eine Frau erlauben, die wäre sofort bei allen unten durch, dachte ich, als Volker Wagner Verbesserungsvorschläge für das Layout der Zeitung machte. Leider erlebte ich Wagners Reaktion nicht mit, weil ich ans Telefon gerufen wurde.
Eine Beschwerde! Ein Leser erhitzte sich über meinen Gottesanger-Text: „Wie können Sie so einen Blödsinn schreiben?“
Was war nun wieder los? Schließlich handelte es sich um meinen bisher einzigen Artikel, mit dem ausnahmsweise alle zufrieden waren.
Der Mann schimpfte weiter: „Glauben Sie diesen Friede-Freude-Eierkuchen-Blödsinn, den Sie verzapft haben, selbst?“
„Tut mir leid, ich wüsste nicht, was daran falsch sein soll.“
„Alles ist falsch. Nichts ist in Ordnung!“
„Was meinen Sie damit?“
„Fragen Sie mal, wer die besten Grundstücke einsackt! Die haben sich unsere sauberen Herren Politiker längst untereinander aufgeteilt. Und wir gucken alle in die Röhre!“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Ich habe mich um ein Grundstück beworben und heute die Absage bekommen.“
„Was? Heute schon? Ich denke, die Frist ist noch nicht um ...“
Erregt fiel mir der Mann ins Wort: „Da können Sie mal sehen!“
Wenn da was dran war! „Können wir uns treffen und unterhalten?“
Schlagartig wurde es leise in der Leitung.
„Hallo? Wie ist Ihr Name?“
Am anderen Ende klickte es. Er hatte aufgelegt.
Ich beglückwünschte mich zu meiner Geistesgegenwärtigkeit, mit der ich die auf meinem Display erscheinende Nummer notiert hatte. Jedenfalls keine Handynummer, sondern eine Rosenhagener Vorwahl vom Festnetz. Hoffentlich hatte er aus keiner Telefonzelle angerufen, aber von denen existierten ja nicht mehr viele.
Ich wartete etwa anderthalb Stunden, dann wählte ich die Nummer.
„Krüger“, meldete sich eine Frauenstimme am anderen Ende.
Das genügte. Ich legte auf.
Wenig später spuckte mir das Suchprogramm das Ergebnis aus: Erich Krüger, Radenland 25.
Aha, diesem Erich Krüger musste ich also auf die Pelle rücken.
Mit offizieller Genehmigung vom Chef, der Vorwurf der Herumtreiberei wegen meines Ausflugs in die Kieskuhle dröhnte noch in meinen Ohren, fuhr ich los. Ich nahm den neuen Volker mit, falls Erich Krüger irgendwelche bissigen Hunde hielt. Dieser Praktikant mit seinen glorreichen Fähigkeiten war sicherlich in der Lage, die Hunde zu hypnotisieren.
„Leute für eine gute Story zu überreden, ist für mich eine Kleinigkeit. Habe ich oft gemacht“, prahlte Volker, dem Jelzick den Rufnamen ‚Voller‘ verpasst hatte.
In der Straße ‚Radenland‘ standen schmale Siedlungshäuser. Alle aus rotem Backstein, typisch für die Gegend. Einige lagen in großen Gärten, in denen die Bewohner neben Blumen auch Gemüse zogen.
Nummer 25 war ein Eckgrundstück. Eine ältere Frau mit kurzen grauen Haaren, um deren rundliche Hüften sich eine blaugemusterte Kittelschürze im Frühlingswind blähte, hängte zwischen den Stiefmütterchenbeeten Wäsche auf.
Ich war froh, dass wir in Tante Carlottas klapperigem Polo vorgefahren waren und nicht in Vollers großkotzigem Mazda-Cabriolet. „Guten Tag, wir kommen vom Rosenhagener Tageblatt und möchten gerne mit Herrn Krüger sprechen“, leitete ich die Unterhaltung ein.
Abfällig wanderten ihre Blicke über meinen Körper. Dabei hätte mich heute im bodenlangen Sommerkleid, das ich leichtsinnigerweise angesichts der ersten warmen Sonnenstrahlen angezogen hatte, sogar Tante Carlotta zum Fressen gefunden. Nun ja, die lilagelben Monde auf dem blauen Stoff wären nicht unbedingt ihr Geschmack, aber sonst ...
„Was woll’n Se von meinem Mann?“
„Er hat angerufen, um mit uns zu sprechen“, antwortete ich schlau und fand mich ungeheuer raffiniert.
Leider meinte der Supermann an meiner Seite, er hätte zwei Sekunden zu lange geschwiegen, und sagte: „Es geht um eine heiße Geschichte ...“
Weiter kam er nicht, weil ich ihm von hinten einen Tritt ins Schienbein verpasste. Mit Genugtuung bemerkte ich aus den Augenwinkeln sein schmerzverzerrtes Sunnyboy-Gesicht.
Jetzt fiel bei der Frau ein unsichtbarer Vorhang. Sie machte total dicht. „Mein Mann ist nicht da.“
Höflich erwiderte ich: „Das ist gar kein Problem. Wir versuchen es morgen wieder.“
„Morgen hat er auch keine Zeit“, erklärte sie abweisend.
Ich bemühte mich, geduldig das Lächeln auf meinen Lippen zu fixieren und erneut vorzupreschen, aber die Frau wandte sich ab und hing weiter abwechselnd gestreifte Schlafanzughosen und grauweiße Ripp-Unterhemden auf die Leine.
Voller strahlte plötzlich, woraufhin ich mich spontan umschaute, ob aus dem Gebüsch barbusige Schönheitsköniginnen aufgetaucht wären. „Nein, was haben Sie für eine bildhübsche Katze! Das ist ja eine ganz seltene Farbe!“
Um die Beine der Frau strich ein fettes Biest. Irgendeine Promenadenmischung. Auf jeden Fall bunt: grau-gelb-weiß-getigert. Hübsch und reizvoll fand ich das Tier nicht unbedingt.
Die Frau drehte sich um. „Das ist unser Felixlein, den haben wir vor zwei Jahren bei uns aufgenommen. Irgendjemand muss ihn ausgesetzt haben.“
Voller schüttelte tief betroffen den Kopf. „Was es für Leute gibt! So ein netter Kater! Wir haben auch sechs Katzen, von denen vier kein Zuhause mehr hatten.“
Die Frau musterte Voller. Ihre Gesichtszüge glätteten sich. Liebevoll beobachtete sie, wie sich ihr süßer Felix an Grashalmen zu schaffen machte, um sie anschließend wieder auszuspucken. „Wissen Se, der Felix ist total in meinen Mann vernarrt. Als der mal zur Kur war, hat der Kater mir glatt jeden Morgen auf den Teppich gepinkelt. So hat er ihn vermisst! Und wenn wir ihm Knäckebrot mit Milch geben, macht der richtige Freudensprünge.“
Voller strich sich die Locken aus dem Gesicht. „Knäckebrot mit Milch ist gut! Aber versuchen Sie mal, ihm eine Kindermilchschnitte zu geben. Danach sind unsere Katzen zu Hause ganz verrückt.“
Und so lief das Gespräch weiter. Die Frau hatte ihre Wäsche vergessen und kramte sämtliche Felix-Anekdoten aus, die ihr einfielen.
Voller brach jedes Mal in schallendes Gelächter aus und rief: „Nein, wie herzig! Tiere sind die besseren Menschen!“ Zwischendurch fütterte er uns mit seinen eigenen Katzenerlebnissen.
„Also, Rita Martinek, die wohnt mit fünfzehn Katzen zusammen. Ich war mal bei ihr zu Hause“, wollte ich mich mit der Schauspielerin ins Gespräch einbringen.
„Wer is Rita Martinek?“ Die Frau zog einen Panzer-BH Größe ‚Hängematte‘ aus dem Wäschekorb und schwang ihn auf die Leine.
„Äh, wie gesagt, probieren Sie es mit einer Milchschnitte!“, bügelte Voller rasch meinen Einwurf aus.
In meinem Kopf miaute und fauchte es mittlerweile. Ich dachte an Oscars Eskapaden in meiner Wohnung.
Felix war das Katzengeschnatter zu viel geworden, er hatte sich längst verdrückt. Er ging auf gepflegte Mäusejagd oder himmelte eine Kätzin an. Von wegen Milchschnitte!
Irgendwann bot Voller an: „Ich muss Ihnen mal Fotos von unseren Katzen zeigen. Die werden Ihren Mann bestimmt auch interessieren.“
„Ja, mein Mann kann nicht ohne Felix sein. Wenn er nach Hause kommt, ruft er sofort nach ihm. Felix springt von irgendwoher auf seinen Schoß.“
„Reizend! Wann können wir Ihren Mann mal kennenlernen? Er wollte mit uns über den Gottesanger reden.“
„Komm‘ Se morgen Abend vorbei! Ich sach ihm Bescheid.“
Wir verabschiedeten uns.
Als wir im Auto saßen, fragte ich: „Sag mal, die vielen Katzen, die ihr zu Hause habt, das sind wohl alles Kater?“
Voller lachte. „Ich habe nie eine Katze besessen. Ich bin allergisch gegen Tierhaare.“
„Und die Milchschnitte?“
„Esse ich manchmal ganz gerne! Hat doch geklappt. Okay, das mit der ‚heißen Geschichte’ war natürlich ein Anfängerfehler. Bin ein bisschen aus der Übung.“
Gar nicht so übel, dieser Praktikant! Er gestand sogar Fehler ein!
„Oh, oh“, stöhnte er in diesem Moment laut, sodass ich vor Schreck um ein Haar den Kantstein gerammt hätte.
„Was ist los? Kriegst du einen Blinddarmdurchbruch?“
„Beschreie es nicht!“ Voller presste sein linkes Ohr in Richtung Beifahrerspiegel, dabei drehte er beides so heftig, dass ich befürchtete, Spiegel und Ohr würden ihre Fassung verlieren. „Hier, siehst du es nicht? Ich muss sofort zum Arzt!“
„Was um Himmels willen?“
„Ein Geschwür hinter meinem Ohr. Bestimmt ein böser Tumor! Oh, was soll ich nur tun?“ Voller jaulte wieder auf und betastete sein Ohr.
Ich parkte den Wagen am Straßenrand, um mir Vollers Tumor anzusehen. Hinter dem Ohr saß wirklich etwas. Ein winziger, harmloser Pickel! „Soll ich ihn dir ausdrücken?“
„Ihh, bist du wahnsinnig!“
„Weichei!“
Am nächsten Tag leistete ich Heldenhaftes. Ich besuchte in einem der Dörfer um Rosenhagen herum eine der unzähligen Künstlerinnen, die unbedingt gedruckt werden möchten. Meistens schickten nach Selbstbestätigung suchende malende Ehefrauen ihre Männer vor, die anriefen und uns von den Fähigkeiten ihrer Angetrauten die Ohren volltexteten. Gut, man muss eine Zeitung ja irgendwie dicht kriegen!
Ich verließ die hoffnungsvolle Künstlerin, die mir am liebsten stundenlang ihre Sylter Dünen und Blumenaquarelle gezeigt hätte. Pfeifend fuhr ich zu vollaufgedrehter Musik über die Schnellstraße, grübelte dabei über die beiden Toten in der Kieskuhle und den seltsamen Anruf von Herrn Krüger nach, als ich etwas Ungewöhnliches entdeckte. Auf einem der einsamen Rastplätze, die sich in unmittelbaren Abständen an der Strecke befanden, stand ein großes Wohnmobil. Nichts Ungewöhnliches, aber im Fenster hing ein überdimensionales knallrotes Herzschild ‚Girls, Girls‘. So auffällig, dass jeder normale Autofahrer es registrierte.
Mir fiel eine Sendung im Fernsehen ein, in der über sogenannte ‚Lovemobils‘ berichtet wurde. Hier verdienten sich meistens Hausfrauen ein gutes Taschengeld. Allerdings in einer anderen Gegend.
Ich fuhr ein Stück weiter und wendete bei der nächsten Gelegenheit, um das Objekt aus der Nähe zu betrachten. Rasant kurvte ich über den Parkplatz und hielt neben dem Lovemobil. Auf dem Beifahrersitz lümmelte sich eine schwarzhaarige Schönheit, die interessiert aus dem Fenster schaute. Sicher vermutete sie einen kapitalen Freier.
Ich griff meine Kamera und knipste die Frau durch die Autoscheibe. Einen Moment lang erschien am hinteren Fenster ein älterer Frauenkopf mit kurzen grauen Haaren.
Frau Krüger – durchzuckte es mich.
Der Kopf verschwand.
Wahrscheinlich plagten mich Halluzinationen, weil ich mich vorher in Gedanken mit der Krüger-Story beschäftigt hatte! Mir blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Aus dem Gebüsch hinter dem Parkplatz schoss plötzlich ein riesiger grauer Amischlitten.
Ausnahmsweise reagierte ich blitzschnell und fuhr zurück auf die Straße. Der Schlitten hinterher. Zum Glück war helllichter Tag, es herrschte relativ dichter Verkehr. Herzklopfend gab ich Gas, verriegelte meine Autotüren und riskierte gewagte Überholmanöver. Einen schrecklichen Moment lang stellte ich mir vor, wie Jelzick glückstrahlend meinen Crash auf der Eins platzieren würde. Oder noch eine bessere Story, wenn mich mein Verfolger schnappen und zu Apfelmus verarbeiten würde. Nein danke, ich legte keinen Wert darauf, Aufmacher zu werden!
Ich quetschte mich zwischen zwei Lkws und kauerte mich krampfhaft hinter dem Lenkrad zusammen. Meine Ausfahrt näherte sich. Automatisch fuhr ich ab. Leichtsinnig von mir, auf einsamerer Straße könnte mich mein Verfolger besser stellen. Aber ich besaß wohl irgendwo einen Schutzengel. Hinter mir tuckerte nur ein harmloser Mähdrescher. Sonst niemand. Offensichtlich hatten die Lkws meinem Verfolger die Sicht genommen, und er jagte auf der Suche nach mir weiter.
Erleichtert atmete ich durch. Mein T-Shirt klebte am Rücken, von der Stirn perlten Schweißtropfen. Ich schaltete einen Gang zurück, um meinen Pulsschlag zu beruhigen. Meine Hand tastete nach der Kamera. Geschafft! Das Foto war im Kasten!
Stolz auf mein Heldenstück, kehrte ich in die Redaktion zurück. Natürlich malte ich die Geschichte aus. Mit quietschenden Reifen und einem zweiten Verfolger, der im Gebüsch lauerte. Jedenfalls genoss ich das Gefühl, dass meine Kollegen an meinen Lippen hingen. Sogar Wagner lobte mich.
Und Gundula ärgerte sich. Ich glaubte, sie fletschte die Zähne hinter ihren festzusammengepressten Lippen. Gleich müsste es laut knirschen. Stattdessen lächelte sie Wagner verführerisch an und sagte: „Ja, ja. Das sind so die Anfängererlebnisse, die wir alle mal gemacht haben. Also, ich damals ...“ Und sie redete und redete.
Ihr Ziel hatte sie erreicht. Ich fühlte mich nicht länger als Heldin. Seufzend setzte ich mich an den Rechner.
Ein langer Schatten fiel über meine Tastatur. Voller beugte sich runter. „Das war echt cool! Für ‘ne Frau, meine ich!“
„Danke für die Blumen. Jetzt verzieh dich, Kleiner!“, pfiff ich ihn an. Es fehlte mir, dass nun auch noch ein Praktikant mein Erlebnis madig machte.
„Schade, dass du so biestig bist! Sonst hätte ich dir erzählt, wie ich mal drei schwerbewaffnete Verbrecher über die Autobahn gejagt habe.“
Ich warf einen Filzer nach ihm. Er duckte sich, und mein Geschoss traf einen Mann, der im selben Moment den Raum betreten haben musste.
Verdutzt hob er den Stift vom Boden auf und guckte mich an.
Oh nein, das durfte nicht wahr sein! Vor mir stand mein alter Feind, der Stacheldrahtvermieter, besser bekannt als Abgeordneter Werner Prange.
„Wir kennen uns!“ Ein abgebrühter Kerl wie er ließ sich natürlich nicht so schnell aus der Fassung bringen. Seine linke Hand wanderte prompt wieder in die berühmte Richtung ...
Ich bemühte mich um ein souveränes Gesicht. „Ganz recht, ich habe die letzte Sitzung des Stadtrates besucht.“
In diesem Moment erschien Gundula, die offensichtlich mit Prange zum Interview verabredet war, und entführte ihn mit flötender Stimme. Vermutlich fürchtete sie grundlos, ich würde ihn ihr wegschnappen.
„Sie sehen blass aus. Ich haben Ihnen einen Kakao gekocht, der ist nahrhaft und verleiht neue Kräfte.“ Die Riechling setzte einen Becher vor mir ab, auf dem eine fette Milchhaut schwamm, bei deren Anblick es mich schlimmer gruselte als vor dem hinter mir herjagenden Amischlitten.
Abends fuhr ich zu den Krügers. Diesmal ohne Voller. Den hatte Wagner zu einem anderen Termin geschickt. „Wenn man an einer interessanten Geschichte dran ist, hat man zu viele Verpflichtungen, um sie weiter zu verfolgen“, hatte Voller gemault.
Frau Krüger empfing mich herzlich wie eine alte Bekannte. „Kommen Se rein!“ Sie zupfte mich am Ärmel und zog mich in den Flur. Sie roch streng nach Tosca. Ohne Schürze kam ihr gewaltiger Busen richtig zur Geltung. Bei jeder Bewegung, die sie machte, wabbelten die Brüste in der engen beigefarbenen Bluse, die sie stramm am Rock festgezurrt hatte, aufgeregt hin und her. So fängt man Männer, dachte ich. Herr Krüger liebte ein weiches Polster: im Winter warm, im Sommer schattig!
Aus diesem Grund war vermutlich das ganze Haus mit Möbeln vollgestopft. Lücken und Luft zum Atmen blieben rar, über allem klebten Frau Krügers Tosca-Schwaden. Tellergroße Blätter einer wuchernden Zimmerpflanze verdunkelten die Fensterfront des Wohnzimmers. Dunkelgrüne Jäger-Tapeten rahmten dicht gedrängte Schränke sowie Vitrinen aus Nussbaum ein. Fehlte nur der röhrende Hirsch an der Wand. Stattdessen hing ein riesiges Landschaftsgemälde in Öl über einem Sekretär. Ein Fluss – vielleicht die Tale? –, der sich an einem Sommermorgen seinen Weg wie eine züngelnde Schlange an einem goldglänzenden Kornfeld entlang bahnte. Von der Decke baumelte ein gigantischer Kronleuchter mit unzähligen Ziertropfen und kitschigen Pailletten. Ein Perser- und ein Berberteppich rangen auf dem Boden um Vorherrschaft und Muster miteinander. Nicht mein Geschmack, diese Einrichtung, aber teuer.
Frau Krüger verfrachtete mich auf ein grün-gelb gemustertes Biedermeiersofa. Das gelang nicht, ohne dass ich vorher drei Mal über die diversen Beistelltischchen mit Nippes und Zierdeckchen stolperte. Bunte Vasen und Balletttänzerinnen aus Porzellan standen in einer angestrahlten Glasvitrine gegenüber. Sammlerstücke?
Ich zückte meinen Block und fragte pro forma: „Was macht Ihr Mann beruflich?“
„Er führt einen kleinen Laden. Zwei Straßen weiter. So ’ne Art Kiosk, wissen Se? Zeitschriften, Süßigkeiten, Getränke. Nischt Großes, läuft ganz gut.“ Sie schob mir eine Tasse Kaffee zu. Weißes Porzellan mit Goldrand. „Trinken Se erst mal! Erich kommt gleich nach Hause.“
Ich ergriff die Kaffeetasse.
In diesem Moment sprang mich irgendetwas Riesiges an. Das Etwas fiel von oben auf meine Schulter. Ich spürte einen stechenden Schmerz. Entsetzt kreischte ich los und verschüttete den Kaffee auf die Tischdecke.
Frau Krüger drohte nur schmunzelnd mit dem Zeigefinger. „Felix ist halt so liebebedürftig!“
Das Katzenvieh krallte sich an mir fest. Am liebsten hätte ich Felix abgeschüttelt und mit ungebremster Wucht auf den Fußboden geschleudert, aber dann wäre das mühsam aufgebaute Wohlwollen meiner Gastgeberin verspielt gewesen. Also, Gefühle verleugnen und gute Miene machen! Ich versuchte, die Schmerzen zu vergessen und nicht daran zu denken, welche Male die blöde Katze mir aus reiner Launenhaftigkeit zufügte. Wagner müsste mir Schmerzensgeld zahlen. Aber sicher würde Gundula uns wieder Storys auftischen, mit welchen reißenden Bestien sie sich in ihrer glänzenden Karriere um einer guten Geschichte willen herumgeschlagen hatte. Außerdem stand heute Morgen in meinem Horoskop: Denken Sie daran, wie prima der selbsterarbeitete Erfolg schmeckt! Ich würde weder Qualen oder Mühen scheuen, um diesen Erfolg auf meiner Zunge bald zergehen lassen zu können!
„Komm zu Mama!“, schnurrte Frau Krüger und lockte ihren Liebling mit pappigem Sandkuchen.
Felix schmiegte sich prompt an ihren molligen Busen.
Vollers Schleimspur zeigte auch bei Herrn Krüger, der kurz darauf nach Hause kam, eine lange Nachwirkung. Die barsche Telefonstimme hatte er vollkommen abgelegt. Mühelos schlängelte er sich zwischen den Möbeln durch. Drahtig und wendig wie ein Aal schlüpfte er zur Kommode und angelte nach einer Kognakkaraffe, aus der er sich großzügig bediente. Anscheinend ernährte er sich lieber flüssig, weil seine Frau ihm gemeinsam mit Felix alles Feste wegfutterte. Lautlos und ohne ein Möbelstück zu berühren, balancierte er mit einem Glas in der Hand zu uns zurück, wobei seine biegsame Figur sämtliche Ecken und Kanten geschmeidig umging. Ich stellte mir den alten Herrn als Seiltänzer im Zirkus vor.
Er kam zur Sache, schob eine Porzellanelfe und einen vergoldeten Kerzenleuchter vom Tisch und breitete einen Aktenordner sowie zahlreiche Papiere vor mir aus. Immerhin wünschten die Krügers sich rund 3500 Quadratmeter Grundstücksfläche. „Wir träumen von ein bisschen mehr Platz.“ Stauraum für ihre Vasen und Porzellanfiguren?
„Sie wollten dort bauen?“
„Wir haben jahrelang gespart. Und nun möchten wir auf unsere alten Tage hin raus aus diesen beengten Verhältnissen.“
„Jetzt ist wieder nischt daraus geworden. Kleine Leute haben das Nachsehen. Und die Großen werden sich feudal einrichten“, mischte sich Frau Krüger grollend ins Gespräch.
„Lass mal, Mutti, es hilft ja nichts!“, tätschelte ihr Mann ihren wabbeligen Arm, was ihm ein Faucherchen des reizenden Felix einbrachte. „Das war’s!“ Er schwenkte die Absage der Verwaltung durch die Luft.
„Müssen wir Ihnen leider mitteilen ...“ Eine Absage. Zwei Wochen, bevor die Frist verstrichen war!
Mein Journalistenblut kochte. Wie ein Spürhund nahm ich die Witterung auf. Das roch nach Skandal! „Sie können gegen die Ablehnung klagen. Die Bewerbungszeit ist nicht vorbei.“
Herr Krüger winkte müde ab. „Unser Gebot war gut. Höher können wir nicht gehen. Anwälte kosten unnötiges Geld. Ich wette, dass die sauberen Herren das sowieso unter sich ausmachen!“
Mich überraschte seine Selbstsicherheit, mit der er den Verdacht äußerte. „Wissen Sie noch etwas?“
Herr Krüger schüttelte den Kopf. Er ließ die Papiere durch seine Finger gleiten.
Frau Krüger streichelte mit traurigem Blick ihren Felix, der mich aus seinen grünen Katzenaugen feindselig fixierte. „Dort am Fluss leben zu können, war mein Traum. Gott, man wird sich ja wohl auch mal was wünschen dürfen, wenn man sein Leben lang jeden Cent umgedreht hat! Wir werden nicht jünger. Von da wären es zu allen Läden oder zu den Ärzten wenige Minuten zu Fuß gewesen. Jetzt müssen wir überallhin mit dem Auto fahren.“
Nachdem ich hundert Mal versichert hatte, Krügers als Informanten aus allem herauszuhalten, gab er mir seine Unterlagen zum Kopieren mit. Ich konnte auch Frau Krüger nicht davon abbringen, mir ein Stück ihres trockenen Kuchens einzupacken.
Hier stank etwas kolossal! Und ich würde herausfinden, was es war!
Ich rief im Rathaus an und fragte naiv, warum die Bewerbungszeit für den Gottesanger vorzeitig beendet wäre. Ich erwischte nur unwissende Vorzimmerdamen, die mir überrascht versicherten, die Frist laufe weiter.
Stirnrunzelnd blätterte ich Krügers Unterlagen durch. Dort stand die Absage schwarz auf weiß!
Morgen war die Politparty bei Ken Winter. Ich beschloss, Augen und Ohren offen zu halten und dort das Thema bei passender Gelegenheit anzusprechen.