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Übernachtungen “in nee Kaschemme“

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Obwohl es gestern schön und unterhaltend war, habe ich folgende Schlussfolgerung gezogen und mir auf meine Agenda geschrieben:

>>Erst wenn das Nachtlager gewährleistet ist, wird getrunken und erzählt. <<

Wie erwartet, werde ich sehr früh wach.

Es ist 5:00 Uhr morgens, mein kleines Zelt, welches vom Vortag noch nass war, schwimmt jetzt von innen weg. In dem Schlafsack, der für -30 °C ausgelegt ist, ist mir in der Nacht richtig warm geworden, so dass ich aus dem Schlafsack gekrochen bin und mit geöffnetem Zeltreißverschluss aufwache.

>>Gerd, was klebst du, deine Haut schmeckt nach Salz und du musst ganz dringend duschen. <<

Ich verstaue alle Sachen und beschließe in Trier unbedingt einen Tag Pause einzulegen. Zum einen war ich dort noch nie und zum anderen muss ich mein Equipment unbedingt trocken bekommen. Auch die Wäsche muss gewaschen werden und vor allem meine wund gefahrenen Stellen rufen nach Pause. Es war mir nicht bewusst, dass ich schon nach diesen paar Kilometern solche Blessuren abbekomme würde. Es ist aber auch warm am Tag und ich mutmaße, ich habe die falsche Unterwäsche am Start. Da werde ich mich in Trier in einem Fachgeschäft drum kümmern müssen.

Um 6:00 Uhr habe ich alles wieder eingepackt, meinen Platz ist gesäubert und bin folglich wieder unterwegs.

Ich mache mich Quasi im wahrsten Sinn des Wortes wieder „VOM ACKER“

>> Ich muss duschen und mich unaufschiebbar waschen. Ich brauche auch ganz dringend einen Kaffee, und, und, und. <<

Der nächste Zeltplatz wird angefahren, um dort erst mal Körperpflege durchzuführen.

Nach einer guten viertel Stunde Fahrtzeit in Pünderich, entdecke ich den „Campingplatz Moselland“. Nur mit duschen ist da nichts, weil die Rezeption noch geschlossen hat, was eigentlich um 6:15 Uhr zu erwarten ist.

>> Was tun? <<

Der Körper klebt und ich habe das dringende Bedürfnis, NEIN die Notwendigkeit, ein WC aufzusuchen.

>>Alles ist so ruhig hier, soll ich einen Camper fragen wo hier die sanitären Anlagen sind? Aber alle schlafen noch, ich kann doch niemanden wecken. <<

Also bin ich an der Rezeption vorbei, denn irgendwo muss doch ein Hinweis sein.

>> Ja, da… ein Hinweis… ein Hinweis. <<

Direkt im Gebäude neben der Rezeption, dann die Erlösung!

Die Feuchtgebiete, WC und Duschen Tür an Tür.

>>Juhu endlich! <<

Rad abgestellt und rein.

>>Nur leider kein WC Papier. <<, merke ich leise an.

Aber nicht „SCHLIMBO“, denn in meiner Überlebenslenkradtasche, die ich immer am Mann habe, wenn ich das Rad abstelle, ist selbstverständlich auch für diese Notfälle etwas „badei“.

Ok. Das kann ich abhaken, jetzt duschen und wenn ich einen Menschen in dieser Frühe treffe, werde ich mich auch gerne zu erklären wissen.

Also wieder zum Rad und in den Packtaschen nach dem Kulturbeutel gesucht. Ich hatte ja schon angemerkt, dass diese Utensilien einer gewissen Rotation unterliegen und immer in einer der drei Packtaschen zu finden ist.

>> Das muss dringend optimiert werden „Latte“. <<, sage ich.

Ich nehme Handtuch, frische Wäsche, Kulturbeutel und, stolz wie ich bin, ziehe ich auch brav meine Badelatschen an. Dann noch das Fahrrad optimal gegen Zugriffe Dritter gesichert und rein in die Herrendusche.

Schnell entkleidet, um dem nassen Element mit meinem Salinen Körper entgegen zu treten.

>> Endlich duschen, meine gestrigen Verfehlungen herunter spülen und wieder einen klaren Kopf und reine Poren erhalten! <<

Voller Inbrunst öffne ich die Einhebel- Mischarmatur, aber dann stelle ich mit Entsetzen fest:

>>Da kommt ja gar kein Wasser heraus!? <<

Die Dusche spricht in Gedanken zu mir:

>>Ich dusche dich… aber ich mache dich nicht nass! <<

>> Super, wunderbar ….habe ich denn irgendwas verbrochen? Vielleicht Kinder geschlagen oder meine Suppe nicht gegessen? <<

Infolgedessen, Handtuch drum und wieder raus.

Ein Automat neben der Duschparzelle. Den habe ich echt im ganzen Menschentrubel übersehen und das Losungswort lautet „Duschmünzen“.

>> Fabelhaft; ja warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? <<

Es nutz alles nichts, weder ärgern noch meckern! Ich ziehe die frischen Sachen an, um mit einem Waschlappen am klitzekleinen 25er Handwaschbecken im WC Raum einzelne Körperregionen so einigermaßen zu bewässern.

Es ist circa 7: 15 Uhr als ich, mehr schlecht als recht, bezogen auf meine körperliche Hygiene, meine Reise fortsetzte. Nach einigen hundert Metern ruft mein Spatzl an, um sich über mein Befinden zu informieren. Ich bin etwas eifersüchtig, denn meine Frau sitzt Zuhause auf der Terrasse und genießt ihren Morgenkaffee.

>>Leider gibt es noch kein Geruchs- Handy<<, rufe ich zu Grit.

>> Dann hätte zumindest einer meiner Sinne Befriedigung gehabt! <<

Wir unterhalten uns noch etwas und Grit verabschiedet sich mit den Worten:

>> Fahr schön weiter, gehe frühstücken und pass auf dich auf! <<

In den Ort „Burg“ an der Mosel fahre ich dann hinein und finde bald einen Bäcker, der auch Frühstück mit Sitzmöglichkeit anbietet. Die zwei guten Tassen Kaffee und die belegten Brötchen animieren meine Lebensgeister wieder. Nach einem kurzen Bericht über mein Vorhaben und den 2500 Kilometern, die ich vor mir habe, wünscht die Bäckersfrau mir alles Gute für die Reise.

Gegen neun Uhr erreiche ich Traben Trarbach.


Da wir jedes Jahr mit dem Stammtisch nach „Kirn“ >> ins Hirn << in den Hunsrück fahren, war ich das letzte Mal 2012 in Traben Trarbach. Ich war mit meinem kleinen Motorrad unterwegs, welches ich immer hinten auf dem Wohnmobil mitnahm. Fünf Tagen Chillen sind nichts für mich und so verspüre ich nach kurzer Zeit immer das Gefühl, mich zu produzieren. Wir mieten in Sohrschied immer eine ganze Jugendherberge, die in einer Talsohle liegt, umgeben von Wald und Ruhe. Ruhe aber nur dann, wenn wir mit der ganzen Horde nämlich an Pfingsten nicht hier sind. Denn mit dem ganzen Equipment, das wir hier dann anfahren, beschallen wir dieses Tal und das seit einigen Jahren.


Hier in Traben Trarbach, so bestimmte ich, werde ich mal wieder einen Stempel für meinen Pilgerausweis besorgen. Wie in den Tagen zuvor, wird dies wieder ein sehr zeitintensives Unterfangen.

Die erste angefahrene Kirche ist, wie erneut zu erwarten war, um kurz nach neun Uhr noch geschlossen. In der gegenüberliegenden Fahrradwerkstatt bekomme ich die Adresse vom Pfarrbüro. Ich muss einige Zeit suchen, denn mein Navi streikt in diesen engen Passagen. In den teilweise verwinkelten Gassen dieser Kleinstadt fallen mir die schönen alten Domizile auf. Endlich erreiche ich das Evangelische Pfarramt. Vor dem Pfarramt in der Kirchgasse 13, sehe ich schon an einigen Häusern Hinweise über preiswerte Pilgerunterkünfte.

Pfarrer Jörg-Walter- Henrich empfängt mich sehr freundlich und gibt mir den 5. Stempel in mein Pilgerheft. Der Pfarrer fragt mich, ob ich heute hier in Trarbach übernachten möchte, denn es gäbe hier zwei Pilgerunterkünfte zu äußerst günstigen Konditionen.

>> Wäre ich mal gestern nicht versackt, denn hier sind bestimmt keine Duschmünzen erforderlich. <<, merke ich an.

Ich berichte dem Pfarrer von meiner morgendlichen Trockenduschaktion und er wiederum referiert anschließend zum einen von einer Jugendherberge im Stadtteil Traben:

>>Diese modern eingerichtete Jugendherberge ist für alle da. Für Schüler bei Klassenfahrten, für Teilnehmer von Seminare und Tagungen aber auch für Musikgruppen. Und nicht zuletzt erleben dort Einzelgäste einen freundlichen Service. Alle Gäste lernen dabei eine der schönsten Flusslandschaften Deutschlands in ihrer ganzen Vielfalt kennen. <<

Weiter erfahre ich von dem Würdenträger von der alten Lateinschule, die auch hier im Stadtteil Trarbach liegt.

>>Dort können Wanderer und Pilger, die den Jakobsweg von Koblenz nach Trier, also den 180 Kilometer umfassenden Mosel-Camino, in dieser mehr als 400 Jahre alten ehemaligen Schule einkehren und übernachten. <<

>> Und weil, Traben Trarbach etwa in der Mitte liegt, geradezu ideal für Radpilger. <<

wie ich für mich feststelle und anmerke.

Die Übernachtung mit Frühstück kostet in der Lateinschule 18,- Euro pro Person. Falls nicht im Schlafsack genächtigt wird, gibt es für weitere 3,- Euro noch Bettwäsche und ein Handtuch dazu. Diese einzigartige Lage bietet viele Möglichkeiten, ein ruhiges Plätzchen und die malerische Mosellandschaft zu genießen. Dort zu sitzen, umgeben von Weinbergen, lädt geradezu zum Entspannen ein! *So nachzulesen auf der Homepage der Lateinschule in Trarbach*.

Sollte ich noch einmal hierherkommen, würde ich die Schule bevorzugen. In Anbetracht der Tatsache, dass Trier noch gut 90 Kilometer entfernt ist und ich heute noch dort ankommen möchte, lehne ich beide Vorschläge ab und wir verabschieden uns.

Darum rauf aufs Fahrrad und wieder runter zur Mosel.

>>Ach schau mal Gerd, ein großes Schild hier am Moselufer vom Mosel Camino, wunderbar! <<

Hier noch schnell ein paar Fotos gemacht und meine Tour fortgesetzt. Es wird wieder ein herrlicher Tag werden, die Temperaturen betragen heute Morgen schon um die 20°C und es wird noch deutlich wärmer.

Mir fällt wieder auf, wie schön das Fahren am Rhein und hier an der Mosel doch ist. Die Römische Weinstraße, eines der schönsten Weinanbaugebiete Deutschlands. Richtig gesponnen haben die nicht, die Römer. Denn die Weinberge um die vielen Moselschleifen sind auf jeden Fall eine Reise wert.

Ein paar Tage später noch, dann werde ich mich daran erinnern und mich zurücksehnen. Die endlos scheinenden und schmerzenden Steigungen in der glühenden Hitze werde ich temporär bereuen. Aber jetzt gleite ich noch schön, genieße die wunderbare Mosellandschaft bei absolutem Kaiserwetter. Im Moment fährt es sich sehr gut. Ich schaffe richtig was an Strecke und merke abermals, wie es stetig wärmer wird und mir der Schweiß und die Staunässe schon wieder zu schaffen machen.

Mir wird klar:

>> In Trier muss ich unbedingt ein Sportgeschäft aufsuchen, um mir geeignete Sportunterhosen zu kaufen. Denn sonst bin ich bald bis aufs rohe Fleisch aufgescheuert! <<

Ich fasse also den Entschluss, unbedingt und schnell Abhilfe zu schaffen. Andernfalls geht das auf keinen Fall gut. Denn wenn sich in den Schenkelinnenseiten irgendetwas entzündet und vielleicht noch eitert, dann wäre es das gewesen mit der weiteren Tour. Jetzt muss erst mal helfen, dass ich öfters anhalte und die Stellen regelmäßig mit Wundsalbe versorge.

Für einen kleinen Gaumenschmaus muss ich kurz meine gesetzten Ziele „Nur sekundäre Pflanzenstoffe zu mir nehmen zu wollen“ überdenken. Steht doch da an der Radstrecke eine schöne Destillieranlage ungefähr 2 Meter hoch, mit viel Kupfer und Edelstahl und schön poliert. Da musste ich doch anhalten und was sehen meine Augen dort?

>> Tresterfleisch, original in der Destille gegart. <<

Schweinenacken in Riesling, mit zehn Gewürzen und viel Zwiebeln über Nacht eingelegt in Tresterschnaps und anschließend in der Destille gegart.

Das muss eigentlich probiert werden, dazu zwei Scheiben frisches Brot, aber ich befinde, dass es noch zu früh dafür ist.

Weiter geht’s und nach kurzer Zeit dann der erste Radfahrer, der mich für gut zehn Kilometer begleitet. Keinem der interessierten Betrachter entgeht es, dass ich an den Packtaschen jeweils eine Jakobsmuschel aufgeklebt und hinten an der Gepäckrolle eine Originalmuschel befestigt habe. So präpariert, oute ich mich für mein Vorhaben und Kenner der Szene nehmen Anteil.

Ein Herr, so Mitte 50, der seine Frühsportrunde absolvierte, erzählt, dass er auch auf dem Camino war. Allerdings sei er zu Fuß unterwegs gewesen. Er schätzt mein Vorhaben und wir plaudern eine Weile während wir ein 25 km/h Schnitt fahren. Wohlgemerkt ich mit Volllast und der Herr mit sich und einer halbvollen Trinkflasche beladen. In Bernkastel-Kues verabschieden wir uns, weil ich noch Trinkwasser und Obst beanspruchte. Und zum ersten Mal höre ich,

>>Auf Wiedersehen, eine gesunde Reise und -Buen Camino-! <<

Ja, Buen Camino. Diese Worte gehen noch auf der weiteren Reise ins Fleisch und Blut über.

Nach meinem Einkauf lege ich noch kurz auf einer Parkbank eine Pause ein und creme mich gut mit Sonnenschutz ein. Dann verweile ich noch etwas und lasse der Strömung der schönen Mosel etwas Aufmerksamkeit zukommen.

Meine nächste Pause beabsichtigte ich, gerne in „Leiwen“ einzulegen. Zwischendurch versorge ich immer mal wieder meine Problembereiche und arbeite daran mein gesetztes Mittagsziel Leiwen so gegen 13:00 Uhr zu erreichen.

Auf dem Weg kaufe ich noch zwei Ersatzschläuche, denn man weiß ja nie wann der nächste Plattfuß kommt. Da es schon sehr warm ist, muss ich hin und wieder mal ein schattiges Plätzchen suchen, um meinen Bedarf an Mineralien wieder zu decken.

Unruhe kommt auf und ich sinniere: >> Wann kommt den Leiwen? Ich spüre das Verlangen nach Kohlehydrate und Proteine. Ich könnte sogar Dönieren, denn ich habe „Kohldampf“! <<

Kurz vor Leiwen erreicht mich eine SMS- Nachricht von Wolfgang, einem meiner Kegelbrüder oder wie ich immer sage meiner Selbstfindungsgruppe. Wolfgang, eigentlich - außer Borki- die komplette Gruppe, dachte kurz daran mit mir die abgespeckte Variante von Pamplona aus zu fahren, er befand sich mit seinem Kartenclub in Kiel:

>> Hoffe, Du hast noch Luft in den Reifen. Gruß von Frank, Heinz, Norbert und Borki! <<

Schnell noch ein paar Bilder vom Ortseingangsschild Leiwen geschossen, denn ich bin mittlerweile dort angekommen und in ein Restaurant mit Blick auf die Mosel eingekehrt. Während ich auf meine Dorade warte und schon mal ein eiskaltes Bier zu mir nehme, sind sie wieder da, die positiven Stimmungen und Erinnerungen an Leiwen mit meiner „Selbstfindungsgruppe“.


Hier waren wir schon fünf Mal. Eine sehr gut geführte Anlage dieser „Eurostrand“. Da hatten wir noch das „Zusammen was machen Gen“ in der Gruppe. Leider ist dieses Gen mit dem Ausscheiden einiger Gründungsmitglieder verloren gegangen. Wir zogen trotz „All Inklusive“ zum Moselufer, kehrten in Weinstuben ein und sind dort auch bei herrlichen Gesprächen und einigen Galonen Wein versackt.


Die Dorade ist glasig gegart, das Gemüse hat noch Biss und das Salatbuffet, bei den Temperaturen, ein absolutes Muss. Zum Schluss einen Latte Macchiato und danach wasche ich mich noch im Sanitärbereich.

Nach dieser guten Versorgung geht es in den Endspurt. Noch 40 Kilometer, dann werde ich in Trier, der ältesten Stadt Deutschlands, angekommen sein.

Bis nach Trier zieht es sich noch ordentlich hin. Die Mittagssonne zwingt mich immer wieder mein Kopftuch mit Trinkwasser zu tränken, damit das „Köpfchen“ immer schön abgekühlt wird. Zum Glück kommen immer wieder Möglichkeiten Wasser nachzukaufen und einige Waldabschnitte, die Schatten und Abkühlung bringen.

20 Kilometer vor Trier klingt sich noch ein Herr bei mir ein. Er begleitet mich einige Zeit und gibt mir einen Tipp, um immer wieder Kraft nachzutanken. Powerriegel und Power Gel gibt es in vielen Geschmacksrichtungen und sind vom Gewicht deutlich geringer als das Obst was ich bei mir habe.

Dazu fällt mir Helmut ein. Helmut „der Endfeuchter“ der in einer Firma arbeitet, die Geräte für Gebäudetrocknung vertreiben, ist mein Nachbar. Von ihm hatte ich ja schon den Ratschlag befolgt, Magnesiumpulver in ausreichender Menge mitzunehmen.

>>Wie war das noch „Ratschläge sind auch Schläge“! << aber er meinte es ja gut mit mir.

>> Das mit dem Kraftriegel ist mir neu und ich werde mich morgen an meinem Ruhetag damit beschäftigen. Aber danke für die Info! <<, sage ich und füge weiter an:

>>Da habe ich ja morgen schon Programm in Trier: Apotheke, Sportgeschäft, Reformhaus und ganz wichtig, das Atmen nicht vergessen! <<

Wir plaudern noch und rund 10 Kilometer vor Trier trennen sich unsere Wege. Der Mann wünscht noch viel Kraft für mein Vorhaben und ist schnell nicht mehr zu sehen.

Die letzten Kilometer auf der A 602 sind sehr abwechslungsreich. Dieser Tour abschnitt, der von „Kenner Ley“ bis nach Trier Nord parallel neben dem Mosel Radweg und Landstraße verläuft, prägt das Landschaftsbild und lässt die letzten Kilometer wie im Flug vergehen.

Dann erreiche ich um 17:00 Uhr endlich die Stadt Trier. Ich bin nass geschwitzt, erschöpft und sehne mich nach Ruhe und Erholung. Dieser Ruhetag bei den Temperaturen über 35 ° wird mir guttun. Ich suche nach dem Pfarrbüro. Denn das habe ich ja in Traben Trarbach in meinem „LZG“ abgespeichert, günstige Pilgerunterkunft, nur über das Pfarrbüro.

Nachdem ich im Touristenbüro nachfrage, gibt mir eine Fee den Wink, dass mir im Dom Shop weitergeholfen wird. Auf dem Weg dorthin brauche ich eine dringende Erfrischung in Form von eiskaltem Gerstenkornsaft und ich kaufe auf dem Hauptmarkt erst einmal eine Dose. Dann bin ich durch ein sehr altes kleines Barock Tor hindurch und denke schon den Dom erreicht zu haben. Ich setze mich erst mal auf eine Steinbank, um runterzukommen. Den einen oder anderen Zeitgenossen wird der Anblick nicht erfreut haben, dass ich direkt vor dem Gotteshaus Portal, Bier konsumiere. Aber das ist mir gerade so ziemlich „Latte“. Hier drinnen, umgeben von Häusern, ist es angenehm kühl. Ich senke meinen Kopf und schließe für kurze Zeit meine Augen, um ganz bei mir zu sein. Nach kurzer Zeit der Entspannung spüre ich wieder einen Energiefluss!

Wie ich feststelle, war es doch nicht der Dom, sondern die Stadtkirche St. Gangolf. Der Dom befindet sich nur ein paar Straßenecken entfernt. Kurz darauf erreiche ich also die ältestes Bischofskirche Deutschlands, den Dom von Trier. Jetzt muss ich aber erst mal eine Unterkunft für zwei Tage organisieren. Der Dom Shop ist direkt neben dem Trier Dom und gut ausgewiesen. Also bin ich rein und erst mal meinen 6. mit Datum 19.07.2013 versehenden Stempel, höflich eingefordert.

>> Kann ich sonst noch was Gutes für Sie erledigen? <<, fragte der Herr.

>> Ja bitte, eine Unterkunft und ganz wichtig wäre Duschen, ach und Essen! <<, antworte ich.

Dieser wirklich freundliche Mensch zückt eine Kladde aus der Schublade und sagt:

>> Das bekomme ich hin, einen Moment bitte! <<

Er telefoniert etliche Stellen ab aber entweder sind die Pilgerunterkünfte ausgebucht oder die Familien, die Schlafplätze zur Verfügung stellten, sind selbst im Urlaub oder wollen in den Sommerferien keine Besucher haben.

Dann will der Herr wissen:

>> Wie hoch ist denn ihr Budget für die Unterkunft? <<

>> Maximal 50,00 Euro und ich möchte bitte zwei Nächte buchen. <<, merke ich an.

Er erwidert:

>>In diesem Preissegment habe ich noch einige Adressen und frage mal nach. <<

Ich habe schon latente Panik, heute schon wieder nicht zum Duschen zu kommen und in der Prärie zu nächtigen.

>>Notfalls nehme ich auch die Präsidenten Sweet im Hilton, denn ich muss mein Zelt trocknen und meinen Schlafsack lüften und ganz dringend „Ich - muss – Duschen“!<<,

füge ich mit leicht gerötetem Kopf hinzu. Denn ich spüre es genau, wenn das Köpfchen glüht.

>> Also der Herr ist ein Fahrradpilger und er benötigt einen sicheren Platz für sein Fahrrad und für zwei Nächte ein Zimmer. Haben sie ok, und für 25,- Euro? Super ich schicke ihn vorbei! <<, lauschte ich gespannt dem Gespräch.

Dann teilt er mir mit:

>> Das ist jetzt keine Nobelunterkunft und die Duschen sind im Flur aber Hauptsache wir haben was für sie gefunden! <<

Auf einem Stadtplan zeichnet er mir den Weg ein und ich trotte los, um schnell in mein Refugio zu gelangen. Nach kurzer Zeit erreiche ich das Etablissement mit dem wohlklingenden Namen „IM STÜBCHEN“. Ich stelle mich kurz vor und erzähle der Wirtin, dass ich angemeldet bin.

Wirtin: >> Wasse Du gemeldet, vom wo? <<

Gerd: >> Vom Dom, vor wenigen Minuten per Telefon. <<

Wirtin:>> Ache jaja, ich mische erinneeere, ok gebe du 50,- Heuro… bitte. <<

Gerd. >> Kann ich vorher mal das Zimmer sehen und wo kann ich mein Rad abstellen? <<

Wirtin: >> Jaja Du könne sehen, kommen bitte mitte… mir. <<

Das Zimmer scheint sauber. Es riecht zwar etwas muffig und die zwei Bäder im Flur werden von allen Bewohnern genutzt, was die Unterhosen, die über eine Wäscheleine hängen, verraten. Aber alles kein Problem, ich habe Badelatschen für die Dusche und ich bin müde.

Gerd: >> Alles klar, ich bleibe und wo kommt das Rad hin? <<

Wirtin: >> Könne du stelle untene in das Flure… iche zeige du. <<

Der Mikroflur, den die vornehm gekleidete Wirtin - mit langem, grauen Baumwolle Kittel und versiffter karierter Schürze-, mir zeigt, ist der Treppenaufgang zu den Räumen. Dieser Raum, der eigentlich zu Fluchtzwecken nicht zugestellt werden darf, ist schon erheblich mit alten Türen, Koffern, Stühlen und Kartonagen verbaut.

Gerd: >> Da müssen sie aber etwas Platz machen, sonst passt mein Rad da nicht hin! <<

Wirtin: >> Isse keine Probleme du kanne alles schmeiße Treppe zu die Keller runter. <<

Da ist wirklich noch ein Treppenabgang und mir war es jetzt auch fast egal, denn ich brauchte „Bier, Bier, Bier und Bett, Bett, Bett. “

>>Ok, alles klar. <<, sage ich.

Wir erreichen wieder den dunklen Gastraum, in dem sich zwei ältere Gestalten an den Geldspielgeräten üben. Die zwei Typen befinden sich schon im Spiel-Sucht-Modus, denn ein von mir in den Raum geworfenes „Guten Tag!“ dringt durch die beiden Hohlköpfe durch und ich habe auch nicht mehr die Hoffnung, dass diese Herren meinen Gruß erwidern. Ich bestelle noch ein Bier und bitte um einen Beleg für meine Bezahlung des Zimmers.

Das Getränk geht auf das Haus und ich schleppe meine Klamotten hoch. Jetzt noch das Rad verstauen und alles in Ruhe für die nächsten Stunden abhandeln. Ich befreie den kleinen Stellplatz im Flur, denn die Haustüre geht auch noch nach innen auf, vom Unrat und sichere mein Rad am Treppengeländer mit allen mir zur Verfügung stehenden Schlössern. Dann noch zwei Kartons zusammengefaltet und vor meinem Rad gestellt und mit den Expandern etwas fixiert. Ich habe Angst, dass die „Vollgesofskies“ am Abend oder in der Nacht die Türe aufstoßen und ich am nächsten Tag erst mal mit der Reparatur beschäftigt bin.

Da also jetzt der lichte Durchgang gerade nur noch 45 cm misst, berührt die Haustüre beim Öffnen immer, mein jetzt gut eingepacktes Fahrrad.

>>Ich muss dir unbedingt mal einen Namen geben „Fahrrad“, denn schließlich sind wir noch so einige Kilometer und Tage zusammen. <<, denke ich.

Auf meinem Zimmer angekommen, reiße ich erst mal die Fenster auf, ziehe die Gardinen zu und reiße alle verschwitzten Klamotten vom Körper, einfach rum geschmissen. Ja rum geschmissen! Jetzt mal für kurze Zeit einfach nur „Ich Sein“.

Dann geht mir durch den Kopf:

>> Hoffentlich brennt es hier nicht, denn der einzige Fluchtweg wurde soeben von mir zugebaut. <<

Jeder Brandschutzbeauftragte hätte die Hände über den Kopf zusammengeschlagen! Aber zur Not, springe ich aus auch dem Fenster des ersten Stockwerks.

Schnell noch Zelt und Rucksack ausgepackt und zum Trocknen und Lüften irgendwo im Zimmer aufgehängt. Ausgerüstet mit Badelatschen begebe ich mich in die innenliegende und leider schmierige Dusche. Dabei sind die nötigen Utensilien wie Spachtel und Schleifpapier, um zwei Tage Schweiß abzukratzen. Falls Bedarf ansteht, bin ich auch mit antibakteriellem Spray bewaffnet.

>>Wunderbar, was habe ich für ein unbeschreibliches Glück!? <<, signalisiert mir meine Nase. Einige Sekunden zuvor muss hier einer „einen abgeseilt“ haben. Dieser beißende Geruch verrät dem Kenner, was hier passierte. Zu dem genaueren „Ist- Zustand“ dieses Bades möchte ich hier keine weiteren Ausführungen folgen lassen.

>>Einmal abgesehen von den Rahmenbedingungen von Latten was für eine Wohltat, „DU DUSCHST und wirst nass! Auch wenn der Abluftmotor nicht funktioniert und selbst nach dem Benutzen des Duschgels es so riecht, als ob einer im Lavendelfeld geschissen hat. Aber egal! <<

Für 20 Minuten lass ich sehr verschwenderisch das kühle Nass meinen Körper benetzen. Meine völlig durchgeschwitzten Klamotten nehme ich einfach mit unter die Dusche und wasche sie in einem Arbeitsgang gleich mit.

Nachdem ich meine Körperhygiene zufriedenstellend erledigt habe, hänge ich erst mal Handy, Navi und Notstrom Akku ans Stromnetz. Jetzt mit Zuhause telefonieren und vertraute Stimmen hören. Ich lege mich auf das Bett und stelle mit Bedauern fest, dass die Bettwäsche unangenehm riecht und die Matratze auch noch durchhängt.

Meine Ansprüche und das Niveau dieser Kaschemme differieren exorbitant, aber ich brauche einen Ruhetag und so kurbele ich meine Bedürfnisse, notgedrungen gen Null. Mit meiner Frau wäre ich hier niemals abgestiegen.

Dann rufe ich sie an: >> Hallo, ich bin endlich frisch geduscht und habe eine Unterkunft für die nächsten zwei Nächte hier in Trier gebucht… <<

Wir plaudern noch ein wenig über das Tagesgeschäft, von Zuhause und über meine Erfahrungen bis hier hin geradelt zu sein und machen bald Schluss.

Vor meiner Nobelherberge steht ein großer weißer Pavillon, in dem sich leicht angetrunkene Gäste ein geräuschvolles Stelldichein geben. Da es jetzt um 20:30 Uhr zu spät ist für ein kleines Schläfchen und ich von unten viel Lärm höre, beschließe ich, mir noch etwas die Beine zu vertreten. Und gegessen habe ich ja auch noch nicht.

Von der Kaschemme bis zum Hauptmarkt der Innenstadt sind es keine fünf Minuten zu Fuß und die immer noch warme Luft ist sehr angenehm.

In der Historischen „Steipe“, ein gotisches Gebäude am Hauptmarkt, befindet sich im Erdgeschoss ein Café. Und die Spitzbogenarkaden, deren Säulen in der Trierer Sprache „Steipen“ heißen, gaben diesem Gebäude seinen Namen.

Also lege ich erst mal eine Kaffeepause ein und nehme die Eindrücke um mich herum auf.

Etwa das Marktkreuz, welches der Erzbischof Heinrich I. 958 als Hoheitszeichen zum Hauptmarkt ausstatte, den Petrusbrunnen und das immer noch geschäftige Treiben der Passanten.

Nach einiger Zeit breche ich auf, um noch ein Restaurant aufzusuchen und bin fasziniert vom Anblick der in warmen Farbtönen angestrahlten „Porta Nigra“. Ich wähle eine Pizzeria in der Nähe mit Außenbewirtung, um alles genießen zu können. Nach einem Monster Salat und Pasta verspüre ich die nötige Bettschwere und hätte mich gerne sofort in mein Zimmer geschnipst.

>> Na ja, die paar Meter und dann hast du es ja geschafft <<, denke ich.

Ich zahle, bedanke mich für das gute Essen und breche auf. Keine Hundert Meter weiter bekomme ich zwangsläufig mit, wie ein penetranter und betrunkener Bettler Gäste eines anderen Restaurants auf übelster Weise beschimpft. Ich bekomme mit, wie er die Tische abgeht und um Geld bettelt. Da die Gäste seinem Begehren keine für ihn befriedigenden Taten folgen lassen, nimmt sich dieser betrunkene Stadtstreicher die Frechheit heraus, die Leute sehr lautstark auf das Übelste zu beschimpfen und zu bedrohen. Der beherzte Herr, nach dem der Kellner ruft, ich denke es ist der Inhaber, stellt sich diesem -Mitte 40-jährigen- Krawallmacher.

Fasst ihn an seine verlumpte Kleidung und chauffiert den Typen 50 Meter davon. Ich bekomme nur noch einige Wortfetzen mit, denn ich entferne mich zunehmend, so dass ich dem weiteren Geschehen nicht mehr folgen kann und will. So gegen 23:00 Uhr erreiche ich meine Kaschemme Der Pavillon ist noch gut besucht und entsprechend laut.

Ich inspiziere noch die Schutzpolsterung meines Fahrrads im versperrten Treppenhaus.

>>Ist in Ordnung<<. Nachdem ich bettfertig bin und mich nach Schlaf sehne, kann ich trotz der Lautstärke gut einschlafen kann. In der Tat, bin ich sofort wieder meine Ohren am Bügeln.

Fahrzeit am 19.07.2013: ca. 11,00 h

Gesamtfahrzeit: 30,37 h

Höchstgeschwindigkeit: 33,03 km/h

Durchschnittsgeschwindigkeit: 14,50 km/h

Tageskilometer: 111,11 km

Gesamtkilometer: 359,91 km

Radpilgern Extrem

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