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Gott, Kirche und der Glaube

Mit 15 Jahren wurde ich konfirmiert. Wir waren eine recht große Gruppe, da es in unserer Gemeinde viele Kinder gab. Außerdem wurden aus den Nachbargemeinden die Kinder mit in unserer Gemeinde konfirmiert, da diese zu unserer Kirchengemeinde gehörten. Es war mal wieder ein großes Familienfest. Zudem gab es viele Geschenke, was mir damals auch wichtig war. Wozu gab es denn sonst die Konfirmation? Für mich war sie ein Grundstock des „Endlich–Reich–Werdens“. Und tatsächlich hatte ich nach diesem ereignisreichen Tag so viel Geld, wie nie zuvor in meinem jungen Leben. Ich wusste auch schon, was ich mir damit kaufen wollte: Ein flottes Fahrrad. Nach langen Diskussionen mit meinem Vater gab dieser endlich die Erlaubnis, mir ein Rad beim Dorfschmied zu bestellen. Der Schmied hatte, neben einer Tankstelle (es gab immer mehr Autos im Dorf und auch die modern gewordenen Traktoren fuhren nicht ohne Sprit) und seiner Werkstatt einen kleinen Laden für Fahrradzubehör und neue Räder. Toll, was der für Räder im Katalog hatte. Vom einfachen Rad, welches natürlich in meinen Augen für alte Leute war, bis hin zum Rennrad. Da mein Vater mir aber nur die Erlaubnis für ein einfaches Rad, ohne großen Schnick Schnack gegeben hatte, kämpften zwei Seelen in meiner Brust. Schließlich gab ich mir einen Ruck und bestellte: Ein tolles, buntes Rad mit Gangschaltung und Gesundheitslenker. Schließlich war es mein Geld! Die Hälfte meines „Reichtums“ war damit bereits wieder weg und mein Vater bekam einen Tobsuchtsanfall, als ich drei Wochen später mit dem Rad nach Hause kam. Dieser Anfall dauerte aber nur kurz und lieferte meinem Vater einen Grund, sich in die Dorfkneipe zu verziehen. Ich hatte viele Jahre Spaß an meinem Rad, bis es mir irgendwann geklaut wurde.

Und dann kam etwas, was die kommenden Jahre meines Lebens völlig auf den Kopf stellte. In unserem Dorf hatte der Pfarrer zu einem Gemeindeabend eingeladen. Ein Evangelisten Team sollte mit modernen Liedern und einer Predigt den Abend gestalten. Als frisch konfirmierter Jugendleiter in unserer Gemeinde wurde ich vom Pfarrer persönlich eingeladen.

Der Abend wurde bombastisch. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Die modernen Lieder kamen gut an und die Predigt war ein ganz persönlicher Erlebnisbericht, worin der junge Mann von seinen Erfahrungen mit der Liebe Gottes sprach.

Bisher war für mich der Glaube immer abgedeckt durch das Lesen der Bibel, dem sonntäglichen Besuch des Gottesdienstes und der Mitgliedschaft im Kirchenchor. Aber etwas Persönliches konnte ich darin bis dahin nicht entdecken. Mir war klar, dass man nicht stehlen oder jemanden bewusst beleidigen sollte, keinen verprügeln oder sogar umbringen durfte. Aber das verband ich nicht unbedingt mit meinem Glauben. Die zehn Gebote gaben diese Richtlinien vor. Das war in meinem kleinen Dorf im Schwarzwald doch völlig normal. Da war die Welt noch in Ordnung. Oder war ich einfach zu naiv und hatte damals noch zu wenig Erfahrung?

Jetzt sollte Gott etwas ganz Persönliches sein, durch Jesus in die Welt gekommen, um alle Menschen von Sünden zu befreien!

Als der Prediger schließlich fragte, ob hier im Saal jemand heute mit Gott einen neuen Anfang in seinem Leben machen möchte, standen viele auf und gingen nach vorne. Nach kurzem Zögern stand auch ich auf. Plötzlich wurde der Glaube an Gott etwas persönliches, etwas, was mich in meinem Inneren betraf.

In den nächsten Wochen kam völlig neuer Schwung in das Leben unserer Gemeinde. Es gründete sich ein Bibelstudienkreis. Es war für mich interessant, die einzelnen Ausgaben der Bibel zu vergleichen. Die normale Lutherbibel hatte oft ganz andere Aussagen, als diverse Ausgaben der anderen Glaubensrichtungen. Meine Bibel sah bald aus, wie ein Studienbuch. Verschiedene Notizen, mehrfarbige Anmerkungen, rot gekennzeichnete Bibelverse. Das Studium machte mir richtig Spaß und bereicherte mein Leben enorm.

In der Schule machte ich in der großen Pause meinen Rundgang um die Kirche, welche auf dem Gelände nebenan stand und las in einem kleinen, roten Büchlein, welches wichtige Bibelsprüche enthielt. Bald hatte ich in der Schule den Ruf, ein Kommunist zu sein. Andere betitelten mich als religiösen Spinner, da ich auf meiner Schultasche Aufkleber mit Sprüchen angebracht hatte: Jesus lebt! Jesus liebt Dich!

Das war mir alles egal. Ich war glücklich und hatte in meinem Leben einen ganz neuen Sinn entdeckt. Mit den Lehrern meiner Schule führte ich heiße Diskussionen.

Als ich am Turnunterricht nicht teilnehmen konnte, weil ich mir den Arm angebrochen hatte, (ein Mitschüler stellte mir ein Bein und erklärte mir anschließend, dass mein Gott nichts taugen könne, da er mich sonst aufgefangen hätte), musste ich mich trotzdem am Rande der Turnhalle auf einen Stuhl setzen und im Unterricht anwesend sein. Während meine Mitschüler ihre Runden liefen, wollte der Turnlehrer wissen, was ich für ein „Durchgeknallter“ sei. So einen religiösen Spinner hätte er selten auf dieser Schule erlebt. Ein Wort gab das andere. Die Mitschüler amüsierten sich köstlich, ich fand die Diskussion toll. Nach der Stunde kam der Turnlehrer zu mir, reichte mir die Hand und meinte: Mach weiter so, ist schon in Ordnung. Wollte nur mal sehen, wie du reagierst. Kann jeder glauben, was er will.“

Härter ging ich mit unserem Religionslehrer ins Gericht. Ihn fragte ich, wann er uns endlich etwas über oder aus der Bibel erzählen wolle. Abtreibung, Krieg und Frieden seien Themen für andere Fächer. Religionsunterricht sei für mich ein Fach von Glauben und Kirche. Er reagierte echt cool.

„Die nächste Stunde gehört dir. Zeig uns, was du unter einer richtigen Religionsstunde verstehst.“ Eine Woche konnte ich mich darauf intensiv vorbereiten. Ich suchte mir ein Thema aus, studierte dazu die Bibel und betete um die Führung des Heiligen Geistes. Die Stunde verlief ganz toll. Ich bekam viel Applaus und der Lehrer brachte ab diesem Zeitpunkt viel öfters Themen, die in Richtung Religion gingen.

Schwarzwaldjunge - Weltenbummler

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