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Das FBI untersucht das christliche Kreuz aus Lordsplace
ОглавлениеBob Woller vom Team der Behavioral Analysis Unit (BAU) hatte das in Lordsplace beschlagnahmte christliche Kreuz in das technische Zentrum des FBI gebracht. Hier war der Ingenieur Victor Molder zuständig für Geräte der Telekommunikation. Obwohl es ein Sonnabend war, hatten die noch arbeitsfähigen Mitarbeiter des FBI Dienst zu leisten. Gegen die Krise aufgrund des Sündensyndroms konnte man nicht mit freien Wochenenden ankämpfen.
Molder hatte sich vor drei Tagen krankgemeldet. Direktor Siller hatte jedoch von ihm verlangt, dass er möglichst schnell für einige Stunden in sein Labor käme, um sich ein Sendegerät anzuschauen und es zu überprüfen. Doch das stieß auf die üblichen Schwierigkeiten. Wo Molder wohnte, fuhren keine Busse und keine Bahnen. Sein Auto hatte zu wenig Benzin, um ins Labor zu fahren. Seine nächstgelegene Tankstelle hatte kein Benzin mehr und war vorübergehend geschlossen.
Siller hatte einen noch arbeitsfähigen Agenten schicken müssen, um Molder von seinem Haus abzuholen. Inzwischen kümmerte sich eine kleine Gruppe von Agenten darum, die noch arbeitsfähigen Mitarbeiter des FBI mit Benzin für ihre Autos zu versorgen.
Ingenieur Molder war zunächst überrascht, dass er ein Holzkreuz untersuchen sollte. Er fand das lächerlich und betrachtete es als eine Missachtung seiner Tätigkeit. Die vom Kreuz ausgehende sanfte Strahlung erregte jedoch seine Aufmerksamkeit. Auch er wurde davon angenehm berührt. Er hatte das Gefühl, dass sich Harmonie in seinem Körper ausbreitet. Seine Schmerzen wurden geringer. Er konnte plötzlich wieder klarer denken.
Bob Woller zeigte Molder die Fuge im Kreuz und wies auf den Bergkristall am Kopf des Kreuzes hin. Er sagte Molder, dass dieses Kreuz die Aufgabe habe, Gebete zu verstärken. Es könnte sich deshalb hier um einen Verstärker oder sogar um einen Sender handeln. Molder fragte, ob Woller Grund für die Annahme habe, dass das Kreuz diese Wirkung ausübe. Woller erklärte, dass er im Moment davon ausgehen müsse, dass mit dem Kreuz Gebete verstärkt und in die Atmosphäre gesandt würden. Molder blieb jedoch skeptisch.
Molder fotografierte zunächst das Kreuz von allen Seiten. Dann öffnete Molder vorsichtig die Fuge und zerlegte das Kreuz in zwei Teile.
Zu seiner Überraschung enthielt das Kreuz einige elektronische Chips, die mit dem Bergkristall an der Spitze des Kreuzes verbunden waren. Das Kreuz enthielt keine Stromquelle. Diese Konstruktion erinnerte Molder an die Detektorradios in den Anfängen des Rundfunks. Damals gab es sehr einfache Konstruktionen zum Empfang von Hörfunksendungen über Kurz-, Mittel-, und Langwelle mit Hilfe eines Kristalls. Die Detektorradios funktionierten ohne Stromquelle. Sie erhielten ihre Energie von den elektromagnetischen Wellen, die von den Sendern ausgestrahlt wurden.
Molder vermutete, dass es sich bei der elektronischen Schaltung im Inneren des Kreuzes
um eine Umkehrung des Prinzips des Detektorradios handeln könnte. Das Kreuz wirke offenbar nicht als Empfänger, sondern als Sender mit einer Verstärkerschaltung. Doch woher kam hier die Energie?
Woller erklärte, dass die Energie von den Gebeten des Menschen komme, der vor dem Kreuz sitze oder es in seiner Hand halte. Das war für Molder als Naturwissenschaftler schwer zu akzeptieren. Die elektromagnetischen Wellen, die ein Detektorradio empfing, konnte man mit Messgeräten messen.
Wie sollte er die Sendeleistung des Kreuzes messen, wenn es keine elektromagnetischen Wellen aussandte, sondern nur Gedanken? Vermutlich war das Kreuz ein Sender, der die Gedanken des Beters in Form von verstärkten Quanten aussandte. Messen konnte er das nicht. Zunächst machte Molder noch mehrere Fotos von dem Innenleben des Kreuzes.
Er konnte keine Messungen an den Chips vornehmen, weil die Gefahr bestand, dass sich die Schaltung zerstören könnte. Das FBI hatte sich verpflichtet, das Kreuz wieder an den Eigentümer zurückzugeben. Ein Kreuz mit zerstörtem Sendeverstärker für das Senden von Quanten hätte einen unvorstellbar hohen Schadenersatz zur Folge.
Die Regierung müsste an den Eigentümer jeden Preis zahlen, damit der Fall nicht vor die Gerichte kommt. Die Regierung kann es sich nicht leisten, dass in aller Welt bekannt werden würde, welche hoch entwickelte Technik einige Amerikaner verwenden.
Molder machte mit dem Kreuz einen Versuch. Er berührte das Kreuz und betete in sich hinein, dass der Geist Gottes Bob Woller veranlassen solle, sich zur Tür zu begeben. Er wollte damit prüfen, ob er mit seinem Gebet eine Wirkung auslösen könne. Aber Woller bewegte sich nicht. Molder machte nun den Vorschlag, den Reverend der nächstgelegenen Kirche der Baptisten herzuholen. Man sollte dann den Reverend bitten, in das Kreuz Gebete hineinzusprechen, deren Wirkung man überprüfen könne. Doch Woller lehnte das sofort ab.
"Wir brauchen hier keinen Pastor mit seinem Gebet, um zu prüfen, ob sein Gebet eine messbare Wirkung auslöst", sagte Woller. "Mit Gebeten wurde offenbar erreicht, dass in Las Vegas für eine Stunde der Strom ausfiel. Mit Gebeten wurde auch bewirkt, dass auf der Lance Airforce Base in Arizona mit Hilfe eines künstlich erzeugten Magnetsturms einen Tag lang kein Flugzeug starten konnte.
Gebete waren höchst wahrscheinlich verantwortlich dafür, dass die Wallstreet im Januar fünf Stunden lang keinen Strom hatte. Seit einer Woche hat die Wallstreet für ihre Computer keinen Strom mehr, aber Strom für die Schreibtischlampen. Brauchen Sie noch mehr Beweise?"
Molder war beeindruckt. "Alle diese Ereignisse wurden tatsächlich mit Hilfe von Gebeten erzeugt?", fragte Molder. "Das ist ja der helle Wahnsinn. Wenn das wahr wäre, stünde es im Widerspruch zu unserer gesamten Naturwissenschaft."
"Wir haben keine andere Erklärung für die genannten Ereignisse", fuhr Woller fort. "Wichtig wäre für uns zu wissen, ob Gebete auch ohne das Kreuz, also ohne Sendeverstärker, so wirksam sind. Wir müssten in der Lage sein, alle uns bekannten Kreuze zu beschlagnahmen. Dann könnten wir feststellen, ob das Sündhafte im Bewusstsein der Menschen schlagartig wieder verschwindet.
Bietet uns das Telekommunikationsgesetz eine Möglichkeit, die Kreuze zu beschlagnahmen, weil sei einen Sender enthalten?"
"Leider nein", antwortete Molder. "Das Telekommunikationsgesetz bezieht sich nur auf Geräte mit eigener Stromversorgung, deren Sendeleistung mit Messgeräten gemessen werden kann. Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kreuz nicht vor. Sie müssen das Kreuz wieder an den Eigentümer zurückgeben. Aber FBI und CIA sollten mit Nachdruck den Entwickler dieser revolutionären Technik suchen. Er darf nicht in die Hand unserer Feinde fallen." Molder machte eine kurze Pause.
"Aber was haben Sie da zu dem Sündhaften im Bewusstsein gesagt?", fragte Molder. "Wurde das Auftreten des Sündhaften im Bewusstsein vieler Menschen auch von Gebeten verursacht?"
Die Frage erschreckte Woller. Er hätte keine Andeutung machen dürfen, dass Gebete das Sündhafte im Bewusstsein verursacht haben könnten. Auch wenn hierzu bisher keine absolut sicheren Erkenntnisse vorlagen, musste diese Vermutung geheim bleiben.
"Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse", antwortete Woller, dass mit Gebeten in den Menschen ihr Sündhaftes angesprochen wird. Wir glauben immer noch, dass die Wahnvorstellungen von sündhaften Handlungen in der Vergangenheit durch Bakterien oder Viren oder chemische Substanzen verursacht werden.
Die von mir erwähnte Verbindung von Gebeten mit dem Erscheinen des Sündensyndroms war nur eine sehr unsichere Hypothese von vielen weiteren Hypothesen. Gebete können offenbar die Materie beeinflussen aber nicht unsere Denkvorgänge. Sie können nicht in unsere Seele und nicht in unser Unterbewusstsein eingreifen und hier Veränderungen bewirken."
Die Antwort von Woller stellte Victor Molder zufrieden. Es beruhigte ihn zu wissen, dass seine Kollegen mit aller Kraft daran arbeiten, das Sündensyndrom zu beseitigen.
Woller nahm das relativ dürftige Ergebnis der Untersuchung des Kreuzes zur Kenntnis. Er informierte seine Kollegen der BAU. Dann veranlasste er die Rückgabe des Kreuzes an Reverend Jeff Finner in Lordsplace. Im Übrigen müsste der Entwickler und Hersteller der Kreuze gefunden werden. Das war jetzt die Hauptaufgabe.