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Die Botschaft des Terroristen

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Als ein von allen Geheimdiensten und Polizisten der westlichen Welt seit vielen Jahren gejagter Terrorist hatte Raquis ein feines Gespür für Gefahr entwickelt. Das hatte ihm schon viele Male das Leben gerettet. Ihm war bewusst, dass die beiden Doktoren Abdallah ihn töten würden, wenn sie erfahren hatten, was er im Jenseits erlebt hatte und was nun sein Leben verändern würde.

Sie würden sofort erkennen, dass seine Erlebnisse eine große Gefahr für die Rechtfertigung des kriegerischen Dschihad darstellen würden. Einige Terroristen würden aufgeben und in ihr normales Leben zurückkehren. Es würde insbesondere äußerst schwierig werden, neue Selbstmord-Attentäter anzuwerben.

Aber Dr. Abdallah würde ihn nicht töten, ohne zuvor die Genehmigung des Imams eingeholt zu haben. So lange hatte er Zeit. Er befahl seinem Körper, eine Stunde zu schlafen. Mit solchen eingeübten mentalen Befehlen fühlte er sich sicherer, als auf einen manchmal unzuverlässigen Wecker zu vertrauen. Als er pünktlich nach einer Stunde wieder erwacht war, blieb er noch einige Minuten ruhig liegen, um sich zu konzentrieren und seine nächsten Schritte vorzubereiten.

Raquis wartete, bis Dr. Abdallah und sein Sohn mit den wenigen noch arbeitsfähigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Klinik und Praxis verlassen hatten, um zum Freitagabendgebet in die Moschee zu gehen. Als er sicher war, dass nur noch eine Krankenschwester für die Nacht anwesend war, stand er vom Bett auf.

Er kleidete sich an. Dann entfernte er seinen aufgeklebten Bart und die Perücke. Er wusch sich das Gesicht. Aus seinem Gepäck nahm er seinen iPad. Er stellte die Video-Aufnahmefunktion ein. Dann sprach er den folgenden Text in arabischer Sprache in das Mikrofon:

„Heute gebe ich meine Botschaft an die islamische Welt und an alle Terroristen. Wenn Ihr dieses Video mit meinem Bild seht, wisst Ihr, dass Umar bin Raquis, der weltweit gesuchte Top-Terrorist, zu Euch spricht. Ich hatte bisher mein Leben dem bewaffneten Kampf, dem kriegerischen Dschihad, gegen die USA und gegen alle Ungläubigen gewidmet. Ihr wisst, dass ich viele Granaten- und Sprengstoffanschläge gegen Einrichtungen der USA und Großbritannien verübt habe.

Ich habe viele Ungläubige getötet, aber auch viele Muslime, die in der Nähe waren oder mit dem Feind zusammengearbeitet hatten. Auf diese Taten bin ich stolz gewesen, weil ich mich als Diener Allahs verstanden habe bei meinem Kampf für die Weltherrschaft des Islams. Ich glaubte, den von mir getöteten Muslimen durch ihren Tod zu ihrem höchsten Glück verholfen zu haben. So hatte es uns Hassan al-Banna gelehrt, der Begründer der Muslim-Bruderschaft.

Es gibt im Islam viele Religionsgelehrte, die den von Hassan al-Banna gelehrten kriegerischen Dschihad für eine falsche Interpretation des Korans halten. Ich war aber mit vielen meiner Brüder überzeugt, dass Allah den kriegerischen Dschihad zur Vernichtung aller Ungläubigen wollte. Ich habe mich bisher bemüht, den Willen Allahs zu erfüllen, so wie Hassan al-Banna ihn verstand.

Ich wurde in die USA entsandt, um Sprengstoffanschläge auf das neu gebaute Trade Word Center und auf U-Bahn-Stationen zu verüben. Für mich nicht erklärbar, wurden mir nach Betreten von amerikanischem Boden alle meine terroristischen Taten in meinem Bewusstsein wie ablaufende Filme gezeigt und als Sünden dargestellt.

Alle von mir getöteten Menschen richteten heftigste Vorwürfe an mich. Sie warfen mir auch vor, gegen Allahs Gesetze gehandelt zu haben. Für mich war das unerträglich. Ich konnte auch nicht verstehen, warum die von mir getöteten Muslime nicht im Paradies waren, wie es uns in der Lehre von Hassan al-Banna versprochen wurde.

Um Klarheit zu erhalten, was die Wahrheit in unseren Lehren im Koran und deren Interpretation ist, entschloss ich mich zu einem Experiment. Ein befreundeter Arzt versetzte mich in einen künstlichen Tod und holte mich nach 15 Minuten wieder in das Leben zurück.

Während der Phase meines Todes, als mein Herz stillstand und keine Hirnströme mehr messbar waren, durchschritt ich einen Tunnel mit einem schwachen Lichtschein. Dann trat ich auf eine graue, düstere Ebene, fast lichtlos. Ich stand plötzlich allen Seelen der Menschen gegenüber, die ich bei meinen Terroranschlägen getötet hatte. Sie fielen über mich her und beschuldigten mich in erregter und zornigster Weise, sie getötet und verstümmelt zu haben und ihr Leben gegen den Willen Allahs verkürzt zu haben.

Ich erlebte in Sekundenbruchteilen mit unvorstellbaren Schmerzen am eigenen Seelenleib, was ich diesen Menschen angetan hatte. Ich fragte die sich unter den Seelen befindlichen Muslime, warum sie nicht im Paradies seien, wie es uns versprochen war. Sie lachten daraufhin nur höhnisch und verachtungsvoll.

Sie sagten, dass uns all die Prediger getäuscht hätten, die uns für den kriegerischen Dschihad das Paradies versprachen. Sie hätten in den Seelenreichen auch die Seele von Hassan al-Banna getroffen. Er würde dort wegen seiner Sünden, die Gläubigen getäuscht zu haben, schrecklich leiden. Ebenso hätten sie das Leiden von verstorbenen Predigern gesehen, die seine Lehre weiterverbreitet hatten.

Während der Zeit meines Todes habe ich in diesem Seelenreich Grauenhaftes gesehen und erlitten. Mir sind auch viele andere Selbstmordattentäter begegnet, die glaubten, mit ihren Taten sofort ins Paradies zu kommen. Nun fanden sie sich in der Hölle ihrer Taten und erlebten wie ich am eigenen Geistkörper, was sie anderen Menschen angetan hatten. Sie hatten zudem noch gegen Allahs Gebot verstoßen, indem sie ihr Leben verkürzt hatten. Doch allein Allah bestimmt, wie lange unser Leben auf der Erde währt.

Als der Arzt anfing, mich wieder ins Leben zurückzuholen, kam in dieser Phase plötzlich ein Engel zu mir. Er sagte mir, ich hätte hoffentlich verstanden, dass der Dschihad, wie er im Koran gelehrt wird, ein spiritueller Kampf sei, mit dem man sich selbst besiegen solle und keinen anderen.

Der Dschihad bedeute, dass jeder Muslim seine niederen Triebe und Neigungen besiegen solle. Er solle jegliche Feindseligkeit gegen seinen Nächsten sowie Hass und Neid, Missgunst, Lieblosigkeit, Rechthaberei und Ungeduld überwinden. Er solle ein rechtschaffenes Leben gemäß den Lehren Allahs leben.

Wenn ein Muslim sich an einem Mitmenschen versündigt habe, solle er voll tiefer Reue nicht nur Allah um Vergebung bitten. Zuvor solle er auch seinen Mitmenschen um Vergebung bitten, denn ohne Vergebung durch den Mitmenschen wird Allah ihm auch nicht vergeben. Das ist das Gesetz für Muslime und auch für alle anderen Menschen. Denn Allah ist der Gott aller Menschen. Es gibt nur einen Gott und keinen Gott nur für Christen und keinen Gott nur für Muslime.

Der Engel verschwand und es wurde plötzlich wieder dunkel um mich herum. Als ich aufwachte, stand der befreundete Arzt neben mir und beglückwünschte mich zum neuen Leben. Ich war danach unendlich müde und fiel in einen langen Schlaf. Als ich wieder aufwachte und mich bei Kräften fühlte, entschied ich mich, meine außerkörperlichen Erfahrungen der islamischen Welt mitzuteilen.

Viele meiner Brüder, die an die Lehren von Hassan al-Banna glauben, so wie ich an sie geglaubt hatte, werden meiner Erfahrung nicht glauben. Wenn Sie das gleiche Risiko eingehen wollen, das ich mit meinem Leben einging, sollten sie das gleiche Experiment machen, das ich gemacht habe. Ein Besuch im Jenseits wird sie genauso überzeugen, wie er mich überzeugt hat.

Von mir werden künftig keine terroristischen Anschläge mehr ausgehen. Man wird in der Welt von mir nichts mehr hören, da ich als einfacher Muslim unter Muslimen leben werde.

Ich bereue zutiefst, mich an anderen Menschen versündigt zu haben, indem ich ihnen Unrecht, Leid und Schmerz zugefügt und ihnen das Leben genommen habe. Ich bitte alle Menschen und Seelen und Allah um Vergebung für meine Missetaten. Auf diesem Wege grüße ich auch meine Schwester Yasina in Sanaa und bitte sie und meine verstorbenen Eltern um Vergebung. Ich habe unsere Familie durch mein gegen die Lehren Allahs gerichtetes Verhalten in Verruf gebracht.

Als einer der geringsten Diener Allahs werde von nun an mein Leben dem wahren Dienst an Allah widmen. Ich werde für das Wohl und für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen arbeiten und nicht mehr gegen sie. Allah ist groß. Der Frieden und die Liebe Allahs seien mit Euch und Mohammed ist unser Prophet.“

Raquis stoppte die Videoaufnahme. Er suchte nun einen Hotspot für den Internetzugang und fand einen in seiner Nähe. Er wählte seine Internetadresse in Pakistan an, mit der er üblicherweise seine Drohbotschaften für die westliche Welt ins Internet stellte. Er lud die Video-Datei hoch und wartete, bis sie auf dem Server angekommen war. Dann startete er seine Video-Botschaft. Er sah noch zwei Minuten zu, wie seine Botschaft gesendet wurde.

Anschließend öffnete er eine neue Datei im Videoformat. Jetzt sprach er den schon gesendeten arabischen Text in englischer Sprache ins Mikrofon. Als das Video fertig war, loggte er sich in seinen Account bei YouTube ein. Er lud sein Video hoch und war sich nun sicher, dass seine Botschaft möglichst viele Muslime erreichen würde.

Dann schaltete er seinen iPad aus. Auf den Schreibblock, der auf dem Schreibtisch von Dr. Abdallah lag, schrieb er folgende Worte:

„Mansur, ich danke Dir für die Gastfreundschaft und danke Dir und Deinem Sohn noch einmal für die Hilfe, die Du mir erwiesen hast. Dank Eurer Hilfe konnte ich meine Reise ins Jenseits machen. Sie vermittelte mir die für mich wertvollsten Erfahrungen meines Lebens. Ich weiß, dass Du mich töten würdest und gemäß Deiner Vorstellungswelt auch müsstest, wenn ich Dir meine Erfahrungen erzählt hätte.

Diese Absicht verzeihe ich Dir. Auch Allah möge Dir vergeben, so wie ich Dir vergeben habe. Mein Rat ist: ‚Kehre um!’ Du und alle anderen Anhänger der Lehren von Hassan al-Banna, Ihr seid alle auf dem falschen Weg. Ihr werdet im Jenseits dafür schrecklich leiden müssen. Lebe wohl Mansur! Es grüßt Dich Dein Bruder Umar bin Raquis.“

Er legte wieder seinen künstlichen Bart und die Perücke an. Er packte seine Sachen zusammen und verließ die Klinik durch ein Fenster zum Hof, das er öffnete. Durch einen Nebeneingang des Hofs verschwand er und wurde nicht wieder gesehen.

Als später Dr. Abdallah und sein Sohn vom Freitagabendgebet in die Klinik zurückgekommen waren, um Raquis zu töten, begaben sie sich in das Behandlungszimmer von Dr. Abdallah. Sie hofften, dort den schlafenden Raquis vorzufinden. Raquis war jedoch verschwunden. Von ihm wurden auch keine von den Sachen gefunden, die er bei seiner Ankunft mit sich geführt hatte. Sie blickten kurz in die wenigen Krankenzimmer, nickten den noch wachen Patienten kurz zu, aber fanden keine Spur von Raquis.

Aufgrund des Verschwindens von Raquis waren sie einerseits erleichtert, dass sie die sie bedrückende Tatabsicht, ihn zu töten, nicht ausführen mussten. Andererseits waren sie zutiefst enttäuscht, dass sie nun nicht wussten, was Raquis im Jenseits erlebt hatte. Dann fanden sie die Notizen, die Raquis für sie auf dem Schreibblock hinterlassen hatte. Sie erkannten, dass er offenbar keine guten Erfahrungen aus dem Jenseits mitgebracht hatte. Das verunsicherte sie.

Am nächsten Morgen erhielten Sie einen Telefonanruf vom Imam Abdel al-Yussuf, dass sie sich im Internet über das Neueste informieren sollten. Bei ihrer Recherche fanden Sie die Botschaft von Raquis in arabischer Sprache. Sie waren sehr enttäuscht, dass die Lehren von Hassan al-Banna, an die sie ihr Leben lang geglaubt hatten, nicht der Wahrheit entsprechen würden.

Es gab danach lange Diskussionen zwischen Vater und Sohn. Am Ende konnte der Sohn seinen Vater überzeugen, dass die Lehre von Hassan al-Banna falsch ist. Sie kamen zu der Überzeugung, dass der Imam Recht hat mit seiner der Mehrheit aller Religionsgelehrten entsprechenden Interpretation des Korans. Der Dschihad ist tatsächlich als spiritueller Kampf zu verstehen, bei dem der einzelne Muslim seine niederen Neigungen besiegen solle, die ihn von Allah trennen.

Das FBI gegen die Macht des Gebets III

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