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Geboren im Jahr 1933

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Geboren wurde ich im Jahre des Führers 1933. Die Bedeutung dieses Datums war mir zunächst nicht bewusst.

Bevor ich laufen lernte, lernte ich, die ästhetische Bedeutung der Symmetrie schätzen. Die Erwachsenen hatten sich ein Spiel mit mir ausgedacht, bei dem sie auf dem Fußboden eine Reihe von Flaschen aufstellten. Ich kroch an der Reihe entlang und prüfte, ob alle in einer Linie standen. Flaschen, die aus der Reihe tanzten, wurden von mir zurück gestellt. Doch wenn ich bis ans Ende der Reihe gekrabbelt war, um die Vollendung meines Werkes zu begutachten, hatten die Erwachsenen hinter meinem Rücken eine der Flaschen wieder aus der Reihe gerückt. Ich peilte an der Linie entlang, besah mir den Schaden, kroch zurück und richtete die Flaschen wieder aus. Doch sobald ich danach am Ende der Reihe angelangt war, um endlich die Schönheit einer geraden Linie genießen zu können, hatten die Großen wieder eine Flasche zur Seite gerückt - und ich hatte noch zu tun.

Das Leben ist ein ununterbrochener Lernprozess. Es gab eine Großmutter und einen Großvater, beides die Eltern meiner Mutter. Großmutter war mit neun Geschwistern in Hamburg-Finkenwerder aufgewachsen. Ihr kleiner Bruder wurde eines Tages, er war vier Jahre alt, traurig angetroffen mit einem toten Vogel in der Hand. Er starrte fassungslos das Tier an und sagte auf platt „eben hett hei noch piep seggt“.

Eine ähnliche Erfahrung zu machen ist mir verwehrt worden. Meine Eltern wohnten mit mir und meiner Schwester Ingeborg, die zwei Jahre jünger ist als ich, in einem der Elbvororte Hamburgs. Ein Sonntagsspaziergang stand bevor. Ich war schon fertig angezogen und ging voraus auf die Straße. Dem Haus gegenüber war ein Teich mit stolzen Schwänen darauf. Um das Warten auf die übrige Familie sinnvoll zu nutzen, befasste ich mich mit den großen Vögeln auf dem Wasser. Mein Verhältnis zu Tieren war geprägt durch die Liebe zu einem großen Plüschtier, meinem Teddy namens Philax. Die Eltern machten mit uns Kindern gelegentlich Ausflüge an die Elbe. Bei einem dieser Ausflüge, während wir in einem Gartencafé saßen, sah ich am Nebentisch ein Ehepaar, das einen großen Schäferhund bei sich hatte. Sofort vermutete ich in dem Tier eine Art Philax, stürmte auf es zu und umarmte es. Die Hundebesitzer trennten uns voneinander und riefen meine Eltern dazu auf, ihr Kind in Zukunft strenger zu beaufsichtigen. Das Tier sei außerordentlich gefährlich und bissig. Aber heute, an dem erwähnten Sonntag, waren keine Eltern in Sichtweite. Und diese Chance nutzte ich, um mich den Schwänen zu nähern. Die hatten einen so schönen langen Hals, um den man ihnen fallen konnte. Doch auf halber Strecke musste ich meinen Plan aufgeben, denn ich steckte bis zu den Hüften im schwarzen Schlamm. Die Schwäne aber lachten sich ins Fäustchen und segelten davon.

Geboren im Jahr 1933

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