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zu DIN 18041 – Eine Stellungnahme zur Stellungnahme

In der undatierten „gemeinsamen Stellungnahme des DIN-Arbeitskreises zur Überarbeitung von DIN 18041 und des Fachausschusses Bau- und Raumakustik der Deutschen Gesellschaft für Akustik zur Thematik tiefer Frequenzen für die Akustik kleiner und mittelgroßer Räume“ heißt es gleich eingangs:

„In den vergangenen Jahren wurden in mehreren Fachzeitschriften Veröffentlichungen abgedruckt, welche sich mit tieffrequent wirksamen, raumakustischen Verbesserungsmaßnahmen in verschiedenen Räumen befassen. Hierbei wird den Frequenzen unter 100 Hz eine besondere Bedeutung unterstellt.“

(Pressemitteilung des DEGA-Fachausschusses Bau- und Raumakustik, an dieser Stelle verkürzt benannt als „Gemeinsame Stellungnahme des DIN-Arbeitskreises zur Überarbeitung der DIN 18041“)

Veröffentlicht und verantwortet wird diese Stellungnahme durch den „Verein Deutscher Ingenieure e. V.“ (VDI) und den „Deutsches Institut für Normung e. V.“ (DIN); dort agiert für beide Verbände der so bezeichnete „Normenausschuss Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik“, kurz NALS.

Verfasst bzw. gemeinschaftlich gezeichnet wurde die Pressemitteilung von Herrn Martin Schneider (Vorsitzender des Fachauschusses Bau- und Raumakustik der DEGA) und Herrn Dr. Christian Nocke (Leiter des Arbeitskreises zur Überarbeitung der DIN 18041).

Unter Vorbehalt lässt sich vermuten, dass eine solche Formulierung an Helmut V. Fuchs adressiert ist. Der Begriff der „Unterstellung“ im Hinblick auf die Bedeutsamkeit der tieferen Frequenzen ist – bei vorsichtiger Wortwahl – unglücklich gewählt.

Denn ob die tiefen Frequenzen nun das Problem selbst seien oder nicht: Die Bewältigung akustischer Probleme mit besonderem Blick auf den Nachhall bei tiefen Frequenzen ist zahlreich beschriebenen worden – mit positiven Resultaten für die Sprachverständlichkeit auch für Räume, in denen vordergründig oder überwiegend tiefe Frequenzen keine Rolle spielen, nämlich zum Beispiel in Kindertagesstätten.

Das hätte eine umfassende Auseinandersetzung durchaus gerechtfertigt. – Stattdessen hat man „diskutiert“ – und abgehakt:

„Recherchen und Befragungen des Arbeitskreises zur Überarbeitung der DIN 18041 sowie eine ausführliche Diskussion im Rahmen der Sitzung des Fachausschusses im September 2012 in Aachen (zur Vorbereitung der Überarbeitung der Norm) zur Bedeutung der tiefen Frequenzen im Hinblick auf die Sprachkommunikation ergaben keine belastbaren Ergebnisse, die eine entsprechende Erweiterung des normativ gefassten Frequenzbereichs der DIN 18041 rechtfertigen würden.“

(Zeilen 18 – 24 der vorbenannten Pressemitteilung)

Es fällt mir nicht schwer zu verstehen, weshalb Personen, die mit der Erstellung oder der Überarbeitung der DIN 18041 befasst waren, stets auf zufriedene Kunden getroffen sind:

Es ist ein ähnliches Problem, wie es schon für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen und für Hörgeräteträger zutrifft. Man wird durch solche klassischen Bedämpfungsmaßnahmen entstresst. Man ist erfreut über die Ruhe, die in solche Räume einkehrt.

Wenn dann aber bei demselben Christian Nocke (Raumakustik im Alltag, Fraunhofer IRB 2019) zum Beispiel über einen Raum zu lesen ist, dass in einen Klassenraum von 65 m² „eine vollflächige schallabsorbierende Decke mit Abhängehöhe von 300 mm“ eingezogen worden sei, dann wird klar, dass die Sprachverständlichkeit mindestens deutlich beeinträchtigt ist und zugleich erhöhte Sprechanstrengungen abverlangt.

Wenigstens (fast) richtig gemacht worden ist die Kantenbedämpfung: „[…] und dazu eine Fläche von 14 m² mit 80 mm Steinwolle-Platten“ (Christian Nocke, Raumakustik im Alltag; Fraunhofer IRB Verlag 2019 – Seite 248/249).

Dafür hätte man gern mehr als 80 mm eines so leichten Absorbers wählen können. Aber für eine Grundschulklasse geht das überwiegend in Ordnung. Denn in der Tat spielen die wirklich tiefen Frequenzen dort als gegenwärtige Alltagsprobleme eine zumindest untergeordnete Rolle.

So oder so kommt man nicht umhin: Durch die vollflächige Bedämpfung der Decke ist der Sprache jede Unterstützung genommen. Die Verständigung stützt sich in beiden Richtungen – gleichgültig, ob PädagogInnen in die Tiefe der Klasse hinein sprechen oder Kinder Wortbeiträge leisten – praktisch nur noch auf den Direktschall.

Aber der Direktschall ist ja ohnehin das Credo der DIN 18041:

„[…] können umfangreichere schallabsorbierende Maßnahmen erforderlich werden. Dadurch wird der Schalldruckpegel am Hörort reduziert. Dies ist in größeren Räumen mit Entfernungen zwischen Sprecher und Hörer von über 8 m von Nachteil […].“

(DIN 18041: 2016-03; Ordnungspunkt 5.2, Sätze 2-4)

Und dazu dann nicht einmal im völligen Widerspruch:

„Für eine optimale Sprachkommunikation über mittlere und größere Entfernungen müssen bei geringer bis mäßiger Sprechanstrengung des Sprechers (normale bis angehobene Sprechweise) möglichst viel Direktschall und deutlichkeitserhöhende Anfangsreflexion bis 50 ms nach dem Direktschall vom Sprecher zum Hörer geleitet werden.“

(DIN 18041: 2016-03; Ordnungspunkt 4.2.1, Satz 4)

Das Problem in den Schulen und das Problem für Lehrkräfte: Klassenräume sind im Sprachgebrauch der Bauphysiker eben noch „kleine Räume“.

Tatsächlich klagen Lehrkräfte beiderlei Geschlechts – also auch Männer, denen man gern, jedoch so pauschaliert völlig fehlerhaft mehr Stimmgewalt unterstellt – über Räume, in denen Decken vollflächig bedämpft worden sind, dass sie dauerhaft mehr Kraft für ihre Sprache aufwenden müssen, um sich bis in die letzte Reihe gut verständlich zu machen. Das sind in durchschnittlichen Klassenräumen spielend 6 bis 9 m (bis 9 m wegen der Diagonalen!). – Da stellen die erwähnten 8 m dann schon eine zu lange Distanz dar, um eine Lehrkraft „entspannt“ bis „normal“ arbeiten zu lassen.

Das aber sollte möglich sein. Denn wenngleich für einen Sprecher in Ordnungspunkt 4.2.1 der DIN 18041 eine „normale bis angehobene Sprechweise“ als Arbeitsbedingung eingefordert wird, so heißt es – dazu nun ganz klar im Widerspruch – in Anhang C zur DIN 18041:

„Die Schallleistung von Sprechern bei üblichen Sprechweisen ist in Tabelle C.1 angegeben. Der Sprechapparat des Menschen ist normalerweise für eine Sprechweise auf einen A-bewerteten Schalldruckpegel in 1 m Abstand von 54 dB bis 60 dB (LpA, 1m) ausgelegt.

Länger dauerndes Sprechen ist für ungeübte Sprecher über die Sprechweise ‚angehoben‘ mit LpA, 1m = 66 dB nicht zweckmäßig.“

(DIN 18041: 2016-03; Anhang C – Sprachkommunikation, Seite 27)


Tabelle C.l — A-bewerteter Schallleistungspegel LWA von Sprechern bei der Sprechweise „entspannt" bis „laut" im offentlichen Bereich

(Quelle: DIN 18041: 2016-03, Seite 27)

„Nicht zweckmäßig“ muss man lesen als: auf Dauer gesundheitlich belastend.

Denn an verschiedenen Stellen und in unterschiedlichsten Quellen der Literatur – und hier ist nun der medizinische Fachbereich angesprochen – wird darauf hinge wiesen, dass eine dauerhaft angehobene Sprechweise zu Rachen- und Kehlkopfreizungen mit weitergehenden gesundheitlichen Folgen führen kann.

Wenn man also einerseits Helmut V. Fuchs mit seiner Art, Räume zu beruhigen, nicht fundiert widersprechen kann, weil er sehr wohl gute Erfolge vorzuweisen hat, so hat man sich vielleicht gern auf die Argumentation hin zu den tiefen Frequenzen gestützt – die weder erklärt noch erklärlich erscheinen möchten, wenn es um die akustische Sanierung von KiTa-Räumen und Grundschulklassenräumen geht.

Selbstverständlich erklärt Helmut V. Fuchs, was er meint. Zum Beispiel in „Raum-Akustik und Lärm-Minderung“ in 4. Auflage, wo er sich recht detailliert über die „Verdeckung hoher durch tiefe Frequenzanteile“ (Kap. 11.4 – Seiten 202 ff) auslässt – und sich auf andere Wissenschaftler berufen kann. Aber was hilft es, wenn er dabei auf Slawin (1960) oder auch neuer auf Gelfand (2004) verweisen kann? Die Verdeckung durch Störgeräusche von 200 Hz oder 250 Hz liegen in einem Bereich, den die DIN 18041 und sogar die zumindest in Teilen angegriffene VDI 2569 längst einschließt. Auch gelten überhaupt erst die Frequenzen ab 200 Hz und längerwellig als „tiefe Frequenzen“, so dass seine Referenzen sogar eher knapp am Sprachmodus vorbeigehen.

Letztlich also bleibt Fuchs schwer nachvollziehbar, weil er nicht klar kommuniziert, worum es ihm geht. Und bleibt somit weitreichend nicht nur ungehört, sondern wird rüde und frech als einer diffamiert, der es geschafft habe, sachlich unhaltbare Publikationen der geachteten Fachpresse gleichsam unterzujubeln.

Man mag Herren Schneider und Nocke im Rahmen ihrer „gemeinsamen Stellungnahme des DIN-Arbeitskreises zur Überarbeitung der DIN 18041“ zugute halten, dass die Relevanz der tiefen Frequenzen für den praktischen Alltag noch immer nicht umfassend belegt sei.

Auch mag man ihnen zugute halten, dass sie einen Helmut V. Fuchs als schwierig nachvollziehbar empfinden, wenn der darauf pocht, dass man die tiefen Frequenzen von 63 Hz oder gar 50 Hz berücksichtigen möge, um eine gute Raumakustik umsetzen zu können – wenn letzterer andererseits zahlreiche von ihm akustisch sanierte Räume in KiTas und auch Grundschulen in Berlin ins Feld führt.

Wer dort die praktische Relevanz übersehen möchte, kann den Eifer um die tiefen Frequenzen zur rein akademischen Ertüchtigung degradieren.

Ich hingegen bestätige diese Relevanz und gebe Fuchs im Grundsatz recht. Inwieweit man letztlich darauf eingehen möchte oder kann, wird sicherlich auch eine Frage der tatsächlichen Relevanz im Hinblick auf mögliche Kosten (der Bewältigung der tiefen Frequenzen) sein.

Aber grundsätzlich – obgleich es bisher nur eine einzelne Äußerung war – habe ich vor dem Hintergrund einer objektiven Messung und vor dem Hintergrund der Unabsichtlichkeit der Äußerung einen klaren Hinweis bekommen, der mindestens die weiterreichende forschende Beobachtung der tiefen Frequenzen für die Raumakustik nicht nur rechtfertigt, sondern geradezu herausfordert.

(Auch) darauf gehe ich im folgenden Kapitel ein.

Durch die Raumakustik muss ein Ruck gehen

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