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8. Islamischer Religionsunterricht

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Ein weiterer komplexer Themenbereich grundsätzlicher Art ist die Einführung eines echten islamischen Religionsunterrichts i. S. des Art. 7 Abs. 3 Grundgesetz, auf die eine Religionsgemeinschaft nach Maßgabe der vorgenannten Bestimmung einen Rechtsanspruch hat 67 . Schwierigkeiten tauchen hier eher auf staatlicher Seite auf als bei den islamischen Verbänden. Hamburg hat sich politisch zu einem „Religionsunterricht für alle“ entschieden. Nach dem Grundgesetz muss der Religionsunterricht indes nicht nur eine bloße Darstellung einer Religion sein, sondern inhaltlich ,,in konfessioneller Positivität und Gebundenheit" 68 erteilt werden, so dass unter diesen Begriff nicht die Abhaltung eines Religionskunde- oder eines allgemeinen Sittlichkeits- oder Ethikunterrichts fällt 69 und auch nicht ein ökumenischer (katholisch - evangelischer) 70 oder interkonfessioneller Religionsunterricht 71 . Dieser Zwiespalt auf staatlicher Seite wird im Vertragstext überraschend deutlich: Art. 6 Abs. 1 S. 2 , wonach unter Beteiligung aller Religionsgemeinschaften ein „gemeinsamer Unterricht von Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit ermöglicht“ bleiben, andererseits dabei der Rahmen des Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes beachtet werden soll. In Art. 6 Abs. 2 muss die Freie und Hansestadt ganz ausdrücklich „das Recht der islamischen Religionsgemeinschaften, bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen die Erteilung eines besonderen islamischen Religionsunterrichts nach Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes verlangen zu können“, anerkennen 72. In diesem Zwiespalt befindet sich auch die Hamburger Politik, indem der Erste Bürgermeister Olaf Scholz am 14. August 2012 das sog. Hamburger Modell eines Religionsunterrichts für alle als „Kleinod“ 73 bezeichnete, jedoch einräumen musste, dass die besagten Religionsverbände einen echten Religionsunterricht verlangen können, und dies in die Worte fasste „dann ist das eben so“ 74 .

Die Begleitung des hamburgischen Religionsunterrichts durch eine interreligiöse Arbeitsgruppe, in der auch islamische Vertreter sind, indiziert, dass es sich bei jenem eher um eine allgemeine und daher von vielen Religionsgruppen akzeptierte Religionskunde (nach dem Motto: besser als gar nichts) handelt. Welche Religionszugehörigkeit kann und darf ein staatlicher Religionslehrer besitzen?

Der salvierende Zusatz „in evangelischer Verantwortung“, um der Anforderung des Art. 7 Abs. 3 Grundgesetz nahe zu kommen, ist unklar. Worin soll diese Verantwortung einer Religionsgruppierung gegenüber anderen bestehen? Der religiös neutrale Staat darf für seine Schulveranstaltung nicht zulassen, dass die eine religiöse Gruppierung sich über die andere erhebt.

Unbeschadet dieser eher politischen Bewertungen gilt in Hamburg das Schulgesetz vom 16. April 1997 75 , das alle Schüler in der Gemeinschaftsschule zusammen fasst. In § 7 Abs. 1 S. 2 wird der Religionsunterricht vorgesehen, der „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften im Geiste der Achtung und Toleranz gegenüber anderen Bekenntnissen und Weltanschauungen erteilt“ wird. Der nicht konfessionell getrennte und damit gegen Art. 7 Abs. 3 GG verstoßende Unterricht 76 für alle 77 "in evangelischer Verantwortung" 78 ist von der katholischen Kirche angesichts ihrer Diaspora – Situation zunächst nicht weiter beanstandet worden. Tatsächlich und historisch gesehen handelte es sich nicht um eine wissenschaftlich neutrale Religionskunde 79 , sie wäre kein Religionsunterricht, sondern zunächst ein gemein – evangelischen Unterricht. Für Katholiken, Freireligiöse, Juden oder Muslime ist eine solche Unterweisung kein eigener Religionsunterricht. Und wieso müssen sich Muslime, Katholiken und Juden von evangelischen Lehrern (auf jeden Fall müssen sie einer Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) angehören), über ihre Religion belehren lassen? Seit Mitte der Neunziger Jahre hat sich die Konzeption eines Religionsunterrichts für alle zu einem interreligiösen Unterricht entwickelt unter Zustimmung kleinerer Religionsgesellschaften und noch der SCHURA Hamburg 80 . Dieser Weg hat die staatskirchenrechtlichen Regelungen in Sachen Religionsunterricht „kreativ umgangen“ 81 .

Inzwischen konzidiert das Land Hamburg der katholischen Kirche und der jüdischen Gemeinde den konfessionell geprägten Religionsunterricht, der ihnen an sich bereits bundesverfassungsrechtlich zusteht. Hamburg hat erst mit dem am 29 November 2005 abgeschlossenen Konkordat in Art. 5 Abs. 182 den für katholische Schüler an den staatlichen Schulen zu erbringenden konfessionellen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach anerkannt. Auf diesem Wege ist auch der Vertrag mit der Jüdischen Gemeinde 83. Danach muss der Religionsunterricht für alle ohnehin aufgespalten werden.

Auf islamischer Seite zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Hatten sich islamische Eltern mit der Teilnahme an dem Religionsunterricht „für alle“ zufrieden gegeben, schon um nicht ihre Kinder sogenannte Koranschulen frequentieren zu lassen und unterstützt durch islamische Organisationen, die in der erwähnten Arbeitsgruppe mit machten, so geht es jetzt verstärkt um die Forderung nach einem echten islamischen Unterricht. In der SCHURA Hamburg ist die Teilnahme von muslimischen Schülern am Religionsunterricht „für alle“ nicht unumstritten 84 .

Die Lehrpläne für den Religionsunterricht in den staatlichen Schulen hat die Schulverwaltung vorzuhalten. Der Inhalt selbst kann nur von den autorisierten Organen der Religionsgesellschaften erstellt werden, insoweit ist eine Zusammenarbeit mit der jeweiligen Schulverwaltung nötig 85 . Für diese inhaltliche Leistung besteht mithin für die islamischen Dachverbände eine „Bringschuld“. Dies gilt auch und gerade für den Fall, dass diese sich in einigen religiösen Fragestellungen nicht einigen können. Hier kann sich der Staat nicht als Schiedsrichter aufspielen. Die Verbände müssen sich untereinander einigen, sonst droht der Verlust einer Präsenz in der Schule. Für die Erarbeitung von entsprechenden Curricula sind die Verbände nicht gehindert, gewisse Vorarbeiten (vor allem in Nordrhein – Westfalen) als Gerüst oder Rahmen zu nutzen 86 .

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