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Das Welt-Ethik-Judgement

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Würden wir es dabei belassen, läge die Publikation und damit die öffentliche Diskussion weitgehend in den Händen der Medien.

Das Welt-Ethik-Judgement verhindert als drittes Instrument diese Einschränkung. Jeder kann sich im Internet auf dieser dritten Plattform über die Entwicklungsbilanzen informieren.

Gleichzeitig wird ein Voting-Tool zur Verfügung gestellt. Diese Stimmabgabe würde zum Barometer der öffentlichen Wertschätzung. Jeder Mensch kann zu allen aufgeführten Aspekten (politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen bis hin zu einzelnen Firmen oder Personen mit übergeordneter gesellschaftlicher Macht) innerhalb eines Monats einmal pro Aspekt seine Bewertung abgeben.

Diese Voten sind natürlich genauso subjektiv wie bei unseren demokratischen Wahlen. Ein Objektivierungsmechanismus kann mit der Zählung von Voten erreicht werden. Wenn beispielsweise 20 verärgerte Mitarbeiter mit ihrem sozialen Umfeld 200 negative Voten für die Bewertung einer Unternehmenskultur aufbringen, ist das anders zu werten, als wenn es aus 20 Ländern 800'000 der 2 Millionen Voten sind, die in einem Monat (also aktuell) entstehen.

Der Verlauf öffentlicher Wertschätzungen liesse sich wie ein Börsenkurs auf der Zeitachse darstellen.

Damit sind wir bei der vollständigen Wirkung angekommen. Sie werden es inzwischen bemerkt haben, worauf das Ganze hinausläuft – auf die Ehre, das Image.

Gesellschaften holen sich ihre Identität aus der eigenen Historie, der eigenen Entwicklung. Sie wollen sich gegenüber anderen Gesellschaften aufrecht und erfolgreich zeigen können.

Das Wirken der Administration G.W. Bush hat US-Amerika weltweit viel Ansehen gekostet und damit auch Selbstbewusstsein. Wenn jetzt aber eine Welt-Ethik-Chronik jede Form der Schönmalerei, Verdrängung oder Verleugnung verunmöglicht, wird die Sache hochnot peinlich.

Peinlich auch für die Familie Bush und deren Nachkommen. So entstünde ein Mahnbild. Ich wähle das Beispiel Bush, weil eine grosse Zahl von Fehlern und Versäumnissen für jedermann derart auf dem Präsentierteller liegen, dass der Effekt mühelos nachzuvollziehen ist.

Auch Herr Sarkozy liefert ein gutes Beispiel. Haben seine Vorgänger noch meist kulturelle Ruhmeshallen erbauen lassen, will er ganz Paris umgestalten, um eine glanzvolle Erinnerung zu erzwingen, obwohl sich Frankreich in einer ökonomischen Krise befand.

Die Welt-Ethik-Chronik wird aber in knapper Form festhalten, was seine Aktivitäten in ganz Frankreich und dem Rest der Welt bewirkten.

Die Wirkung einer möglichen Demütigung als Mahnbild trifft auf alle Mächtigen dieser Welt zu. Auch auf jene der Wirtschaft. Es wird nicht mehr reichen, am Ende seiner Tätigkeit eine wohltätige Stiftung zu gründen, um vorgefallene Verfehlungen zu kaschieren. Womit ich keineswegs unterstelle, dass so etwas auf alle Stifter zuträfe. Aber was auch immer versucht wird, das eigene Image aufzupolieren, angesichts der Welt-Ethik-Chronik nützt das nichts. Auch nicht den Religionsmächtigen.

Ist das Ächtungsprinzip und seine mächtige Wirkung nachvollziehbar? Doch diese Einseitigkeit wäre nicht nur unfair, man würde damit auch einen wichtigen Teil der Durchsetzungskraft verschenken. Nämlich den Aspekt der rühmlichen Vorbilder.

Alle Menschen, die sich durch Verbesserungen der Integration, sozialen Qualität, wirtschaftlichen Fairness oder der umweltbedingten Überlebenschancen verdient machten, werden die grossen Vorbilder in den Geschichtsbüchern. Denn die von internationalen Experten erstellten Analysen wären gleichzeitig verbindlich für den Geschichtsunterricht in den Schulen. So bekommt die Weltgemeinschaft ein intervallmässig aktualisiertes Bild über ihre Vor- und Mahnbilder.

Natürlich kann es sein, dass Staatsverwaltungen die Analyseergebnisse über ihre Gesellschaft zugunsten eigener Legenden aus dem Unterricht verbannen wollen.

Das passierte vor nicht all zu langer Zeit in Russland. Aber in unserer heutigen Informationsgesellschaft wird das, wie in diesem Fall, sehr schnell publik. Wie peinlich, wenn ein Staat durch die Schönfärberei der schrecklichen Vergangenheit derart intensiv auf seine Schwächen hinweist.

Sie sehen, mit dem Zusammenspiel der Welt-Ethik-Charta und der Welt-Ethik-Chronik befinden sich alle, die etwas Wesentliches beeinflussen können, in einem Wahrhaftigkeitszwang – da, wo wir sie schon immer haben wollten.

Unter all den Vorzügen dieser Welt-Ethik-Instrumente blieb einer bisher unerwähnt: Die Sicherheit vor Machtmissbrauch. Die Daten der Charta sowie die der Chronik sind, einmal eingelesen, vor Eingriffen geschützt. Das ist heute technisch möglich. Aber noch entscheidender ist die Unmöglichkeit, diese enorme Autorität für eigene Machtentfaltungen zu missbrauchen.

Niemand kann sich obenan stellen. Niemand kann dieses Instrument für sich so verdrehen, dass daraus machtbildende oder machterhaltende Dogmen würden. Selbst die Initianten einer Umsetzung dieses Prinzips könnten keine Vorteile daraus ziehen. Es ist eine Idee, die nur zu verschenken und nicht auszubeuten ist.

Nun ist die Frage, was geschieht mit einem solchen Geschenk, wie könnte es jemals zur Wirkung kommen? Die Mächtigen, die auf den Erfolg von destruktivem Handeln setzen, werden sich sicher nicht dafür engagieren, sie werden sich kaum selbst ein solches Überprüfungsinstrument auferlegen.

Aber es gibt auch die besonnenen und verantwortungsbewussten Inhaber von Machtpositionen. Sie werden allzu häufig von der realpolitischen Wirklichkeit zu Entscheidungen genötigt, die sie selbst nicht wollen, aber verantworten müssen. Auf die Mächtigen, die sich aufrichtig um eine Verbesserung der Weltverhältnisse bemühen, müssen wir zählen. Sie würden das Projekt wahrscheinlich unterstützen.

Putin nie wieder

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