Читать книгу Das massierte Auto - Gerfried A. Ferchau - Страница 11
ОглавлениеBolognese mit Currywurst
Da sitze ich nun in der Werkskantine. Endlich Mittagspause. So nennen die das hier, die „Bandaffen“, von denen ich auch einer seit ein paar Tagen bin. Halb sechs am Morgen hat die Schicht begonnen und endlich ist Mittag. Mittag? Halb neun ist erst durch! Was soll’s, nach drei Stunden Sesselpupserei ist für einen „Schlipsträger“ ja auch schon der Gang zur nahegelegenen Werkskantine angesagt. Neumodisch heißt der Fresstempel allerdings „Betriebsrestaurant“.
Reichlich Betrieb hier. An den langgezogenen Tischen sitzen wir aufgereiht wie auf einer Hühnerstange und essen – Currywurst mit Pommes und reichlich Curryketchup, scharf gewürzt. Das gibt Kraft für den nächsten monotonen Arbeitsgang am Band. Genüsslich zerteile ich Stück für Stück der hauseigenen Currywurst, schiebe lustvoll ein paar Pommes hinterher und will die halbe, unbezahlte Stunde entspannt bei schmackhaftem Essen verbringen. Aber in meinen Augen tritt Unruhe ein, irritiert blicke ich nach links, sehe einen Kollegen, der seinen Kopf tief über seinen Teller abgesenkt hat und in einem „Bandaffentempo“ Spaghetti-Bolognese in sich reinschaufelt. Ich sperre Mund, Nasenflügel und Augen bis zur Schmerzgrenze auf und betrachte das Spektakel eindringlich und intensiv. Der Kollege schaufelt, ohne aufzublicken, immer schneller und fast schon verzweifelt die Teigwaren mit Soße in sich hinein. Ich kann den Blick nicht von ihm abwenden. Jetzt, ohne den Kopf anzuheben und das Ess-Tempo herauszunehmen, zieht er kurz die Augen nach links, beäugt mich scharf mit vorwurfsvollem Blick, wendet die Augen wieder ab und ackert sich weiter durch den Nudelhaufen.
Ich habe das Essen aufgegeben, den Teller mit dem Rest an Currywurst und Pommes dem Schnellfutterer hingeschoben, die Kantine auf dem schnellsten Wege verlassen und mir zwei Packungen Gummibärchen zur seelischen Erheiterung aus dem Automaten gezogen. Am Montageband nehme ich meine Arbeit, das Einziehen von Leitungskabeln, wieder mürrisch auf, aus Verirrung und Verwirrung verbaue ich den Strang zweimal falsch und fange mir einen Anschiss vom Inspektioner und Vizemeister ein. Und dann, vierzehn Uhr, Feierabend, ab in die Freiheit und Freizeit! Strahlend komme ich nach Hause, Tür aufstoßen, Frau und Kinder begrüßen und tiefe Freude verspüren, weil es lecker aus der Küche nach Essen riecht.
Gerda, was gibt’s denn heute zu essen?
Spaghetti Bolognese, mein Schatz!