Читать книгу Im Eifer deines Dieners - Gernot Gottwals - Страница 8

Kapitel 6

Оглавление

Gregoriew wurde einstweilen in Gewahrsam genommen – im „Café Viereck“, wie es im Volksmund so schön heißt. Christiane Bechstein hatte derweil Riestermann zuhause angetroffen und fuhr mit ihm ins Polizeipräsidium. Auf der Fahrt dorthin fiel kaum ein Ton. Der kräftig gebaute Pförtner musterte die Kommissarin, strich sich zwischendurch über seinen Schnauzbart. Wie er war sie blond, hatte ihre Haare zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammengesteckt. Mehr als Ende dreißig konnte sie nicht sein, sicher eine aufstrebende und ehrgeizige Kollegin, die man ernst nehmen musste. Konnte er ihr etwas vorspielen, sie wie so oft mit ironisch galanten oder gar schnippischen Bemerkungen irritieren? Riestermanns Kopf musste rauchen, wollte er all diese Strategien durchspielen.

„Sagen Sie, Herr Riestermann, wie alt sind Sie eigentlich?“, brach die Kommissarin endlich ihr Schweigen.

„Siebenundfünfzig. Wieso?“

„Kann es sein, dass wir uns irgendwo schon mal begegnet sind? So agile, jung gebliebene Männer begegnen einem doch öfters mal im Wach- und Sicherheitsdienst.“

„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“

„Letzen Sommer am Museumsufer. Vielleicht in der Mittagspause?“ Riestermann blinzelte mit den Augen. „Das muss sicher eine Verwechslung sein.“

„Vielleicht. Aber die genaue personelle Situation können wir später noch klären.“

Im Präsidium wartete schon die nächtliche Spaziergängerin Gisela Bachmann. Zusammen mit ihrem Vorgesetzten Pokroff fertigte die Kommissarin die Protokolle mit den Aussagen der beiden Zeugen an. Bachmanns und Riestermanns Beschreibung des mutmaßlichen Täters unterschieden sich nur geringfügig. Beide Männer schilderten, wie sie eine Gestalt im dunklen Mantel und mit Vollbart vor dem Museum und auf der Ludwigstraße gesehen hatten. Die Beschreibungen ließen an einer Identifizierung Gregoriews kaum einen Zweifel. Trotzdem sollte eine Konfrontation mit dem Gottesmann von Angesicht zu Angesicht die letzten Zweifel ausräumen. Diese Gegenüberstellung ordnete Pokroff für den nächsten Tag an und leitete sofort die nötigen Schritte in die Wege.

„Kann ich jetzt endlich gehen?“, fragte Riestermann ungeduldig nach einer Stunde Vernehmung. „Ich bin noch hundemüde von der letzten Nachtschicht. Und wie anstrengend die war, das brauche ich Ihnen ja nicht auszumalen, oder?“

„Einen Moment noch“, erwiderte Christiane Bechstein bestimmt.

„Da ist noch eine Sache. Als Sie Ihren Nachtdienst angetreten haben, ist da außer Gregoriew noch mal irgendjemand ins Museum gekommen? Bitte denken Sie genau nach.“

„Nein, wieso. Das Museum war zu, und weshalb sollte da noch mal jemand zurückkommen?“

„Vielleicht, um nach dem Rechten zu sehen. Ihr Chef hatte schließlich ein schwieriges Gespräch vor sich, das ja auch tödlich für ihn ausgehen sollte.“

„Na das konnte ja nun wirklich keiner ahnen, dass da mit jemandem so die Pferde durchgehen. Aber auf wen wollen Sie eigentlich hinaus?“

„Es geht um Herrn Friedrich und Frau Miersch. Beide erklärten sie uns, sie hätten das Museum gemeinsam pünktlich nach Dienstschluss verlassen. Was ihr Kollege vom Tagesdienst bestätigen konnte. Danach sind sie noch ein Stück Heimweg gemeinsam gelaufen. Aber Frau Miersch berichtete uns, sie habe Herrn Friedrich überreden wollen, noch mal zurückzugehen. Aus Sorge.“

„Aus Sorge um diese beiden Verrückten? Das hat ihr Friedrich bestimmt ganz schnell ausgeredet, weil es bei diesen beiden Platzhirschen sowieso zwecklos gewesen wäre. Beim besten Willen, Frau Kommissarin, außer Gregoriew hat sich spätabends niemand mehr in der Nähe des Museums blicken lassen.“

Christiane Bechstein gab sich fürs Erste mit dieser Erklärung zufrieden und verabschiedete Riestermann. Danach schaute sie noch in Pokroffs Büro vorbei. Denn nun trieb sie eine ganz andere Frage um.

„Sag mal bitte, Waldemar, wie war das nun genau mit der Vernehmung von Gregoriew? Er wollte ein Mädchen in einer Bar treffen, das ihn um Hilfe gebeten hatte, weil es in Gefahr ist?“

„Ja, das behauptet er nach wie vor steif und fest. Aber Sawinsky und ich nehmen ihm diese Geschichte nicht ab.“

„Aber wie könnt ihr da so sicher sein? Mensch, Waldemar, wenn da wirklich eine junge Studentin in Gefahr ist, dann müssen wir sie doch dringend finden und ihr helfen!“

„Das müssten wir in der Tat, wenn es sie überhaupt gibt. Aber dieser komische Priester und eigenartige Gutmensch kann ja nicht mal genau die Bar benennen, wo er sie getroffen haben will. Außerdem sprechen momentan alle Indizien dafür, dass er zur Tatzeit am Tatort war und sich das Mädchen nur ausgedacht hat.“

„Aber wie kannst du das nur so selbstverständlich annehmen? Als Seelsorger ist Gregoriew nun mal für Menschen in Not zuständig. Vor allem für Kranke, Obdachlose und bedrängte Ausländer. Mensch, wir müssen das Mädchen unbedingt finden.“

„Dafür müssen wir versuchen, aus seinen vagen Andeutungen die Bar zu lokalisieren und dort weitere Zeugen zu finden. Wenn das Mädchen Probleme mit Prostitution hat, finden wir im Bahnhofsviertel vielleicht weitere Hinweise. Ich werde mich mit den Kollegen dort sofort darum kümmern. Und du schaust jetzt bitte unserem Team im Museum auf die Finger, dass denen dort nichts durch die Lappen geht. Verstanden?“

„Und wann kommst du dazu?“

„Irgendwann später, wenn ich mit der anderen Arbeit hier fertig bin. Oder morgen. Pokroff lächelte kurz: „So sehr drängt es mich auch nicht dorthin. Ich habe nicht nur gute Erinnerungen an diesen Palast. Noch Fragen?“

„No, Sir.“ Etwas irritiert verließ die Kommissarin Pokroffs Büro und fuhr noch einmal ins Museum für Osteuropäische Sakralkunst zurück. Hier leisteten die Experten von der Spurensicherung bereits ganze Arbeit, befragten sämtliche Mitarbeiter und inspizierten auch die Büro- und Arbeitsräume des Museums sehr genau. Christiane Bechstein koordinierte die laufenden Befragungen, ließ sich von Friedrich eine Liste sämtlicher Mitarbeiter geben, fragte auch nach deren früheren Dienstverhältnissen. Peinlich berührt zeigte sich Friedrich über die kleine Hausbar, die man in seinem Büro fand.

Etwas zögernd sicherte ihm die Kommissarin Diskretion zu, sofern die edlen Tropfen nur kleine Aufmerksamkeiten seien, die mit den Tatumständen nichts Näheres zu tun haben. Dann erkundigte sie sich, der Anweisung ihres Chefs folgend, nach dem Porträtmaler Klaus Teschke.

„Frau Miersch, Sie haben doch sicher eine Adresse von Herrn Teschke, mit der Sie mir weiterhelfen könnten“, bat sie die Sekretärin.

Klara Miersch suchte die Adresse heraus. „Sie können Herrn Teschke aber auch hier im Museum befragen“, schlug sie vor. „Er ist nämlich gerade gekommen, um seine Sachen abzuholen, die er hier untergestellt hat. Aber nicht so lange, denn es geht ihm wirklich nicht gut.“

Die Kommissarin fand den Maler im Abstellraum, wo er gerade mit einer Staffelei hantierte. „Guten Tag, Herr Teschke, mein Name ist Christiane Bechstein von der K 11. Ich müsste Sie noch mal fragen, wo Sie gestern Abend waren, etwa zwischen 20 Uhr und 21 Uhr.“ Erschrocken fuhr der Maler herum, griff nach einem Taschentuch.

„Entschuldijung, es jeht mir nich so jut. Aber warum fragen sie denn?“

„Das ist reine Routine. Wir fragen jeden, der sich in den letzten Tagen regelmäßig in oder vor dem Museum aufgehalten hat. Und Sie haben ja vor dem Museum gemalt und Bilder verkauft.“

„Verstehe schon. Gestern um diese Zeit war ick nich hier. Dat können Sie jederzeit überprüfen. Ick bin leider krank jeworden. Vielleicht ‘ne Wintergrippe oder wat mit dem Kreislauf. Meine Frau musste mich hier vertreten.“

Fast unbemerkt war Friedrich hinzugekommen und klopfte dem Porträtmaler auf die Schulter. „Keine Sorge, Herr Teschke, das wird schon wieder. Kurieren Sie sich erst mal richtig aus.“ Friedrich blickte zur Kommissarin: „Ich kann übrigens auch bezeugen, dass Herr Teschke gestern zuhause war. Ich hab nämlich noch dort vorbeigeschaut und nach ihm gefragt. “Dann wandte er sich wieder dem Porträtmaler zu: „Doch Sie haben im Nebenraum auf der Couch gelegen und waren bereits fest eingeschlafen. Übrigens, steht Ihnen gut, dass Sie sich heute mal rasiert haben.“

„Ja, stimmt, meine Frau hat mir det von Ihrem Besuch heute früh noch kurz erzählt, eh sie wegmusste“, versicherte Teschke. „Übrigens, danke für det Kompliment. Ick wollt meiner Berta mal ‘ne Freude mit glatten un weichen Bäckchen machen.“ Teschke schmunzelte kurz, dann widmete er sich wieder seinen Räumereien.

„In Ordnung. Sagen Sie bitte, Herr Friedrich, wie gut kennen Sie eigentlich Gregoriew?“

„Hm, eigentlich kenne ich ihn nicht wirklich näher. Sie haben ja sicher schon gemerkt, dass er sehr verschlossen ist. Aber wir konnten ganz gut miteinander, bis dieser unsägliche Streit mit Klotzhofer um unsere Barbara-Ikone begonnen hat.“

„Erwähnte er mal ein Mädchen oder genauer gesagt eine russische Studentin, um die er sich kümmern muss, weil sie in Gefahr ist?“

„Nee, aber über so was haben wir auch nicht gesprochen. Aber was hat das mit dem Mord von gestern Abend zu tun?“

„Gregoriew behauptet, er habe zur Tatzeit das besagte Mädchen in einer Bar getroffen und könne deshalb gar nicht beim Museum gewesen sein. Aber aus ihm ist kein Ton rauszukriegen, weil er die Identität des Mädchens schützen will. Das kann natürlich alles nur vorgeschoben sein. Aber, mein Gott, irgendein Gefühl sagt mir, dass da jemand ist, der ganz dringend unsere Hilfe braucht.“

„Nun, irgend so ein seltsames Helfersyndrom mag dieser Priester wohl haben. Aber, wie gesagt, er ist einfach zu verbohrt. Und wenn er nichts sagen will, dann ist kaum etwas zu machen.“

„Na, vielen Dank jedenfalls.“

Christiane Bechstein setzte ihre Untersuchungen in den Ausstellungsräumen fort. Dort musste sich auch die Heilige Barbara einer ersten genaueren Begutachtung stellen. Dann ließ sich die Kommissarin einige Vitrinen aufschließen und erklären, wie die Ausstellung aus Russland nach Frankfurt gekommen war und warum sich Gregoriew so gegen die Ikonen aus russischen Kirchen und Klöstern ereiferte. Friedrich hielt sich erwartungsgemäß mit seinen Erklärungen zurück, verwies auf seinen getöteten Chef, der die nötigen Kontakte selbst geknüpft hatte. Schließlich rang sich der Stellvertreter, der nun die Entscheidungen zu treffen hatte, im Einvernehmen mit den Beamten zu dem schweren Schritt durch, das Museum für zwei Tage für den Besucherverkehr zu schließen. Anders würden weitere Untersuchungen und Befragungen im Museum nicht möglich sein.

Dann ließ die Kommissarin noch einmal nach der Sekretärin rufen.

„Frau Miersch, ich muss Sie noch mal um Hilfe bitten. Morgen werden die Kollegen der Computerforensik sämtliche Rechner des Museums genau überprüfen. Aber mit etwas Glück könnte ich auch jetzt schon etwas herausfinden. Wie komme ich an den Computer von Herrn Klotzhofer? Gibt es irgendein bestimmtes Passwort?“

„Hier hat jeder seine firmeninternen Daten, um sich anzumelden.

Aber die sind im Grundprinzip bei jedem gleich aufgebaut“, erklärte die Sekretärin. „Über private Zugangsdaten weiß ich freilich nichts.“ Die Kommissarin forderte die Sekretärin auf, den Rechner zu starten und hochzufahren. Das Nutzerprofil gab Frau Miersch mit der üblichen umgedrehten Kombination aus den ersten vier Buchstaben des Nachnamens und den ersten zwei Buchstaben des Vornamens ein. Also „BrockWe.“ In den folgenden zwei Sekunden galt es, die erste Hürde zu nehmen, um in die Computerwelt des Herrn Direktors einzudringen.

„Das hätten wir schon mal geschafft“, atmete die Sekretärin auf, als der Cursor in das nächste Feld vorsprang. Doch nun wurde es erst richtig spannend. Konnte die Sekretärin eines der museumsüblichen Passwörter eingeben? Nach zwei gescheiterten Anläufen, die beide mit „Sakral“ oder „Kurator“ begannen und von einer Zahlenkombination gefolgt wurden, blickte sie nachdenklich zur Kommissarin auf.

„Nun haben wir nur noch einen Versuch offen. Sonst werden wir erst einmal aus dem System rausgeschmissen“, gab Frau Miersch zu bedenken. „Vermutlich hat sich der Direktor ein eigenes Phantasiepasswort ausgedacht.“

„Und jetzt? Vielleicht hatte der Direktor eine besondere Vorliebe für bestimmte Exponate, die Sie als Passwort versuchen könnten“, schlug Christiane Bechstein vor.

„Versuchen wir es doch einfach mit dem Liebling des Direktors. Ich meine natürlich mit unserem Eyecatcher aus Sibirien. Und dann nehmen wir noch die 1953 dazu, das ist Klotzhofers Geburtsjahr. Sonst konnte der sich nämlich keine Zahlen merken.“

Flink tippte die Sekretärin den Namen ein, ihre Finger schienen gerade so über die Tastatur zu fliegen. Hastig folgte die Kommissarin ihren Blicken: Einmal ein großes „P“, zwei- oder dreimal ein „a“ und ein- oder zweimal ein „r“, das glaubte sie genau erkennen zu können. Die restlichen Buchstaben gingen etwas zu schnell. Aber warum „Barbara“? Die Kommissarin besann sich: Vergangene Nacht hatte sie wenig geschlafen und konnte den routinierten Tastenfolgen einer erfahrenen Sekretärin nicht wirklich mit Erfolg hinterherblicken. Außerdem war nichts in diesem Moment wichtiger, als schnell in den Computer von Klotzhofer vorzudringen und die letzten Programme und Mails zu checken.

„Bingo!“ Die Sekretärin konnte sich einen kleinen Triumph nicht verkneifen. „Wir sind drin.“

Langsam baute sich der Bildschirm von Klotzhofers Computer auf.

Zu dumm aber auch, dass sich die Balken all der Updates immer gerade dann auf dem Monitor breitmachten, wenn es schnell gehen musste. Gemeinsam starteten Miersch und Bechstein das E-Mail-Programm, überprüften Ein- und Ausgang. Doch da war nichts Auffälliges zu entdecken.

„Sollten wir nicht noch wenigstens den Papierkorb überprüfen?“, drängte die Kommissarin.

„Das bringt eigentlich nichts, weil Klotzhofer den immer regelmäßig ausleert. Obwohl ...“ Die Sekretärin zögerte einen Moment. „Der wurde gestern so oft von Anrufern bedrängt und musste dann so plötzlich zur Vernissage, da könnten wir ausnahmsweise Glück haben.“

Klara Miersch klickte den Papierkorb an. Und siehe da – erneut ein Volltreffer! Mindestens 20, wenn nicht 30 ungelesene Mails prangten in der Liste. Die meisten davon waren natürlich Spams. „Die müsste man später noch mal in Ruhe aussortieren: Die Guten bleiben im Töpfchen, die Schlechten kommen ins Kröpfchen“, meinte Frau Miersch. Doch von den ernst zu nehmenden Botschaften verblieben am Ende zwei mit interessantem und auch brisantem Inhalt. Die erste davon kam gleich von einem großen Unbekannten:

Hallo Herr Klotzhofer,

ich muss Sie eindringlich auffordern, diskret mit der Presse umzugehen, wenn es um die Herkunft der Ikonen geht. Nur weil Sie gerne angeben und sich als den Retter aufspielen wollen, können wir nicht den Ruf unseres Unternehmens aufs Spiel setzen. Wenn Sie nicht entsprechend handeln, werden Sie und wir bald gehörigen Ärger haben.

Viele Grüße, A. K.

Weiter unten fand Christiane Bechstein noch eine weitere Mail, die offensichtlich sehr persönlicher Natur war.

Hallo Werner,

na herzlichen Glückwunsch zu deiner großartigen Ausstellung! Hast wohl vergessen, wer dir das alles ermöglicht hat? Wann kriege ich endlich meinen Anteil?

Gruß, Johnny

Christiane Bechstein sah die Sekretärin mit musternden Augen an.

„Frau Miersch, ist Ihnen dieser Name oder auch das Kürzel A. K. bekannt?“

„A. K. habe ich noch nie so gehört oder gelesen. Ich denke, das muss wohl einer von Klotzhofers Sponsoren oder sonstigen Geschäftspartnern sein. Aber Johnny, das könnte ich möglicherweise einordnen.“

„Nämlich?“

„Johnny, das ist doch normalerweise so ein Spitzoder Kosename für Hans oder Johannes, nicht wahr?“ Frau Miersch sah die Kommissarin mit fragender Miene an.

Christiane Bechstein nickte zustimmend.

„Also, wenn das so ist, da hat mal so ein Hannes Lemper angerufen, der sich als Freund von Klotzhofer ausgegeben hat.“ Die Sekretärin stotterte nervös. „Das ist erst ein paar Tage her. Doch der Chef war nicht da. Da sagte Lemper noch, er würde gerade zuhause losfahren und in einigen Minuten persönlich noch mal vorbeischauen. Denn Klotzhofer und Lemper seien angeblich verabredet. Da hab ich noch gestaunt, weil länger als 15 Minuten hat das nicht gedauert. Der muss hier wohl ganz in der Nähe wohnen. Als dann Lemper hierherkam, war Klotzhofer immer noch nicht da. Da musste ich ihn wieder wegschicken.“

„Na, das ist doch schon mal was. Und wer kann uns mit A. K. weiterhelfen?“

„Das kann wohl nur Friedrich wissen.“ Frau Miersch schaute nervös auf die Uhr. „Der ist aber schon vor ein paar Minuten gegangen. Obwohl, wenn Sie Glück haben, könnten Sie ihn noch am Hauseingang erwischen.“

„Danke erst mal, wir sprechen uns später wieder.“ Christiane Bechstein rannte schnellen Schrittes die Treppe hinunter und hinaus auf die Straße. Sie konnte Friedrich gerade noch sehen, wie er mit seinem Schlüssel die Autotür öffnete.

„Herr Friedrich, warten Sie doch bitte mal“, rief sie ihm außer Atem zu. „Kennen Sie einen A. K.?“

„Ich glaube nicht. Irgend so eine Abkürzung. Das kann viel bedeuten.“

„Bitte versuchen Sie, sich zu erinnern. Es ist sehr wichtig für uns“, drängte Frau Bechstein.

„Nein, keine Ahnung.“ Friedrich wollte gerade die Tür hinter sich zuschlagen. Doch die Kommissarin war schon an den Wagen herangesprungen und hielt den Griff der Tür in ihre Richtung fest. Sie merkte, dass er sehr hektisch reagierte und augenscheinlich nicht die Wahrheit sagte. „Bitte, Herr Friedrich, Sie müssen sich erinnern.

Wir werden ja alle jeden Tag mit vielen dieser Kürzeln bombardiert“, zeigte sie sich verständnisvoll. „Aber er hat Herrn Klotzhofer mindestens eine wichtige Mail geschrieben. Der kann Ihnen doch nicht völlig unbekannt sein. Vielleicht ein Leihgeber der Ausstellung? Oder ein Sponsor – oder sonst ein Geschäftspartner?“

„Ja, so was in der Art. Aber mehr kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Unsere Partner legen schließlich immer sehr viel Wert auf Diskretion.“

„Herr Friedrich“, erwiderte die Kommissarin nun wieder in gereizter Tonlage. „Es geht hier um Mord.“

„Gut, gut. Warten Sie. Es ist Kirchner. Arnold Kirchner. Er ist ein Kunsthändler und hat uns sehr bei dem Erwerb unserer Ikonen aus Russland geholfen.“

„Wo finde ich sein Geschäft oder seine Wohnung?“

„Im südlichen Nordend, irgendwo beim Eschenheimer Turm. Aber jetzt müssen Sie mich wirklich entschuldigen.“

Friedrich riss sich förmlich los, schloss die Tür und startete den Motor. Christiane Bechstein sah ihn fassungslos an. Was spielte Diskretion jetzt noch für eine Rolle, da der unmittelbare Vorgesetzte von Friedrich umgekommen war? Was hatte der Stellvertreter des Mordopfers zu verbergen? Waren die beiden Konkurrenten, oder setzte Kirchner als großer Unbekannter auch Friedrich unter Druck? Fragen, auf die es vorerst noch keine Antworten gab.

Christiane Bechstein informierte kurz ihren Vorgesetzten über den neuen Stand der Dinge und die neuen Namen, die ins Spiel gekommen waren. „Habt ihr sonst noch was Auffälliges gefunden?“, wollte Pokroff wissen.

„Ein zweites Handy von Klotzhofer mit einer verrauschten Nachricht, die wie Russisch oder Polnisch klang. Doch der Anrufer hatte seine Nummer unterdrückt. Den können wir nicht ermitteln.“

„Künstlerpech. Sonst noch was?“

„Nur ein paar verrutschte griechische Sakralgefäße auf dem Schrank von Klotzhofer. Der muss ziemlich hektisch auf und ab getigert und drangestoßen sein. Wir untersuchen sie auf Fingerabdrücke. Als Tatwerkzeuge unwahrscheinlich, aber …“ Christiane Bechstein biss sich auf die Zunge. Nein, dass mit der Privatbar von Friedrich wollte sie am Telefon doch nicht sagen. Dafür würde in der nächsten Dienstbesprechung noch genügend Zeit sein.

Im Eifer deines Dieners

Подняться наверх