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Der gruppendynamische Blick der Lehrperson

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Beim Leiten von Gruppen ist es wichtig, einen gruppendynamischen Blick zu entwickeln. Es besteht die Gefahr, auftretende Probleme und Störungen in der Gruppe zu individualisieren und personalisieren. Das heißt, ein Vorfall, den die Lehrperson als Störung empfindet, wird mit einer Person verknüpft und zum Problem dieses Teilnehmenden oder Lernenden erklärt. Folgende Beispiele illustrieren das.

Beispiele

 Zwei Lernende haben Streit. Dem personalisierten Blick entsprechend lautet die Interpretation, dass die beiden ein Problem miteinander haben. Die gruppendynamische Perspektive zieht in Erwägung, dass die Klasse in der Konfliktphase sein könnte und die beiden um ihre Position in der Gruppe ringen.

 Ein Gruppenmitglied ist fast immer allein. Der personalisierte Blick könnte nahelegen, dass diese Person sich nicht in die Gruppe integrieren möchte. Mit dem gruppendynamischen Blick stellt sich vielleicht die Frage, ob hier jemand von der Gruppe in eine Außenseiterposition gedrängt wird.

 Die Gruppe ist bei einem Thema auffallend ruhig und passiv. Durch die personalisierte Sichtweise kommt man vielleicht zum Schluss, die Lernenden sind desinteressiert und können sich nicht motivieren. Der gruppendynamische Blick zeigt vielleicht, dass ein interner Konflikt die Gruppe blockiert.

Folgerungen für die Leitung

 Für die Leitung geht es darum, immer beide Ebenen im Auge zu behalten. Ziel ist es, dynamisch zu leiten, indem mal die Sachebene im Vordergrund steht, mal die Beziehungsebene.

 Man muss der Gruppe Gelegenheit geben, Regeln der Zusammenarbeit zu entwickeln und Verhaltensnormen auszubilden.

 Als Lehrpersonen müssen wir uns bewusst machen, dass einige Menschen eher auf der Sachebene funktionieren und andere sich eher auf der Beziehungsebene wohlfühlen. Die einen wollen unbedingt ein Ziel erreichen, den anderen ist das Wohlergehen der Gruppe wichtig. Das heißt für uns, dass wir beim Leiten darauf achten, beide Vorlieben zu berücksichtigen.

 Unser Fokus sollte darauf gerichtet sein, ein sachliches Ziel zu erreichen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass es den Lernenden im Prozess auch gut geht.

 Lehrpersonen fördern nicht nur die Sachkompetenz, sondern gleichzeitig auch die Sozial- und die Selbstkompetenz. So können auch die Mitglieder der Gruppe lernen, Prozesse auf der zwischenmenschlichen Ebene wahrzunehmen und zu beeinflussen.

 Gruppendynamische Phänomene wie Konkurrenz, Positionsfindung, Vertrautheit oder Arbeitsfähigkeit können methodisch gezielt zugunsten eines inhaltlichen Ziels zugelassen werden.

 Die Lehrperson thematisiert das Verhalten der Gruppe auf der Metaebene und regt die Gruppe zur Reflexion, Kommunikation und Zusammenarbeit an.

 Es ist Aufgabe der Leitung, auf bestimmte Gruppenphänomene hinzuweisen. Zum Beispiel:Mir fällt auf, dass nur die Männer das Wort ergreifen.Ich habe gerade festgestellt, dass der Vorschlag von Ruedi überhaupt nicht aufgenommen worden ist.Über die Hälfte der Anwesenden hat noch nichts gesagt.Auffallend ist, dass sich immer die Gleichen zu Wort melden.Mich interessiert, was in den anderen vorgeht.Mir fällt auf, dass sich bei Gruppenarbeiten immer die Gleichen zusammensetzen.

Fall: Gruppe ohne Zielerreichung

In einer Gruppe sind die Mitglieder in hohem Maß beziehungsorientiert. Niemand in der Gruppe hat einen Führungsanspruch, niemand ist in besonderem Maß ziel- und leistungsorientiert. Die Folge davon ist, dass diese Gruppe keine einzige von den gestellten Aufgaben erfüllt. Das Ziel wird nicht erreicht, trotzdem sind die Gruppenmitglieder zufrieden, weil sie eine gute Zeit miteinander haben. Trotz Feedbacks und Interventionen seitens der Leitung verändert sich an dieser Kultur nichts.

Der zentrale Wert dieser Gruppe ist die Beziehung. Die Leistung und Zielerreichung wird zugunsten eines positiven Miteinanders zurückgestellt.

Reflexion

 Was ist im Fokus, wenn ein Problem in der Gruppe auftritt: eine Einzelperson oder wird auch in gruppendynamisches Phänomen in Betracht gezogen?

 Welche Werte und Normen beeinflussen das Verhalten der Teilnehmenden und Lernenden in meinen Gruppen?

Eisbergmanagement (E-Book)

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