Читать книгу Oktoberstürme - Gerd-Rainer Prothmann - Страница 12

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10.

Vargas fuhr über die Küstenstraße nach Capdepera. Über Porto Christo und Cala Millor.

Etwa zwei Seemeilen nördlich vom Leuchtturm hatte ein Fischer eine halb versunkene Yacht entdeckt, die mit dem Heck auf dem Felsen einer Untiefe hängen geblieben war.

Es gab noch keine eindeutige Erkenntnis über die Nationalität des Eigentümers. Es könnte aber ein Deutscher sein. Da Vargas der Spezialist für deutsche Angelegenheiten war, hatte man ihn angerufen. Sein Citroën war zwar schon 10 Jahre alt. Aber Vargas hatte ihn mit einer fantastischen Anlage aufgerüstet. Er liebte es, Jazz zu hören. Gitarrenjazz. Er spielte selbst ein bisschen Gitarre. Für die Fahrt nach Norden hatte er sich Charlie Haden & Jim Hall in den CD-Player geschoben. Nur Gitarre und Bass. Die CD würde für die Hin- und Rückfahrt reichen.

Er schwebte auf der gerade nicht sehr befahrenen Straße nach Norden und genoss die filigrane Musik. Zahlreiche Stichstraßen zweigten rechts zu den Ferienorten und Buchten ab.

Vargas nahm es kaum zur Kenntnis. Seine Synapsen für touristische Reize und Sünden waren total unterentwickelt. Er fuhr zügig. Unverkrampft im Rahmen der vorgeschriebenen Geschwindigkeit.

Es gab keine akute Gefahr. Keinen direkt zu verfolgenden Täter. Deshalb auch keine Eile.

Er dachte über Isabela Balke nach. Über Jan Borsum und über Bernd Balke, den Mann von Isabela. Bis jetzt gab es keine echten Hinweise auf ein Verbrechen.

Sie war verschwunden. Nun gut. Nach allem, was er von ihr in Erfahrung gebracht hatte, ist sie eine selbstbewusste und selbstständige Frau. Warum sollte sie nicht einfach aufgebrochen sein. In ein neues Leben? Was sollte sie hier zurückhalten? Ihr Mann? Wohl kaum. Er würde ohne sie nicht zurechtkommen. Sie ohne ihn schon. Jan Borsum? Nach eigener Aussage hat er mit ihr nur »eine Art Verhältnis«. Das ist nicht viel. Sicher nicht genug, um sie zurückzuhalten, wenn sie wirklich weg will.

Merkwürdig bloß, dass sie keinem etwas gesagt hat. Weder Bernd Balke noch Jan Borsum. Auch keinem der Fincabesitzer, für die sie arbeitet. Das hatte er überprüft.

Noch deutete nichts auf ein Verbrechen hin. Wenn in den nächsten beiden Wochen kein Hinweis auftaucht, wird er die Akte erst einmal beiseitelegen.

Kämen Balke und Borsum überhaupt als Täter in Frage?

Bernd Balke ist sicher kein sympathischer Geselle. Ein Junkie. Geld für Stoff steht da immer im Vordergrund. Aber warum sollte er mit Isabela Balke seine Hauptstütze einreißen?

Jan Borsum hat die Guardia Civil gerufen. Warum hätte er das tun sollen, wenn er sie beseitigen wollte? Oder vielleicht gerade deswegen? Um ein Alibi zu haben? Intelligent genug für solche Finten ist er schon. Aber warum sollte er sie beseitigen wollen? Vargas kriminalistischer Kompass, auf den er sich bis jetzt immer verlassen konnte, zeigte in keine Richtung.

Die CD war bei dem Stück »Turnaround« angekommen und Vargas lenkte auch seine Gedanken auf etwas anderes.

Er befand sich auf der schmalen Straße, die hinauf zum Leuchtturm von Capdepera führte, der auf der kleinen runden Halbinsel wie ein Denkmal auf seinem Sockel thronte.

Kurz bevor er den Leuchtturm erreichte, sah er auf der linken Seite im Meer einen Pulk von Booten. Das musste die Stelle sein, wo man die Yacht gefunden hatte. Vargas stellte den Wagen am Platz vor dem Leuchtturm ab. Der Mann von der Guardia Civil wartete schon auf ihn.

Sie stiegen die ockerfarbenen fast nackten Felsen mit spärlichem Schambewuchs runter zum Wasser. Der Wind war stärker geworden. Weiß schäumend klatschte die Brandung an die Felsen.

Ein großes schwarzes Schlauchboot der Guardia Civil mit zwei starken Außenbordmotoren tanzte auf den Wellen. Vorne vom Anker und hinten von einem Seil gehalten, das an einen Haken am Felsen geknotet war.

Vargas Begleiter und ein Polizist an Bord des Bootes halfen ihm beim Einsteigen. Anker und Seil wurden losgemacht, die starken Motoren angeschmissen und das Schlauchboot schoss mit weit aus dem Wasser ragenden Bug los. In Richtung der Boote, die Vargas von der Straße aus gesehen hatte.

Gegen den starken Wind und das PS-starke Knattern der beiden Außenbordmotoren anschreiend brachte ihn der Polizist auf den neuesten Stand.

Ein Fischer hatte das Heck der Yacht aus dem Wasser ragen sehen und die Guardia Civil benachrichtigt. Die war mit drei Booten zu der Stelle gefahren. Taucher hatten die Yacht untersucht und waren zu dem Schluss gekommen, dass bei dem Untergang wohl keine Personen zu Schaden gekommen wären. Sie hatten aber keine Nationalflagge gefunden. Die Tülle für die Flagge war abgebrochen. Zu beiden Seiten des Rumpfes hatten die Taucher Stellen entdeckt, die Sabotage zumindest nicht ausschlossen.

Vargas ging an Bord des größten Boots der Guardia Civil, wo die Yacht Heck voran am Haken des Bordkrans hing. Viel mehr Informationen, außer dass die verdächtigen Stellen wohl ursächlich für das Sinken der Yacht gewesen sein könnten, bekam er dort aber auch nicht.

Die Yacht sollte in den Hafen von Alcúdia geschleppt und dort weiter untersucht werden.

Möglicherweise bot sich ihm hier ein Fall von Versicherungsbetrug.

Er ließ sich zurück zum Leuchtturm von Capdepera bringen.

* * *

Oktoberstürme

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