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DIE KOPFSTIMME

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Die Kopfstimme ist eher „dünn“ und sitzt gefühlt weiter oben im Kopf. Du kannst leicht in der Kopfstimme reden oder singen, wenn du einfach tonal einen riesigen Sprung nach oben machst. Sprich dazu wie ein Kind oder stell dir vor, du machst eine Katze nach und „miaust“ – das ist deine Kopfstimme. Sie resoniert nur wenig bis gar nicht im Körper, lediglich ein wenig im Gesicht.

In den Grundschulen Deutschlands wird diese gerne im Musikunterricht zur Anwendung gebracht. Wenn 30 Kinder mit ihrer Kopfstimme singen und so auch das Singen erlernen, ist dies einerseits für junge Schulkinder völlig normal. Andererseits ist es dann später für den lärmgeplagten Lehrer viel angenehmer, sie genauso mit der Kopfstimme weitersingen zu lassen. Denn was die Lautstärke angeht, klingt auf diese Weise alles filigraner und „süßer“, lieblicher. Mit ihrer Bruststimme würden 30 singende Schüler den Raum nämlich mächtig zum Beben bringen. Und eigentlich ist der Gebrauch der Kopfstimme etwas ganz Normales, denn auf dem Weg des Erwachsenwerdens werden Stimmen stärker und somit lauter, sie entwickeln sich auf natürliche Weise. Hierzulande ist dies aber leider meist nicht „erwünscht“, es geht darum, alles unter Kontrolle zu behalten. Die Entwicklung der Bruststimme ist jedoch sehr wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder. Hier nehmen wahrscheinlich die aus Unwissenheit gepflanzten Gedankenmuster wie „Sing nicht so laut!“ oder „Stell dich mal weiter nach hinten, du bist zu laut!“ ihren Anfang und setzen sich unbewusst in den Gedanken fest. Wenngleich der Wunsch nach einem gedämpfteren Lärmpegel aus Lehrersicht verständlich ist, da sie ja meist vor der Aufgabe stehen, mehrere Musikklassen hintereinander unterrichten zu müssen. Ein Mittelmaß wäre hier für Kinder wichtig, um eine gesunde und kräftige Stimme und ein Gefühl dafür auszubilden.

Der Hinweis auf Deutschland ist wichtig, weil wir das Land der Regeln und Begrenzungen sind, der Höflichkeit, des Anstandes, des Zurücknehmens. In Bezug auf die Stimme wird uns dies später oft zum Verhängnis. Unsere gesellschaftliche Sozialisation spiegelt sich in unseren eher leisen Stimmen wider. Oder hast du schon mal leise und zurückhaltende Latinos oder Südländer erlebt? Temperamentvolle Bruststimmen, so weit das Ohr reicht!

Die Stimme nur in „laut“ und „leise“ beziehungsweise Kopfstimme und Bruststimme einzuteilen, wäre jedoch zu simpel. Dazwischen liegen verschiedene Bereiche, in denen wir uns stimmlich aufhalten können, sie alle müssen von uns wiederentdeckt werden. Im Alltag nutzen wir die verschiedenen „Dynamiken“, so nennt man das Wechseln von Lautstärken, nur selten. Als Kinder benutzen wir sie hingegen oft und zielführend, wenn wir beispielsweise mit Puppen oder Spielfiguren spielen und sie zum Leben erwecken. Wir sprechen dann für sie in Anbetracht der jeweiligen Situation und variieren mit unserer Stimme. Als Erwachsene machen wir das lediglich bewusst beim allabendlichen Vorlesen von Kinderbüchern. Unsere stimmliche Vielfalt liegt unter einer „Einheitsstimme“ begraben. Unsere Stimme hat mehrere Farben und sie sollten je nach Situation benutzt werden. Möchtest du deinem Kind sagen, dass du es liebst, braucht es eine andere Stimmfarbe als die, mit der du deinen Hund aufforderst sich zu setzen. Klar! In diesen Situationen gelingt es einem meistens auch, aber dazwischen liegen noch weitere Farben und auch Dynamiken (Lautstärken und Intensitäten), die es zu nutzen gilt. Ein Tuschkasten, in dem es für jeden Fall die richtige Farbe gibt.


Sei eine Stimme, nicht nur ein Echo

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