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I.
Vom Gedanken zum Denken Gedanken über das Denken
ОглавлениеWir wissen ebenso wenig, wie wir denken, wie wir beim Sprechen eine Bewusstheit über die Tätigkeit der Sprachorgane haben. Was uns bewusst wird, ist der fertig-gedachte Gedanke, das Wie seines Zustandekommens ist uns verborgen. Das kann zweierlei Gründe haben. Wir sind im Prozess des Denkens nicht bewusst – das wäre schon Grund genug, über sein Wie im Dunkeln zu bleiben. Der andere Grund könnte sein, dass wir im Denken so aufgehen, so identisch mit dem Prozess sind, dass keine beobachtende Instanz übrig bleibt.
Besinnung 1: Wir wachen im Bewusstsein auf, wenn das Denken schon vorbei und in Stillstand ist: im Gedachten.
Die Logik als Wissenschaft versucht die Gesetze, das Wie des Denkens zu formulieren – im Nachhinein. Wir denken schon logisch, ohne Logik studiert zu haben, so wie wir die Muttersprache auch ohne grammatische Kenntnisse richtig zu sprechen imstande sind. Außerdem, eben deshalb, bezieht sich die Logik auf die schon ohne sie erschienenen logischen Formen, Denkbewegungen, jedenfalls auf ein begriffliches Denken, ähnlich wie die Grammatik auf die schon gesprochene Sprache. Daher kann die Logik nie endgültig oder fertig sein: Denn der Mensch kann immer neue logische Wendungen hervorbringen.
Besinnung 2: Erst ist logisches Denken da, dann Logik als Lehre. Erst ist die Sprache da, dann ihre explizite Grammatik.
Dass es das Denken als Prozess gibt, ist eine Folgerung aus dem Umstand, dass das Gedachte zunimmt und wechselt. Das können wir einsehen, weil wir über die Fähigkeit des Reflektierens verfügen, nämlich unsere Aufmerksamkeit auf die Vergangenheit des Denkens – des Bewusstseins überhaupt – lenken können. Diese Fähigkeit ist uns ohne persönliche Arbeit, eigenes Bestreben oder Lernen gegeben. Wir schauen auf das Vergangene, schon erstarrte Denken aus der Gegenwart. Sie selbst erleben wir gewöhnlich nie, obwohl wir aus ihr auf die Vergangenheit und die Zukunft schauen. Indem wir auf diese schauen, heben wir sie in die Gegenwart – für einen homöopathisch kurzen Augenblick. Wir werden sie aber nur gewahr, wenn sie – auch die Bilder der Zukunft – wieder aus der Gegenwart, aus dem Denk- und Vorstellungsprozess ausgeschieden sind und als Gewordenes vor dem inneren Blick stehen, für eine Aufmerksamkeit, die aus der Gegenwart schaut.
Besinnung 3: Allein die Gegenwart ist Wirklichkeit. (Auch als Meditationsthema geeignet.)
Geistesgegenwart ist ein kurzes Aufblitzen zweier Elemente: Geist und Gegenwärtigkeit oder Intuition und Gegenwärtigkeit, plötzlich und ohne Nachdenken. Man kann sich fragen: Was hindert daran, immer oder wenigstens nach Belieben geistesgegenwärtig zu sein? Dieses seltene Erlebnis können wir im Nachhinein reflektierend beobachten: Es «fällt uns etwas ein», zum Beispiel die einzige Lösung einer gefährlichen Situation, und es ist fühlbar, dass die Lösung «gekommen» ist, wir haben daran nicht gearbeitet, nicht darüber nachgedacht – dazu ist meistens auch keine Zeit. Warum passiert das nur in Gefahr oder in anderen extrem wichtigen Situationen? Die Beobachtung zeigt, dass wir im Augenblick der Gefahr völlig konzentriert sind, die Aufmerksamkeit ist ganz in der Situation. Wäre vielleicht wenigstens ein Teil des Hindernisses, stets geistesgegenwärtig zu sein, dass unsere Aufmerksamkeit im Alltag so zerstreut ist? Dass sich das Denken auf vorgefertigten Bahnen, in fertigen Begriffen bewegt und vermischt mit anderen seelischen Elementen, wie Wunsch, Vorurteil, Voreingenommenheit und Ähnlichem, arbeitet? Dann wären zur Eliminierung der Hindernisse zwei Schritte notwendig: die Erhöhung der Konzentrationsfähigkeit und die Reinigung des Denkens.
Besinnung/Meditation 4: Was heißt «dies» im Unterschied zu «das»?
Versuchen wir erst die Reinigung des Denkens – es wird sich zeigen, dass sie und die Konzentrierung auf dasselbe Ziel hinauslaufen. Durch das Denken über das Denken, so aufklärend es sein kann, bleiben wir auf einer Ebene mit dem Alltagsbewusstsein, wir vermehren lediglich die Objekte des Denkens, an seiner Qualität ändert sich nichts.
Eine Änderung kann nur durch Üben geschehen – auch jede Fähigkeit entsteht so.