Читать книгу Mit allem rechnen (E-Book) - Geri Thomann - Страница 19
Das Tätigsein verbindet Mensch und Umwelt
ОглавлениеObschon – gerade in institutionellen Kontexten, wie Schule, Hochschule oder Betrieb – behavioristisches Denken und Handeln (Skinner, 1938) in Form von Belohnung und Bestrafung noch häufig anzutreffen ist, ist das Reiz-Reaktions-Schema, was der Verhaltensverstärkung und -löschung zugrundeliegt, in seinem Geltungsbereich stark eingeschränkt und weitgehend durch kognitive Modelle (Miller et al., 1960; Neisser, 1976) ersetzt worden. Letztere beziehen auch innerpsychische Verhaltensprozesse mit ein. Hervorgehoben wird damit, dass nicht die Unmittelbarkeit zwischen Umweltreizen und menschlichen Verhaltensreaktionen die «Mensch-Umwelt-Beziehung» (M–U) am treffendsten beschreibt, sondern eine durch Vorschau und Rückkopplungsprozesse sich ergebende Kreisstruktur. In dieser Struktur tritt die menschliche Tätigkeit (Leontjev, 1977) als verbindungsstiftendes Glied zwischen die «Subjekt-Objekt-Beziehung» (S–T–O). Dabei spielen selbstverständlich Bedürfnisse, Motive, Einstellungen, mentale Modelle und Erfahrungen eine zentrale Rolle. Für unsere Diskussion genügt es festzuhalten: Wir verhalten uns nicht reizgesteuert, womöglich gar reflexartig. Wir sind vielmehr selbstbestimmte beziehungsweise weitgehend autonome Handlungswesen und beziehen dabei – aufgrund kontextueller Gegebenheiten – auch nicht bewusst zugängliche Fähigkeiten mit ein. Zu nennen sind hier zumindest folgende Konzepte: tacit knowledge (Polanyi, 1985); «gefühltes Wissen» (Gigerenzer, 2007, 2008); embodied mind (Fuchs, 2018); «Presencing = gegenwärtiges Erspüren» (Scharmer, 2015, S. 172, vgl. auch den Beitrag von Kuhn, S. 154) oder eben improvisierendes Handlungsvermögen (Dell, 2002, 2012). Diese impliziten, nicht grundsätzlich bewusstseinspflichtigen Wissensformen bergen Schnittmengen zum improvisierten Handeln, wie es in diesem Band thematisiert wird. Wir verweisen weiter unten nur auf eines dieser Konzepte, das «subjektivierende Handeln» nach Böhle (2017).