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Auf vier Rädern

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Solouchin berichtet in seiner »Dritten ‚Jagd«1 über erstaunliche Pilzfunde, die ihre Entdecker ebenso freudig überraschten wie in Verlegenheit brachten, weil ihnen der Abtransport ihrer Ernte Kopfzerbrechen bereitete und Mühe machte.

So erinnert er sich an eine Situation um die Jahrhundertwende zu 1900, als die Mutter des Schriftstellers in einer Fichtenpflanzung bei Barki Reizker in Hülle und Fülle fand und mit dem Pferdefuhrwerk abfahren musste. Nach dem zweiten Weltkrieg ernteten Solouchin und seine Frau bei einer Pilzwanderung durch ein Kiefernwäldchen bei Schoschenski an die zwölf Eimer Butterpilze. Nicht, dass sie zwölf Eimer bei sich gehabt hätten! Zunächst türmten sie die Pilze zu einem großen Haufen, um sie später mit dem Auto abzuholen.

Mit so riesigen Funden wurde ich nie belohnt (oder bestraft?). Aber einmal, bei einer Familienwanderung, brauchten auch wir ein Vierradfahrzeug, um unsere Ernte einzubringen.

Ein schöner Spätsommertag hatte unsere Familie an Luft und Sonne gelockt. Unser Ziel war ein Mischwäldchen inmitten von Stoppel- und Umbruchsfeldern auf einer Anhöhe an der Freiberger Straße zwischen Frankenberg und Langenstriegis. Fichten gab es und Buchen, Ahorn und Esche, am häufigsten aber Birken. Hier hatte ich erst vor einigen Tagen mit meinen Jungen eine Laubhütte errichtet, die sich sehen lassen konnte und die wir Oma und Opa, die mit von der Partie waren, vorzeigen wollten.

Um es vorwegzunehmen: Die Laubhütte stand noch lange. Wir versahen sie mit einer Knüppelbank und besserten sie hin und wieder aus. Jedes Mal, wenn wir im Wäldchen Pilze suchten, ließen wir uns ein paar Minuten darin nieder. Durch das Gezweig konnten wir aus nächster Nähe, ohne selbst bemerkt zu werden, Meisen, Finken und Zeisige bei der Nahrungssuche und einmal ein Eichhörnchen beim drolligen Spiel beobachten. Das waren für uns Augenblicke, die etwas Feierliches an sich hatten.

Während besagter Familienwanderung wurde aber nicht unsere Hütte zur Hauptattraktion. Als wir das Wäldchen betraten und gleich von einer Schar junger Maronenröhrlinge begrüßt wurden, war das ursprüngliche Ziel unseres Ausfluges schon fast vergessen und das Pilzfieber packte uns. Wir verfügten zwar über einen mitgebrachten Beutel, um die ersten Findlinge unterzubringen, doch bald standen wir vor einem Berg von Maronenröhrlingen und Ziegenlippen, der immer noch größer wurde. Wohin damit? Die Lösung war einfach: Wir hoben unsere jüngste Tochter, die damals zwei Lenze zählte, aus ihrem Sportwagen in die Arme ihres Großvaters, und schon war der benötigte Transportraum gewonnen. Nun rührten sich große und kleine Hände, um das Gefährt mit malerisch-frischen Pilzen zu beladen. Die letzten wurden sorgfältig geschichtet, so dass unterwegs nichts verloren gehen konnte.


Der Heimweg glich einem Triumphzug.

Einige Zeit später fand dieses Ereignis in einem kleinen Gedicht, das mir ein Bekannter anlässlich meines Geburtstages widmete, Erwähnung:

»Taschen, Körbe und auch Säcke

nehmen sie mit auf die Strecke.

Und was sie nicht nach Hause tragen,

das schafft für sie der Kinderwagen.«

Ob wir an dem bewussten Tag überhaupt noch dazu kamen, unsere Laubhütte zu präsentieren, entzieht sich meiner Erinnerung. Wenig später kam sie in einem Schauspiel vor, in dem mein Vater, unser Ältester, mein Zweitältester und ich die Hauptakteure waren.

Ein Pilzfreund erzählt

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