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Metz und die Begegnung mit der etwas wärmeren ART

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Es ist 5:00Uhr, ich verliere noch ein paar Gedanken an Gestern und freue mich schon auf meine heutige Tages- Etappe nach Metz. Mal sehen, wie gut der Ruhetag meinen Beinen bekommen ist. Ich lege fest ab 6:30 Uhr wieder unterwegs sein zu wollen.

Das übliche Szenario: Noch einmal ausgiebig duschen, verstauen der Klamotten und dann das Rad wieder freilegen. Das müsste doch alles schnell klappen. Also hoch „Gerd“

>>Huch, was ist das denn!? Ich komme nur unter Schmerzen hoch. Ach du heilige Kacke, was ist das denn schon wieder? <<

Ich taste meinen linken Brustbereich ab, denn von dort tritt der Schmerz bei Belastung auf. Ich kann aber nichts an Schwellungen oder Hämatomen feststellen und grenze somit ein, dass ich mich in diesem King Site Bett verlegt haben muss.

Oder esoterisch betrachtet!

>>Na Super, da haben die stechenden Blicke ja ihr Ziel erreicht, aber musste es denn unbedingt die Herzseite sein, Liebchen? <<

Ich stellte für mich fest, dass ich keine Zeit für Befindlichkeiten habe und spreche zu mir:

>>Das Jammern nutzt aber nichts, denn Frankreich und Metz warten schon auf mich, also Gas geben Jung<<.

Ohne Unterhose und mit der neuen Erfahrung und Zuversicht, dass Staunässe und wund gefahrene Leisten in Zukunft der Vergangenheit angehören, schaffe ich es, dass ich um 6:30 Uhr abfahrbereit in den Startlöchern stehe. Das Fahrrad ist in Ordnung, also Schlüssel der „Kaschemme“, wie mit der Wirtin besprochen, in den Briefkasten geworfen und los geht`s.

>> Und bloß nicht umdrehen, um denen „Im Stübchen“ kein auf Wiedersehen signalisieren zu müssen. <<

Beim Aufsteigen auf das Fahrrad spüre ich >>schön<< meine linke Brustseite. Stelle jedoch mit Beruhigung fest, dass ich ohne Schmerzen trampeln kann. Ich halte auf den ersten Metern schon mal Ausschau nach dem ersten warmen Getränk, aber es ist noch viel zu früh, um meine Morgendröhnung zu finden. Wie ich nach kurzer Fahrzeit bemerke, ist der Fahrtwind noch etwas „kühl lala“. Also stoppe ich und ziehe eine leichte Softschell Jacke unter leichten Schmerzen an.

Eine gute Entscheidung, denn jetzt läuft das Rad, während ich wieder der „Mosel“ entlangfahre, einwandfrei. Da es heute wieder 38° – 40°C werden soll, beschieße ich, nur dann eine Kaffeepause einzulegen, wenn ich ein geöffnetes Geschäft finde. Mir fallen zwei Nachtlager von einigen Wildcampern auf und dabei frage ich mich, ob die gestern auch zu viel Wein getrunken haben?

So früh sind kaum Leute unterwegs und das Fahren an der Mosel entlang ist hier auch sehr abwechslungsreich und schön. Da laut Straßenschilder mein nächster Ort Konz sein wird, hoffe ich, hier meinen dringend benötigten Kaffee zu bekommen. Wie ich später erfahre, nicht Ort, sondern Stadt. Denn Konz hat durch die Eingliederung mehrerer Ortschaften 1959 die Stadtrechte erhalten. Hier in Konz mündet die Saar in die Mosel. Die Römer bauten für ihre Straße von Trier nach Metz über die Saar eine Steinbrücke mit sechs Bögen und zwei Türmen. Es wurde eine römische Tempelanlage aus dem frühen 1. Jh. n. Chr. entdeckt und ausgegraben. Leider erlaubt es meine Zeit nicht, alles anzuschauen was mir ständig an interessanten Dingen während meiner Tour begegnet. Dies bedauere ich wirklich.

Hier zwischen Trier, Konz und Metz befinde ich mich auch streckenweise auf der 473 km umfassenden „Velo Route SaarLorLux“, mit folgendem Streckenverlauf:

Saarbrücken - Kleinblittersdorf - Sarreguemines - Sarralbe - Dieuze - Moyenvic - Delme - Verny - Ars-sur-Moselle - Metz - Thionville - Schengen - Remich - Dalheim - Luxembourg - Graulinster - Echternach - Igel - Trier - Konz - Mettlach - Merzig - Dillingen - Saarlouis - Völklingen – Saarbrücken.

Von Konz aus erreiche ich nach kurzer Zeit den Moselort Oberbillig. Oberbillig ist mit dem gegenüberliegenden, luxemburgischen Wasserbillig durch eine Autofähre verbunden. Will man den Ort erreichen und befindet sich wie ich auf der anderen Moselseite, so muss man eine Brücke, die über den Grenzfluss „Sauer“ oder Sure, wie er in Luxemburg genannt wird, benutzen.

Mit dem Überqueren der „Sauerbrücke“ verlasse ich Rheinland-Pfalz und befinde mich ab sofort in Luxemburg. Ich bin ganz überrascht, denn damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Da bin ich wohl mal wieder schlecht vorbereitet gewesen?

Aber ich erinnere mich, dass es so ja auch gewollt war. Nicht alles bis ins Detail vorbereiten, sondern aus der Situation heraus entscheiden.

Ich frage noch kurz einen Passanten, der gerade seine Brötchen beim Bäcker gekauft hatte, welcher der beiden Uferstraßen nach Metz führt? Nicht das ich erst mal die „Sauer“ entlang fahre und nach kurzer Zeit sauer bin, weil ich dem falschen Flusslauf folge.

Leider habe ich das Nachfragen bei Ortskundigen nicht immer befolgt und in Nancy wurde daraus ein „kleiner Umweg“ von ca. 50 Kilometern und 50 Kilometer mit dem Fahrrad sind mal schlappe 150 Minuten.

Apropos Bäckerbrötchen, fehlt da nicht noch etwas? Wieso habe ich nicht gleich den Herrn gefragt?

Sofort stelle ich meine Sinnesorgane und besonders meine olfaktorische Wahrnehmung auf Empfang:

>> Ja, ich rieche es, gleich bin ich am Ziel meiner morgendlichen Sucht! <<

Ich denke an das Buch „Parfüm“ des deutschen Schriftstellers Liebeskind, welches ich seiner Zeit in einer Woche verschlungen hatte und an den Hauptdarsteller „Grenouille“, der Gerüche kilometerweit wahrnehmen konnte.

Da ich, von Latten, wenn der Wind günstig steht, durchaus in der Lage bin 30 Meter wahrzunehmen, werde ich auch um zwei Straßenecken weiter mit einer Bäckerei belohnt.

Kaffee, zwei Brötchen dazu und runter zum Moselufer auf eine Bank und erst mal gefrühstückt. Es ist noch früh und es sind kaum Luxemburger unterwegs. Die Mosel heißt hier in Luxemburg „Moselle“ und so schaue ich mir noch den Flusslauf etwas genauer an und sauge die Stimmung der Landschaft auf. Dabei ziehe ich mir die Brötchen rein.

Gut gestärkt geht es um 9:30 Uhr weiter auf einer sehr gut ausgebauten Fahrradstrecke. Ich befinde mich auf der Luxemburger Weinstraße und bewege mich entlang der Mosel in Richtung Schengen. Die Städte Schengen und Perl sind die Einfallstore, wo jene 42 Kilometer beginnen, an denen sich die beiden Nachbarländer Deutschland und Luxemburg die Mosel teilen. Auch wenn ich sehr oft auf Landstraßen fahren muss, diese sind sehr großzügig ausgebaut und dem Sicherheitsabstand der Verkehrsteilnehmer wurde gut Rechnung getragen.

Hier reiht sich wie an einer Schnur gezogen Weinanbaugebiet an Weinanbaugebiet. Der Weinbau in Luxemburg ist bis ins Mittelalter und früher dokumentiert. Er bezieht sich in Luxemburg größtenteils auf das Moselgebebiet mit den steilen Hängen und Gesteinsböden. Hier fing es wie fast überall an Mosel und Rhein mit den Römern an, die nach ihrem Siegeszug durch Gallien auch das nördliche Moseltal und Germanien eroberten. Und da Trinkwasser damals noch stark verunreinigt war, haben die Römer dem Wein zum Löschen des Durstes den Vorzug gegeben. Der Alkoholgehalt von Wein und Bier war damals nicht so hoch wie wir ihn heute kennen.

Und im Mittelalter diente ein Quantum an Wein sogar zur Desinfektion des Wassers.

Weil die Kirche Wein für ihre Messen benötigte, übernahmen sie später im Mittelalter, wie überall in Europa, den Weinanbau.

Luxuriöse Häuser prägen teilweise die Landschaft entlang der Mosel und zeugen von gewissem Wohlstand, der hier mit dem Rebensaft erzielt wird.

Mittlerweile macht mir der Schmerz mehr und mehr Sorge. Hätte ich nicht eigentlich schon längst einen Arzt konsultieren müssen? Im Moment kann ich auch nicht im Internet recherchieren. Also wenn ich gleich mit Grit telefoniere, dann lasse ich sie mal Zuhause im WWW nach einer Arztadresse sehen.

Die knapp 42 Kilometer bis Schengen sind eigentlich ziemlich schnell gefahren und unterwegs habe ich auch keine Pause mehr eingelegt. So erreiche ich Schengen gegen 11:30 Uhr.

Hier werde ich aber erst mal etwas verschnaufen und vielleicht bekomme ich noch einen Stempel. Vor dem Europadenkmal und einem Segment der Berliner Mauer am Moselufer stelle ich mein Rad ab und schaue mich etwas um. Eigentlich hatte ich nach dem historischen Gewicht des Schengener Abkommens eine gewaltige Stadt erwartet. Das Gegenteil ist der Fall. Schengen ist ein kleines Winzerdorf an der Mosel mit gerade mal 4500 Einwohnern.

Hier wurde am 14.06.1985 Europäische Geschichte geschrieben und auf dem Moselschiff MS Marie-Astrid unterschrieben. Fünf Europäische Mitgliedstaaten nämlich die Regierungen der Staaten der Benelux Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich unterzeichneten ein Abkommen, das die Abschaffung der Grenzkontrollen vorsieht. Das Abkommen gilt, wie die Einführung der gemeinsamen Währung - den Euro - als Europäischer Meilenstein. Sehenswert auch das Europäische Informationszentrum „Centre Européen“. Hier erhält man ausreichende Informationen zur Geschichte und der Grenzen der einzelnen Staaten, die dem Abkommen angehören.

Ich besichtige das Schloss von außen mit dem rekonstruiertem Barockgarten und fahre mit dem Fahrrad durch den Ort Schengen. Die Kirche befindet sich auf einer steilen Anhöhe, zu der ich das Rad sehr zur Freude meiner faulen Rippe schieben muss, bekomme aber von oben einen fantastischen Ausblick. Meine Stempel Aktion geht erneut ins Leere, da alles geschlossen ist. Also schmeiße ich noch einen Kraftriegel ein und fahre weiter Richtung kontrollfreie Französische Grenze.

Nach einigen gefahrenen Kilometern erreiche ich Frankreich. Das Land, indem ich den längsten Teil meiner Exkursion verbringe werde. Insgesamt rund schlappe 1600 Kilometer. Diese Kilometer werden es in sich haben. Sie werden mich zur Verzweiflung und zur Erschöpfung führen. Ich werde an Grenzen herangeführt, bei denen der gesunde Menschenverstand sofort und lautstark „Stopp!“ schreit. Aber hier werde ich auch Erfahrungen „ER LEBEN“, die mir sonst immer verborgen geblieben wären. Ich werde Wetterkapriolen ausgesetzt sein und mich manchmal fragen, ob ich noch normal bin, mit dem was ich hier mache. Mir werden hilfsbereite aber ebenso egoistische Menschen begegnen. Auf mich warten steile Landstraßen, die ich mühselig hochkriechen werde und viele Abfahrten „fliege“ ich beherzt runter. Berge nötigen mir Respekt ab und wunderschöne Aussichten und Landschaften werde ich größtenteils lieben.

>> Kurz um: „Augen AUF und durch Gerd“<<

Aber jetzt erst mal mit „Zuhause telefonieren“, denn vielleicht sind meine Symptome ja Anzeichen eines Herzinfarktes und ich muss SOFORT in ein Krankenhaus und mit einem Professor Dr. „Hatschiiiii“ sprechen?

Ich halte in Höhe des Französischen Hoheitszeichen in einer Parkbucht und wähle erst mal meine Frau an. Nachdem ich ihr mein Befinden erkläre und mit der Bitte mal nachzusehen ob ich zur letzten Ölung muss, ruft sie kurz darauf zurück und gibt Entwarnung.

>> Und ganz wichtig von Latten, das Atmen nicht vergessen<<.

Nach den erklärten Beschwerden kann es nur eine Prellung sein. Also nicht mehr herzhaft lachen und tiefes Ein- und Ausatmen vermeiden. Wo kann ich mir dies denn zugezogen haben. Ich finde es beim besten Willen nicht heraus und begründe die Ursache mit dem schlechten Zustand der Matratze in meiner Kaschemme. Wir plaudern noch kurz miteinander und danach war ich heil froh, dass es nichts Ernstes ist und ich so meine Reise fortsetzen kann.

Jetzt geht es also weiter auf der Französischen Moselweinstraße Richtung Thionville. Aufgrund der steigenden Temperaturen, lege ich schon vor einiger Zeit meine Jacke ab und bin nur noch mit dem Nötigsten bekleidet. Hier ist aber unbedingt noch zu erwähnen, dass ich bis hier hin noch nicht wund gefahren bin. Ich hoffe, dass es auch so bleibt.

Ich bemerke, dass die Straßen hier nicht ganz so großzügig ausgebaut sind. Da aber am heutigen Sonntag kaum Autos unterwegs sind, lässt es sich sicher fahren. Sehr viele Radfahrer sind in kleineren Gruppen aber auch einige in Großgruppen unterwegs. Und immer häufiger stelle ich mit großer Freude fest, dass mir freundlich gegrüßt wird.

>> Buon Rute<<, heißt es immer häufiger. Diese zwei Wörter geben mir ein gutes Gefühl.

Ich komme etwas vom „La Moselle Ufer“ ab und bemerke den Anstieg von 300 Höhenmetern, die mir mit dem Gepäck schon einiges an Energie abverlangen. Hier in Königsmacker in der Region Lothringen genieße ich einen schönen Ausblick auf die Französische Mosel. Ich kann den Flusslauf etwas verfolgen und Blicke auf einen Campingplatz am Ufer. In der Ferne mache ich vier gewaltig rauchende Türme aus. Da muss ich mal nachhaken was es damit auf sich hat. Weil ich unbedingt wieder an das Moselufer heran möchte, frage ich einen Radfahrer nach dem Weg.

>> Missiö, Excuiese ma, cey esse Metz<<, so grausam muss es sich angehört haben.

>> „Fahren sie den Abhang herunter, unten an der kleinen Kreuzung biegen sie rechts und wieder nach links und schon sind sie auf dem richtigen Weg“<<, antwortet der Herr in wohltuendem Deutsch.

Der freundliche Franzose hatte 20 Jahre in Deutschland gearbeitet und war von meinem Vorhaben, bis nach Santiago de Compostela zu fahren, beeindruckt.

>>“ Das wäre mal etwas für mich, aber da müsste ich noch vorher 20 Kilo an Gewicht verlieren“<<, so der nette Herr, der mit einem Rennrad unterwegs ist und bestimmt seine 120 kg auf die Waage brachte.

Wir plauderten noch ein wenig und ich drücke mir noch Power Gel mit Bananen Geschmack in den Hals. Schon geht es wieder weiter.

Hier unten, an der mit viel Schatten versehenen Mosel entlang zu fahren, ist in Anbetracht der angestiegenen Temperaturen eine echte Wohltat, die ich sehr genieße.

Am Beginn meiner Weiterfahrt schmerzten meine Knie für 30 Sekunden. Das ist mir aber auch schon vorher aufgefallen. Nach kurzen Pausen und nach einigen Pedaltritten ist der Schmerz allerdings schnell wieder weg.

>>Seltsam, eventuell sollte ich mehr Magnesiumpulver zu mir nehmen, auch das muss ich unbedingt beobachten. <<

Die unterschwelligen Krankheiten scheinen sich zu häufen. Zuerst die wund gefahrenen Leisten, meine Rippe, dann die Krätze an der Hand und jetzt noch die Knie. Ich ersehne, dass es nicht noch mehr wird, denn ich würde mich gern mehr auf das Radeln konzentrieren.

Nach kurzer Zeit habe ich wieder eine Begleitung. Ein drahtiger grauer Herr 65 Jahre und auf einem fünf Tausend Euro Karbon Rennrad unterwegs, wie er mir mit Stolz erklärte. Es ist ein, wenn jetzt auch in der prallen Sonne fahrend, netter Deutsch-Englisch-Französisch-Hand-Fuß Dialog.

Er löst auch die Frage der vier rauchenden Türme auf.

>> Cattenom<< Ich konnte mir schon fast denken, dass es Atommeiler ist. Aber die Größe, dies muss ich mir mal auf der Zunge zergehen lassen.

Also eine riesige Kernkraftanlage mit vier Druckwasserreaktoren und zwar:

Cattenom 1 Cattenom (Moselle) Druckwasserreaktor 1300 Nettoleistung in MW

Cattenom 2 Cattenom (Moselle) Druckwasserreaktor 1300 Nettoleistung in MW

Cattenom 3 Cattenom (Moselle) Druckwasserreaktor 1300 Nettoleistung in MW

Cattenom 4 Cattenom (Moselle) Druckwasserreaktor 1300 Nettoleistung in MW

Gehört hatte ich natürlich schon davon, vor allem von den vielen Reaktorstörfällen. Nur, dass das AKW so nah an Hilden liegt, hätte ich nicht gedacht. Es gab Zeiten da setzte ich mich der Atomkraft und ihren Nachteilen auseinander. In den 1980 Jahren bin ich mit meinem Bruder Gerold und mit der Absicht etwas zu bewegen auf die Ostermärsche gezogen. Denn dort wurde nicht nur für Frieden, sondern auch schon gegen AKWs, protestiert. Lang ist es her und die „Prios“ wichen anderen alltäglichen Themen. Wenn man sich erst einmal als Glied in der riesigen Kette wiederfindet, die funktionieren muss, bleibt kaum noch ein Zeitfenster, um sich mit diesen und vielen anderen wirklich wichtigen Tatsachen bzw. Missständen zu beschäftigen.

Eigentlich ist es schade, aber ein Leben reicht da nicht aus und jeder findet für sich heraus, was ihm wichtig ist und wofür er sich einbringt oder engagiert oder, oder, oder …

>> Ach was ist es herrlich, ich kann über all diese Dinge nachdenken und habe noch einige Zeit dafür. <<

Wie ich aus einigen Foren entnehmen konnte, sind die Uranvorkommen endlich und reichen wohl nur noch für einige Jahrzehnte. Somit werden meine Ur-Ur Enkel zumindest von einem Super GAU verschont bleiben. Da Cattenom den Stresstest nicht ausreichend bestanden hat, möchte ich mir nicht ausdenken, was passiert, wenn sich eine Terrorbewegung mit einem Flugzeug da drauf stürzt.

>> „von Latten alles ist gut. Du hast eine nette Etappenbegleitung, die dich bis Thionville mit Informationen eindeckt. Cattenom arbeitet gerade störungsfrei, also ruhig bleiben, entspannen“<<, sage ich zu mir.

Der Lorentz haut ganz schön rein und ich kühle mir immer wieder meinen Kopf, in dem ich mein Kopftuch mit Trinkwasser begieße. Das bringt für kurze Zeit Erholung, denn wir fahren die ganze Zeit in der prallen Sonne. Mein Reisebegleiter ermahnt mich immer wieder, nicht zu schnell zu fahren. Ich trete aber auch wie von Sinnen in die Pedale und spüre keinerlei besondere Belastungen. Es läuft wie am Schnürchen und ich genieße die Abrollgeräusche meiner Reifen. Dieses Geräusch entsteht bei warmen Temperaturen und ab 25 Kilometer Geschwindigkeit auf Asphalt. Dieser Klang sagt mir immer, dass ich in der für mich optimalen Fettverbrennung unterwegs bin.

Mein ständiger Blick auf meinem Tacho zeigt die 26 bis 30 Stundenkilometer zu meiner Freude an und ich bin im Gegensatz zu meinem Begleiter voll bepackt. Uns trennen gewichtstechnisch mindestens 50 Kilogramm aber auch 12 Jahre und so nehme ich immer wieder, was mir sichtlich schwerfällt, etwas an Fahrt heraus. Wir plaudern noch über weniger wichtige Dinge des Alltags. In Thionville bekomme ich Tipps von meinem Begleiter darüber, wie ich weiter zu fahren habe und dann verabschieden wir uns voneinander. Ich muss noch versprechen, nicht zu schnell in der Hitze unterwegs zu sein.

Ich komme jetzt streckenweise, bedingt durch die ansässige Industrie, immer etwas vom Weg des Moselufers ab und muss mich mithilfe vieler freundlicher Franzosen wieder auf Kurs bringen lassen. Nach dem Passieren der Gewerbezonen, gelange ich ans Moselufer zurück und kann mich wieder gut orientieren. Irgendwann kommen dann wieder Hinweisschilder für Radfahrer. Bis Metz also noch 28 Kilometer. Es ist jetzt 13:30 Uhr und ich bin, trotz meiner geringen Einschränkung, gut vorangekommen. Ich schätze mal, dass ich in einer knappen Stunde in Metz sein werde.

Kurz vor Metz biege ich noch in eine mit alten Mauern umgebene Ortschaft ein, um vielleicht noch einen Stempel abzuholen. Aber hier in Saint- Julien- le Metz ist auch alles verschlossen und menschenleer, also fahre ich weiter Richtung Tagesziel Metz.

Ich erreiche das Ortseingangsschild „Metz“ um 14:30 Uhr. Dort nehme ich direkt Kurs auf das nächstgelegene Restaurant, denn ich muss unbedingt etwas Kaltes zu mir nehmen. Also steuere ich ein Arabisches Restaurant an, wo ich draußen auf der Terrasse erst mal Platz nehme und ein großes kaltes Bier bestelle.

>> Wunderbar, jetzt bist du also in Metz angekommen und hast dir durch die Hitze erst mal ein kaltes Bier verdient<<.

>> “I would like to eat something, do you have salad” <<, frage ich.

>>” Yes from our refreshment Bar” <<, antwortet der Kellner.

Ich trinke einen kräftigen Schluck, halte noch meine Eindrücke in meinem Tagebuch fest, um mich dann an der Salatbar mit Vitaminen zu versorgen. Vor meinem Geistigen Auge sehe ich schon eine großzügige Salatmischung mit Paprika, Strauchtomaten, Gurken, Oliven und einen gekühlten Delphinfreundlich gefangenen Thunfisch, dazu eine leckere Vinaigrette. Beim Gang zum Büffet freue ich mich auf diese Sinneseindrücke und dabei zieht sich schon das Wasser in meinem Mund zusammen.

Beim ersten Anblick des Büffets dann die erschreckende Ernüchterung. Das Büffet besteht aus Eisbergsalat mit braunen Stellen, Tomaten und Eiern einem blasen Analog Käse sowie Kochklebeschinken abgerundet mit einem Fettdressing aus der Fertigproduktion.

Alles klar. Von diesem Zeugs hier, ich nenne es nicht Essen, fasse ich null an. Ich bestelle noch ein kleines Bierchen, zahle und fahre dann weiter ins Zentrum von Metz.

>>Die halten hier alle Mittagsschlaf, die Ferkel. Kaum Menschen unterwegs, was ist los hier? Hoffentlich bekomme ich bald etwas zu essen! <<

Ich sichte am Moselufer schon einen Campingplatz. Möchte mich aber noch nicht festlegen, ob ich diesen schon nehme. Da ich großen Hunger verspüre, fahre ich die Kathedrale als Fixpunkt im Auge erst mal an. Finde in ihrer unmittelbaren Nähe ein Schnellrestaurant einer großen Fast Food Kette und weiß von Deutschland, dass es dort Salat gibt. Ich sichere mein Fahrrad und betrete erst mal den gut klimatisierten Laden.

Ich bekomme sofort Gänsehaut. Meine Härchen an Armen und Beinen stellen sich auf und ich schüttele mich. Hier drinnen sind ist es mindestens an die 25 ° Temperaturunterschied zu draußen.

>>Was ist denn hier los, ist eure Klimaanlage defekt? << Mich versteht sowieso keiner von den zwei Gästen und so richte ich meine Gedanken auf das Wesentliche, auf Nahrung.

Ich habe dort in der Auslage tatsächlich Salat wahrgenommen und mir direkt zwei Portionen bestellt. Den Salat plus einen Kaffee beabsichtige ich dann auch draußen im Schatten zu mir zu nehmen, aber es ist trotzdem sehr heiß. In der kleinen Nebenstraße, wo sich die Außensitzplätze befinden, weht kein Lüftchen. Die Hitze liegt überhaupt wie eine Glocke an diesem Mittag über Metz. Ich möchte mich, da ich ziemlich durchgeschwitzt bin, nicht der Gefahr aussetzen, gegebenenfalls noch eine Erkältung zu bekommen. Denn gesundheitliche Probleme hatte ich schon mehr als gewollt.

Den ersten Salat habe ich im Nu verputzt und stellte fest, dass ich mich beeilen muss. Die viel zu kleinen Sonnenschirme erlauben es nicht, allzu lange den Schatten zu genießen. Ich öffne gerade meinen zweiten Salat, da klingelt mein Handy. „Das ist Frau Lange“, denke ich und nehme das Gespräch ohne auf das Display zu schauen an:

>>Hallo Gerd, ich bin es, dein Bruder Vitus…. ich brauche dich Bruderherz…, um zu reden! <<“, eröffnet er das Gespräch.

>> Das ist sehr schlecht, denn ich bin nicht in Deutschland und es wird viel zu teuer für dich, wenn du mich von deinem Festnetz aus anrufst <<, antwortete ich.

Vitus, so stelle ich fest, hat die Eigenschaft mich sehr oft anzuklingeln, wenn ich mich gerade nicht in Deutschland befinde. Und da er sehr mit seinen liquiden Mitteln wirtschaften muss, dränge ich ihn immer, sich sehr kurz zu fassen. Wir hatten einige Monate vor meiner Abreise einen, in meinen Augen kleineren, Disput. Vitus hilft manchmal bei mir aus. Ich konnte seinem Wunsch nicht gerecht werden, eine Mitarbeiterin zu entlassen, die ihn beleidigt hat. Weil ich aus seiner Sicht nicht „zum Blut“ hielt, wolle er erst mal Abstand zu mir halten. Meine Versuche, den MINI Konflikt in einem persönlichen Gespräch nach Wochen zu glätten, verlief ergebnislos, da sich der Leidende, wie er mir später zugestand, immer abwesend stellte.

Vitus antwortete: >> Egal, ich muss mit dir reden, da interessiert mich das Geld nicht. Es tut mir leid, bitte sei nicht böse auf mich, aber ich habe doch nach meiner Scheidung nicht mehr so viele Menschen. Kannst du nicht mal vorbeikommen, dann reden wir über alles!?<<

Ich merke an seinem Wortfluss, dass er alkoholisiert ist und mir dadurch auch nicht mehr richtig folgt. Langsam werde ich unruhig. Der 60 cm kleine Sonnenschirm deckt meinen Kopf nicht gut ab und ich muss immer nachrücken. So bin ich der Sonne stärker aussetzt als mir lieb ist und mein bisschen Restgeduld schwindet stark.

>> Also Vitus ich komme erst in fünf Wochen zurück. Dann melde ich mich bei dir und wir sprechen dann. Es ist schade, ich hätte gerne vor meiner Abreise noch die Angelegenheit mit dir geklärt, aber du warst nie Zuhause und ans Telefon bist du auch nicht gegangen. Und ich sitze hier in der Hitze und möchte noch schnell essen und sowieso, ist es viel zu teuer<<.

>> Wie fünf Wochen, wo bist du denn schon wieder und wieso weiß ich nichts davon? <<, wunderte er sich.

Ich ergänze:>> Nein, nein, nein, also wir müssen jetzt Schluss machen, - JETZT! - Ich melde mich, wenn ich wieder Zuhause bin. OK!?<<

>> Ja, aber sei nicht böse Bruderherz. <<, so Vitus.

>> Nein bin ich nicht, bis bald<<, und dann lege ich auf.

>> „Man“ es ist Sonntag und 15:30 Uhr und der ist schon bekneipt. Aber wir leben ja in einem freien Europa und es darf da jeder so machen wie er will und er sowieso. <<, sinniere ich noch vor mich hin.

Jetzt verputze ich schnell meinen Salat, damit ich aus der Hitze komme und beschließe, gleich nach dem Besuch der Kathedrale, zu dem nahe der Mosel gelegenen Campingplatz zu fahren. Dort beabsichtigte ich mein Nachtlager aufzuschlagen.

Die Kathedrale Saint-Etienne, ein Juwel der gotischen Architektur, ist auch wieder ein mächtiges und imposantes Bauwerk, das geöffnet ist. Die Anzahl der Touristen kann ich, auf Grund der hohen Temperaturen, an zwei Händen abzählen. Ich besichtige die Kirche und hole mir anschließend meinen mit Datum 21.07.2013 versehenen Stempel, Nummer 8 ab.

>>Hurra jetzt habe ich die erste Seite voll und bis Santiago benötige ich nur noch 64 Stück. <<

Ich freue mich schon gleich auf die kalte Dusche und dass ich meine Salzkruste abspülen kann. Nach fünf Minuten Fahren und Schieben meines Rades durch die wunderbare Stadt Metz, sagt meine innere Stimme zu mir, dass ich heute Abend noch mal vorbeischauen muss.

Da wusste allerdings meine innere Stimme noch nicht, wie grenzwertig es noch werden wird.

Der Campingplatz an der Allee de Metz-Plage ist sehr schnell von mir erreicht. Das Einchecken schnell erledigt und mit sechs Euro auch günstig.

Ich habe einen traumhaften Platz direkt am Moselufer auf einer nur für Zelte vorgesehenen Rasenfläche. Die Plätze unter den Schatten spendenden Bäumen waren wie geschaffen. Da es noch nicht so spät ist, habe ich auch noch genug Fläche zur Auswahl.

Ich beschlagnahme, in einer mir sehr eigenen egoistischen Art, erst mal eine Kunststoffbank und breite mich sowohl auf, als auch um die Bank herum aus. Sofort packe ich meinen Schlafsack, rolle diesen auf der Bank aus und lege mich erst mal kurz hin, um das Hier und Jetzt zu genießen.

Nach einer kurzen Zeit des Besinnens überkommt mich das - erst mal alles fertig machen- Gefühl und ich raffe mich auf, um mein Zelt aufzubauen. Nachdem ich also mein Nachtlager fertig, meine Duschutensilien und frische Klamotten zusammengesucht habe, gehe ich voller Vorfreude auf eine eiskalte Dusche los.

Auf dem Weg dorthin stocke ich noch etwas, als ich ein kleines Mitsubishi- Wohnmobil mit Anhänger und darauf zwei möchte gern Harley Motorräder sehe. Es sind zwei urige Typen. Der eine rangiert gerade das süße kleine Teil und der andere weist ihn mit Händen und Füßen ein. Ein kleines und lustiges Schauspiel, dessen Zeuge ich werde. Um durch meine Beobachtung bei den beiden Akteuren keine Unsicherheit zu provozieren, bin ich dann auch weiter und registriere noch das Deutsche Kennzeichen.

An diesem noch sehr unschuldigen Nachmittag ahne ich noch nicht, welche Eingebung mir hilft, aus dieser „Begegnung der etwas wärmeren Art“ zu entschwinden.

Weiter hin zur Dusche orientiere ich mich noch etwas. Ich halte Ausschau nach dem, von der Rezeption erwähnten Restaurant, sowie dem Einkaufsshop. Alles klar. Dort werde ich gleich einkehren. Aber jetzt erst mal frisch machen und kalt abduschen, denn darauf hatte ich mich schon seit einiger Zeit gefreut. Also rein in die Waschräume und sofort stocke ich:

>>Hammer ist das heiß hier drinnen. Hier staut sich die Wärme bestimmt auf 50 Grad. Komm von Latten beeile dich, dass du schnell unter die kalte Dusche kommst<<, geht es mir durch den Kopf.

Klamotten runter? Unnötig, denn die werden ja direkt mit gewaschen und voller Freude auf das kühle Nass, welches die Lebensgeister wiedererwecken sollte, öffne ich die Wasserzufuhr. Zu meinem Leidwesen muss ich feststellen, dass hier etwas im Argen liegt:

>>Nix kaltes Wasser! << Mindestens 40 Grad warmes Wasser war angesagt und da alles von einem Zentralthermostat gesteuert wird, muss ich mich dem manipulierten Aggregatzustand, eines aus der Vier-Elementes-Lehre aufgeführten Stoffes, hingeben. Ich fühle mich in einem offenen thermodynamischen Prozess versetzt, in dem durch Wasserdampf, Energie in Form von MIR, in Bewegung gesetzt wird.

Und um dem ein Ende zu setzen, war Gas geben angesagt. Als ich aus der Dampfsauna heraustrete, stelle ich kenntnisreich fest, dass ich wieder schwitze und mir Schweißperlen ohne Ende die Stirn herunterlaufen. Auch hier mein kleines Resümee: Wenigstens waren meine Klamotten sauber geworden.

Da die separaten Waschbecken über kaltes Wasser verfügen kann ich zumindest etwas meinen Kappes abkühlen.

Wie ich leider einen Tag später bemerken sollte, hatte ich in dieser Dusche etwas sehr Persönliches vergessen. Meinen kleinen Bernstein samt Lederriemen. Diesen hatte ich vor 5 Jahren auf der Insel „Hiddensee“ gefunden und dann von Hand geschliffen und poliert. Den hatte ich zum Duschen abgenommen und in den Dampfschwaden wohl aus den Augen verloren.

Auf dem Weg zurück zum Zelt, fallen mir die zwei „Vögel“ wieder auf. Die hatten jetzt, da es wohl mit dem Rangieren des „Wohnmobil – Anhängergespann“ nicht funktionierte, ihre Böcke runtergefahren und schieben den Anhänger von Hand. Ich grüße freundlich.

Mit weit geöffneten Augen erwidert einer der beiden recht beherzt meinen Gruß und wünscht mir ebenso einen >> „entzückenden Tag!?“ <<

Ich fragte mich: >> Huch, woher weiß der, dass ich zu warm geduscht habe? <<

Denke mir weiter nichts dabei und gehe zum Zelt. Voll war es dort inzwischen geworden. Ich bin froh über meine in Besitz genommene Bank, die mir genügend Fläche zum Trocknen der Wäsche bot.

Ich nehme mein Tagebuch und schreibe meine Tagesleistung nieder.

Fahrzeit am 21.07.2013 ca. 8,00 h

Gesamtfahrzeit: 30,37 h

Höchstgeschwindigkeit: 48,03 km/h

Durchschnittsgeschwindigkeit: 16,50 km/h

Tageskilometer: 121,50 km

Gesamtkilometer: 481,41 km

So, jetzt, da alles erledigt ist, werde ich mich zum Restaurant aufmachen und etwas essen gehen. Und später beabsichtige ich noch die Stadt Metz zu besuchen. Meine beiden Spezialisten hatten sich auch sortiert, sie sitzen vor ihrem „Wohnmobilchen“ und konsumieren Wein.

Ich bestelle erst mal etwas Kaltes zu trinken, schreibe noch etwas nieder und telefoniere mit Grit. Leider muss ich mich noch etwas gedulden, da die Küche noch geschlossen ist. Da ich der erste Gast bin, und alle anderen Tische unbesetzt sind, genieße ich die Ruhe noch etwas.

Nach kurzer Zeit kommen plötzlich meine beiden Rangierer:

>> Hallo, dürfen wir uns zu dir setzten? <<

Da mir nach Unterhaltung ist, obwohl 20 Tische frei sind, stimme ich ohne Bedenken sofort zu.

>>Ja sicher, ihr seid doch Biker und WIR halten doch immer zusammen. <<

Die beiden stellen sich mir vor. (Die Namen wurden aufgrund von Persönlichkeitsrechten von mir geändert) Gerner und Malte aus Mainz, glücklich darüber, im Rentenalter angekommen zu sein und seit vielen Jahren fest befreundet. Zweimal im Jahr auf Tour und neuerdings mit ihrem ganzen Stolz, dem kleinen Wohnmobil.

>>Wir sind zwar verheiratet aber unsere Weiber sind auch beste Freundinnen. Auch sie sind zweimal im Jahr alleine und vorzugsweise in Afrika unterwegs. <<, eröffnete Gerner das Gespräch.

>> Im Moment tun unsere Weiber dies auch und sind in Kenia und haben Spaß. <<

>> Warum auch nicht, wir leben alle nur einmal und wer früher stirbt ist länger tot. <<, sage ich.

Wir unterhalten uns sehr angeregt über Motorräder, Wohnmobile und Urlaube und viele andere Dinge des Lebens.

Der Alkohol fließt und eine Runde nach der anderen wird bestellt. Dann irgendwann hebe ich an:

>> So Jungs, ich muss jetzt mal etwas zu essen bestellen. Ich schmachte, esse ich nicht bald, liege ich hier gleich und ihr müsst mich zurücktragen. <<

>> Da brauchst keine Angst haben Gerd, …wir passen aaauf…, dass dir nichts passiert …ehrlich, „v Punkt Latte“ <<, sagt Malte.

>> Davor habe ich umso mehr Angst, dass ihr zu sehr auf mich aufpasst. <<, sagte ich eindeutig und direkt.

Also mir wird sehr schnell klar, dass die Beiden ein schwules Paar sind. Aber die sind voll witzig, ich lache sehr viel und auf alleine Rumziehen habe ich heute keine Lust mehr.

Während wir weiter verzählen und lachen verspeise ich zwischendurch mein geordertes Steak mit Salat. Da ich ja noch nach Metz rein wollte, frage ich beiden Jungs, ob sie Lust hätten mitzukommen?

Gerner und Malte nehmen ihre Köpfe zusammen und tuscheln etwas und Gerner sage dann zu mir:

>>Aber nur unter einer Voraussetzung…. << er stockte etwas in seiner Ausführung holte Luft und wollte gerade den Satz zu Ende führen

>>….wenn……..<<

>>Nein, dann nicht<<, fiel ich Gerner ins Wort.

>>Latte, lass mich doch… ausreden, …..nur wenn wir dich einladen dürfen. <<

OK denke ich, da wollen dich die zwei schwulen Hupen abfüllen, um dich dann zu benutzen. Weil ich aber „Tupperclub“ und Stammtisch erprobt bin, spreche ich in Gedanken zu mir:

>>Kerle, ihr wisst doch gar nicht worauf ihr euch einlasst, ihr Amateure. <<

Mir wird aber auch bewusst, dass die beiden einfach nur nett sind und ich mich auf einen schönen geselligen Abend freuen kann:

>> Alles klar „Männer von Flacke“, aber nur Bier. <<, lautet meine Antwort.

Malte musse noch schnell „heiß“ duschen und wir legen ein Zeitfenster von 30 Minuten fest, um uns an der Rezeption zu treffen. Ich verstaue noch Alles, ziehe mir etwas Passendes an und dann spazieren wir auch schon gemütlich los. Da die beiden öfter hier sind, brauchen wir nichts zu suchen und wir gehen in ihre Stammkneipen und konsumieren auch weiter. Hier mal ein Bierchen und dort eins und überall können die beiden etwas erzählen. Mit steigendem Alkoholpegel geht Malte mehr und mehr die Contenance verloren und „Sie“ ließ immer öfter die Schwuchtel, oder soll ich besser sagen >>den sich weiblich benehmenden Mann << heraushängen.

Bis zu diesem Zeitpunkt haben mich beide in Ruhe gelassen und ich amüsiere mich köstlich. Auch über die kleinen Sticheleien der beiden untereinander. Dabei wirken sie wie ein altes Ehepaar.

Wir setzen uns bei wirklich noch sommerlichen Temperaturen von 25 Grad auf den Place St. Jacques in Metz und nehmen an einem sehr lebhaften quirligen Abend teil. Mittlerweile haben sich auch alle Bars in den Straßen gefüllt und für ein schönes Plätzchen muss man sich schon mal anstellen.

Der nächste freie Platz ist dann auch für uns. Nach dem nächsten Getränk wird auch Gerner dann etwas speziell. Ich weiß nicht ob er/sie mir damit imponieren wollten oder ob die beiden einfach nur bescheuert sind. Auf jeden Fall wird ein Verhalten an den Tag gelegt, welches für mein soziales Empfinden abstoßend wirkte.

Wir sitzen auf der vollen Promenade und da pfeifen die alten Säcke doch den jungen Mädchen nach.

Und Malte, dem der Zeigefinger und Mittelfinger zu Zweidrittel fehlt, fand es lustig, öffentlich anzudeuten, dass er zwei Finger in der Nase verschwinden lassen kann. Dann meint er:

>>Glaube mir Gerd, die Weiber stehen da drauf. Schau mal nur wie geil die alle angezogen sind. Die machen mich alle wuschig. <<

So jetzt werden die beiden gewöhnlich und mir wird die Situation langsam aber sicher ungemütlich. Da mir die zwei „Süßen“ jetzt unter dem Einfluss des Alkohols zeigen wessen Geistes Kind sie sind, beschließe ich, diese illustre Gesellschaft meinen Rücken zu kehren.

Dann erkläre ich ihnen: >>So Jungs nach diesem Bier gehe ich, denn morgen früh muss ich wieder los. Die Stadt Toul erwartet mich. <<

>> Bleib doch noch etwas, wir bekommen doch jetzt erst richtig Spaß<<, so die Rückmeldung und einseitige Annahme von ihnen.

>>Nein wirklich nicht, ich habe fertig und gehe gleich. <<, stelle ich klar.

>> Was willst du denn schon zurück, lass uns doch noch was trinken<<, so der lallende Malte.

>> Was ist denn an dem Wort NEIN nicht zu verstehen? <<, frage ich etwas angenervt. Aber die zwei von der Fischbratküche wollen nicht aufgeben.

>>Dann lass uns doch zu unserem Wohnmobil gehen. Da haben wir noch Wein und wir feiern noch den Abschied<<, bettelt Gerner.

>> Also gut, aber dann zeitnah, denn ich bin hundemüde! <<, lenke ich ein.

Wir machen uns dann auch auf und Gerner lässt recht unverblümt durchblicken, wie seine Hormone ihm den Kopf verdrehen. Dieser alte Sack denke ich und sage:

>>Je oller desto doller! <<

Es ist schon 22:30 Uhr und ich bemerke meinen dringend benötigten Schlaf. Ich dränge noch etwas, und da es ab einem gewissen Alter, länger dauert, kommt dann auch der Wein endlich angefahren. Es ist sogar ein guter trockener Rotwein. Für die Marke habe ich mich nicht mehr interessiert, aber süffig ist er. Ich muss kein Prophet sein aber die Absichten, die der Gerner hatte, wurden mir trotz der alkoholisierten Stimmung immer deutlicher. Dann die für mich entscheidende Aussage, dem ich jetzt doch noch und entschieden, einen Riegel vorzusetzen vermag, denn ich bin sofort wieder nüchtern.

>>Gerd von Latten du bist doch so ein netter sportlicher Mann und eigentlich dachte ich, dass du gleich hier bei uns in der Mitte schläfst und wir drei uns vorher noch etwas austoben! <<, so der notgeile Gerner.

Mir steigen die Nackenhaare zu Berge. Aber die Zwei sind viel zu lieb, als dass ich mich hier und jetzt vergesse oder irgendwelche brutalen eindeutigen homophonen Äußerungen von mir geben wollte.

Klare Informationen zu meinen sexuellen Vorlieben waren jetzt angesagt, damit hier eindeutig klargestellt wird wo der „Hammer“ hängt. Also sage ich:

>>Hört mal ihr „Penisgaragen“, habt ihr einen an der Waffel oder zu heiß geduscht? Nein, ich bin ein ganz normal Heterosexueller und da wird sich auch hier und heute nichts dran ändern. Ich gebe euch jetzt noch 20,- Euro und dann trinkt ihr Morgen einen auf mich und wir gehen in Freundschaft auseinander. <<

Erst mal verhaltene Stille aber dann versuche Gerner die Situation zu retten, indem er sage:

>> Ohh, aber sei uns bitte, bitte nicht böse, Gerd nein…, denn ein Versuch war es wert. <<

Ich antworte noch einmal: >> Also Mädels kein Dialog mehr, Tschüss zusammen und danke für den super lustigen Abend bis zu dem Zeitpunkt, wo ich begann mich als Opfer- Anwärter zu sehen. <<

>> Das ist aber wirklich… jammerschade. Ja und dir alles Gute… v Punkt Latte und dass du gesund in Santiago de Compostela ankommst und ab und zu an uns denkst, ja!?….Schaui! <<, schließt Malte.

Es folgen keine weiteren Diskussionen oder Gespräche. Das Geld nehmen sie nicht an, ich stehe auf und gehe zu meinem heiß, und nicht warm, ersehnten Zelt.

Weil es noch sehr mild ist, hole ich meinen Schlafsack aus dem Zelt und lege mich auf die Parkbank. Während ich noch etwas über die Begegnung der etwas „wärmeren Art“ nachdenke, fällt mir mein Telefonat mit meinem älteren Bruder Vitus von heute wieder ein. Und obwohl ich echt hundemüde bin, machen sich Gedanken aus meiner Vergangenheit in meinem Kopf breit.


Vitus musste beim Verlust unserer Kindheit am meisten einstecken. Während mein Gehirn die ersten fünf Jahre meines Lebens überwiegend ausgeblendet oder verdrängt hatte, sind seine Erinnerungen immer noch sehr präsent. Mein Freund Stefan, genannt „Stöps“ und Psychologe seines Zeichens, hatte mir das mal in meinem Fall mit dem psychischen Bewusstsein erklärt. Von all meinen vier größeren Brüdern wurde Vitus am meisten von unserem Erzeuger misshandelt. Er gab Vitus den Spitznamen „Gummipupe“, weil er sich herausnahm, alles mit Vitus machen zu dürfen. Wir erzählen nicht sehr oft von unserer grausamen Kindheit. Die Erinnerungen daran sind zu schmerzhaft und rauben gute positive Lebensenergie. Kaum einer kann sich vorstellen, welche tiefen menschlichen Abgründe wir in der 1950 bis 1960 Jahren erleben mussten.

Während meine Mutter sich schützend über mich warf, um Tritte und Faustschläge, die mir mit zwei Jahren bestimmt waren abzufangen, erging es den anderen Geschwistern brutal schlecht. Immer wenn unser Erzeuger mit seinen Kumpanen oder mit seinen Brüdern trank, und das vier bis sechs Mal in der Woche, zitterten alle, wenn er betrunken nach Hause kam. Er meldete sich immer schon lautstark schon von der Ferne an. Und die ganze Familie Zuhause wusste, dass es gleich wieder Übergriffe der schändlichsten Weise geben wird. Meine Mutter nahm und versteckte mich manchmal in Schränken und befahl mir, mich nicht zu rühren oder gar herauszukommen, egal was auch immer passieren würde.

Einmal griff unsere Erzeuger nach dem Gewehr, lud, entriegelte und schoss damit auf unsere Mutter. Das Profil hat sie um 20 cm verfehlt und steckte noch lange im Mauerwerk. Sie sank zu Boden und zitterte über Stunden wie Espenlaub. Durch den großen Krach wurde von Nachbarn die Polizei gerufen, aber nach zwei Stunden wurde unser Erzeuger wieder auf uns losgelassen und schlug unsere Mutter dafür brutal zusammen. Unsere Mutter hatte immer Essig Saure Tonerde, um damit ihre ständig blau geprügelten Augen zu heilen.

Und immer diese Drohungen: „Wenn einer von euch irgendjemanden etwas erzählt oder zur Polizei geht, bringe ich zuerst alle Kinder und dann eure Mutter um!“

Vitus berichtete mir, dass er das Erbrochene unseres Peinigers essen musste, wenn dieser sich übergeben hatte. Anfangs versuchte Vitus sich vergebens zu wehren. Dafür wurde mein Bruder dann zusammengetreten. Wenn wir abends zur Toilette gehen mussten, so führte unser Weg vorbei an das elterliche Schlafzimmer. Bei diesem Gang pickte unser Erzeuger Vitus immer raus. Einmal, so erzählte er mir mit Tränen in den Augen, wollte er sich seines Urins entledigen, als der Geisteskranke Betrunkene ihn zu sich rief.

>>Eh, Gummipupe komm mal sofort her. Du gehst jetzt und holst Zeitungspapier und einen Esslöffel<<

Vitus, gerade mal acht Jahre mit gebrochenem Willen, dem blinder Gehorsam immer wieder eingeprügelt wurde, befolgte den Befehl.

>> Du legst jetzt etwas Papier auf dem Boden vor das Bett und tust nichts<<, befahl er.

Vitus traute seine Augen nicht, er beugte seinen nackten Hintern aus dem Bett und presste den Inhalt seines Darmes heraus. Die Luft stank fürchterlich.

>>So Gummipupe jetzt putzt du mir meinen Arsch mit dem anderen Papier ab. <<

Vitus fing an zu weinen und unsere Mutter erwachte. Noch bevor sie schützende Hilfe geben konnte, schlug er unsere Mutter ohnmächtig.

Dann herrschte er Vitus Angst machend an:

>>So und jetzt frisst du mit dem Löffel meine S…..e auf. <<

Vitus weinte bitterlich und gehorchte.

Schließlich folgte die Drohung:

>> Und solltest du irgendeinem etwas erzählen, so bringe ich zuerst deine Mutter und dann dich um, hast du das kapiert, Gummipupe? <<

Und Vitus antwortete mit zittriger kindlicher Stimme:

>> Ja Papa, bitte töte meine Mama nicht, ich sage keinem etwas und mache was du willst. <<

Eine weitere Horrorgeschichte spielte sich wie folgt ab: Er, der Psychopath, befahl, dass mein Bruder einen Eimer mit Wasser holen soll und den Eimer vor seinen Beinen abzustellen hat. Er befahl Vitus auf den Boden zu knien, so dass sich sein Kopf über dem Eimer befindet. Er nahm seinen Oberkörper und klemmte den kleinen Knabenkörper zwischen seine Beine und setzte sich auf seinen kleinen Rücken. Dann ergriff er Vitus Kopf und drückte diesen in den Eimer mit Wasser. Unter Todesangst wehrte er sich und zappelte lautstark mit den Beinen, dass unsere Mutter aufmerksam wurde. Sie erkannte sofort die Situation in der sich ihr Sohn befand, stürzte sich auf ihn und hat höchstwahrscheinlich das Leben meines Bruders damit gerettet. Er ließ von Vitus ab, der ohnmächtig zur Seite flog und ließ seine ganze grausame Brutalität an unserer Mutter aus.

Vitus traute sich bald nicht mehr die Toilette aufzusuchen, weil er immer wahnsinnige Angst hatte erwischt zu werden. Er hat manchmal abends seinen Penis mit Klebeband und Schnürsenkel abgebunden, um nicht aufstehen zu müssen. Seine Schmerzen waren wahnsinnig, wenn die Blase drohte zu explodieren. Er konnte fast gar nicht mehr richtig einschlafen vor Schmerzen. Wenn er im Bett lag, fing er an mit dem Kopf für Stunden hin und her zu schlagen bzw. zu schütteln. Dabei lallte und stöhnte er lautstark, so dass auch uns der Schlaf immer geraubt wurde. Er war in diesem Zustand wie in Trance und nicht ansprechbar. Irgendwann war er dann so erschöpft, dass er doch einschlief. Dies wiederholte sich immerzu, Nacht für Nacht. Wir nannten es „Jöckeln“ und Vitus litt darunter bis zu seinem 21. Lebensjahr.

Nachts, wenn unser Erzeuger voll gesoffen um zwei Uhr nach Hause kam, mussten wir Kinder der Größe nach antreten. Dann wurden wir der Reihe nach verhört. Und um seine Macht zu untermauern, griff er nach einer der Eisenstangen, welche als Aufhängvorrichtung zum Wäsche trocknen am Ofenrohr angebracht waren. Diese Stangen wurden zweckentfremdet von ihm eingesetzt, um damit auf uns einzuschlagen. Er prügelte damit auf uns ein und fragte immerzu:

>> Welcher Mann war heute hier bei eurer Mutter? <<

>>Keiner Papa, wie immer! <<, sagten wir und zitterten fürchterlich.

Und er brüllte:

>> Ihr dreckiges Pack, ihr lügt alle, los alle Schränke durchsuchen. <<

In der Zwischenzeit mussten wir die dumpfen und schluchzenden Geräusche hören, wenn er unsere Mutter schlug und sie durch die Wohnung flog.

Und dieses Martyrium wiederholte sich nicht nur einmal. Wir mussten dann die ganze restliche Nacht suchen und gingen dann eine Stunde bevor wir wieder aufstehen mussten zu Bett. Und immer drohte er dann:

>> Und wehe ihr sagt etwas in der Schule! Dann schneide ich euch allen die Kehle durch. <<

Anschließend vergewaltigte er lautstark unsere Mutter, sodass wir es mitbekommen sollten. Und lautstark drohte er immer wieder meiner Mutter damit:

>>Wenn du mich verlässt, dann murkse ich dich und die Kinder ab! <<

Ein weiteres Höllenerlebnis, so berichtete mir Vitus, war bei einem der zahllosen Sauforgien bei uns Zuhause. Im Beisein des Erzeugers hat mir sein Bruder „ONKEL HANS“ sein Glied in den Mund gedrückt und auch der Vater hat sich an Vitus vergangen. Und auch hier wieder:“ Wehe, wenn du etwas sagst“ Er musste öfters die Genitalien dieses Monsters streicheln.

Das schlimmste Erlebnis, dass Vitus mit ansehen musste, war die Vergewaltigung unserer Mutter durch diesen Onkel Hans. Unser Vater schlug unsere Mutter mal wieder und fixierte sie, während sie vom Onkel benutzt wurde und alles vor den Augen des kleinen Vitus.

Einmal musste Vitus acht Zigaretten ohne Filter Essen und ihm war lange schlecht und er litt drei Wochen unter Handlähmungen.

Wenn er heute seinen Kopf rasieren würde, wären alle Narben sichtbar. Viel Spaß hatte unser Peiniger daran gefunden, den Kopf von Vitus auf die hölzerne Bettkante zu schlagen, bis das Blut hervortrat und sich wie ein rotes kleines Rinnsal über seinen kindlichen Kopf ergoss. Mit einem Klappmesser wurde an seinen Genitalien gespielt.

Wieder ein anderes Mal musste Vitus sich mit dem Bauch auf dem Boden legen. Der Kranke befahl unserer Mutter sich nackt ins Wohnzimmer zu begeben, um dem beizuwohnen, was er sich wieder ausgedacht hatte:

>>“Schau mal was ich alles mit der Gummipuppe machen kann“. <<

Dabei nahm er Vitus an den Füßen und drehte ihn und sich im Kreis und auf einmal ließ er den kleinen Jungen los, so dass dieser vor die Wand flog und ohnmächtig zu Boden ging.

Es war die Hölle auf Erden.

Wir hatten uns oft gefragt, was haben wir ihm getan, dass er böse auf uns ist, aber das war falsch, denn die richtige Formulierung hätte lauten müssen. Was hat dieses Monster uns angetan, indem er uns, seinen Kindern und seiner Frau, soviel Grausamkeiten zufügte.

Mit einer Kneifzange bewaffnet griff er nach Eriks Genitalien, klemmte sie mit der Kneifzange ein und drohte ihm beim nächsten Mal alles abzuschneiden. Er gab Erik folgenden Spitznamen“ NÖTIG“. Er war der Überzeugung, Erik hätte es immer nötig, nötig geschlagen und gefoltert zu werden.

An einem weiteren Abend, wir mussten wieder in Reihe und Glied antreten und das brutale Intermezzo erlebt einen weiteren Höhepunkt:

>>Wer von euch Drecksblagen hat die letzte Fleischwurst gegessen? <<

Da außer ein halbes Packet geschnittenes schimmeliges Brot, sonst nichts Essbares da war, hatte sich unser ältester Bruder Issak dazu entschieden, die 250 Gramm Wurst, die nur für den Erzeuger da war, an uns aufzuteilen. Wir zitterten wieder vor Angst.

Dann befahl der Erzeuger:

>> “Nötig nach vorne treten!“<<

Strich ihm über die Haare und meinte:

>> “komm sag mir wer es war“<<

Erik fing an zu weinen. Der Erzeuger schrie los:

>>Jetzt höre auf, du scheiß Memme<<.

Er drehte sich weg, ja er drehte sich wirklich von Erik weg, um Schwung zu holen. Er traf mit der Faust an den kleinen Kopf des gerade 12-jährigen Jungen. Dieser Schlag war so heftig, dass dieses Kind wegflog und zu Boden ging.

>>“Nötig, steh auf du Schwächling!“<<

Unsere Mutter schrie vor Entsetzten und stürzte sich auf ihn. Es half nichts ein gezielter Schlag in den Magen und noch mit den Knien den Kopf getroffen und sie war handlungsunfähig.

>> „Hier, ihr werdet jetzt alle das faule Brot fressen bis einer von Euch zugibt, wer das Schwein war, das meine Wurst gefressen hat. <<

Wir weinten und aßen das verschimmelte Brot. Er drehte uns den Rücken zu und ging ins Nebenzimmer.

>>Und Wasserkopf, du kommst gleich und kraulst mich. <<

Gerolds Spitzname war „Wasserkopf“. Auch hier hatte unser Erzeuger die Wahnvorstellung, da passe immer was rein. Ja wir mussten diesem Menschen nach den erlebten seelischen und körperlichen Brutalitäten immer den Kopf kraulen bis er einschlief.

Ein weiteres Martyrium: Beim Holen der Bierflasche ist mein Bruder Issak gestolpert und die Flasche ist ihm aus der Hand geglitten und zerborsten. Wir hatten einen ledernen, rotschwarzen Kamelhocker. Der für folgende Züchtigung herhalten musste. Es musste sich mit nacktem Hintern auf den Hocker gelegt werden. Mit einem 1,5 Meter langen Rohrstock bekam das Kind dann 10 Hiebe auf den Hintern und nicht immer wurde nur der Hintern getroffen, so dass der Erniedrigte dann in Ohnmacht fiel. Die nächsten Schläge weckten ihn wieder auf und schürten blanken Hass.

Wenn diese Prozedur vorbei war, musste der Gequälte diesem wieder den Kopf kraulen bis er schläft. Was war das für ein Mensch, nein das war kein Mensch, der war geisteskrank. Seine eigenen Kinder, die zwischen drei und vierzehn Jahre waren, sein Fleisch und Blut so zu schänden.

Wir hatten Mordgedanken und schmiedeten dazu immer Mal konkrete Pläne. Wenn wir uns deswegen trafen, beratschlagten wir, wie wir es wohl am besten anstellen könnten. Wir hatten uns nicht im Geringsten damit beschäftigt, welche Konsequenzen es strafrechtlich für uns nach sich ziehen würde. NEIN, wir wollten nur raus aus diesem Horror. Der beste Zeitpunkt, so beschlossen wir, ist der, wenn der Erzeuger wieder voll betrunken nach Hause kam und in den Schlaf gekrault werden muss. Wir nehmen einen großen spitzen Dachdeckerhammer und schlagen damit seinen bösen Kopf kaputt.

>>Ok das machen wir. << So unser Tenor. Was mit dem Leichnam zu passieren hat, war uns keines Gedanken wert. Wir wollten einfach nur keine Erniedrigungen und brutalen Übergriffe mehr aushalten müssen. Es hätte viele Gelegenheiten gegeben, aber wir taten es nicht und so legten wir ein ums andere Mal den spitzen Hammer wieder weg. Uns lähmte die Angst als die Frage aufkam, was wäre, wenn wir nicht genau treffen würden. Wir hatten Angst und das war auch gut so. Dennoch waren wir uns einig, dass es irgendwann darauf hinausgelaufen währe und dieser Racheakt in den überregionalen Medien die Schlagzeilen gefüllt hätte.


Es schmerzt auch heute noch, diese Gedanken zu reflektieren. Besonders wenn ich mitbekomme, wie Schwächere und Hilflose körperliche Gewalt erleben müssen. Hierbei kommt es mir meist hoch und brodelt in mir. Oft gehe ich, wenn möglich, dazwischen.

Unsere nicht weniger misshandelte Mutter, die oft genug mit Sonnenbrille herumlaufen musste, ist dann zu unserem Glück mit einem unserer Fahrer; unser Erzeuger hatte mit seinen Brüdern eine Tiefbaufirma in Wuppertal; durchgebrannt. Der zog uns aus der „Scheiße“ und versuchte uns alle mit groß zu ziehen. Leider war er mit dieser Situation, wie sich später oft herausstellen sollte, total überfordert.

Aber egal.

>>Danke „Wolle“, dass du Mama, meine Brüder und mich da herausgeholt hast! Danke dafür, dass wir unsere Menschenwürde einigermaßen wiederbekommen haben. <<

Wie wir in den 1990 Jahren erfuhren, kam dann das Aus für unseren Peiniger. Eine „Kneifzange“, in Form eines LKW, hat ihn als er betrunken auf einem Mofa unterwegs war, erfasst und ihm die Eingeweide herausgepresst und die Fahrbahn damit tapeziert.

>> Es war „leider“ ein viel zu schneller Tod. <<

Radpilgern Extrem

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