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Einleitung

Dieses Buch will zu einer bewussten gruppendynamisch- und beziehungsorientierten Leitung von Klassen und Lerngruppen anregen. Es wird aufgezeigt, wie Lerngruppen auf der sozialen und emotionalen Ebene geleitet werden können, die ebenso wichtig sind wie die inhaltlich-thematische und organisatorische Ebene.

Damit aus Klassen und Lerngruppen wirklich Gruppen werden, braucht es seitens der Lehrperson bestimmte Interventionen, damit die potenziell verbindende Kraft der Gruppendynamik ihre Wirkung entfalten kann. Hierauf werde ich ausführlich eingehen. Das Thema Gruppendynamik wird nicht auf einer allgemeinen Ebene erläutert, sondern anhand von über dreißig Fallbeispielen aus Berufsfachschulklassen und Lerngruppen der Erwachsenenbildung dargestellt.

Gruppendynamik wird hier vor allem als Methode zur Leitung von Gruppen verstanden, die gruppendynamische Vorgänge beeinflusst und erfahrbar macht. Ich gehe der Frage nach, wie die Lehrperson auf die Beziehungsebene Einfluss nehmen kann, um effektives Lernen zu ermöglichen. Ebenso zeige ich theoriegeleitet auf, wie Probleme gelöst werden können. Rezepte zur Problemlösung kann es nicht geben, denn jede Gruppe hat ihre eigene Dynamik und ihre Teilnehmenden definieren sich über individuelle Besonderheiten. Daher stellen die Fallbeispiele mit den Interventionsideen keine Rezepte dar, sondern veranschaulichen die jeweilige Theorie, geben Hinweise, in welche Richtung eine Intervention gehen kann, und dienen hoffentlich als Inspirationsquellen. Neben den Fallbeispielen finden Sie eine Vielzahl an konkreten Umsetzungsideen für Interventionen im Kontext des Lehrens und Lernens.

Das wiederkehrende Element der Reflexionsfragen ist ein Angebot für Sie, das jeweilige Thema für Ihre Situation zu vertiefen und zu überdenken.

Zum Aufbau

Das Buch schlägt den Bogen von wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Leitung von Klassen, über gruppendynamische Phänomene hin zu einer von Gruppendynamik geprägten Lehrkultur mit didaktischen Inspirationen. Jedes Kapitel steht für sich, allerdings ist es von Vorteil, zunächst den Teil «Grundlagen zu Gruppe und Dynamik» zu lesen. Im ersten Teil wird das Verständnis von Gruppe und Gruppendynamik erläutert, das für die weiteren Teile grundlegend ist.

Im zweiten Teil «Mit Dynamik unterwegs» werden neun gruppendynamische Modelle und Theorien vorgestellt und mit Fallbeispielen und möglichen Interventionen verknüpft. Nicht jede dieser Theorien ist für Sie vielleicht von gleichem Interesse. Daher sind die Kapitel wie folgt aufgebaut: Zuerst finden Sie eine Zusammenfassung, dann folgt der Haupttext. Den Schluss jedes Kapitels bilden ein Fallbeispiel oder Interventionsvorschläge. Lesen Sie die Zusammenfassung zu Beginn und die Fälle mit den Interventionen am Schluss, kennen Sie die zentralen Aussagen der Theorie. Damit können Sie beurteilen, ob Sie dieses Thema so weit interessiert, dass Sie auch noch den Haupttext lesen.

Im dritten Teil «Dynamik mitgestalten» zeige ich verschiedene Zugänge zur Leitung auf.

Modell als Orientierungshilfe

Zur Orientierung stelle ich ein Modell vor, das aus fünf Elementen besteht, die ich für die Leitung von Klassen und Lerngruppen für wichtig halte. Nicht immer lassen sich diese fünf Punkte vollständig anwenden. Nehmen wir sie doch als idealtypische Idee, von der man mehr oder weniger umsetzen kann.

1 Fach- und Didaktikkompetenz: Die Lehrperson ist fachlich gut ausgebildet und kann den Unterricht nach bewusst gewählten didaktischen Grundsätzen und Modellen vorbereiten, durchführen und auswerten.

2 Beziehung zum Einzelnen: Die Lehrperson ist in der Lage, dem oder der einzelnen Lernenden ein Beziehungsangebot zu machen. Sie nimmt sie bewusst wahr und weiß, was die Person ausmacht. Lehrperson und Lernende pflegen eine wechselseitige Offenheit.

3 Aus einer Ansammlung von Individuen eine Gruppe formen: Die Lehrperson definiert mittels Contracting eine gemeinsame Lernkultur als Ziel der ganzen Gruppe. Sie hat dabei nicht nur das Individuum im Blick, sondern auch die Gruppe als Ganzes.

4 Ein Lern- und Gruppenklima bewusst entwickeln und pflegen: Aufgrund einer Vorstellung darüber, was gutes Lernen und was ein lernförderliches Gruppenklima ist, leitet die Lehrperson ihre Gruppen. Sie versteht ihren Auftrag nicht nur in der Vermittlung von Wissen, sondern auch als vielfältiges Interaktions- und Beziehungsangebot.

5 Mit gruppendynamischen Interventionen leiten: Probleme werden nicht nur als ein Problem einer Einzelperson klassifiziert, sondern auch als möglicher Ausdruck eines gruppendynamischen Prozesses. Daher finden Interventionen auch auf der gruppendynamischen Ebene statt.

Diese fünf Punkte bilden das Modell, das ich mit dem Begriff «Eisbergmanagement» bezeichne. Der Buchtitel hat durchaus auch eine doppelbödige Komponente: Einerseits können wir versuchen, die Gruppendynamik zu beeinflussen, anderseits müssen wir damit leben können, dass es bei der Leitung von Gruppen immer unverfügbare und unsteuerbare Momente gibt. Der Eisberg kann nicht immer gemanagt werden.

Gruppendynamik betrifft alle

Sind Sie mit dem Thema Gruppendynamik noch wenig vertraut oder stehen ihm gar skeptisch gegenüber, denken Sie daran: Jede Gruppe hat immer, wirklich immer, eine Dynamik. Es gibt keine Gruppen ohne Dynamik. Auch wenn die halbe Gruppe während des Unterrichts einschläft, so ist das eben die Dynamik dieser Gruppe. Gruppendynamik bedeutet nicht nur aufkommende Emotionalität und Konflikte, wie sie vielerorts (miss-)verstanden wird. Sie kann auch wunderbar energetisierend und motivationsfördernd sein. So ist dieses Buch eine Annäherung an ein Thema, das uns alle betrifft.

Eisbergmanagement (E-Book)

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