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Baden-Württemberg – Kunst, Kultur und Geschichte
ОглавлениеNatürliche Grenzen, Rhein und Vogesen im Westen, Bodensee im Süden, Iller im Osten und mitteldeutsche Gebirgsschwelle im Norden, fassen ein geologisch und klimatisch durchaus heterogenes Gebiet zusammen.
Entsprechend präsentiert sich das Bundesland Baden-Württemberg im äußersten Südwesten der Bundesrepublik auch keinesfalls als ethnische oder kunsttopographische Einheit. Seine heutigen Grenzen und seine verwaltungspolitische Einheit verdankt das relativ junge Land erst einer Volksabstimmung vom 8. Dezember 1951. Damals wurde der Zusammenschluss jener drei Länder beschlossen, in die der Südwesten 1945 von den Siegermächten aufgeteilt worden war: Württemberg-Baden (Württemberg und Nordbaden), Baden (Südbaden) und Württemberg-Hohenzollern (Süd-Württemberg). Im Wesentlichen folgte diese Aufteilung geopolitischen Fakten, die im Zuge der napoleonischen Flurbereinigung geschaffen worden waren. Die ehemaligen Fürstentümer Hohenzollern ausgenommen, wurden damals den beiden neu komstituierten Territorialmächten, dem Großherzogtum Baden und dem Königreich Württemberg, sämtliche weltlichen und kirchlichen Mittel-, Klein- und Kleinststaaten einverleibt, die einst das Land wie einen bunten Flickenteppich überzogen und den Reichtum und die Vielfalt seiner kulturellen Erscheinungen begründet und über Jahrhunderte getragen hatten.
Seit der Mitte des 1. Jh. v. Chr. besetzten die Römer in wiederholten Vorstößen den Süden und Westen des heutigen Baden-Württembergs bis zum befestigten Donau-Neckar-Limes, teilweise sogar östlich über den Neckar hinaus. Die Alemannen, kleinere Volksstämme, die im Zuge der Abwanderung der Sueven – der späteren Schwaben – von Brandenburg in die Gegend um Mainz vom Hauptstamm abgesplittert waren, erzwangen 260 n. Chr. das Ende der römischen Herrschaft. Tiefere Wurzeln hatte die römische Kultur in diesem Gebiet während der relativ kurzen Zeit von 300 Jahren ohnehin nie gefasst. Die fehlende Siedlungskontinuität trug das ihre dazu bei, dass sie kaum nennenswerte Spuren hinterlassen hat.
Im 5. Jh. dehnten die Alemannen ihren Herrschaftsbereich bis zum Vogesenkamm im Elsass, im Süden bis zu den Alpen und nach Osten bis über den Lech hinaus aus. Doch noch Ende desselben Jahrhunderts verloren sie, die nie eine Einheit in Verwaltung und Politik ausgebildet hatten, den gesamten nördlichen Bereich des heutigen Baden-Württemberg an den fränkischen Merowingerkönig Chlodwig: Bis heute wirkt dieses Ereignis im Verlauf der fränkisch-schwäbischen Sprachgrenze in der Höhe Baden-Baden, Lorch und Ellwangen nach.
Seit 536 n. Chr. stabilisierte sich die fränkische Vorherrschaft auch im verbliebenen alemannischen Gebiet, das zu einem einheitlichen alemannischen Herzogtum zusammengefasst wurde. Nachdem seine politische Bedeutung in karolingischer Zeit zugunsten der zentralen Kaisermacht stark zurückgedrängt worden war, bot erst die drohende Gefahr der Ungarneinfälle zu Beginn des 10. Jh. den Häuptern der einzelnen Stämme erneut Gelegenheit, sich zu profilieren und entsprechende Machtforderungen durchzusetzen. Im Südwesten wurde das alte Herzogtum als schwäbisches Stammesherzogtum wiederbelebt – freilich ohne den der Krone direkt unterstellten fränkischen Norden.
In der Folgezeit blieb zwar das Herzogtum nominell erhalten, faktisch entwickelte es sich aber zusehends auf der Grundlage der Lehensvergabe zu einem komplexen Herrschaftsgebilde. Als Ministerialen der Könige und Kaiser gelangte eine breite Adelsschicht zu Grund und Boden und überzog die Anhöhen des Landes mit zahlreichen Burgen.
Namhafte Familien, denen es teilweise vorbehalten blieb, wesentliche Rollen im weiteren Verlauf deutscher Geschichte einzunehmen, werden im Laufe des 11. Jh. quellenmäßig fassbar: Neben den früh ausgestorbenen Zähringern wären vor allem die seit 1079 als schwäbische Herzöge regierenden Staufer zu nennen, mit denen 1139 ein einheimisches Geschlecht auf den deutschen Kaiserthron gelangte. Gertrud, die Stammmutter der Habsburger, wurde auf der Burg Weiler bei Rottenburg geboren, und aus der fränkischen Linie der zollernschen Grafen, den Burgherren von Nürnberg und Markgrafen von Brandenburg, ging das preußische Königs- und spätere deutsche Kaiserhaus hervor. Auch von den Markgrafen von Baden und den Grafen und späteren Herzögen von Württemberg, in deren Händen das spätere Geschick des Landes zu großen Teilen liegen sollte, ist bereits zu hören.
Neben zentraler Herzogsgewalt und Adel hatte die Kirche von Anfang an entscheidenden Anteil an der kulturellen und politischen Einbindung des Landes in das erstarkende fränkische Reich der Merowinger und Karolinger. Seine kirchliche Gliederung erhielt das Gebiet 596 mit der Gründung des Bistums Konstanz, in dem die alemannischen Kernlande zusammengefasst wurden. Erst 1821 kam mit Freiburg im Breisgau ein zweites Bistum auf baden-württembergischen Boden hinzu.
Noch im 6. Jh. gründeten Wandermönche und Prediger die ersten Missionszellen im Land, so etwa die von der Nachwelt hoch verehrten Fridolin, Trudpert und Landelin. Im 7. und 8. Jh. setzten Gallus, Columban und Pirmin diese Tradition fort. Hinter den ersten Klostergründungen in der 2. Hälfte des 8. Jh., Reichenau, Gengenbach, Schwarzach, Schuttern oder Ellwangen, standen fränkische Große oder der König selbst. Als Zentren von Kunst und Bildung hatten sie im 9. und 10. Jh. entscheidenden Anteil an der einzigartigen kulturellen Hochzeit, der Karolingischen Renaissance. Allen voran ist hier die vor wenigen Jahren zum Weltkulturerbe ernannte Klosterinsel Reichenau zu erwähnen, der es bestimmt war, eine zweite Blüte unter den Ottonen zu erleben.
Während die Salier ihre Großbauten in Bamberg und am Mittelrhein errichteten, meldeten sich unüberhörbar Stimmen gegen Macht, Reichtum und Verweltlichung der alten Reichsklöster zu Wort. Cluny hatte den Anfang gemacht, und gerade im Südwesten fielen die Reformideen auf besonders fruchtbaren Boden. Neben Einsiedeln in der heutigen Schweiz und Sankt Blasien im Schwarzwald nahm von Kloster Hirsau unter Abt Wilhelm (1069–91) eine der größten Reformbewegungen der Zeit ihren Ausgang. Mit breiter Unterstützung des Adels entstanden in Südwestdeutschland in den folgenden anderthalb Jahrhunderten 130 Klöster unter mittelbarem oder unmittelbarem Einfluss Hirsaus.
Diese erste Reformbewegung wurde gleichsam von einer zweiten, zisterziensischen überrollt. Anders als im Falle Hirsaus mündeten hier die Reformbestrebungen 1108 in die Gründung eines selbstständigen Ordens, für den das 1089 von Bernhard von Clairvaux gegründete Mutterkloster in Cîteaux namengebend wurde. Unter den zahlreichen im 12. Jh. gegründeten Tochterklöstern auf baden-württembergischen Boden, u.a. Neuburg, Salem, Schönau, Herrenalb, Maulbronn, Bronnbach, Schöntal, Tennenbach und Bebenhausen, leisteten viele Pionierarbeit im Bereich der Urbarmachung zuvor unwegsamer und unfruchtbarer Landstriche.
Anteil an der monastischen Kultur des 12. Jh. haben daneben Prämonstratenser und Augustiner-Chorherren. Der Regel des hl. Augustinus, die Norbert von Xanten 1121 im Kloster Prémontré eingeführt hatte, folgten späterhin so berühmte Klöster wie Rot an der Rot, Weißenau, Obermarchtal, Schussenried oder Allerheiligen. Unter den Gründungen der Augustiner-Chorherren seien Sindelfingen, Öhringen, Lobenfeld und Bad Waldsee hervorgehoben.
An der Seite höfisch-ritterlicher und geistlich-kirchlicher Herrschaften traten in zunehmendem Maße die Städte als dritte Stütze des Reiches in Erscheinung. Weit mehr als im übrigen Reich, etwa zwei Dutzend, erlangten hier unter den Staufern ihre Reichsfreiheit, darunter Biberach, Esslingen, Gengenbach, Heilbronn, Offenburg, Pfullendorf, Ravensburg, Reutlingen, Rottweil, Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Hall, Überlingen, Ulm oder Wimpfen. Als Zentren von Wein-, Tuch- und Salzhandel entwickelten sie sich zu bedeutenden Wirtschaftsmetropolen und Mittelpunkten einer blühenden bürgerlichen Kultur. Ihre Stadtkirchen, überwiegend im gotischen Stil errichtet, wetteifern in Größe und Pracht der Ausstattung mit den Kathedralen der Bischofsstädte und den alten Klosterkirchen.
Während die großen Reformbewegungen des 11. und 12. Jh. noch weitgehend vom Adel getragen und durch Klostergründungen unterstützt wurden, sind es später, im 13. und 14. Jh. überwiegend die Städte, die den neuen Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner sowie den Kartäusern Heimstätte bieten und die Mittel zur Errichtung ihrer Kirchen zur Verfügung stellen.
Mit den 1386, 1457 bzw. 1477 gegründeten Universitäten sollten schließlich Städte wie Heidelberg, Freiburg im Breisgau und Tübingen späterhin das geistige Klima weit über die heutigen Landesgrenzen hinaus befruchten.
In der Zeit des kaiserlichen Interregnums, das auf das Ende der Staufer 1268 folgte, verfestigten sich die territorialen Herrschaften in dem Maße, wie sie sich von Recht und Macht des Reiches entfremdeten. Viele neue reichsfreie, geistliche und weltliche Herrschaften, Klöster, weltliche Orden, Grafschaften, Reichsstädte und Ritterschaften, kamen hinzu; ihre Gesamtzahl belief sich schließlich auf 350.
Begünstigt wurde diese Entwicklung nicht zuletzt durch die Reformation. In den Gebieten des neuen Glaubens wurden die Klöster säkularisiert und damit ihre reichen Besitzungen frei für weltliche Herrschaften. Den Beschlüssen des Augsburger Religionsfriedens von 1555 folgend, bestimmten fortan die Landesherren über die jeweilige Konfession ihrer Untertanen. Neben den drei größten zusammenhängenden Territorien, der Kurpfalz, den badischen Markgrafschaften und dem Herzogtum Württemberg bekannten sich zahlreiche Reichsstädte und mittlere Adelshäuser, etwa die in viele Linien geteilten Hohenlohe im Norden des Landes, zum neuen Glauben. Überwiegend katholisch blieb vor allem der Süden mit den ausgedehnten Besitzungen der Habsburger in Vorderösterreich sowie den Häusern Zollern, Fürstenberg, Waldburg und Zimmern. Die konfessionelle Spaltung festigte die ohnehin vorhandene territoriale Zersplitterung des Landes nachhaltig.
Das verhängnisvolle 17. Jh. überzog den Südwesten mit einer Reihe verheerender Kriege, die das Land verwüstet und verödet, mit menschenleeren Dörfern und einem Bruchteil der vormaligen Bevölkerung zurückließen. Mit die größten Schäden für Land und Leute gingen zu Lasten des Dreißigjährigen Krieges (1618–38), von dem zuerst und am härtesten die Kurpfalz betroffen war. Pfalzgraf Friedrich IV., der Begründer der protestantischen Union, brachte mit der Annahme der böhmischen Königskrone die kriegerischen Auseinandersetzungen ins Rollen. 1622, nach der Schlacht von Wimpfen, fiel auch Baden-Durlach an den kaiserlichen Feldherrn Tilly. Am glimpflichsten kam Württemberg davon, das erst nach der Schlacht von Nördlingen 1634 in den Krieg verwickelt wurde.
Während der Französischen Reunionskriege 1679–97 wusste Ludwig XIV. seine Verwandtschaft zu Liselotte von der Pfalz als Vorwand für wiederholte Einfälle im Südwesten zu nutzen. Damals wurden u.a. das Heidelberger Schloss und Kloster Hirsau zerstört.
Im 18. Jh. folgte eine lange Phase des Friedens und der Konsolidierung, deren glückliche Koinzidenz mit der Kunst des Barock dem Land wohl seine fruchtbarste und schönste künstlerische Blüte bescherte. Der Offenheit, ja Überschwänglichkeit, mit der dieser neue Kunststil in den katholischen Territorien aufgenommen wurde, stand die durchaus reservierte Haltung der Protestanten, zumal der pietistischen Württemberger, denkbar entgegen. Lediglich an den großen protestantischen Fürstenhöfen öffnete man sich dem neuen Stil, allerdings auch hier nicht selten gebrochen durch kühlere und dämpfende französische und italienische Einflüsse.
Viel, und mit einigem Recht, war von Zersplitterung und kultureller Vielfalt des Landes die Rede. Durch territorialen Umfang und politisches Gewicht ragen gleichwohl vier Herrschaftsgebiete heraus, deren jeweils individuelle Geschichte verdient, zumindest flüchtig skizziert zu werden. Es sind dies die Gebiete des habsburgischen Vorderösterreich, die Kurpfalz, die später zum Herzogtum erhobene Grafschaft Württemberg und die Badischen Markgrafschaften.
Zum umfangreichsten, wenn auch wenig zusammenhängenden Gebiet Vorderösterreichs zählten vom 16. bis zum 18. Jh. der elsässische Sundgau, der Breisgau, die deutsche Schweiz, das obere Neckargebiet, Oberschwaben und Vorarlberg. Ohne eine politische Einheit zu bilden, blieben die dreißig Städte, dreizehn Klöster und Stifte sowie rund vierzig niederadlige Herrschaften dieser Gebiete über 300 Jahre dem habsburgischen Kaiserhaus verbunden. Eine einheitliche Verwaltung erhielt Vorderösterreich erst unter Maria Theresia im 18. Jh.
Territoriale Gliederung Baden-Württembergs um 1800.
Wohl die bedeutendste politische Rolle im Mittelalter und in der frühen Neuzeit spielte die Kurpfalz. Während ihre einstigen Kernlande um Heidelberg und im unteren Neckargebiet im heutigen Baden-Württemberg liegen, fielen ihre weitaus größeren linksrheinischen Gebiete zu Beginn des 19. Jh. an Frankreich.
Friedrich Barbarossa hatte 1156 seinen Stiefbruder mit der „Pfalzgrafschaft bei Rhein“ belehnt, die 1214 durch Vererbung an die Wittelsbacher überging. Seine Stellung als erster weltlicher Kurfürst, Erztruchsess sowie Reichsvikar sicherte dem Pfalzgrafen seit dem 14. Jh. höchsten Einfluss auf die Geschicke des Reiches. 1400 wurde Pfalzgraf Ruprecht anstelle des schwachen Wenzel zum deutschen König gewählt.
Immer wieder rückte ihre exponierte Stellung die Pfalz in den Brennpunkt deutscher und europäischer Geschichte, und das nicht immer zu ihrem Gewinn und Segen. In der Reformationszeit bereits schwer getroffen, wurde sie durch die ehrgeizigen Pläne ihres Kurfürsten Friedrich IV., der als „Winterkönig“ in die Geschichte einging, zum Ausgangspunkt des Dreißigjährigen Krieges, der dem Land größte Verwüstungen bescherte und den König Land und Krone kostete. Kehrseiten besaßen vor allem die ambitionierten verwandtschaftlichen Beziehungen zu den englischen und französischen Königshäusern, die Verstrickungen der Pfalz in fast sämtliche Erbfolgekriege des 17. Jh. nach sich zogen.
In der 2. Hälfte des 18. Jh. erbte Kurfürst Karl Theodor das Herzogtum Bayern, die Stammlande der Wittelsbacher. Mit der Verlegung seiner Residenz von Mannheim nach München begann die Bedeutung der Pfalz allmählich zu sinken.
Die Markgrafen von Baden stammen von dem früh ausgestorbenen Geschlecht der Zähringer ab: Der erste, 1112 belegte Markgraf Hermann, der zugleich die Grafschaft Breisgau sowie einige Ländereien um Backnang besaß, war Neffe Bertholds II. von Zähringen. Vermutlich geht auf ihn die Errichtung der Burg Hohenbaden über der Stadt Baden-Baden zurück, die jahrhundertelang Residenz des Hauses war.
Nach 1200 fielen die Breisgauer Besitzungen an eine Seitenlinie. Dafür beerbten die Markgrafen die Staufer nach deren Untergang, wobei Gebiete um Pforzheim neben Baden-Baden zu Kernstücken des markgräflichen Territoriums aufrückten.
Nach einem Hausgesetz von 1515 teilten 1535 Markgraf Christophs Söhne den Besitz. Es entstanden zwei auch konfessionell gespaltene Linien, die sich nach ihren jeweiligen Residenzen in Baden-Baden und Durlach benannten. Erst unter Karl Friedrich (1738–1811), der 1771 die ausgestorbene Badener Linie beerbte, wurden die beiden badischen Markgrafschaften nach jahrhundertelanger Trennung wieder vereint.
Dagegen blieb Württemberg bis auf eine vierzig Jahre währende Spaltung stets in einer Hand. Die einmalige Teilung des Landes hatte Graf Eberhard im Bart 1482 im Münsinger Vertrag rückgängig gemacht, der zugleich die Unteilbarkeit des Landes für alle Zeiten festschrieb. Als erster Württemberger wird um 1092 ein Conradus genannt, der die 1820 abgetragene Stammburg des Hauses auf dem Rotenberg bei Stuttgart errichtete. Seit 1325 residierte das Geschlecht im Alten Stuttgarter Schloss, das in der Renaissance aufwändig umgebaut wurde. Die ununterbrochene Reihe der Grafen setzt mit Ulrich I. (1241–65) ein, dessen Sohn Eberhard I. (1279–1325) die Stammlande im Neckar- und Remstal bereits um die Hälfte vergrößern konnte. Unter dem Sohn des Letzteren, Graf Eberhard II., kam 1343 Tübingen hinzu. Durch Heirat gewann Graf Eberhard IV. (1417–19) die Grafschaft Mömpelgard.
Unter Graf Eberhard im Bart wurde die Grafschaft 1495 durch Kaiser Maximilian I. zum Herzogtum erhoben. Im selben Jahr verlieh dieser erste württembergische Herzog seinem Land eine umfassende Gesetzgebung, auf deren Grundlage die Landstände auch während des Zeitalters des Absolutismus ihre Rechte erfolgreich zu verteidigen wussten.
Die tiefgreifendste Zäsur in der geopolitischen Struktur des gesamten Südwestens brachte die oben erwähnte gewaltsame territoriale Neugliederung durch Napoleon in den Jahren 1802–10. Ohne Rücksicht auf überkommene historische und kulturelle Zusammenhänge zerschlug er das alte Heilige Römische Reich Deutscher Nation und legte den Grundstein für die späteren so genannten Deutschen Mittelstaaten. Auf der Gewinnerseite standen nur zwei Verbündete des französischen Kaisers: das zum Großherzogtum erhobene Haus Baden und das zum Königreich erhöhte Württemberg.
Die linksrheinischen Verluste Badens wurden um ein Vielfaches durch territoriale Neugewinne ersetzt: Mit der Eingliederung der ehemaligen kurpfälzischen Gebiete um Heidelberg, Mannheim, Bretten und Teilen der Bistümer Speyer, Konstanz und Basel sowie der ehemals vorderösterreichischen Gebiete Breisgau und Ortenau und des größten Teils des fürstenbergischen Besitzes reichte das neue Großherzogtum Baden nunmehr vom Bodensee bis zum Main.
Württemberg gelang es sogar, Gebiet und Einwohnerzahl zu verdoppeln. Neben den Reichsstädten Biberach, Esslingen, Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Hall, Heilbronn, Ravensburg, Reutlingen, Rottweil und Ulm wurden ihm die ehemaligen Besitzungen der Fürstpropstei Ellwangen sowie die Abteien Schöntal und Zwiefalten nebst fünf weiteren Klöstern und Stiften einverleibt. Die gesamte Grafschaft Hohenberg sowie die Hohenlohischen und Truchseß-Waldenburgischen Fürstentümer fielen ebenfalls an das neue Königreich. Mit den hinzugewonnenen Gebieten schoben sich die Grenzen bis zum Bodensee und über die Jagst hinaus bis zur Tauber vor. In den in einem eigenen Land „Neuwürttemberg“ zusammengefassten und von Ellwangen aus verwalteten Gebiet wurde den Landständen eine Mitregierung allerdings nicht zugestanden. Bleibt hinzuzufügen, dass neben den gesamten geistlichen Besitzungen auch die reichen Ländereien weltlicher Orden, etwa des Deutschen Ordens, in den neuen Großterritorien aufgingen.
Von dieser rigorosen Neugliederung ausgenommen blieben lediglich die hohenzollernschen Fürstentümer, die sich in die beiden Linien Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen geteilt hatten. 1806 waren sie selbst Mitglieder des Rheinbundes geworden und damit unter den Schutz des französischen Protektorats gestellt. Nachdem ihre Fürsten 1848 zu Gunsten des preußischen Königs abgedankt hatten, überdauerten die Herrschaften in dieser Form bis zum Ende des Ersten Weltkrieges.