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Reparationen

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1 „Obwohl der Umfang der von Deutschland zu leistenden R. praktisch erst mit dem Industriebeschränkungsplan vom März 1946 von den vier Alliierten festgelegt wurde, führte die SU (Sowjetunion) bereits vor diesem Zeitpunkt in der SBZ {sowjetisch – besetzte Zone}, umfangreiche Demontagen durch, von denen nicht bekannt ist, ob die Gegenwerte dem Reparationskonto gutgeschrieben wurden. Eine Abrechnung über die Entnahmen ist bis heute noch nicht veröffentlicht worden. Sie wird kaum jemals erfolgen, da die Sowjets im Widerspruch zum Potsdamer Abkommen ohne Zustimmung der Westalliierten ungeheure Entnahmen aus der laufenden Produktion forderten. {...} a) Beuteaktionen: Die Besetzung Ost- und Mitteldeutschlands durch die Rote Armee war mit einem rücksichtslosen Beutezug verbunden. Ohne irgendwelche Registrierung wurden riesige Sach- und Kunstwerte aus öffentlichem und Privatbesitz beschlagnahmt und ostwärts verfrachtet. Ferner erbeuteten die Sowjets Mrd.-Beträge an Reichsbanknoten, denen sie später deutsche Lieferungen und sonstige Leistungen „bezahlten“. Der Wert der bei den Beuteaktionen entnommenen Gegenstände wird auf etwa 5 Mrd. Mark geschätzt; die Menge der erbeuteten Banknoten muss mit ebenfalls mindestens 5 Mrd. Mark angenommen werden.

b) Demontagen: Die Sowjets hielten sich nicht daran, kriegswichtige Industrien zu entfernen, sondern demontierten und beschlagnahmten auch für die Friedenswirtschaft unentbehrliche industrielle Kapazitäten. Folgende Abschnitte der Demontagen sind erkennbar:

1. Welle von Mai bis Anfang Juli 1945. Bis zum Beginn der Besetzung Berlins durch die vier Alliierten räumten die Sowjets hier alle in dieser kurzen Zeit nur irgend demontierbaren Fabriken, vor allem in West-Berlin, aus. Etwa 460 Berliner Betriebe wurden von den Sowjets voll demontiert und abtransportiert, davon 149 Betriebe des Maschinen und Apparatebaus, 51 Metallurgiebetriebe, 46 Betriebe der Feinmechanik und Optik und 44 Betriebe der Elektroindustrie. Etwa 75 v.H. der bei der Kapitulation noch vorhandenen Kapazitäten wurden betroffen. 2. Welle von Anfang Juli bis Herbst 1945. Hiervon wurden industrielle Großbetriebe der gesamten Zone ebenso wie mittlere und kleinere Werke betroffen. Zu dieser Zeit begann auch der Abbau der zweiten Gleise auf sämtlichen Eisenbahnstrecken der Zone. Wieder wurden Produktionskapazitäten von Friedensindustrien abgebaut: Braunkohlenindustrie, Ziegeleien, Textil- und Papierfabriken, Zuckerfabriken usw. 3. Welle von Frühjahr bis Spätsommer 1946. Nach einer vorbereiteten Liste wurden weit mehr als 200 große Industriebetriebe der chemischen Industrie, der Papierindustrie, Schuhfabriken, Textilwerke usw. demontiert. 4. Welle von Oktober 1946 bis Frühjahr 1947. Obwohl Marschall Solokowski bereits am 21.05.1946 die Demontagen für abgeschlossen erklärt hatte, setzte einige Monate später eine vierte Welle ein, von der z.B die Zeisswerke Jena, Kraftwerke, Druckereien und einige Rüstungsbetriebe, die bis dahin für die Sowjets weitergearbeitet hatten, betroffen wurden. 5. Welle Herbst 1947. Nach einem weiteren halben Jahr wurden nochmals wichtige Betriebe der Friedensindustrie abgebaut: Braunkohlenwerke, Brikettfabriken, Kraftwerke und weitere 1.100 km Eisenbahngleise. 6. Welle Frühjahr 1948. Bei dieser vorläufig letzten Welle wurden drei Betriebe, die vorher zu SAG-Betrieben erklärt worden waren, voll oder zum Teil demontiert, darunter Anlagen des Buna-Werkes in Schkopau (Sowjetische Aktiengesellschaften).

Von den Demontagen wurden oft auch solche Betriebe betroffen, die inzwischen durch die deutschen Arbeiter wieder in Gang gebracht worden waren. Der „Bremer Ausschuss für Wirtschaftsforschung“ gibt in seiner 1951 veröffentlichten Schrift „Am Abend der Demontagen“ u.a folgende Demontageverluste der SBZ im Vergleich zum Jahre 1936 an: Walzwerke 82 v. H., Eisenschaffende Industrie 80 v. H., Hohlziegelerzeugung 75 v. H., Zementindustrie 45 v. H., Papiererzeugung 45 v. H., Energieerzeugung 35 v. H., Schuhindustrie 30 v. H., Textilindustrie 25 v. H., Zuckererzeugung 25 v. H., Braunkohlenbergbau 20 v. H., Brikettfabriken 19 v. H.,´“

Im August des Jahres 1958 begannen Verhandlungen über die Rückkehr deutscher Kriegsgefangener. Dies haben die Menschen im Ostteil Deutschlands nicht Ulbricht, sondern Adenauer zu verdanken! Leider kam mein Vater nicht wieder. Da im Westteil der Marshallplan den Aufbau Westdeutschlands beschleunigte, hatte die Sowjetunion in Mitteldeutschland erst einmal jedes zweite Gleis der deutschen Reichsbahn ausgebaut und weggeschafft. Und die Hauptindustriegebiete befanden sich vor dem Krieg – außer dem Ruhrgebiet – vor allem in Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Dennoch sollten die nächsten 10 Jahre für die nachwachsenden Musiker gute Zeiten werden. Die besten Musikinstrumente aus dem Erzgebirge und dem Vogtland konnten frei gekauft werden. Derweil begann die SED, sowohl die Privatwirtschaft als auch die fleißig arbeitenden Bauern langsam, aber immer intensiver zu attackieren. Die Entwicklung interessierte uns junge Burschen vorerst wenig, obwohl ich schon damals spürte, dass in unserem von Russen besetzten Territorium etwas nicht stimmte.

Ein Spruch war damals sehr beliebt unter uns Kindern. Die Frage lautete: „Was ist, wenn dein Schlüssel abbricht?“ Antwort: „Da ist der Bart ab“.

„Der Spitzbart muss weg“ – genau diesen Spruch haben wir bedenkenlos überall hingekritzelt. Ich verfügte schon als Kind ein grauenvolles und gnadenloses „Gerechtigkeitsgefühl“, und dieses brachte mich auch später oft in Bedrängnis.

Aber für mich gab es vorerst nur eines, und zwar ein Gitarrenlehrbuch kaufen und „bimsen“. Das ist sächsisch und heißt: Lernen, dass die Schwarte knackt. Mir schmerzten manchmal abends die Hände vom vielen Greifen. In der Schule war ich nicht ganz so fleißig. Ich habe mir nur in solchen Dingen Mühe gegeben, die mir Spaß machten.

Etwa so wie Karl May, der ja bekanntlich aus dem nahen Hohenstein-Ernstthal stammte und ähnlich wie ich öfters mal die Schule schwänzte. Erst im Jahr 1985 brachte es die totalitäre Führung der Betonkommunisten fertig, in dessen Geburtshaus ein Museum zu eröffnen. Karl-May-Bücher waren in der DDR ja verboten. Wie? Nein, das ist Tatsache! Ich besaß trotzdem eines – den vom Großvater „geerbten“ zweiten Band von Winnetou. Allerdings konnte ich noch mehr von denen lesen, denn bei meinen Großeltern im Haus nannte ein älterer Architekt fast alle Bände dieses großen sächsischen Sohnes sein eigen. Im Ernstfall wäre er alle Bücher los gewesen. Die kommunistischen Ereiferer verbrannten zwar diese Bücher nicht wie die NSDAP im Jahr 1933, doch sie waren ein Stachel im Geiste der „Freien deutschen Jugend“, wie die Kaderschmiede der SED genannt wurde. Ein jedes, was aus dem „Westen“ kam, war verboten! Alle sollten der FDJ beitreten. Weiterhin mussten viele in die lächerliche „Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ eintreten. Es war ekelhaft. Wir sollten die Rotarmisten ehren, und gleichzeitig wurde meine Klassenkameradin von Russen, wie sie von uns Kindern genannt wurden, vergewaltigt! Das Mädchen war derzeit zehn Jahre alt! Da wurde viel versucht, dieses Verbrechen zu vertuschen. Noch 1989, kurz vor unserer Flucht in die Freiheit, wurde die Tochter unserer Sängerin im Zeisigwald nahe Karl-Marx-Stadt von Russen vergewaltigt.

Wer sich weigerte, in bestimmte DDR-Organisationen einzutreten, wie: Junge Pioniere, FDJ, GST oder Ordnungsgruppen, machte sich bereits verdächtig. Ich wurde auch nur Mitglied der FDJ, weil alle Lehrlinge eintreten sollten. Nachdem ich merkte, dass es hierbei nur um Zahlen für die Meldung nach Ostberlin ging, war ich nach vier Wochen wieder draußen, indem ich das Mitgliedsbuch zerriss. Mein Verhalten konnte man schon als Eklat bezeichnen, und es war „dumm“ von mir, denn diese Daten wurden natürlich ohne mein Wissen gespeichert. So etwas ging nur wieder gutzumachen, indem man sich z. B später für drei Jahre freiwillig zur Nationalen Volksarmee verpflichtete. Danach standen dem korrekten DDR-Bürger männlichen Geschlechts logischerweise alle Türen offen.

Mein langjähriger Freund Gerold gehörte auch dazu. Er hat Hauer in den unmenschlichen Wismutgruben des Erzgebirges gelernt, in denen die Sowjetunion uns in Form von Reparationen das sächsische Uran entnahm.

So war es in der DDR und nicht anders

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